Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Weesenstein

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Weesenstein
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 182–183
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Weesenstein.


Weesenstein liegt 2⅛ Meile südöstlich von Dresden, ⅞ Meile südwestlich von Pirna, in dem sehr tiefen, reizenden Müglitzthale.

Ueber die Entstehung des Namens lässt sich Genaueres mit Bestimmtheit nicht angeben. Nur so viel ist gewiss, dass eigentlich das Schloss „der Weesenstein“ genannt worden, das Dorf dagegen „der Grund“ geheissen hat.

Am natürlichsten ist wohl der Name von den den Felsen umgebenden Wiesen herzuleiten und deutet die in früherer Zeit vorgekommene[WS 1] Benennung „Wiesenstein“ darauf hin.

Weesenstein oder richtiger Wiesenstein liegt in einem engen romantischen Thale, dessen Berge mit Laubholz bestanden sind.

Weesenstein ist wie Dohna sehr alten Ursprungs und gehörte zu dieser Herrschaft.

Eine Burg stand hier schon im 11. Jahrhundert, welche auf die und in die in das Müglitzthal vorspringende Klippe gebaut war. Eben so hat man auch wieder vor 80 bis 90 Jahren die unteren Flügel des grossen 3 Höfe umfassenden Schlosses gebaut, welche durch den Mühlgraben vom Gebirge getrennt sind. Auf diese Weise ist das Schloss nicht nur grösstentheils in Felsen gesprengt, welcher sogar in den hohen und schlanken Thurm reicht, sondern dessen Flügel stehen auch in so verschiedener Höhe, dass sie, über einander gebracht, 8 Etagen haben würden und dass man aus dem Haupthofe zu Kellern und Ställen auf-, zu den Wohnzimmern abwärts steigen muss; der Vorhof steht auf einem andern Berge. Der untere Theil des Thurmes ist der runde alte Verliessthurm. Das Schloss selbst steht auf einem hohen, durch eine steinerne Brücke mit dem Meusegaster Berge verbundenen Felsen von Thonschiefer.

Die Herren von Dohna besassen es schon vor 1107. Zu Anfang des 14. Jahrhunderts, und zwar 1312, lebte hier Otto, genannt Wietz, der Sohn des regierenden Burggrafen zu Dohna.

Diese Burggrafen von Dohna und Weesenstein waren ursprünglich kaiserliche Beamte und begaben sich, wie viele Andere, in den Schutz mächtiger Nachbarn. Deshalb finden wir ihre Lehngüter zum grössten Theil als böhmisches, aber auch als markgräflich meissnisches Lehn. Vom letzteren Verbande suchten sie sich später zu lösen, stürzten sich aber durch Fehden und Unbedachtsamkeit ins Verderben.

Einer von denen, mit welchen sie sich vorzüglich nicht befreunden konnten, war Ritter Hans von Körbitz auf Mäusegast. Im Jahre 1397 raubte ihnen Ritter von Körbitz während eines Kindtaufsfestes durch einen nächtlichen Ueberfall von der Burg ihren alten Vater, der auch in der Gefangenschaft starb. Dadurch entstand die grösste Erbitterung, und wegen der Unsicherheit der Strassen, vorzüglich von Böhmen her, wurden markgräfliche Truppen zum Schutz der Reisenden nach Heidenau und Maxen gelegt. Diese Erbitterung kam auf dem Adeltanze in Dresden zum vollen Ausbruche. Der Ritter von Körbitz erhielt hier vom Burggrafen eine Maulschelle. Diese Beleidigung war das Signal zu der schrecklichsten Fehde. Markgraf Wilhelm mischte sich als Lehnherr in diesen Streit, belagerte die Burg Dohna 1402 und brachte, nachdem der Burggraf Jeschke durch die Burg heimlich nach Weesenstein entkommen war, in wenig Tagen sowohl die Burg Dohna, als auch das Städtchen Dohna an das Markgrafthum Meissen. Wegen der Flucht des Burggrafen Jeschke oder Jorsko nach Weesenstein, wurde auch Letzteres sofort blokirt und erobert. Der Burggraf Jeschke war aber auch von hier wieder nach dem Königstein, wo er Hauptmann war, glücklich entkommen, von da aber nach Ofen geflüchtet, hier gefangen genommen und in Folge des ihm gesprochenen Urtheils enthauptet worden. In späterer Zeit machten die Burggrafen alle mögliche Anstrengung, ihre Herrschaft wieder zu erlangen; allein die Markgrafen gaben solche nicht wieder frei und kam durch den Prager[VL 1] Vertrag 1459 an Sachsen.

Erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts wurden die Ansprüche der Burgrafen von Dohna berücksichtigt und es erfolgte eine Ausgleichung.

Bald nach der Einnahme von Weesenstein kam diese Besitzung im Jahre 1413 an die von Bünau auf Dreissig.[VL 2] Hierdurch bildete sich die Hauptlinie der sächsischen Bünau’s, die sich auch die böhmische nannte, weil sie in Böhmen die Herrschaften Tetschen, Blankenstein, Bünauberg, und hier in Sachsen aber Weesenstein, Lauenstein, Liebstadt, Pillnitz, Lichtewalde, Püchau und mehre andere Güter besassen. Rudolph von Bünau kaufte 1513 Ober- und Nieder-Mäusegast, welches den Herren von Körbitz gehörte, und wurde so mit Weesenstein und Burkhardtswalde, dem Vorwerke von Weesenstein, zu einer Herrschaft vereinigt.

Um die Mitte des Felsens bauten die Herren von Bünau im Jahre 1575 und 1740 den jetzt noch bewohnten Theil. Ueberhaupt verwendeten diese Herren auf die Verschönerung Weesensteins viele Kosten und vor 100 Jahren war Weesenstein noch ein Hauptsitz des Luxus.

In den 70ger Jahren des vorigen Jahrhunderts kam Weesenstein an die freiherrl. von Uckermann’sche Familie, von welcher das Badehaus am Fusse des Felsen stammt.

Der ziemlich grosse Schlossgarten wird von der Müglitz durchschnitten; ausserdem führt eine englische Partie nach dem Forsthause auf dem Berge zwischen Mäusegast und Weesenstein, welches in der Volkssprache der Pavillon heisst, auf dessen hohen Thurme man eine weite Fernsicht hat.

Die freiherrl. von Uckermann’sche Familie verkaufte die Herrschaft Weesenstein im Jahre 1830 an König Anton, der es zum Lieblingsorte erkor und vielfältig geschmückt seinem Bruder Prinz Maximilian hinterliess. Nach dessen Tode kam solche an Prinz Johann, unserm jetzigen allverehrten Könige, welcher im Sommer über hier gern verweilt.

Im höchsten Theile des Schlosses ist eine Kapelle, in welcher alle Sonn- und Festtage von dem daselbst angestellten Schlossprediger Gottesdienst gehalten wird. Erster Erbauer dieser Kapelle war Rudolph von Bünau, Amtshauptmann in Freiberg, im Jahre 1513, vermuthlich derselbe, welcher auf einem Bildnisse, welches am Eingange zur herrschaftlichen Betstube hängt, genannt wird: „Rudolph von Bünau auf Tetschen, Blankenstein, Schönstein, Büneberg, Lauenstein und Weesenstein, Ritter und Herzogs Georg zu Sachsen Rath“. Das Kirchenvermögen ist jedoch erst von Rudolph von Bünau durch Testament von 1605 gegründet und zwar [183] so, dass die Zinsen desselben blos für die Bedürfnisse des evangelischen Gottesdienstes verwendet werden dürfen. Von denselben werden die Reparaturen an den geistlichen Gebäuden, die Besoldungen des Schlosspredigers, des Schullehrers, der 4 Kapellknaben, des Oelknaben und Küsters, sowie der Lauter bestritten. Ferner erhalten, davon Unterstützungen drei Studirende und einige arme Frauen, welche aus den oberen Dörfern gebürtig sind und im Hospitale zu Burkhardtswalde freie Wohnung haben.

Die Oberaufsicht führt jetzt das Ministerium des Cultus. Der Schlossprediger steht unmittelbar unter der Kreisdirection zu Dresden, der Schullehrer unter dem Superintendenten zu Pirna. Das Collaturrecht über beide Stellen, sowie über die Stipendien hat Se. Majestät König Johann.

Seit 1763 ist auch noch eine Gedächtnisspredigt für den Charfreitag Nachmittags gestiftet.

Bemerkenswerth ist noch, dass das Altargemälde der Kapelle die Himmelfahrt Christi darstellt und über dem Altare zu beiden Seiten der Kanzel die in Holz geschnitzten Statuen der Apostel Petrus und Paulus stehen. Von Kennern altdeutscher Kunst wird eines der in der herrschaftlichen Betstube befindlichen Gemälde, Christus und die Ehebrecherin, vorzüglich geschätzt. Wenn aber in einzelnen Topographien angegeben ist, dass Kanzel und Altar aus dem Felsen gehauen sei, so ist dies nicht richtig, da der Felsen, auf welchem der Kirchthurm ruht, sich erst hinter der Kanzeltreppe befindet.

Jetzt enthält das Schloss auch noch eine katholische Kapelle, die in ihrer ganzen Einrichtung unwillkührlich zu treuem Sinn, zur Andacht stimmt.

Dagegen findet sich ein besonderer Begräbnissplatz zu Weesenstein, für die Besitzer und deren Familien nicht. Vielmehr hatten dieselben von jeher auf dem Kirchhofe von Burkhardtswalde eine besondere Familiengruft inne, welche mit einer geräumigen, von der Nordseite an die Kirche angebauten Kapelle umgeben ist. Diese Familiengruft mit Kapelle ist jedem Beschauer, so lange der Zugang noch zu derselben gestattet war, darum merkwürdig gewesen, weil sich darinnen eine Anzahl theils verschlossener und eingemauerter, theils unverschlossener Särge befinden, in welchen auffallend gut conservirte Leichen zu sehen sind, die fast den Mumien gleichen. Die Leichen wurden früher durch die Kirche zu dieser Kapellen-Gruft gebracht. Später ist jedoch der Haupteingang in dieselbe von innen der Kirche zugemauert, dafür von aussen ein Eingang eröffnet und die Kapelle selbst zur Aufbewahrung des Leichen- und Beerdigungs-Apparats von der Kirchfahrt benutzt worden.

Weesenstein selbst war aber nie dahin eingepfarrt, sondern natürlicher Weise nach Dohna.

Weesenstein hatte vor Einführung der neuen Gerichtsordnung seine Unterthanen überaus weit, nämlich vom weissen Hirsche bei Dresden an bis auf den Zinnewald.

Unter den einzelnen Orten sind nennenswerth Falkenstein, Grossdobritz, Laubegast, Grosszschachwitz, Nieder- und Obermäusegast, Nieder- und Oberseidewitz, Friedrichswalde, Berersdorf,[VL 3] in dessen Nähe sich der Lederberg erhebt, Seitenhain, Burkhardtswalde und Oberschlottwitz, welche zusammen über 3000 Bewohner fassen.

Weesenstein ist der Geburtsort des grossen Geigers Göpfert zu Weimar, welcher in der Zeit von 1733 bis 1798 lebte.

Die Einwohner von Weesenstein leben hauptsächlich von Maurer-, Zimmer- und Handarbeit und von Strohflechten. Der Feldbau ist sehr unbedeutend.

Weesenstein für sich, welches jetzt zum Gerichtsamte Pirna, zum Bezirksgerichte Pirna, zur Amtshauptmannschaft Pirna, zum Regierungsbezirk Dresden gehört, zählt 26 bewohnte Gebäude mit 66 Familienhaushaltungen und 244 Einwohnern.

Weesenstein hat beträchtliches Holz, Steinbrüche, starke Brauerei und mehre Mühlen. Unter diesen zeichnet sich die Schloss- und Hofmühle aus. Sie steht an der Südostseite des Schlossfelsens. Das Mühlwehr derselben scheint von einiger Entfernung aus einen natürlichen Wasserfall des Gartens zu bilden.

M. G.     



Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: Egerer
  2. handschriftliche Korrektur: Droissig
  3. handschriftliche Korrektur: Gr. Röhrsdorf

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: vorgebommene