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verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

stimmungsvoll hingehaucht sind, daß sie, noch dazu bei der Durchsichtigkeit ihrer Form, die peinlichste Kritik entwaffnen müssen. Die hüpfenden Verse im „Gesang der Wellenmädchen“ erinnern lebhaft an Goethesche Vorbilder. Hin und wieder findet sich ein humoristischer Anklang, wie in dem trefflichen Gedicht:

Die gute Wäscherin.

So weiß kann keine Wäscherin
Als wie die Liebe waschen.
Da bringt Verschwärzen nicht Gewinn,
Sie haucht nur auf die Flecken hin
Und weg sind Staub und Aschen.

Die Thrän’ aus ihrem Aug’ so treu
Ist wunderthät’ge Lauge.
Nicht Jordans Wasser schafft so neu,
So rein macht Buße nicht und Reu’
Wie Thrän’ aus Liebesauge.

Und wär’ die Schuld so riesengroß,
Und könnt’ sie Engel fällen,
Und reicht’ bis in der Hölle Schoß:
Die Liebe wäscht sie fleckenlos
Mit ihres Herzbluts Wellen.

O schilt mir nicht um ihren Fleiß
Die Wäscherin, die gute,
Und wäscht sie auch die Mohren weiß,
Sie thut’s mit Thränen rein und heiß,
Sie thut’s mit ihrem Blute.

Ein ähnlicher Gedanke ist in „Amors Schmiede“ ausgesprochen:

„Herzen schartig, rostzerfressen,
Nimmt er gern und schmilzt sie ein;
Aus dem Feuer seiner Essen
Gehn sie ganz und spiegelrein.“

Die Gedichte von Isolde Kurz schlagen verschiedene Tonarten an, doch es ist nirgends hohler Klingklang, es ist in allen Geist und Seele.

Rudolf v. Gottschall.

Von der Zeitrechnung der französischen Republik. Bekanntlich hat die erste französische Republik außer der Religion auch die alte Zeitrechnung abgeschafft und an deren Stelle eine neue treten lassen. Durch dieselbe, die mit dem 22. Herbstmonat 1792, dem Tage der Gründung der Republik, ihren Anfang nahm, wurde das Jahr in 12 gleiche Monate von je 30 Tagen getheilt, die fünf übrig bleibenden Tage – die Sansculottentage – wurden zu keinem Monate gerechnet, waren vielmehr verschiedenen Nationalfesten gewidmet, so dem Feste der Tugenden, des Genies, der Arbeit, der Meinung und der Belohnungen. Die Monate erhielten ihre Namen von der Witterung und den Erzeugnissen der betreffenden Jahreszeit; sie hießen für den Herbst (vom 22. September bis 20. Dezember) Herbst- oder Weinlese- (Vendémiaire), Nebel- (Brumaire) und Reif- (Frimaire) Monat; für den Winter (vom 21. Dezember bis 20. März) Schnee- (Nivôse), Regen- (Pluviôse) und Wind- (Ventôse) Monat; für den Frühling (vom 21. März bis 18. Juni) Keim- (Germinal), Blüthe- (Floréal) und Wiesen- (Prairial) Monat; für den Sommer (vom 19. Juni bis 17. September) Ernte- (Messidor), Hitze- (Thermidor) und Frucht- (Fructidor) Monat. Die Tage vom 18. bis 22. September bildeten die erwähnten sogen. Ergänzungstage (jours sansculottides). Jeder Monat wurde in drei gleiche Theile, Dekaden, getheilt, deren jede 10 Tage hatte, welche die Namen Primedi, Duodi, Tridi etc. führten; der letzte Tag – Décadi – war der Ruhetag für alle öffentlichen Geschäfte. Weniger bekannt als die vorstehende Eintheilung sind die Namensbenennungen der Tage, welche an die Stelle der Heiligennamen traten, welche die französische Republik natürlich nicht brauchen konnte. Auch hier ging dieselbe ganz systematisch vor. An die Stelle des Heiligennamens wurde der Name irgend eines nützlichen Erzeugnisses des Pflanzen- und Mineralreiches gesetzt. Nur der fünfte Tag – Quintidi – und der letzte Tag jeder Dekade machten hiervon eine Ausnahme; ersterer wurde nach einem Thiere, letzterer nach einem Acker- oder sonstigen landwirthschaftlichen Geräthe benannt. Wie entsetzlich nüchtern und andererseits wie komisch sich solche Tagesbenennungen ausnahmen, möge aus folgenden Beispielen ersehen werden. Die erste Dekade des Reifmonats zeigte folgende Namen: 1. Rapunzel; 2. Runkelrübe; 3. Wegwart; 4. Mispel; 5. Schwein; 6. Rebkressen; 7. Blumenkohl; 8. Honig; 9. Wachholder; 10. Pickel. Die des folgenden Monats – des Schneemonats – hießen: 1. Torf; 2. Steinkohle; 3. Erdpech; 4. Schwefel; 5. Hund; 6. Lava; 7. Pflanzenerde; 8. Dünger; 9. Salpeter; 10. Dreschflegel. Zu ihrer richtigen Beurtheilung muß allerdings beigefügt werden, daß diese Namen in irgend einem Bezuge zu dem betreffenden Monate standen. H. B.

Ein Entsumpfungsmittel. In den fiebererzeugenden Sumpfgegenden Italiens, Spaniens und Südfrankreichs, namentlich aber im nördlichen Afrika, in Algerien und am Nil, pflanzt man, wie wir schon in unserem Artikel über die Campagna in Nr. 45 des Jahrgangs 1888 erwähnten, den blauen Gummibaum (Eucalyptus globulus), welcher die Eigenschaft besitzt, die in den Sümpfen sich entwickelnden Fieberstoffe aufzusaugen und dadurch den Boden und die Luft zu verbessern, in großer Menge an. Leider gedeiht aber diese Pflanze, welche sich in den Tropen, besonders in Australien und Tasmanien, zu mächtigen Bäumen entwickelt, in unseren Breiten nicht im Freien, da die hier auftretenden Winterfröste sie vernichten würden, und die Bewohner sumpfiger Gegenden waren daher genöthigt, sich nach Ersatz umzusehen, der dieselbe Wirkung übt wie der Gummibaum, aber unser Klima verträgt, dessen Anpflanzung aber auch mit wenig Mühe und Kosten verbunden sein darf. Eine solche Pflanze hat man in unserer gewöhnlichen Sonnenblume (Helianthus annuus L.) gefunden, nachdem vielfache Versuche mit anderen Gewächsen sich als nutzlos erwiesen. Auf den ausgedehnten sumpfigen Moorgründen und schwammigen Heidestrecken bei Rochefort in Frankreich baut man schon seit längerer Zeit Sonnenblumen in großer Menge an und hat damit sehr gute Erfolge erzielt und in Holland ist da, wo man dem Beispiele Frankreichs gefolgt ist, das Fieber verschwunden.

In Deutschland hat man unseres Wissens die Sonnenblume noch nicht zu derartigen Zwecken verwandt, es dürfte sich aber der Mühe verlohnen, auch hier Versuche anzustellen. Es fehlt auch bei uns nicht an Sumpf- und Moorstrecken, die nutzbar zu machen ein großer Gewinn wäre, besonders wenn sich dies auf so einfache und billige Weise erzielen läßt. Außerdem ist aber auch jeder Theil dieser Pflanze zu verwerthen: die Stengel als Brennmaterial, die Blätter als gutes Viehfutter, die Kerne zur Oelbereitung oder als treffliches Mastfutter für Geflügel und die Blüthen zur Honigbereitung, da die Bienen dieselben mit großer Vorliebe aufsuchen. Die Sonnenblume verbraucht sehr viel Feuchtigkeit, die sie dem Boden entzieht, wodurch sie ihn austrocknet, so daß sie wohl geeignet erscheint, werthloses Sumpfareal in brauchbares Ackerland zu verwandeln.




Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

Fräulein Margarethe in W. Die scherzhafte Räthselfrage lautet: Wenn eine Gans 10 Pfund wiegt und die Hälfte ihres eigenen Gewichtes, wie viel wiegt die Gans? Den meisten ergeht es bei der Auflösung wie Ihnen, sie nehmen irrthümlich die genannte Zahl 10 als Gewichtszahl an und fügen 5, die Hälfte, hinzu, wonach dann 15 sofort als die gesuchte Zahl genannt wird, ohne daß jemand den Widerspruch bemerkt, der in dieser Auflösung liegt. Wollen Sie nicht noch einmal über das große Problem nachdenken? Wir wollen Ihnen die Freude gönnen, selbst die Auflösung zu finden. Sollte dies aber wider Erwarten nicht der Fall sein – nun, so besteht ja der Briefkasten auch ferner noch und wird Ihnen mit Vergnügen das Facit übermitteln.

Adolf Sch. in L. Beim Sylvesterpunsch ist der Wunsch in Ihnen aufgestiegen, über die Herkunft des Punsches einiges Nähere zu erfahren? In seinem schönen und lesenswerthen Buche „Der altindische Geist“ bringt M. Haberlandt unter vielen andern interessanten Thatsachen die wohl auch Sie sehr überraschende, daß der feurig belebende Punsch nicht ein Produkt des Nordens zum Schutz gegen die Winterkälte ist, sondern der brennenden Sonnengluth Indiens entstammt, welche auf den menschlichen Körper ebenso verderblich durch Stockung wirkt wie starke Kälte. Der unwiderlegliche Beweis für die indische Herkunft des Getränkes liegt in dem Namen „Punsch“, der durch keine nordische Sprache erklärbar ist, indisch dagegen wörtlich bedeutet: „die Fünf“, die fünf Dinge nämlich, aus welchen der Inder seinen Trank ursprünglich mischte, indem er seinen Rum durch Wasser, Thee, Zucker und Citronensaft zu mildern gewohnt war. Indien ist das Heimathland der Mischungen, sowohl für Wohlgerüche als für Getränke. Eine ganze Menge der letzteren ist dort von Alters her bekannt und begehrt, wenngleich die Inder das fröhliche und gemüthliche Trinken der Germanen so wenig kennen wie die Sylvesterstimmung, welche hier zu Lande den dampfenden „Fünfen“ entsteigt. „Uns aber,“ schließt der Verfasser seine hübsche Abhandlung, „ist gerade der Punsch ein rechtes Symbol für die Ansprüche, welche die indische Kultur auf manches theure Stück unseres Besitzes zu erheben hat. Denn so wie hier mit dem Punsch stehen wir auch mit vielem geistigen Gute, mit philosophischen und religiösen Ideen, mit Märchen und Sagen, unseren Zahlen und dem Schach u. a. zu der indischen Ursprungswelt: wir sind die Beschenkten, aber wir haben nichts empfangen, das wir nicht erweitert, vertieft, geschmückt hätten. Die Inder mischten uns den Punsch, wir aber kränzten den Becher und schufen ihn zum Sylvestertrank!“

Eine treue Abonnentin in Buffalo. Besten Dank für die freundlichen Mittheilungen, welche wir mit Interesse gelesen haben.

Vogelfreund in P. Wir geben hiermit als Ergänzung zu dem Artikel „Der Kuckuck brütet“ in Nr. 25 des vorigen Jahrganges Ihre Mittheilung wieder. Demnach soll schon der Großvater des berühmten Charles Darwin einen Kuckuck brüten gesehen haben; man hatte ihm aber nicht geglaubt und seine Beobachtung für Verwechslung mit einem anderen Vogel gehalten.

Fräulein Helene in K. Sie haben in Ihrem Garten ein Futterplätzchen für Vögel eingerichtet und fragen uns, ob Sie während des Winters Ihren gefiederten Gästen auch Fleisch geben sollen. Es empfiehlt sich, neben den anderen Futterbestandtheilen auch erbsengroß geschnittene Stückchen Fleisch zu geben; dieses muß aber gekocht sein und zwar womöglich ohne Salz. Vor Verabreichung rohen Fleisches ist in diesem Falle zu warnen, einerseits, weil dies vielen Kleinvögeln leicht schädlich wird, und andererseits, weil sich die Amseln, die doch zumeist die Gartenplätze besuchen, dadurch verwöhnen und unnatürliches Futter, junge nackte Vögel, als Näscherei annehmen könnten. Im übrigen verweisen wir Sie auf die treffliche Flugschrift „Futterplätze für Vögel im Winter“ von K. Th. Liebe (Gera, Theodor Hofmann), welche wir wiederholt warm empfohlen haben.


Für unsere Knaben und Mädchen empfohlen:
Deutsche Jugend.
Herausgegeben von Julius Lohmeyer.
Inhalt der eben erschienenen Hefte 3 und 4 (Preis des Heftes 40 Pfg.)

Heft 3: Das Finkenfranzl. Märchen v. Frida Schanz. Illustr. v. H. Vogel. – Die Heimkehr in der Christnacht. Erzählung v. Julie Ludwig. Illustr. v. H. Vogel. – Wer hat’s am besten auf der Welt? Gedicht v. Georg Lang. – Weihnacht. Gedicht v. Julius Lohmeyer. – Der kleinen Ruth Herzenswunsch. Weihnachtsmärchen. Erz. v. B. Renz. Illustr. v. C. W. Allers. – Weihnachtsarbeiten von Anna Fraenckel. Illustr. nach Zeichnungen der Verf. – Lampenschleier mit Oblaten-Verzierungen. Von M. Laudien. – Mahnung. Spruch v. Julius Lohmeyer. – Knackmandeln. Von Robert Löwicke. – Räthsel etc. von A. Nikolai, Agnes Bochow, C. Leo und R. Löwicke.

Heft 4: Zum neuen Jahr. Gedicht v. J. Trojan. Zeichn. v. Th. Rocholl. – Die vierte Bitte. Erz. v. Wilhelm Fischer. Illustr. v. Jul. Kleinmichel. – Erzählungen aus dem alten deutschen Reich. Von Werner Hahn. – Die Schlacht von Hemmingstedt. Ballade v. Joh. v. Wildenradt. Bild von Johannes Gehrts. – Berthier in Bamberg. Erzähl. v. Joseph Mayer. Originalzeichn. von Richard Knötel. – Sprüche. Von Friedrich Güll. – Blumentopf mit Verzierung aus Gummiknetmasse. Von M. Laudien. Mit Illustr. – Ein Gesellschaftsspiel. Homonym. – Kaiserliche Zurechtweisung. Von L. M. – Die Brüder Grimm. Lebensbild von Julie Ludwig. Illustr. v. C. W. Allers. – Der Gagel. – Knackmandeln.


Inhalt: Lore von Tollen. Roman von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 69. – Ein Försterheim. Illustration. S. 72 und 73. – Wilhelm Jordan. Ein Gedenkblatt zu des Dichters siebzigstem Geburtstage. Von Alexander Tille. S. 74. Mit Porträt S. 69. – Die Landenge von Panama. 3. Die Durchstechung des Isthmus. Von Dr. Emil Jung. S. 76. Mit Karte S. 77. – Die Vermählung der Todten. Von Isolde Kurz (Schluß). S. 79. – Blätter und Blüthen: Arabische Trick-Track-Spieler. S. 83. Mit Illustration S. 81. – Ruhm und Nachruhm. S. 83. – Gedichte von Isolde Kurz. Von Rudolf von Gottschall. S. 83. – Von der Zeitrechnung der französischen Republik. S. 84. – Ein Entsumpfungsmittel. S. 84. – Kleiner Briefkasten. S 84.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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