Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Strehla

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Titel: Strehla
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aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 102–104
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Strehla.


Fährt man von Böhmen aus die Elbe abwärts nach Sachsen, so erblickt man, bald nachdem man die Grenze des Letzteren hinter sich hat, auf einem felsigen Berge am linken Ufer, ein darunter liegendes Städtchen überragend, ein stattliches Schloss und eine Kirche. Das ist der Herrensitz des schriftsässigen Rittergutes Strehla mit Kirche des zu demselben gehörigen Vasallenstädtchens.

In freundlicher Lage dehnt sich das Städtchen an dem Ufer der Elbe aus, die sich zwischen grünenden Wiesen und üppigen Feldern hinschlängelt, belebt durch den bunten Verkehr auf dem stattlichen Strome, und dem lieblichen Bilde verleiht der Schlossberg mit seinen ansehnlichen, schon aus weiterer Ferne bemerkbaren Gebäuden, einen erhöhten Reiz, so dass es schon oft der Gegenstand mehr oder minder gelungener bildlicher Darstellungen war.

Die Geschichte Strehlas reicht bis in das fernste Alterthum zurück, denn man weiss, das die dazu gehörige Herrschaft bis 1002 unmittelbares Eigenthum der deutschen Könige war, und dass sie damals einen [103] sehr bedeutenden Umfang hatte. Dieser ist zwar später bedeutend zusammengeschmolzen, indess war die Besitzung doch noch immer mit vier Ritterpferden belegt, von denen nachmals eines erlassen wurde.

Als Begründer von Strehla wird mit grosser Wahrscheinlichkeit der deutsche König Heinrich I., der Finkler, genannt, der die Burg im Jahre 928 erbaut haben soll, um als Schutz der deutschen Ansiedelungen gegen die Slaven zu dienen, die zwar unterworfen, aber noch nicht gänzlich unterjocht waren, und deshalb noch öfters, wiewohl vergeblich, Versuche machten, ihre Fesseln zu brechen.

Die Burggrafen, die der König hier einsetzte, machten später den Namen des Schlosses zu dem ihres Geschlechtes, derer von Strehla, welches bis in die Mitte des 14. Jahrhunderts blühte, jedoch nicht in dem Besitze von Strehla blieb, denn von 1002, wo wir es oben zuerst erwähnten, bis zum Ende des 14. Jahrhunderts wechselte es öfters seine Besitzer, ohne dass sich die verschiedenen mit Gewissheit angeben liessen.

Im Jahre 1388 aber stellte Kaiser Wenzel einen Lehnbrief aus, durch welchen er als Lohn für viele treugeleistete Dienste Strehla mit allen Zubehörungen an den Ritter Otto von Pflugk schenkte, und bei dessen Geschlecht ist es seit jener Zeit ununterbrochen geblieben, so dass es sich noch gegenwärtig in den Händen eines Nachkommen befindet.

Strehla, Herrschaft, Rittergut und Stadt, zerfallen eigentlich in zwei gesonderte Theile, nämlich den Strehla-Trebnitzer und den Strehla-Görziger Antheil, beide sind aber oft, und sogar meistens, in einer Hand vereinigt gewesen, wie noch in den vierziger Jahren unseres Jahrhunderts in der des Herrn Wilhelm Eberhard Ferdinand von Pflugk, Senior seines Geschlechts.

In älteren Urkunden wird Strehla bald Strele, bald Strelie oder auch Strelis genannt, ein Name, der unbezweifelt wendischen Ursprungs ist, und von dem Worte Streyl, der Pfeil, herrührt. Für diese Behauptung spricht auch der Umstand, dass das Stadtwappen einen Pfeil zeigt.

Nicht unwahrscheinlich ist es übrigens, dass Strehla schon vor der Erbauung des Schlosses bestand, und zwar als ein Dorf, das die frühesten slavischen Bewohner dieser Gegend, die Daleminzier, erbaut hatten. Indess sehr bald hat es sich zu dem Range einer Stadt emporgeschwungen, denn als solche wird es schon in einer Chronik des 11. Jahrhunderts genannt.

Als die Polen zu Anfang dieses Jahrhunderts in das Meissnische einfielen, spielte Strehla bereits eine Rolle, aber dennoch wurde es 1002 durch Boleslav, Herzog der Polen, erobert, geplündert und eingeäschert. Als darauf der Herzog seine Tochter Regelinde im Jahre 1003 mit dem Markgrafen Herrmann von Meissen vermählte, machte er ihr die eroberte Stadt zum Hochzeitsgeschenk, und das war für Strehla ein Glück, denn als die Polen später wiederholt feindliche Einfälle in die meissnischen Lande machten, verschonten sie die Brautgabe ihrer Herzogstochter, und die Bürger von Strehla genossen der Ruhe und Sicherheit, als ringsherum Alles in Angst und Schrecken versetzt wurde.

Von den Festungswerken, welche es in früheren Zeiten den Bürgern von Strehla möglich machten, feindliche Angriffe der Polen, der Hussiten und der verschiedenen Partheien des 30jährigen Krieges erfolgreich abzuschlagen, ist schon längst keine Spur mehr vorhanden. Indess waren dieselben auch nicht bedeutend genug, Strehla immer zu schützen, denn 1429 wurde die Stadt von den Hussiten beinahe gänzlich niedergebrannt, und 1637 verhängten die Schweden ein gleiches Schicksal über sie. Im Jahre 1752 brannte abermals ein grosser Theil der Stadt sammt dem Rathhause ab, und seitdem ist Strehla noch öfters vom Brandunglück betroffen worden.

Die Pest hat dem Orte ebenfalls mehrmals und zu verschiedenen Zeiten ihren unheimlichen Besuch abgestattet.

Die Stadt Strehla zählt an 300 Häuser mit etwa drittehalb tausend Einwohnern. Die Häuser sind zum grössten Theile massiv gebaut, beinahe durchgängig aber wenigstens halb massiv; der Marktplatz, an welchem das ansehnliche Rathhaus steht, gewährt einen freundlichen Anblick.

Die Einwohner nähren sich ausser der Landwirthschaft durch Handel mit Getreide, Sandstein, Steinkohlen und Holz, so wie durch Handwerke. [104] Unter diesen verdient die Töpferei eine besondere Erwähnung. Nicht nur ist das hiesige Kochgeschirr in weiteren Kreisen vortheilhaft bekannt, sondern es hat auch Einer dieses Gewerkes, der zugleich Bildschnitzer war, ein gewisser Melchior Tatze, ein Meisterstück verfertigt, das zwar schon von dem Jahre 1565 herrührt, aber noch jetzt zur Zierde der Kirche gereicht. Es ist dies eine aus Thon gefertigte Kanzel. Sie besteht aus 8 Tafeln, die über eine Elle hoch und eben so breit sind, geziert mit Basreliefs, welche Scenen aus dem alten und dem neuen Testamente darstellen. Die lebensgrosse Figur des Moses, ebenfalls aus Thon geformt, dient dieser Kanzel als Fuss und Stütze.

Die herrschaftlich von Pflugk’schen Gerichte von Strehla, die nach der neueren Gerichtsverfassung an den Staat übergegangen sind, erstreckten sich bisher über die Orte Strehla, Trebnitz, Görzig und Lichtensee, sowie über Antheile von Bobersee, Forberg, Oppitzsch, Pulsen und Zausswitz, und wurden durch einen Schösser verwaltet.

Der Stadtrath besteht aus einem rechtskundigen Bürgermeister und drei Rathsmännern.

Ueber Kirche und Schulen, welche unter der Inspektion Oschatz stehen, übt der Besitzer des Rittergutes die Collatur aus.

Wann die Kirche begründet worden ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, da alle zuverlässigen Nachrichten darüber fehlen; indess darf man mit grosser Zuversicht annehmen, dass ein Ort von solcher Bedeutung, wie Strehla schon im 11ten und sogar bereits im 10ten Jahrhundert war, sehr bald seine eigene Kirche erhalten habe, und man vermuthet daher, dass das hiesige Gotteshaus schon bald nach dem Meissner Dome erbaut worden sei. Dass es aber die äussere Gestalt seit der ersten Erbauung mehrmals geändert habe, ist ausser Zweifel, indess darf die Kirche noch immer ein hohes Alter beanspruchen, dafür sprechen verschiedene hier und dort angebrachte Jahreszahlen aus dem 15ten, 16ten und 17ten Jahrhundert, welche auf vorgenommene Reparaturen oder Erweiterungen schliessen lassen.

Nicht nur in ihrer Kanzel besitzt die Kirche ein merkwürdiges Stück des Alterthumes, sondern eben so auch in dem Altare. An diesem ist nämlich, von der Hand des Bildschnitzers Franz Dietrich in Freiberg in Jahre 1605 verfertigt, die Geschichte des Heilands in mehreren, in Holz geschnitzten, Bildern dargestellt. Als besonders erwähnenswerth führen wir eine eigenthümliche licentia poetica an, die sich der Künstler bei seiner Darstellung erlaubt hat. Auf dem Bilde, welches die Einsetzung des Abendmahles zeigt, sind nämlich sehr deutlich die Porträts von Luther und Melanchton zu erkennen.

Ausser der Stadt sind in die Kirche noch acht Dorfschaften eingepfarrt. Den Gottesdienst versieht ein Pfarrer und ein Diakonus. Die Schule ist in eine Knaben- und eine Mädchen-Schule getheilt; den Unterricht an der erstern ertheilt ein Rector, der zugleich Organist ist, und ein Cantor; an der Mädchenschule sind zwei Lehrer angestellt, von denen der erste zugleich den Kirchnerposten versieht.

Im Jahre 1829 wurde in der Nähe der Stadt, an der Elbe, eine chemische Fabrik errichtet. Unfern derselben befindet sich das Unter-Steueramt nebst einigen Privathäusern. Oberhalb davon führt eine Fähre über die Elbe.