Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wette“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 566
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Wette. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 566. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wette (Version vom 21.03.2023)

[566] Wette (Sponsio), die bei einer Meinungsverschiedenheit getroffene Übereinkunft, wonach diejenige Partei, deren Behauptung sich als unrichtig erweisen wird, eine bestimmte Sache oder Geldsumme verwirkt haben soll. Der Unterschied zwischen W. und Spiel liegt in dem Vertragsmotiv der erstern, indem derjenige, dessen Ansicht sich als die richtige herausstellt, gewissermaßen eine Belohnung dafür erhalten soll; ein Unterschied, der besonders da von Wichtigkeit ist, wo der gemeinrechtliche Grundsatz gilt, daß aus einem Spiel nicht geklagt werden kann, während der Vertrag einer W. klagbar ist. Der Entwurf eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 664) versagt der W., welche er dem Spiel gleichstellt, die Anerkennung als einer klagbaren Verpflichtung. Doch kann das auf Grund eines Spiels oder einer W. Geleistete nicht zurückgefordert werden. – Bei Pferderennen sind Wetten schon lange üblich und ein Unterstützungsmittel der Rennen, bez. der Unterhaltung der Rennställe. Denn die Unkosten der letztern sind bei weitem höher als die Summe aller im günstigsten Fall zu gewinnenden Preise; somit würden zum Schaden der gesamten Pferdezucht eines Landes die Rennen bald aufhören, wenn sie nicht durch diese systematischen Wetten einen prozentartigen Zuschuß erhielten. Die Wetten verallgemeinern außerdem durch das Interesse, das der Wettende an seinem Geld hat, auch das Interesse am Sport überhaupt. Zwei Arten von bei uns gebräuchlichen Wetten sind zu unterscheiden: 1) Beim Bookmaker. Derselbe ruft öffentlich seine Wetten und die odds aus, welche er gegen oder für („auf“) die am Rennen teilnehmenden Pferde legt, z. B. 3 : 1 gegen Vándor, d. h. er legt dem, der die W. annimmt (dem „Nehmenden“), dreifaches Geld gegen Vándor als Gewinner und zahlt, wenn Vándor siegt, z. B. 300 Mk. aus, während er nur 100 Mk. bekommt, wenn Vándor nicht siegt. Oder umgekehrt, er ruft: 10 : 1 auf Kincsem. In diesem Fall ist der bookmaker der Nehmer; gewinnt Kincsem, so zahlt er bloß 100 Mk., verliert sie, so bekommt er 1000 Mk. Even money wettet man, wenn beide Partner gleiches Geld setzen. Bei diesen Wetten weiß man die Höhe des zu gewinnenden Betrags also schon vorher. Beim 2) Totalisator weiß man dies nicht. Die Gewinnsumme kann erst festgestellt werden, nachdem der Sieger bekannt geworden. Dann addiert man alle Einlagen und dividiert durch die Anzahl der auf den Sieger gemachten Einsätze. Sind z. B. auf fünf Pferde in Summa 400 Mk. gesetzt worden, auf eins derselben, welches z. B. gewinnt, 20 Einlagen à 5 Mk., so dividiert man mit 20 in 400, und jeder Satz von 5 Mk. erhält folglich deren 20 ausgezahlt. Bevor jedoch dividiert wird, kommen von der Gesamtsumme 5 Proz. zum Abzug zu gunsten des Unternehmens, also bei unserm Beispiel 20 Mk. Zur Verteilung kämen dann bloß noch 380 Mk. Von diesen fällt ebenfalls jede Summe, die, dividiert, einen Bruch ergeben würde, der Totalisatorkasse zu. Die Chancen für letztere wie für den Gewinner, der manchmal selbst weniger als seine Einlage zurückgewinnen kann, sind also sehr verschieden. Jedenfalls fließt das dem Totalisator zugehende Geld dem ganzen Rennunternehmen zu, wofern der Rennstall eben den Totalisator hält, und ist beim Wetten am Totalisator der Wettende vor Betrug und Unterschlagung des Einsatzes sichergestellt, während dies bei Wetten mit den bookmakers, die meist Privatleute sind und übrigens auch noch während des Rennens bis zum letzten Augenblick Wetten annehmen, keineswegs immer der Fall ist. 1871 in Deutschland eingeführt, ward der Totalisator 1880 unter staatsanwaltliche Anklage gestellt, indem an die verschiedenen Rennvorstände der Bescheid erging, „daß das Setzen am Totalisator als Hasardspiel zu betrachten sei“. In England und andern Ländern besteht der Totalisator unbeanstandet weiter. Als Instrument betrachtet, ist der Totalisator ein mechanischer Zählapparat, der mit der Genauigkeit und Schnelligkeit einer Rechenmaschine addiert, dividiert, Summen und Quotienten angibt, und dessen man sich nach englischem Vorgang auf fast allen größern Rennplätzen des Kontinents bediente, um Wetten des Publikums in größerer Anzahl abzuschließen.

In der altdeutschen Rechtssprache bedeutet W. (Gewette) s. v. w. Buße, Strafe (daher einem etwas „wett machen“, s. v. w. vergelten), auch Pfand, Unterpfand und endlich auch s. v. w. Eheverspruch, daher wetten, s. v. w. heiraten.

Wette, Wilh. Mart. Leber. de, s. De Wette.