MKL1888:Sperlingsvögel

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Sperlingsvögel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 126127
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Sperlingsvögel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 126–127. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Sperlingsv%C3%B6gel (Version vom 07.12.2024)

[126] Sperlingsvögel (Passeres, hierzu Tafeln „Sperlingsvögel I u. II“), die artenreichste Ordnung der Vögel, Nesthocker von gewöhnlich kleinem Körper, mit Schnabel ohne Wachshaut und mit Wandel-, Schreit- oder Klammerfüßen. Sie leben meist in Gesträuch und auf Bäumen, fliegen vortrefflich und bewegen sich auf dem Boden hüpfend, seltener schreitend. Ihre Nester sind meist kunstvoll gebaut; gebrütet wird ein- bis dreimal im Jahr und zwar von beiden Geschlechtern. Viele S. sind an dem untern Kehlkopf der Luftröhre (s. Vögel) mit einem besondern Singapparat versehen, welcher aus zwei Paar Stimmbändern und einer Anzahl zu ihrer Regulierung dienender Muskeln besteht und in verschiedenem Maß ausgebildet ist. Man teilt nach diesem Charakter die S. wohl in Singvögel (Oscines) und Schreivögel (Clamatores) ein. Sehr verschieden ist der Schnabel geformt, bald breit, flach und tief gespalten, bald kegelförmig, bald dünn und pfriemenförmig etc. – Die Anzahl der lebenden Arten beträgt gegen 5700, die in 870 Gattungen und 51 Familien gestellt werden; fossile S. sind nur aus den jüngsten Schichten (Diluvium) bekannt. Ganz oder nahezu kosmopolitisch sind nur wenige Familien (Schwalben, Raben, Bachstelzen, Drosseln); in Südamerika findet sich fast ein Drittel aller Arten vor. Die Gruppierung der Familien ist bei den Autoren mehr oder weniger willkürlich, da die natürlichen Verwandtschaftsbeziehungen noch nicht bekannt sind; es genügt daher hier eine Aufzählung der wichtigsten.

1) Drosseln (Turdidae), Körper kräftig, Kopf groß, Hals kurz, Schnabel gerade, mit seichter Kerbe vor der Spitze, Flügel mittellang. Etwa 25 Gattungen mit 230 Arten; fehlen in Neuseeland. Man zerfällt sie in mehrere Unterabteilungen: Wasserstare, Drosseln und Spottdrosseln.

2) Sänger (Sylviidae), Schnabel dünn, pfriemenförmig, Flügel mittellang, Gefieder weich, Außenzehe meist lang. Über 70 Gattungen mit etwa 650 Arten; fehlen in Amerika südlich von Brasilien. Von den 7 Unterfamilien sind bemerkenswert die Flüevögel, Sänger (Laubsänger, Gartensänger, Goldhähnchen und Grasmücke), Schilfsänger, Nachtigallen (Nachtigall, Rotkehlchen, Blaukehlchen und Rotschwanz) und Steinschmätzer (Steinschmätzer, Steindrossel und Wiesenschmätzer). Letztere beiden Gruppen werden vielfach zu den Drosseln gerechnet.

[Beilage]

[Ξ]

Sperlingsvögel I.
[linke Seite:]
Zaun- und Dorngrasmücke (Sylvia Garrula und S. cinerea). 1/2. (Art. Grasmücke.)
Buchfink (Fringilla coelebs). 3/5. (Art. Fink.)
[Mitte:]
Bachstelze (Motacilla alba). 3/5 (Art. Bachstelze.)
Goldhähnchenlaubsänger (Phyllopneuste superciliosa). 1/2 (Art. Laubsänger.)
Nachtigall (Luscinia Philomela). 2/3 (Art. Nachtigall.)
[rechte Seite:]
Haubenlerche (Alauda cristata). 2/5 (Art. Lerchen.)
Singdrossel (Turdus musicus). 1/2 (Art. Drossel.)

[Ξ]

Sperlingsvögel II.
[linke Seite:]
Kiefernkreuzschnabel (Loxia pityopsittacus). 1/2 (Art. Kreuzschnabel.)
Kleiber (Sitta caesia). 1/2 (Art. Kleiber.)
[Mitte:]
Kuhvogel (Molothrus pecoris). 1/2 (Art. Kuhvogel.)
Zaunkönig (Troglodytes parvulus). 1/2 (Art. Zaunkönig.)
Kohlmeise (Parus major). 1/2 (Art. Meise.)
Raubwürger (Lanius excubitor). 1/2 (Art. Würger.)
[rechte Seite:]
Pirol (Oriolus galbula). 1/2 (Art. Pirol.)
Seidenschwanz (Ampelis garrula). 1/2 (Art. Seidenschwanz.)
[127]

3) Zaunkönige oder Schlüpfer (Troglodytidae), Schnabel schlank, pfriemenförmig, Flügel kurz, gerundet, Lauf lang. Etwa 20 Gattungen mit über 90 Arten; hauptsächlich in Amerika verbreitet.

4) Baumläufer (Certhiidae), Schnabel schlank und lang, Hinterzehe lang und scharf bekrallt, Schwanz zuweilen mit Stemmfedern, die beim Klettern an den Bäumen Verwendung finden. 5 Gattungen mit 17 Arten; hauptsächlich in Europa und Asien.

5) Spechtmeisen (Sittidae), ähnlich den vorigen, doch Schwanz stets weich. 6 Gattungen mit über 30 Arten; fehlen in Mittel- und Südamerika sowie im tropischen Afrika (Kleiber).

6) Meisen (Paridae), Schnabel kurz, fast kegelförmig, Flügel und Schwanz mittellang. 14 Gattungen mit über 90 Arten; zahlreich in der Alten Welt und in Nordamerika.

7) Pirole (Oriolidae), Schnabel lang, kegelförmig, Flügel lang, Schwanz mittellang. 5 Gattungen mit 40 Arten; in der Alten Welt.

8) Fliegenfänger (Muscicapidae), Schnabel kurz, hakig, Flügel lang. Über 40 Gattungen mit gegen 280 Arten; fehlen in Amerika gänzlich.

9) Würger (Laniidae), Körper kräftig, Schnabel hakig, stark gezahnt, Schwanz meist lang. Räuberische Vögel; etwa 20 Gattungen mit 150 Arten, fehlen nur in Süd- und Mittelamerika sowie auf Neuseeland; am zahlreichsten in Afrika.

10) Raben oder Krähen (Corvidae), Körper sehr kräftig, Schnabel stark und groß, am Grund mit Bartborsten, Flügel mittellang, Füße groß. 30 Gattungen mit etwa 200 Arten; fast kosmopolitisch (fehlen nur auf Neuseeland). Von den 5 Unterfamilien sind bemerkenswert die Häher und Raben (Tannenhäher, Elster und Rabe).

11) Paradiesvögel (Paradiseidae), Schnabel lang, schlank, Flügel und Schwanz mittellang, jedoch einzelne Flügel- oder Schwanzfedern oft enorm verlängert, Füße kräftig, Zehen groß. Etwa 20 Gattungen mit über 30 Arten; nur in Australien und auf den benachbarten Inseln (Paradiesvögel und Kragenvogel).

12) Honigsauger (Meliphagidae), Schnabel meist lang und spitz, Flügel mittellang, Schwanz lang und breit, Füße kurz, Zunge vorstreckbar, an der Spitze pinselförmig. Holen aus den Blumen Insekten und Nektar hervor. Über 20 Gattungen mit 140 Arten; nur in Australien und den benachbarten Inseln sowie Polynesien.

13) Sonnenvögel (Nectariniidae), Schnabel lang, spitz, Flügel kurz, Füße ziemlich lang, Zunge vorstreckbar, röhrenförmig. Lebensweise wie bei der vorigen Familie. 11 Gattungen mit über 120 Arten; in den heißen Gegenden der Alten Welt.

14) Seidenschwänze (Ampelidae), Schnabel kurz, Flügel ziemlich lang. 4 Gattungen mit 8 Arten; Europa, Nordasien, Nord- und Mittelamerika.

15) Schwalben (Hirundinidae), Schnabel ziemlich kurz, mit sehr weiter Spalte, Flügel lang, Schwanz gabelig, Zehen meist lang. 9 Gattungen mit über 90 Arten; kosmopolitisch, sogar im hohen Norden.

16) Stärlinge oder Trupiale (Icteridae), Schnabel lang, kegelförmig, Flügel spitz, Schwanz lang, abgerundet, Füße stark, mit langer Hinterzehe, Gefieder meist schwarz mit gelb oder orange. 24 Gattungen mit 110 Arten; nur in Amerika (Trupial, Kuhvogel).

17) Tanagriden oder Tangaren (Tanagridae), Schnabel mit Zahn, Flügel mittellang, Beine kurz, Hinterzehe lang. Fruchtfresser. Über 40 Gattungen mit gegen 300 Arten; in ganz Süd- sowie dem östlichen Teil von Nordamerika.

18) Finken (Fringillidae), Schnabel meist kegelförmig, stets am Grund mit einem Wulst, Flügel und Schwanz mittellang, Beine meist kurz. Über 80 Gattungen mit gegen 500 Arten, die in eine Anzahl Unterfamilien verteilt werden; fehlen nur in Australien, den benachbarten Inseln und Polynesien. Bemerkenswert sind die Ammern, Kreuzschnäbel, Gimpel (Girlitz und Kanarienvogel), Finken (Kernbeißer, Sperling, Fink, Leinfink, Hänfling, Stieglitz, Zeisig und Grünfink) und Papageifinken (Kardinal).

19) Webervögel oder Weberfinken (Ploceidae), Schnabel stark, kegelförmig, Flügel meist mittellang, Schwanz meist kurz, bauen vielfach beutelförmige Nester. Etwa 30 Gattungen mit 250 Arten; in den Tropen Asiens und Afrikas sowie in Australien und Polynesien, aber nicht auf Neuseeland.

20) Stare (Sturnidae), Schnabel ziemlich, lang, stark, Flügel lang, spitz, Schwanz meist lang, Beine kräftig, Hinterzehe lang. Etwa 30 Gattungen mit 130 Arten; in der Alten Welt, mit Ausnahme jedoch des australischen Festlandes (Star, Madenhacker und Hirtenstar).

21) Lerchen (Alaudidae), Schnabel mittellang, gerade, Flügel lang und breit, Schwanz kurz, Hinterzehe mit langer, gerader Kralle. 15 Gattungen mit 110 Arten; fast nur in der Alten Welt mit Ausnahme Australiens, besonders in Südafrika.

22) Bachstelzen (Motacillidae), Schnabel schlank, ziemlich lang, Flügel und Schwanz lang. 9 Gattungen mit 80 Arten; mit Ausnahme Polynesiens überall verbreitet.

23) Königswürger (Tyrannidae), Schnabel stark, lang und breit, Flügel lang, spitz, Beine stark. Über 70 Gattungen mit gegen 330 Arten; nur in Amerika.

23) Schwätzer oder Schmuckvögel (Cotingidae), Schnabel ziemlich groß, Spitze hakig, Flügel lang, spitz, Beine kurz. Etwa 30 Gattungen mit über 90 Arten; in den Tropen Amerikas, hauptsächlich in den Wäldern des Amazonenstroms.

24) Leierschwänze (Menuridae), Schnabel mittellang, Flügel kurz, Beine lang, Schwanz mit sehr langen Federn, von denen die äußern leierartig geschwungen sind. Nur die Gattung Menura mit 2 Arten; im südlichen und östlichen Australien.