Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wetter“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 566573
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Wetter. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 566–573. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Wetter (Version vom 20.03.2023)

[566] Wetter (Witterung), der an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit durch das Zusammenwirken der verschiedenen meteorologischen Elemente, als: Luftdruck, Temperatur, atmosphärische Feuchtigkeit, Niederschläge, Bewölkung und vorzugsweise Wind (s. d.), hervorgebrachte Zustand der Atmosphäre, welcher für unsre sinnliche Wahrnehmung sich in angenehmer oder unangenehmer Weise, für unser Wohlbefinden in gesunder oder[WS 1] ungesunder Wirkung bemerklich macht. Die Erkenntnis der Gesetze, welche für die Entstehung und den Wechsel des Wetters gelten, ergibt sich aus den gegenseitigen Beziehungen, in denen diese meteorologischen Elemente zu einander stehen, und den Einwirkungen, welche sie aufeinander ausüben. Die Beschaffenheit des Wetters an einem bestimmten Ort beruht hauptsächlich auf der daselbst zu einer bestimmten Zeit stattfindenden Richtung des Windes, welcher seinerseits wieder von der Verteilung und von den Veränderungen des Luftdrucks abhängt. Der Wind überträgt die Einwirkung der übrigen meteorologischen Elemente, wie der Temperatur und der Feuchtigkeit, von einem Ort zum andern und veranlaßt dadurch den jeweilig an [567] einem Ort stattfindenden Charakter des Wetters (Witterungscharakter). Um den Zusammenhang zwischen der Windrichtung und den übrigen meteorologischen Elementen eines Orts aufzufinden, stellt man aus den Beobachtungen für einen bestimmten Zeitabschnitt, z. B. für einen Monat, die Werte zusammen, welche die Temperatur, die atmosphärische Feuchtigkeit, der Luftdruck, die Bewölkung, die Regenmenge etc. bei den verschiedenen Windrichtungen erhalten. Die Mittel aus denjenigen Werten, welche derselben Windrichtung entsprechen, ergeben Zahlen, durch welche die durchschnittliche Größe der verschiedenen meteorologischen Elemente bei den verschiedenen Winden bestimmt sind. Durch derartige Betrachtungen ist ein Ausdruck für den Witterungscharakter gewonnen, welcher den verschiedenen Winden an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Jahreszeit zukommt. Die so gefundenen Zahlenresultate, welche man auch graphisch darzustellen pflegt, nennt man Windrosen und zwar barometrische, thermometrische, gewöhnliche etc., je nachdem sie für die einzelnen Windrichtungen den mittlern Barometerstand, die Mitteltemperatur, die Häufigkeit ihres Auftretens etc. angeben.

Im allgemeinen ergibt sich als Resultat dieser Untersuchungen, daß, wenn größere Teile der Erdoberfläche betrachtet werden, die Winde, welche von der Äquatorseite (auf der nördlichen Halbkugel also von der Südseite, auf der südlichen von der Nordseite) herkommen, sich durch hohe Temperatur, großen Feuchtigkeitsgehalt, starke Bewölkung, häufige Niederschläge und niedrigen Luftdruck auszeichnen, während die Winde, welche von der Polarseite (auf der nördlichen Halbkugel also von der Nordseite etc.) kommen, durch niedrige Temperaturen, geringen Feuchtigkeitsgehalt, klaren Himmel, seltene Niederschläge und hohen Luftdruck charakterisiert sind. Hierzu kommt noch der verschiedenartige Einfluß von Land und Wasser, welcher zur Folge hat, daß die Luftströme mehr Feuchtigkeit enthalten und sowohl häufigere als auch stärkere Niederschläge bewirken, wenn sie über größere Meere geweht haben (Seewinde), dagegen geringere Feuchtigkeit besitzen und daher auch weniger Niederschläge verursachen, wenn sie als Landwinde auftreten. In Bezug auf die Temperatur werden die Landwinde wegen der verschiedenen Wärmekapazität von Land und Wasser im Sommer wärmer und im Winter kälter als die Seewinde sein. Die wärmsten, dunstreichsten und Wolken und Regen erzeugenden Luftströme, welche von niedrigem Luftdruck begleitet werden, kommen wegen der angegebenen Eigenschaften der Winde und des verschiedenen Einflusses von Land und Wasser auf der nördlichen Halbkugel an den Westküsten der Kontinente, namentlich in Europa, als äquatoriale Seewinde aus SW. und an den Ostküsten aus SO., während die kältesten, trockensten und regenärmsten Luftströme mit meist heiterm Himmel, welche vom höchsten Luftdruck begleitet werden, polare Landwinde sind und daher an den Westküsten der Kontinente aus NO. und an den Ostküsten aus NW. wehen. Die Windrichtungen, welche in Bezug auf Temperatur, Feuchtigkeit, Luftdruck und Niederschlag die größten Gegensätze darbieten, sind hiernach auf der nördlichen Halbkugel an den Westküsten der Festländer die südwestlichen und nordöstlichen und an den Ostküsten die südöstlichen und nordwestlichen. Dies gilt besonders vom Winter, während im Sommer für die Temperatur die schon oben erwähnte Abweichung eintritt, daß die vom Land herkommenden Winde durchgängig die wärmsten sind. Die Veränderungen des Wetters (Witterungswechsel) haben ihre hauptsächlichen Ursachen in den Veränderungen des Luftdrucks und in dem Entstehen und Fortschreiten der sogen. barometrischen Minima oder Wirbel (s. Wind). Legt man durch das Zentrum eines in unsern Gegenden meistens in östlicher Richtung fortschreitenden Minimums (s. unten) eine Linie von SSW. nach NNO., so wird diese den Wirbel in zwei Hälften teilen, von denen die zur Rechten gelegene die Vorderseite des Wirbels (da der Wirbel sich nach O. hin bewegt) und die zur Linken die Rückseite desselben bildet. Auf der Vorderseite wehen (in Europa) die aus südlichern Gegenden herkommenden Winde und zwar auf der nördlichen Hälfte aus O. durch SO. bis S. und auf der südlichen Hälfte aus S. durch SW. bis W.; auf der Rückseite des Wirbels wehen dagegen die aus nördlichern Gegenden herstammenden Winde und zwar auf der nördlichen Hälfte aus O. durch NO. bis N. und auf der südlichen Hälfte aus N. durch NW. bis W. Diesen Windrichtungen entsprechend ist das W. auf der Vorderseite und Rückseite eines Wirbels gerade entgegengesetzt. Auf der erstern bringen die aus südlichern Gegenden kommenden Winde warme und feuchte Luft mit sich, die ihrer größern Leichtigkeit wegen die Neigung hat, nach obenhin abzufließen. Nachdem sie auf ihrem Weg nach nördlichern Gegenden bereits eine Abkühlung erfahren hat, wird diese durch die beim Aufsteigen der Luft erfolgte Ausdehnung noch vermehrt, und daher werden die Wasserdämpfe Wolken und Niederschläge zu bilden anfangen. Die bei der Kondensation der Wasserdämpfe frei werdende Wärme macht die ganze in die Höhe steigende Luftsäule leichter, wodurch der aufsteigende Luftstrom verstärkt und ein Fallen des Barometers verursacht wird. Umgekehrt verhält es sich auf der Rückseite eines Wirbels. Hier kommen die Winde aus nördlichern Gegenden und führen kalte und trockne Luft mit sich, die sich auf ihrem Weg nach südlichern Gegenden erwärmt und deshalb mehr Wasserdampf aufzunehmen im stande ist, wodurch Wolkenbildung und Niederschläge ausgeschlossen sind. Diese kalte und trockne Luft bildet keinen aufsteigenden Luftstrom, sondern führt die Luft dem in der Nähe des Wirbelzentrums befindlichen luftverdünnten Raum zu und bewirkt dadurch ein Steigen des Barometers. Da das Barometer auf der Vorderseite des Wirbels fällt und auf der Rückseite steigt, wird eine Fortbewegung des barometrischen Minimums (Zentrum des Wirbels) die Folge sein und zwar nach der Richtung hin, in welcher das Barometer am schnellsten gefallen ist. Daher ist die seitliche Bewegung des barometrischen Minimums keine wirkliche, sondern nur eine scheinbare, bei welcher sich dieses Minimum immer an aufeinander folgenden Stellen der Atmosphäre bildet und sein Fortschreiten daher mit der Bewegung einer Wasserwelle verglichen werden kann. Im allgemeinen wird also das W. auf der Rückseite des Wirbels, nachdem der Wind nach nördlichen Richtungen herumgegangen ist, klarer und der Niederschlag schwächer werden, während es auf der Vorderseite bei Winden aus südlichern Richtungen trüber und der Niederschlag stärker wird. Daher wird ein Umschlag im W. eintreten, wenn das Zentrum eines atmosphärischen Wirbels am Beobachtungsort selbst oder in größerer Nähe desselben vorübergeht. Trübe Witterung hört auf, wenn über den Beobachtungsort, welcher früher bei niedrigerm Barometerstand den Einflüssen der Vorderseite des Wirbels unterworfen war, das Wirbelzentrum herübergeht und er bei höherm [568] Barometerstand auf die Rückseite des Wirbels gelangt; dagegen wird umgekehrt klare Witterung in trübe übergehen, wenn ein Wirbel mit niedrigem Barometerstand an die Stelle von hohem Luftdruck tritt, oder wenn ein Wirbel auf einen vorangegangenen folgt.

Vorherbestimmung des Wetters, Wetterberichte etc.

Aus den vorstehenden Thatsachen ergibt sich, daß alle Veränderungen des Wetters in dem innigsten Zusammenhang mit den Änderungen im Luftdruck stehen, und daß, wenn eine Vorherbestimmung des Wetters (Wetterprognose) aufgestellt werden soll, es durchaus notwendig ist, sowohl die Verteilung des Luftdrucks über einem größern Gebiet zu kennen, als auch zu wissen, wie sich dieselbe für die Zukunft gestalten wird. Wenn es in neuerer Zeit gelungen ist, wenigstens für einen kürzern Zeitraum, für die nächstfolgenden 24 Stunden, Wetterprognosen zu stellen, die im allgemeinen 80–90 Proz. Treffer ergaben, so ist das nur dadurch möglich gemacht, daß der Telegraph in den Dienst der Meteorologie gezogen wurde und durch die Wettertelegraphie die zu einer bestimmten Zeit vorhandenen Werte der meteorologischen Elemente einer Zentralstelle mitgeteilt, von dieser gesammelt und zum Entwerfen von Wetterkarten und zum Aufstellen von allgemeinen Übersichten der Witterung (Wetterberichte) benutzt wurden.

Da die verschiedene Verteilung des Luftdrucks und die von ihr abhängige wechselnde Richtung und Stärke der Winde die das W. hauptsächlich bestimmenden Elemente sind, so ist auch bei den Wetterkarten auf Luftdruck und Winde die meiste Rücksicht genommen. Aber auch die andern Witterungserscheinungen, als: Temperatur, Bewölkung, Regen etc., werden in diese Wetterkarten eingetragen. Die Methode der Anfertigung dieser Wetter- oder synoptischen Karten besteht darin, daß die Witterungserscheinungen, welche gleichzeitig auf einem größern Gebiet stattfinden, durch vereinbarte, allen verständliche Zeichen in eine geographische Karte eingetragen werden, um auf diese Weise ein übersichtliches Bild des Witterungszustandes zu erhalten, welches einer weitern Diskussion unterworfen werden kann. Vorzüglich sind zwei Arten solcher Wetterkarten zu unterscheiden: solche, welche allein auf Grund der telegraphischen Nachrichten konstruiert werden und dem sofortigen praktischen Gebrauch, namentlich dem Aufstellen der Wetterprognosen, dienen, und solche, welche nachher mit reichhaltigerm Material angefertigt und den wissenschaftlichen, theoretischen Forschungen zu Grunde gelegt werden. Da unter allen europäischen meteorologischen Zentralinstituten die deutsche Seewarte in Hamburg (s. Seewarte) das reichhaltigste Material bei der relativ besten Verteilung der Stationen besitzt, so mögen als Beispiel für alle ähnlichen Wetterkarten und Wetterberichte die von der deutschen Seewarte getroffenen Einrichtungen und Maßregeln dienen. Das Gebiet, aus welchem die deutsche Seewarte ihre Morgentelegramme erhält, hat einen Radius von ca. 1000 Seemeilen und erstreckt sich nach Westen bis an die Westküste von Irland, nach S. bis Corsica und Süditalien, nach O. bis Moskau und nach N. bis Bodö nördlich vom Polarkreis. Unter den 96 Stationen, welche der Seewarte telegraphische Nachrichten übermitteln, sind 28 deutsche und 68 ausländische. Die Morgentelegramme bringen nach einem vereinbarten Schema die Barometerstände, Windrichtung und Stärke, Temperatur und Bewölkung für den Abend des vorhergehenden Tags und zwar für die deutschen Stationen für 8 Uhr abends und für die ausländischen meistens für 9, für mehrere für 6 oder 8 und vereinzelt für 7 oder 10 Uhr abends. Außerdem sind in den Morgentelegrammen die Werte derselben Größen für 8 Uhr (bei den ausländischen Stationen zum Teil für 7 Uhr) morgens angegeben, denen noch die relative Feuchtigkeit, die Regenmenge, der vorherrschende Himmelszustand (Wolkenform) und meistens auch die Temperaturextreme für die letzten 24 Stunden hinzugefügt sind. Von diesen 96 Stationen senden endlich noch 22 (13 deutsche und 9 ausländische) die Werte der meteorologischen Elemente, die in der Morgendepesche berücksichtigt waren, auch für 2 Uhr nachmittags ein. Nach Eintreffen der Telegramme werden diese in eine Tabelle und in eine geographische Karte eingetragen. Nach dieser werden vier Karten gezeichnet: zwei größere für 8, resp. 7 Uhr morgens des laufenden Tags und zwei kleinere für 2 Uhr nachmittags und 8 Uhr abends des vorhergehenden Tags. Von den ersten beiden Karten enthält die eine den Luftdruck, dargestellt durch die von 5 zu 5 mm fortschreitenden Isobaren (Linien gleichen Barometerstandes) für den auf 0° und das Meeresniveau reduzierten Barometerstand, sowie die Änderung des Luftdrucks in den letzten 24 Stunden durch beigeschriebene Zahlen, den Wind (Richtung und Stärke) und die Größe der Bewölkung, während in der andern die Temperatur durch die von 5 zu 5° C. fortschreitenden Isothermen, die Änderung der Temperatur in den letzten 24 Stunden, der Niederschlag und der Seegang angegeben ist. Von den beiden kleinern, den Witterungszustand um 2 Uhr nachmittags und 8 Uhr abends des vorhergehenden Tags darstellenden Karten enthält jede die von 5 zu 5 mm fortschreitenden Isobaren, die Richtung und Stärke des Windes, den Grad der Bewölkung, die Temperatur, angegeben in ganzen Graden, und die Höhe des Niederschlags. Bei dem Eintragen der Witterungstelegramme in die Karten wird zunächst jede Station durch einen kleinen Ring bezeichnet. Ein durch die Station gelegter Pfeil gibt die Richtung des Windes an, so daß der Pfeil mit dem Wind fliegt; die Windstärke wird durch die Befiederung des Pfeils angegeben, so daß eine Fieder einen schwachen Wind und sechs Fiedern einen Orkan bedeuten (halbe Beauforts Skala, s. Wind). Die Bewölkung wird durch Ausfüllung der Ringe gegeben, so daß ein unausgefüllter Ring einen wolkenlosen und ein ausgefüllter Ring einen völlig bedeckten Himmel bezeichnet, und die Hydrometeore werden durch international vereinbarte Zeichen eingetragen, wobei Regen durch einen oder mehrere Punkte bezeichnet ist. Dabei bedeutet ein Punkt einen Regenfall in 24 Stunden von 1–5 mm, zwei Punkte von 6–10 mm, drei Punkte von 11–20 mm und vier Punkte von über 20 mm Höhe. Diese Eintragung in die Karten und die Abfassung der tabellarischen Übersicht kann schon jeden Tag um 11 Uhr vormittags dem Druck übergeben werden. Nach Vervollständigung der Karten und mit Benutzung der Nachmittagsdepeschen werden, nachdem ein Wetterbericht, die allgemeine Übersicht der Witterung über Zentraleuropa für 8 (7) Uhr morgens des betreffenden Tags, zusammengestellt ist, die Aussichten für die Witterung des nächstfolgenden Tags hinzugefügt. Aus den allgemeinen Übersichten der Witterung und den Wetterkarten, welche beide verschiedenen Zeitungen telegraphisch mitgeteilt werden, werden an verschiedenen Orten mit Benutzung von lokal angestellten Beobachtungen sogen. Lokalprognosen gestellt und ebenso wie die Wetterkarten selbst und die von der Seewarte aufgestellten [569] Übersichten der Witterung durch eine Reihe der am meisten verbreiteten Zeitungen zur Kenntnis des Publikums gebracht.

Um das hier über die Anfertigung und Einrichtung der Wetterkarten Gesagte näher zur Anschauung zu bringen, geben wir S. 570 zwei Kärtchen, welche nach den betreffenden Wetterkarten der deutschen Seewarte vom 9. und 10. Dez. 1887 angefertigt sind und welche überdies die Fortbewegung des das Sturmzentrum bildenden barometrischen Minimums und die Drehung des Windes um dasselbe deutlich zeigen, wonach, dem Buys-Ballotschen Gesetz (s. Wind) entsprechend, das barometrische Minimum (auf den Kärtchen mit „TIEF“ bezeichnet) im O. von sich eine südliche (warme und meist regenreiche), im Westen eine nördliche (kalte und meist trockne) Luftströmung, im N. östliche und im S. westliche Winde hat. Auf den beiden Kärtchen sind die folgenden Orte als Beobachtungsstationen verzeichnet:

I. Für den 9. Dez. 1887:

Irland: Mullaghmore, Rochespoint. Schottland: Stornoway, Aberdeen. England: Hurst Castle, Scarborough. Norwegen: Skudesnäs, Oxö. Dänemark: Skagen, Kopenhagen. Finnland: Uleaborg. Holland und Belgien: Brüssel, Utrecht. Deutschland: Borkum, Hamburg, Keitum, Swinemünde, Neufahrwasser, Memel, Kassel, Berlin. Rußland: Riga, Petersburg. Frankreich: St.-Mathieu, Cherbourg, Paris, Clermont, Biarritz, Nizza. Österreich: Wien, Krakau. Italien: Cagliari, Brindisi.

II. Für den 10. Dez. 1887:

Schottland: Sumburgh Head. England: Helgoland. Norwegen: Skudesnäs. Dänemark: Skagen, Bornholm. Schweden: Stockholm, Wisby, Hernösand. Finnland: Hangö, Helsingfors, Tammerfors, Uleaborg. Holland und Belgien: Vlissingen, Utrecht, Deutschland: Keitum, Wustrow, Königsberg, Memel, Hannover, Breslau, Kaiserslautern, Friedrichshafen. Rußland: Riga, Petersburg, Kiew. Frankreich: St.-Mathieu, Biarritz. Österreich: Prag.

Als Beispiele für die in den Wetterberichten der deutschen Seewarte enthaltenen „Allgemeinen Übersichten der Witterung“ des betreffenden Tags 8 Uhr morgens und die darauf begründeten „Aussichten für die Witterung des folgenden Tags“ können nachstehende Angaben der deutschen Seewarte dienen, welche zugleich die in den beiden Kärtchen enthaltenen Angaben über Verteilung des Luftdrucks und Veränderung der Winde für die Tage vom 9. und 10. Dez. 1887 näher erläutern:

Allgemeine Übersicht der Witterung 8. Dez., 8 (7) Uhr morgens: Ein neues Minimum ist westlich von Irland erschienen, wo das Barometer stark gefallen ist. Barometrische Maxima lagern über der Alpengegend und dem Innern Rußlands. Bei meist schwacher südlicher bis westlicher Luftströmung ist das W. über Zentraleuropa veränderlich und fast überall kälter. In Deutschland ist allenthalben Regen oder Schnee gefallen. Auf dem Streifen München-Regenwaldermünde herrscht leichter Frost.

Aussichten für die Witterung des 9. Dez. in Nordwestdeutschland: trübes W. mit auffrischenden südwestlichen Winden, steigender Temperatur und Niederschlägen. Ostdeutschland: wie Nordwestdeutschland. Süddeutschland: trübes, etwas wärmeres W. mit mäßigen bis frischen westlichen Winden und Niederschlägen.

Allgemeine Übersicht der Witterung 9. Dez., 8 (7) Uhr morgens: Ein tiefes Minimum von etwa 730 mm liegt über der östlichen Nordsee, über Deutschland starke, stellenweise stürmische südliche bis westliche Luftbewegung bedingend. Über Zentraleuropa ist das W. warm, trübe und regnerisch. Über Westdeutschland ist erhebliche Erwärmung eingetreten, die sich rasch weiter ostwärts ausbreiten dürfte. In Deutschland ist fast überall Niederschlag gefallen, am meisten, 19 mm, in Wiesbaden. (Stimmt mit der Prognose vom 8. Dez. überein.) Um 91/2 Uhr die Ostseeküste gewarnt.

Aussichten für die Witterung des 10. Dez. in Nordwestdeutschland: etwas kälteres W. mit veränderlicher Bewölkung und frischen bis starken westlichen Winden ohne erhebliche Niederschläge. Ostdeutschland: meist wärmeres und trübes W. mit vielfach stürmischen westlichen Winden und Niederschlägen. Süddeutschland: warmes und trübes W. mit frischen westlichen Winden und Niederschlägen.

Allgemeine Übersicht der Witterung 10. Dez., 8 (7) Uhr morgens: Das barometrische Minimum, welches gestern über der östlichen Nordsee lag, ist ostwärts nach der mittlern Ostsee fortgeschritten und verursacht an der deutschen Küste stürmische westliche u. nordwestliche Winde, während über Großbritannien wieder ruhige, ziemlich heitere Witterung eingetreten ist. Über Zentraleuropa ist das W. vorwiegend trübe, im Westen kälter, im O. wärmer. In Altkirch und München sind 22, in Friedrichshafen 27 mm Regen gefallen. (Stimmt mit der Prognose vom 9. Dez. überein.)

Zur Aufstellung von Wetterprognosen ist es, wie schon oben gesagt ist, nicht nur erforderlich, den augenblicklichen Witterungszustand zu studieren, wie er über einem größern Gebiet vorhanden ist, sondern auch zu bestimmen, in welcher Richtung eine Bewegung der barometrischen Minima wahrscheinlich ist. Um dieses zu erreichen, sind die barometrischen Minima, sowohl diejenigen, welche über den Atlantischen Ozean, als auch diejenigen, welche über die denselben begrenzenden Kontinente hinziehen, in Bezug auf Häufigkeit, Richtung und Geschwindigkeit ihres Fortschreitens ihre Stärke etc. einer eingehenden Untersuchung unterworfen. Zunächst können die barometrischen Minima des Atlantischen Ozeans nach fünf Klassen unterschieden werden, von denen in jeder die einzelnen Minima nicht nur in denselben Gegenden sich bilden, sondern auch meistens dieselben Zugstraßen verfolgen. Für Europa hat sich ergeben, daß die Minima besonders oft in der unmittelbaren Umgebung der britischen Inseln, über der Nordsee, an der norwegischen Küste, über dem südlichen Ostseegebiet und in der Umgebung von Italien liegen. Die meisten Minima fallen auf Südschweden, die wenigsten auf einen breiten Streifen, der sich von der westfranzösischen Küste nach O. über Deutschland und Österreich nach dem Innern Rußlands hin erstreckt. Sehr verschieden ist die Häufigkeit des Auftretens der Minima für die einzelnen Gebiete in den verschiedenen Jahreszeiten. In Schottland, im ganzen Nordseegebiet und in Südskandinavien sind die Minima im Frühjahr am seltensten, dagegen südlich vom 50. Breitengrad am häufigsten, während es sich im Sommer gerade umgekehrt verhält. Die Zentren derjenigen Minima, welche von besonderer Bedeutung sind, weil sie stürmische Winde verursachen, liegen am häufigsten über Nordeuropa, besonders oft über Südschweden, und die Häufigkeit ihres Auftretens ist auch wieder nach den verschiedenen Jahreszeiten verschieden. Im Sommer nimmt die Häufigkeit in ganz Europa ab, während ein Maximum der Häufigkeit im Winter im hohen Norden von Europa, auf den britischen Inseln und in Norddeutschland, im Frühjahr in der Umgebung von Italien und im Herbst zwischen den Färöern und Norwegen, in Finnland, Südschweden und den russischen Ostseeprovinzen auftritt. Aus der verschiedenen Verteilung der barometrischen Minima der Zeit und dem Ort nach folgt für uns in Deutschland, daß oft Wochen vergehen können, ohne daß sich ein barometrisches Minimum zeigt oder doch in zu großer Entfernung auftritt, als daß es für die Witterung bei uns von Einfluß sein könnte, und daß ebenso auch Zeiten eintreten können, in welchen kaum ein Tag vergeht, an welchem nicht ein oder mehrere barometrische Minima die Witterung von Mitteleuropa beeinflussen. Im ersten Fall ist die Witterung, besonders wenn hoher Barometerstand über einem größern Gebiet lagert, beständig, der Himmel meist klar und die Luftbewegung schwach, während im zweiten Fall unbeständiges, oft regnerisches, von heftigen bis stürmischen Winden begleitetes W. einzutreten pflegt.

Für die Richtung, welche die barometrischen Minima [570]

Wetterkarten vom 9. und 10. Dez. 1887 (Deutsche Seewarte).

[571] bei ihrer Fortbewegung einschlagen, ist zu bemerken, daß gewisse Zugstraßen besonders oft auftreten und danach die Minima über dem Festland von Europa ebenso wie die über dem Atlantischen Ozean in verschiedene Gruppen geteilt werden können. Die Depressionen der ersten Gruppe treten an der Nordwestküste Irlands auf, gehen dann nordostwärts längs der norwegischen Küste über den Polarkreis, wo sich ihr Weg nach drei Richtungen teilt, von denen die eine nach dem Eismeer, die zweite, häufiger frequentierte zum Weißen Meer und die dritte südostwärts nach dem Innern Rußlands führt. Diese Depressionen, mit welchen sich im hohen Norden oft noch die von Island kommenden Minima vereinigen, treten im Frühjahr selten, in allen andern Jahreszeiten dagegen sehr oft auf und bringen uns mit südwestlichen und westlichen Winden ozeanische Luft und häufige Niederschläge und mildern die Hitze des Sommers und die Kälte des Winters. Schlagen sie auf dem letzten Teil ihres Wegs die Richtung nach dem Innern Rußlands ein, so haben sie für unsre Gegenden meistens nordwestliche Winde im Gefolge, welche die Temperatur oft stark erniedrigen. Eine zweite Gruppe der barometrischen Minima, welche aus der Umgebung der britischen Inseln kommt und über das Nordseegebiet, Südskandinavien, die südliche und mittlere Ostsee nach den russischen Ostseeprovinzen und Finnland zieht, tritt in allen Jahreszeiten auf und verursacht bei uns oft Witterungsumschlag und trübes W. sowie im Winter Erwärmung, im Sommer Abkühlung, im Frühjahr und Herbst oft Nachtfrost. Eine dritte Gruppe, die besonders häufig im Frühjahr, auch im Winter und im Herbst nicht selten auftritt, dagegen im Sommer fast ganz fehlt, wird von den Depressionen gebildet, welche aus den südwestlich der britischen Inseln gelegenen Gegenden nach SO. über Frankreich nach dem Mittelmeerbecken ziehen, sich hier mit den aus dem westlichen Teil des Mittelmeers kommenden Depressionen vereinigen und dann teils ostwärts nach dem Schwarzen Meer, teils, besonders häufig im Frühjahr, nordost- oder nordwärts nach dem Finnischen Meerbusen verlaufen. Diese Depressionen haben, solange sie sich auf der südöstlich durch Frankreich gehenden Straße bewegen, für Nord- und Mitteldeutschland meistens heiteres und trocknes W. mit östlichen Winden im Gefolge und bedingen im Winter strenge Kälte, im Sommer hohe Temperatur und Dürre, im Frühling und Herbst Nachtfröste. Auf dem Teil ihrer Bahn, welcher vom Adriatischen Meer nordwärts führt, verursachen sie für Deutschland Niederschläge und im Winter Schneestürme. Bei der Fortbewegung der Depressionen gilt im allgemeinen das Gesetz, daß sie nahezu senkrecht gegen die Linie erfolgt, welche von dem Orte des niedrigsten Barometerstandes als Normale auf die am dichtesten zusammengedrängten Isobaren gezogen wird, was man auch in der Weise aussprechen kann, daß die Fortpflanzungsrichtung im Durchschnitt mit der Richtung der stärksten Winde in der Umgebung der Depressionen zusammenfällt, oder, wie es bereits Klem. Ley ausgesprochen hat, daß sich jede Depression mit der größten Leichtigkeit in der Richtung fortbewegt, in welcher sie den höchsten Luftdruck auf der rechten (auf der südlichen Halbkugel auf der linken) Seite ihrer Bahn hat.

Die Geschwindigkeit, mit welcher sich die barometrischen Minima fortbewegen, ist außerordentlich großen Schwankungen unterworfen. Ost sind sie beinahe stationär, oft schreiten sie mit Sturmeseile weiter, und wenn auch die einzelnen Jahresmittel der Fortpflanzungsgeschwindigkeiten ziemlich konstant sind (für Westeuropa 27 km pro Stunde oder 7,4 m pro Sekunde), so zeigen doch die Monatsmittel sowie die Mittel für die einzelnen Jahreszeiten bedeutende Schwankungen. Die Geschwindigkeit, mit welcher sich die barometrischen Minima fortbewegen, wächst meistenteils mit zunehmender Tiefe des Minimums, während sie mit abnehmender Tiefe kleiner wird, so daß die Ursachen, welche die weitere Entwickelung der Minima bedingen, auch gleichzeitig eine Beschleunigung in ihrer Fortpflanzung hervorrufen. Daher kommt es auch, daß intensive und rasch sich entwickelnde Depressionen am schnellsten fortschreiten und die Westküsten von Europa oft von Stürmen überrascht werden, ohne daß dafür besondere Anzeichen vorausgegangen wären. Daher ist auch die Wetterprognose für Europa besonders schwierig, wenigstens schwieriger als für Amerika. Weil nämlich jede Witterungsänderung sich zuerst in westlich gelegenen Gegenden, namentlich durch Schwankungen im Barometerstand, kenntlich macht, so wird eine telegraphische Mitteilung der ersten Anzeichen dafür für Europa durch den Atlantischen Ozean unmöglich gemacht, während die am meisten bewohnten und am meisten kultivierten Gegenden von Nordamerika auf der Ostseite dieses Kontinents liegen und daher das Entstehen eines barometrischen Minimums, seine Tiefe, die Geschwindigkeit seines Fortschreitens etc. schon aus weiter Entfernung und lange vor seiner Ankunft den betreffenden Zentralstellen mitgeteilt werden können.

Die Gleichartigkeit der Witterung ist selten auf kleine Gebiete beschränkt, sondern ist, abgesehen von lokal auftretenden Einflüssen, z. B. Gewittern, über größere Strecken der Erdoberfläche verbreitet. Dabei findet sich die Gleichartigkeit des Wetters häufiger in der Richtung von N. nach S. als in der von Westen nach O., wie denn auch schon Dove darauf aufmerksam gemacht hat, daß der Charakter der Witterung in Europa oft im Gegensatz zu dem in Nordamerika oder Sibirien steht. Ungewöhnlich große Abweichungen im Witterungscharakter von den Durchschnittsverhältnissen halten zuweilen, wenn auch nicht häufig, längere Zeit an. Im J. 1816 war z. B. die Temperatur in Westeuropa vom Juni bis zum Dezember zu niedrig, während in Osteuropa warme Witterung herrschte.

Sturmwarnungen.

Einen sehr wichtigen, namentlich für die Schiffahrt bedeutungsvollen Teil der Witterungsprognose bilden die sogen. Sturmwarnungen. Aus dem Auftreten eines barometrischen Minimums, seiner Tiefe, der Richtung und Geschwindigkeit seines Fortschreitens sowie der gleichzeitig vor und bei dem Herannahen eines Sturms über ein größeres Ländergebiet herrschenden Witterungsverhältnisse, welche auf telegraphischem Weg einer Zentralstelle mitgeteilt werden, wird von dieser bestimmt, ob bei dem weitern Fortschreiten des barometrischen Minimums ein Sturm wahrscheinlich ist, welche Gegenden von ihm voraussichtlich werden getroffen werden, und ob daher die Schiffe vor dem Auslaufen aus einem Hafen zu warnen sind oder nicht. Um eine derartige Warnung zur allgemeinen Kenntnis bringen zu können, sind an verschiedenen Küsten Deutschlands, Englands, Hollands, Belgiens, Frankreichs und Nordamerikas sogen. Signalstellen errichtet, an denen zu Nutz und Frommen der Fischer- und Küstenbevölkerung sowie der zahlreichen Schiffe in den Häfen und in der Nähe derselben bestimmte Signale [572] (Sturmsignale) gegeben werden, welche die Richtung und wahrscheinliche Stärke eines herannahenden Sturms im voraus angeben. Diese Signalstellen erhalten ihre Anweisung, die Sturmsignale zu zeigen, nach einem ihnen von der meteorologischen Zentralstelle des betreffenden Landes übermittelten Sturmwarnungstelegramm. Die Sturmsignale bestehen nach dem jetzt allgemein eingeführten Fitz-Royschen System (1863) aus einem Kegel und einem Cylinder aus Kanevas, welche von weitem, von allen Seiten aus gesehen, als Dreieck und Rechteck erscheinen und

mäßiger schwerer 
Sturm aus NW.
 mäßiger schwerer
Sturm aus NO.
mäßiger schwerer 
Sturm aus SW.
 mäßiger schwerer
Sturm aus SO.
Fig. 1. Sturmsignale der deutschen Seewarte.

an der horizontalen Raa eines Signalmastes (Fig. 2) aufgeheißt werden, so daß sie weithin sichtbar sind. Bei Nacht werden (wenigstens an unsern deutschen Küsten) ähnlich geformte Laternen als Sturmsignale gezeigt. Die Sturmsignale werden nun in der Weise vermittelt, daß die aus nördlichen Gegenden zu erwartenden Stürme von der Stärke 8–10 (s. Wind) durch Dreiecke (Kegel) mit der Spitze nach oben, Stürme aus südlichen Richtungen ebenfalls durch Dreiecke, aber mit der Spitze nach unten angezeigt werden; hierbei führen die westlichen Winde, also NW. und SW., nur ein Dreieck, die östlichen, also NO. u. SO., zwei Dreiecke. Ist nun aber ein schwerer Sturm oder Orkan von der Stärke 10–12 (s. Wind) zu erwarten, so werden für die vier oben genannten Windrichtungen (NW., NO., SO., SW.) die entsprechenden einfachen Sturmsignale noch durch Hinzufügung eines Vierecks (Cylinders) erweitert, und zwar wird bei nördlichen Stürmen (NW. und NO.) das Viereck unter, bei südlichen Stürmen über dem Dreieck gezeigt (Fig. 1). Außerdem wird durch das Aufziehen einer Flagge angezeigt, daß der Wind rechtdrehend (N., O., S., W.), und durch das Aufziehen zweier Flaggen, daß er zurückdrehend (N., W., S., O.) ist. An manchen untergeordneten Signalstellen wird einfach ein Ball (Kugel) an einer Stange aufgeheißt zum Zeichen, daß eine Störung in der Atmosphäre zu erwarten ist. Die die Sturmwarnungen anzeigenden Telegramme werden zur Einsicht eines jeden sich dafür Interessierenden mit Angabe der Gründe, welche die angezeigte Warnung veranlaßten, in besondern hölzernen Wetterkästen an dem Signalmast (Fig. 2) oder an einem andern geeigneten Ort angebracht. Da die ersten Anzeichen der Stürme, welche über Europa hereinbrechen, zum größten Teil auf dem Atlantischen Ozean auftreten, so wäre es von der größten Wichtigkeit, eine westlich von Europa gelegene meteorologische Station zu errichten, von welcher dieselben den verschiedenen Zentralstellen telegraphisch mitgeteilt werden könnten. Als solche hat Buys-Ballot die Azorischen Inseln vorgeschlagen, und es wäre erwünscht, daß dieser Vorschlag zur Ausführung gebracht würde.

Fig. 2. Signalmast.

Das Verdienst, zuerst in Europa den elektrischen Telegraphen zur Übertragung von Witterungsdepeschen und Sturmwarnungen benutzt zu haben, gebührt Leverrier. Die Möglichkeit, daß ein solches Sturmwarnungssystem überaus nützlich sein könne, hatte der sogen. Balaklawasturm vom 14. Nov. 1854 im Schwarzen Meer gezeigt, welcher die Flotten der vereinigten Mächte in dem damaligen Kriege gegen Rußland arg beschädigt hatte. Ein Blick auf die nähern Umstände des Sturms hatte gezeigt, daß es sehr wohl möglich gewesen wäre, die zuletzt von den Stürmen Betroffenen von seinem Herannahen zu benachrichtigen und zu warnen. Seit dieser ersten Anregung durch Leverrier 1856, welche zunächst keine dauernde Einrichtung zur Folge hatte, haben die telegraphischen Wetternachrichten sowie die Sturmwarnungen erst später eine weite Verbreitung gefunden, nachdem die Vereinigten Staaten von Nordamerika ein ausgedehntes Netz von meteorologischen Stationen behufs Aufstellung von Probabilities oder Wetterprognosen organisiert und deren Bedienung unter Leitung eines Generals der aktiven Armee (Chief Signal Officer) dem Korps des Signal-Service (Telegraphistenkorps der Armee) übertragen hatte. Die auf den Beobachtungen um 11 Uhr abends basierenden Wetterprognosen werden in den Morgenblättern veröffentlicht, und die Regelmäßigkeit, mit welcher sie ausgegeben werden, und die Schnelligkeit ihrer Verbreitung haben dem Signal-Service mit Recht allgemeine Popularität verschafft. Dem Beispiel Nordamerikas folgend, haben fast alle Kulturstaaten [573] Europas ähnliche Einrichtungen getroffen und Zentralstationen errichtet, durch welche Sturmwarnungen und Wetterprognosen im allgemeinen aufgestellt werden. Für die bessere Erkenntnis der allgemeinen Bewegungen der Atmosphäre und ihrer Gesetze ist von seiten und auf Kosten des oben erwähnten „Signal Office“ zu Washington ein weiterer Schritt gethan worden, indem dasselbe seit 1874 von ca. 400 Stationen, welche über die ganze nördliche Halbkugel der Erde verteilt sind, die um 7 Uhr 35 Minuten mittlerer Washingtoner Zeit gleichzeitig angestellten Beobachtungen in einem „Internationalen Bülletin“ zusammenstellt. Schließlich ist noch zu erwähnen, daß in neuerer Zeit die Witterungsverhältnisse mit den Zeiten der Maxima und Minima der Sonnenflecke in Zusammenhang gebracht sind. Nach Meldrum entspricht die Periodizität der Cyklonen im südlichen Teil des Indischen Ozeans derjenigen der Sonnenflecke in der Art, daß die Maxima und Minima beider Erscheinungen zusammenfallen. Ähnliche Resultate hat Poey für die Hurrikane Westindiens aufgestellt, jedoch mit der Abweichung, daß die Maxima der Orkane sich um ca. 11/2 Jahre gegen die Fleckenmaxima verspäten und die Minima der Orkane ca. 1/2 Jahr früher als die Fleckenminima eintreten. Ebenso hat Hunter den Zusammenhang der Maxima und Minima der Sonnenflecke und der Regenmengen in der Art angegeben, daß die Jahre mit spärlichem Regenfall mit dem Minimum der Sonnenflecke und die mit reichlichem Regenfall mit dem Maximum der Sonnenflecke zusammenfallen. Vgl. Litteratur bei Artikel Meteorologie.

Wetter, die in den Bergwerken vorhandene atmosphärische Luft in reinem oder verunreinigtem Zustand, s. Bergbau, S. 727.

Wetter, kleiner Fluß in der hess. Provinz Oberhessen, entspringt im westlichen Teil des Vogelsbergs unweit Laubach, durchfließt in anfangs südwestlicher, dann südlicher Richtung die danach benannte Wetterau (s. d.) und mündet bei Assenheim rechts in die Nidda.

Wetter, 1) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg, an der Wettschaft, 222 m ü. M., hat eine schöne gotische Kirche, ein evangelisches Fräuleinstift, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, Papierfabrikation und (1885) 1167 fast nur evang. Einwohner. W., einst Hauptort einer Grafschaft, kam im 13. Jahrh. an Kurmainz. – 2) (W. an der Ruhr) Dorf im preuß. Regierungsbezirk Arnsberg, Landkreis Hagen, an der Ruhr und der Linie Hagen-Witten der Preußischen Staatsbahn, 90 m ü. M., hat eine evang. Kirche, Hütten- und Walzwerke, Maschinenbau, Kleineisenindustrie und (1885) 4676 Einw.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ohne