Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Haynichen

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Haynichen
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 189–190
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Haynichen


südsüdöstlich von Leipzig, 2 Stunden von Borna, 3 Stunden von Grimma gelegen.

Zu dem hiesigen Rittergute gehört das Vorwerk Apel‚ welches demselben im Jahre 1710 gemacht wurde, zusammen ein Areal von 471 Ackern umfasst, wovon 322½ Acker zum Rittergute, 144½ Acker zum Vorwerk gezählt werden. An Feld hat es 328, an Wiese 70, an Teichen 13, an Holz 60 Acker. Den Boden anlangend, so ist solcher im Durchschnitte lehmig zu nennen. Auf dem Vorwerk Apel auch Apelt genannt, findet sich eine Ziegelei.

Die Rittergutsgebäude zieren den Ort und tragen die Jahrzahl 1576 von welcher Zeit an sich deren Erbauung datirt.

Im 11. Jahrhundert war Haynichen dem Pegauer Kloster unterworfen, und dann gehörte es mit Trages zur Grafschaft Groitzsch.

Der eigentliche Erbauer des jetzigen in edlem Stile erbauten Schlosse ist so recht nicht zu ermitteln. Das Geschlecht derer von Zehmen hat das Gut lange besessen, von welcher es Herr Rittmeister von Bärenstein auf Zechau acquirirte.

Seit dem Jahre 1838 befindet es sich in den Händen der Familie Schmidt. Herr H. L. Schmidt ist der dermalige Besitzer von Haynichen.

Die Schicksale des Ortes anlangend‚ so unterlag Haynichen und die Umgegend schon im Jahre 1430 einer drückenden Noth. Die grausamen Schwärme der Hussiten fielen in Sachsen ein, verwüsteten nächst vielen andern Dörfern auch Haynichen‚ brannten es nieder und ermordeten einen grossen Theil der Bewohner.

Im 30jährigen Kriege hatte dasselbe abermals viel zu ertragen, viele Dörfer hiesiger Gegend sind von jener Zeit her gar nicht wieder aufgebaut worden, sondern wüste liegen geblieben.

Vorzüglich war es aber die grosse Völkerschlacht 1813 die auch hier Schrecken und Verwirrung verbreitete.

Mürat hatte mit seinen Schaaren das französische Heer bei Leipzig zu decken und gedachte in Borna sein Hauptquartier aufzuschlagen. Während nun Mürat am 10. Oct. auf der Geithayner Strasse von Osten her Borna zueilen wollte, empfing ihn ein heftiges russisches Feuer. Er beantwortete den unerwarteten Gruss auf gleiche Weise, hielt sich aber seitwärts‚ zog mit seinem Heere dem Rittergute Bockwiz zu über Kesselshein nach Thierbach und schlug in der Nähe von Trages und Haynichen das Hauptquartier auf, brach aber schon solches am 11. Oct. wieder ab und marschirte am 12. Oct. nach Leipzig.

Am 16. Oct. früh 8 Uhr erhob sich das furchtbare Krachen des Geschützes, das die Erde beben machte. Die Einwohner hiesiger Gegend flüchteten nach Borna. Alles floh, was fliehen konnte. Das Gebrüll der Kanonen durchbebte die Lüfte; und am 19. Oct. um 10 Uhr Morgens schien die Erde zu wanken, so furchtbar stark wüthete an diesem letzten Tage der Schlacht das Geschützfeuer. Alles rief, der eignen Noth vergessend: „Ach Gott, das arme Leipzig!“ Ein furchtbares Krachen‚ das Sprengen der Elsterbrücke, steigerte das Entsetzen, doch bald erfolgte die Nachricht von der Niederlage Napoleons und die Bewohner der Umgegend zogen wieder in ihre Wohnungen ein.

Vorzüglich hat der Ackerbau und die Obstcultur den hiesigen Einwohnern und den Anwohnern der Umgegend bald wieder geholfen.

Haynichen blieb seit dieser Zeit vor grössern Unglücksfällen bewahrt bis zum Jahre 1847, wo den 9. Juni gedachten Jahres der Schaafstall des Gutes mit circa 650 Schaafen, Heu und andern Vorräthen abbrannte. Das Feuer war von ruchloser Hand angelegt und um so nachtheiliger für die hiesige Gutsherrschaft, da solches am Tage vor der Schur ausbrach.

Die dasige Gerichtsherrschaft übt das Collaturrecht über die Schule, während über die hiesige Filialkirche dem Rittergutsbesitzer von Mölbis [190] mit dem Oberconsistorium abwechselnd das Besetzungsrecht zusteht, da letztre den Pfarrer zu Trages ernennen und Haynichen Filialkirche von Trages ist.

Die Kirche zu Haynichen wurde 1700 von dem damaligen Rittergutsherrn Tobias von Zehmen in Verbindung mit der Gemeinde neu erbaut. Sie ist für die Zahl der hiesigen Bewohner an Zahl 190 geräumig genug und hat auch ein schönes Licht.

Die Erbauung der Kirche erfolgte unter der Leitung des damaligen Pastor Besser in Trages, dem in den Nachrichten über diesen Bau vom damaligen Rittergutsbesitzer Tobias von Zehmen der Lobspruch ertheilt wurde, er habe den Namen Besser mit Recht geführt, da unter ihm und durch ihm Alles in Haynichen besser geworden sei. Das von ihm angefangene Taufregister trägt an der Spitze die Worte:

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Criste cruore

Pastor Besser hatte der Haynicher Kirche 2 grosse zinnerne Altarleuchter geschenkt, die aber 1819 durch nächtlichen Einbruch in die Kirche geraubt wurden.

Während der Amtirung seines Nachfolgers, des Pastor Sombeck von 1704–1724, welchen der Tod lesend mit der Brille auf der Nase übereilt hat, wurde das zum Haynicher Rittergute gehörige Vorwerk, der Apelt angelegt und die Bewohner desselben in die Haynicher Kirche eingepfarrt.

Die Kirchen zu Haynichen und Trages sind arm und können kaum die currenten Ausgaben decken.

In diesem Jahrhundert und zwar im Jahre 1833 ist die Haynicher Schulstelle von der in Trages bezüglich des Kirchendienstes getrennt worden, und zwar durch die Erhebung des Haynicher Schuldienstes zu einem Kirchendienste. Wodurch beide Stellen mit einem fixen Gehalte von 200 Thlr. dotirt sind.

Die sämmtlichen Bewohner und Familien sind der Rittergutsherr, der Schullehrer, 4 Pferdner, 13 Hintersässer, 8 Feldhäusler, 19 Häusler, 1 Schmied, 7 Hofhäusler und überdies auf dem Apelt, dem zum Rittergute gehörigen Vorwerke, 6 Häusler und ein Ziegler. Haynichen, das Rittergut hatte seine eigne Gerichtsbarkeit, doch gehörten einige Häuser von Haynichen zum früheren Bornaischen Amte, die in früherer Zeit dem Rittergute Mölbis untergeben waren.

Der Ort der Mutterkirche, Trages, gehörte vor 730 Jahren eben falls zur Grafschaft Groitzsch und 1105 kommt er unter den Orten vor, deren Zehenden der Merseburger Bischof Alboin dem Pegauer Kloster zueignete.

Im Jahre 1202 kommt ein Ritter Siegfried von Dragutz vor. Denn die 6 Pferdner und 7 Gärtner mit 17 Hufen, die vor der neuen Gerichtsorganisation zum Rittergute Mölbis gehörten, bildeten in der frühesten Zeit ein eignes Rittergut, dem auch ein Theil von Haynichen untergeben war.

Jetzt sind ganz Haynichen, wie Trages dem Gerichtsamte Borna einverleibt, mithin dem Bezirksgerichte und der Amtshauptmanschaft des letzteren Ortes ebenfalls zugetheilt.–

Bemerkenswerth ist noch von Haynichen ein Steinbruch, aus dem das Wasser durch eine Windmühle getrieben wird.

M. G.