Schwere, Elektricität und Magnetismus/§. 30.

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§. 30.
Fortsetzung: Die Function .


 Soll zunächst die Function für irgend einen Punkt im Innern der Kugel vom Radius hergestellt werden , so handelt es sich nach Green's Methode darum, eine Function ausfindig zu machen, die den folgenden Bedingungen Genüge leistet:


(1)


im Innern der Kugel vom Radius


(2) in der Oberfläche


(3) im Punkte


wie der reciproke Werth der Entfernung von diesem Punkte.

 Die partielle Differentialgleichung (1) lässt sich durch eine andere ersetzen, wenn man eine Function einführt durch die Gleichung:


(4)


und als Variable nimmt statt . Es ist nemlich



folglich



 Aus der Gleichung (4) findet sich durch Differentiation




|[131]  Führt man dies in die partielle Differentialgleichung (1) ein, so erhält man, nach Wegwerfung des Factors :


(5)


Ist


(6)


eine Lösung dieser partiellen Differentialgleichung, so kann man darin ersetzen durch und erhält dadurch eine neue Lösung. Man überzeugt sich davon leicht, wenn man bemerkt, dass in (5) nur vorkommt. Es ist also auch


(7)


eine Lösung, wenn genommen wird.

 Gehört nun zu einem Punkte innerhalb der Kugel, so lässt es sich leicht einrichten, dass einem äusseren Punkte angehört. Man hat nur


(8) d. h.


zu setzen. Zwei solche Punkte, welche auf demselben Radius vector liegen, und deren Abstände vom Mittelpunkte und der Gleichung (8) Genüge leisten, sollen der eine der Bildpunkt des anderen genannt werden.

 Vermöge der Gleichungen (6), (7) und (8) ist es nun leicht, die Function über die Oberfläche der Kugel hinaus so in den äusseren Raum fortzusetzen, dass sie überall der partiellen Differentialgleichung (5) genügt, und dass sie in der Oberfläche der Kugel an jeder Stelle den Werth Null annimmt.

 Man braucht nur die Bestimmung zu treffen, dass die Functionswerthe und einander entgegengesetzt gleich sein sollen für zwei Punkte und , von denen der eine des anderen Bildpunkt ist. Also


(9)


Daraus geht zunächst hervor


(10)


Ferner, wenn man mit die Derivirte nach bezeichnet:


(11)


|[132]Für zeigt sich, dass die Derivirte in der Oberfläche denselben Werth annimmt, der Punkt mag von aussen oder von innen in die Oberfläche hineinrücken.

 Durch die Bestimmung, die wir über die Fortsetzung der Function getroffen haben, wird auch über die Kugeloberfläche vom Radius nach aussen fortgesetzt. Und zwar genügt bei dieser Art der Fortsetzung die Function im ganzen unendlichen Raume der partiellen Differentialgleichung (1). Sie hat in der Oberfläche an jeder Stelle den Werth Null. Es ist also nur noch darauf Acht zu geben, dass überall endlich und stetig variabel sein soll, ausser in dem Punkte und in seinem Bildpunkte .

 Bezeichnen wir mit und die Werthe der Function für zwei gegenseitige Bildpunkte, so findet sich aus (9) und (4):



also


(12)


 Diese Relation lässt sich zur Herstellung des Ausdruckes für die Function verwerthen, wenn man noch ihr Verhalten in der Nähe des Unstetigkeitspunktes im Innern und seines äusseren Bildpunktes beachtet. Es seien die Coordinaten des inneren Unstetigkeitspunktes und die Coordinaten seines äusseren Bildpunktes, so dass . Ferner seien und resp. die Coordinaten von zwei gegenseitigen Bildpunkten, welche mit den Unstetigkeitspunkten auf demselben Radius vector liegen. Nehmen wir unendlich klein, so hat die Function im Punkte [1] den Werth


(13)


wenn mit eine Function bezeichnet wird, welche für endlich und stetig bleibt. In dem äusseren Bildpunkte erhält man nach Gleichung (12)



wenn eine Function bezeichnet, welche für endlich und stetig bleibt. Nun ist aber |[133]



folglich



Demnach kann der Ausdruck für auch so geschrieben werden


(14)


 Jetzt ist es leicht, für eine beliebige Lage des Punktes einen Ausdruck aufzustellen, der in (13) oder (14) übergeht, je nachdem der Punkt unendlich nahe an den inneren Unstetigkeitspunkt oder an dessen äusseren Bildpunkt heranrückt. Wir bezeichnen mit und die Abstände des Punktes von dem inneren Unstetigkeitspunkte und resp. von dessen äusserem Bildpunkte . Dann ist


(15)


die Function, welche allen gestellten Bedingungen Genüge leistet.
Fig. 23.

 Es bleibt noch übrig, die Abstände und durch die Coordinaten und die Coordinaten des Unstetigkeitspunktes und seines Bildpunktes auszudrücken. Bezeichnen wir mit den Winkel, welchen die Radien und mit einander einschliessen, so findet man (Fig. 23):


(16)


Fig. 24.

 Um auszudrücken, legen wir um den Mittelpunkt des Kugelcoordinaten-Systems die Kugel vom Radius . Auf ihr merken wir ausser dem Pol und dem Anfangsmeridian die Punkte an, welche von den Radien und getroffen werden (Fig. 24). Die Poldistanzen dieser beiden Punkte sind und , und ihre sphärische Entfernung ist . Die Meridiane, auf welchen und |[134]gezählt werden, schliessen den sphärischen Winkel ein. Folglich haben wir


(17)


 Wenn die Wahl des Coordinatensystems freisteht, so dient es zur Vereinfachung, die Axe des rechtwinkligen Systems (und folglich auch die Polaraxe des Kugelcoordinaten-Systems) durch den Unstetigkeitspunkt zu legen. Dann ist ferner beliebig und folglich . Die Gleichung (15) geht dadurch über in


(18)


 Aus der Gleichung (15) kann man noch die mechanische Bedeutung der Function herauslesen. Es ist die Potentialfunction für den Fall, dass im Punkte die Masse , in seinem Bildpunkte die Masse concentrirt ist.

 Uebrigens kann auch der Punkt ausserhalb der Kugel liegen. Dann ist sein Bildpunkt ein innerer Punkt. Der Ausdruck für wird derselbe wie in Gleichung (15).

 Versteht man unter einen Punkt ausserhalb der Kugel, so ist die Hülfsfunction, welche dazu dient, die Function für den äusseren Raum herzustellen. Denn in der That genügt diese Function im ganzen äusseren Raume der partiellen Differentialgleichung (1). Sie hat den Werth Null in der Begrenzung des äusseren Raumes, d. h. in der Oberfläche der Kugel vom Radius und in einer Kugelfläche von unendlich grossem Radius. Sie ist im ganzen äusseren Räume endlich und stetig variabel, ausser im Punkte , wo sie in vorgeschriebener Weise unendlich wird.



  1. WS: Sollte lauten.