Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Cicero, Q. Sohn von Nr. 31
Band VII A,2 (1943–1948) S. 13061312
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32) Q. Tullius Cicero war der Sohn des Q. Nr. 31 und der Pomponia, somit Neffe einerseits des M. Cicero, anderseits des Atticus. Er ist nur etwa 24 Jahre alt geworden, daher außerhalb der Familie wenig hervorgetreten; infolgedessen Hauptquelle Cic ad Att. (von IV an mit bloßen Buch- und Briefzahlen zitiert), bis Ende 700 = 54 auch Cic. ad Q. fr. Pomponia war guter Hoffnung im Mai 687 = 67 (ad Att. I 10, 5); der Knabe kam noch in diesem Jahre oder im Anfang des folgenden, 688 = 66, zur Welt, reichlich ein Jahr früher als sein Vetter M., der Sohn des Redners und der Terentia (ad Q. fr. I 3, 3. II 12, 2), weshalb er später auch ein Jahr vor diesem die Männertoga empfing (s. u.). Bei dem guten Verhältnis der Väter M. und Q. ist von ihren Kindern in jungen Jahren wie von gemeinsamen die Rede, so von dem Sohne Q. ad Q. fr. II 5, 2: tuus meusque. 12, 2. III 3, 4: tuus nosterque. II 11, 4. III 1, 14: noster; auch II 6, 2: pueri nostri. Danach ist zu beurteilen I 3, 10: Filiam meam et tuam Ciceronemque nostrum, quid ego, mi frater, tibi commendem? und Q. fam. XVI 16, 1: Mi Marce, ita te meumque Ciceronem et meam Tulliolam tuumque filium videam, ut .....: die Tochter ist die des M. [1307] (Nr. 29), nicht etwa eine des Q. Da der Vater viel von Rom abwesend war, von 693 = 61 bis 696 = 58 in Asien, 698 = 56 und Anfang 699 = 55 in Sardinien, 700 = 54 bis 702 = 52 in Gallien, so lag die Erziehung des Kindes hauptsächlich in den Händen der Mutter und mehr in denen des mütterlichen Oheims Atticus, als in denen des väterlichen M. Cicero; dieser erwähnt von ihm Ende 694 = 60 eine Kinderkrankheit (ad Att. II 2, 1), 695 = 59 den Aufenthalt im Hause des Vaters auf dem Palatin (4, 7) und wohl einen kindlichen Ausspruch (7, 5), 696 = 58 die Ähnlichkeit mit dem Vater (ad Q. fr. I 3, 3) und die Betreuung durch Atticus (ad Att. III 23, 5), 698 = 56 im Frühjahr eine leichte und vorübergehende Erkrankung (IV 7, 1; ad Q. fr. II 5, 2), den Unterricht bei Tyrannio (ad Q. fr. II 4, 2), die Beobachtung der Spannung zwischen der Mutter Pomponia und der Tante Terentia (ebd. 5, 2), die Sehnsucht nach dem Vater (ebd. 6, 2), 699 = 55 im Frühjahr den Aufenthalt bei Atticus (IV 9, 2). Im J. 700 = 54 war der damals zwölfjährige Knabe mit dem Vater vor dessen Aufbruch nach Gallien zusammen (ad Q. fr. II 11, 4); dann nahm sich jetzt der Oheim M. seiner Ausbildung stärker an und berichtete darüber an den Bruder möglichst günstig (ebd. II 12, 2. III 1, 7. 14. 19. 3, 1. 4. 9, 9). Die beiden jungen Vettern wurden miteinander unterrichtet (ebd. III 3, 1) und hatten sich gern (ebd.; VI 1, 12); Q. zeigte Begabung (ad Q. fr. III 1, 14; VI 2, 2. X 10, 6; Phil. III 18) und Eifer (ad Q. fr. III 1, l4. 3, 4), aber weniger erfreuliche sittliche Eigenschaften (ebd. III 9, 9; VI 2, 2. Zu III 9, 9: edacitas vgl. später XIII 31, 4: gula). Er hatte bis dahin wesentlich unter dem Einfluß der Mutter und ihrer Verwandtschaft gestanden; er hing an ihr (VI 2, 2. 7, 1) und litt unter dem schlechten Verhältnis zwischen den Eltern, zumal als dieses im J. 704 = 50 zur Scheidung zu führen drohte (VI 2, 2. 3, 8. 7, 1. 9, 3). Der Vater suchte ihn durch Nachgiebigkeit zu gewinnen und verdarb dadurch mehr als er nützte (X 4, 6. 6, 2. 11, 3. XIII 39, 1; doch auch Mitschuld des Oheims: indulgentia nostra 4, 5. 7, 3); denn der Sohn bedurfte von jeher des Zügels, nicht des Sporns (VI 1, 12) und war nicht leicht zu lenken (VI 2, 2. X 5, 2. 6, 2. 7, 3. 10, 6). 703 = 51 nahm Cicero seinen Bruder als Legaten und die beiderseitigen Söhne nach Kilikien mit. Während des Feldzugs im Amanosgebirge waren diese bei Deiotaros in Galatien (V 17, 3. 18, 4. Vgl. die Erwähnung des Deiotaros als hospes noster durch den Vater Q. div. I 26 vgl. II 20). Anfang 704 = 50 kamen sie zu Cicero nach Laodikeia (V 20, 9) und waren nun unter dessen Aufsicht, so daß er auch die innere Anteilnahme des jungen Q. an dem Zwist seiner Eltern beobachten konnte (s. o.). Q. genoß gemeinsam mit M. den ihnen wenig zusagenden Unterricht des Dionysios (VI 1, 12. VIII 4, 1. 10) und empfing am Festtage der Liberalia, am 17. März, auf Wunsch des abwesenden Vaters durch den Oheim die Toga virilis (V 20, 9. VI 1, 12). Er galt seitdem als erwachsen (VI 2, 2: puer sive iam adulescens), wird aber von dem Oheim auch weiterhin noch lange als puer bezeichnet (z. B. sorgenvoll VI 6, 4: [1308] puer et puer bene sibi fidens. 9, 3), zumal in Zusammenfassung mit dem jüngeren Vetter (pueri, erst X 1, 4: iuvenes). Um ihretwillen nahm Cicero auf der Rückreise aus der Provinz den Weg über Rhodos (VI 7, 2; fam. II l7, 1); später fügte er seinen Briefen an den in Patrai krank zurückgebliebenen Tiro ihre Grüße bei (Aufschriften fam. XVI 1. 3. 4. 5. 6 vom November, 11 vom 12. Jan. 705 = 49; zu 8, 2 im Briefe des Vaters Q. s. Nr. 31). Nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges war es im Januar und Februar 705 = 49 für Cicero ein Gegenstand der Sorge, wo er sie am sichersten unterbringen könnte; er wollte sie gleich zuerst nach Griechenland schicken (VII 13, 3. 17, 1. 4. 19; fam. XIV 18), behielt sie dann bei sich auf dem Formianum (VII 18, 1. 20, 2. 26, 3; vgl. fam. XIV l4, 2) und beschloß Anfang März, sie zu Pompeius in den Osten mitzunehmen (VIII 11 D, 1. IX 6, 4). Q. glaubte sich reif genug, um selbständig seine Stellung zu nehmen, und wollte im Gegenteil wie viele andere der jungen Männer sein Glück auf Caesars Seite suchen. Er schrieb zu diesem Zwecke an Caesar und reiste nach Rom, wo er Anfang April erst von Hirtius und dann von Caesar selbst empfangen wurde (X 4, 6. 11). Daß er diesen ‚etwa bis an die ligurische Küste begleitet‘ habe (so O. E. Schmidt Briefwechsel des Cic. 172), ist aus den Briefdaten nicht zu beweisen und an sich wenig wahrscheinlich. Anscheinend hatte er gehofft, für seinen Übertritt sogleich reichen Lohn zu empfangen (X 7, 3. 11, 3) und so die Unabhängigkeit von seiner Familie zu gewinnen; aber er sah sich enttäuscht, da man einem so jungen und unerprobten Menschen keinen Vorschuß gewährte, und kehrte bald reuig zu den Seinigen zurück. Welche Aufregung er diesen verursacht hatte, spricht sich in den Briefen aus, die sein Oheim Cicero zwischen Anfang April und Anfang Mai an den andern Oheim Atticus aus Campanien nach Rom richtete (X 1, 4. 4, 5. 6. 5, 2. 6, 2. 7, 3. 10, 6. 11, 1. 3. 4. 12, 3, 15, 4); wie sehr sie aber augenblicklichen, rasch wechselnden Stimmungen Ausdruck verliehen, lehrt die am Anfang stehende Wehklage: O rem miseram! nihil enim mihi accidit in omni vita acerbius (4, 5), zusammengehalten mit der am Schluß vorgebrachten Bitte: Tu tamen eas epistolas quibus asperius de eo scripsi aliquando concerpito, ne quando quid emanet; ego item tuas (12, 3); die Bitte ist nicht erfüllt worden und daher erst recht nicht der Wunsch des Briefschreibers. Q. folgte mit seinem Vater dem Familienhaupte in das Lager des Pompeius, und es ist möglich, daß auch er dort Offiziersdienst tat, wie es für seinen noch etwas jüngeren Vetter bezeugt ist (off. II 45; dagegen nicht für seinen Vater div. II 53 s. Nr. 31). Nach der Entscheidung von Pharsalos beeilten sich Q. Vater und Sohn ihre Sache von der des Bruders und Oheims zu trennen und sogar auf dessen Kosten die eigene Rettung zu erstreben. Der Sohn kam von Korkyra, dem ersten Sammelplatz der Geschlagenen, zu dem Vater nach Patrai (XI 5, 4) und reiste dem Sieger Caesar nach Asien nach (XI 6, 7); er traf über Samos (7, 7) Ende Dezember 706 = 48 in der Hauptstadt der Provinz, Ephesos ein (10, 1) und mußte hier warten, bis Caesar [1309] im nächsten Frühjahr aus Alexandreia aufbrechen konnte. Q. verfaßte zu seiner und seines Vaters Rechtfertigung eine umfangreiche Anklageschrift gegen den Oheim (8, 2. l0, 1f.) und machte ihm brieflich die bittersten Vorwürfe (15, 2. 16, 4). Im Mai 707 = 47 ging er von Rhodos (23, 2) nach Antiocheia, wurde hier wieder von Hirtius bei Caesar eingeführt (20, 1; über den Gewährsmann s. o. Bd. VI A S. 2277, 4ff.) und erhielt ohne viel Mühe von diesem für sich und seinen Vater Verzeihung (20, 1. 21, 3; vgl. Nep. Att. 7, 3), während Cicero noch immer in Sorge war, daß ihm selbst deren Anklagen bei Caesar schaden könnten (20, 1. 22, 1). Es folgte aber im Herbst die Rückkehr und die Aussöhnung aller Familienglieder. Zur Befestigung ihrer Verbindung mit der Vaterstadt Arpinum verschaffte Cicero dem Neffen und dem Sohne dort zwei Stellen in der höchsten Behörde, unter den drei Aedilen, für 708 = 46 (ad fam. XIII 11, 3; s. o. Bd. XVI S. 582, 26ff. 616, 23ff.), die sie natürlich nicht in eigener Person verwalteten. In Rom wurde Q. damals unter die Luperci aufgenommen, was den Vater erfreute, dem Oheim aber mißfiel (XII 5, 1), weil es eine Annäherung an die neuen Machthaber bedeuten mochte (s. Röm. Adelsparteien 49, 1, nicht beachtet o. Bd. XIII S. 1833, 50ff. Vielleicht als Lupercus bei den Parilien von 710 = 44 beteiligt s. XIV l4, 1. 19, 3). Noch unangenehmer war für Cicero, der mit seiner Familie bis zur Niederlage des Pompeius auf dessen Seite gestanden hatte, daß Q. Ende des Jahres 708 = 46 geradezu in Caesars Dienst gegen die Söhne des Pompeius nach Spanien zu Felde zog; doch konnte er ihn davon umso weniger abhalten, weil Atticus es anscheinend billigte (XII 7, 1). In den ersten Monaten von 709 = 45 schrieb Q. wiederholt aus Spanien und Mitte des Jahres auf seiner Rückreise an den Vater, die Mutter, den Bruder des einen und den der andern, und auch von Kriegsteilnehmern wie Dolabella, dem jüngern Balbus, Pollio, Hirtius, und von dem Caesar entgegenreisenden und dabei mit Q. zusammentreffenden Brutus gingen Nachrichten über ihn ein. Er rühmte sich der bestandenen Gefahren und der vollbrachten Taten (XIII 29, 3 = 30, 1), gab sich aber auch den Tafelfreuden gern hin (XII 38, 2. XIII 31, 4. 37, 2) und führte zumal bei solchen, aber auch bei anderen Gelegenheiten schlimme Reden über Cicero (XII 38, 2: de impuro nostro cognato; vgl. cognatus XIII 27, 1 E., impurus XIII 38. 1; ferner XIII 9, 1), weswegen er von Hirtius scharf zurechtgewiesen (XIII 37, 2) und von Brutus eines Besseren belehrt wurde (XIII 38, 1. 40, 1). Als seine Heimkehr bereits nahe bevorstand, wurde sowohl der Vater Q., wie der Onkel M. von den widerstreitenden Gefühlen und Meinungen bewegt, wie man ihn aufzunehmen hätte; schließlich entschied sich der Vater sogar dafür, ihm zur Begrüßung ein Stück weit entgegenzureisen (XIII 40, 2) der Oheim jedoch dafür, einer Begegnung auszuweichen, indem er sich nach Astura zurückzog. Die Erörterung dieser und der damit zusammenhängenden Fragen – der Stellung des Sohnes zu dem Zwiste der Eltern, des Verhältnisses zu dem Mutterbruder Atticus, des Planes einer Ehe mit Gellia Cana, [1310] Tochter eines Freundes des Atticus (s. o. Bd. VII S. 992, 33ff. 1001, 12ff.) — bildet den Hauptinhalt der rasch aufeinanderfolgenden Briefe XIII 38-41; deren Interpretation und Datierung ist von O. E. Schmidt (Briefwechsel 333ff.) begründet, aber von L. R. Taylor (Class. Philol. XXXII 228ff.) mit vielfach abweichenden Ergebnissen aufs neue geprüft worden; nach jenem sind die Briefe vom 4.-8. August und die Ankunft des Q. in Rom gegen den 10. anzusetzen, nach dieser die Briefe vom 15.-18. August und die Ankunft auf den 25.; Einzelheiten wie die Beziehung von XIII 51, 2 auf den Vater oder den Sohn Q. sind gleichfalls umstritten. Im Dezember 709 = 45 war Q. auf dem Tusculanum bei Cicero; dieser berichtet XIII 42, 1, er sei sehr kleinlaut gewesen, und gibt die Unterhaltung kurz in Fragen und Antworten wieder: Q. wollte im nächsten Frühjahr an dem geplanten Partherkriege Caesars teilnehmen, stak tief in Schulden und hatte nicht einmal Reisegeld; er wünschte vor allem den reichen Onkel Atticus zu versöhnen, der zusammen mit der Mutter das Heiratsprojekt begünstigt hatte, und war bereit, sich ihrem Willen zu fügen; Cicero riet ihm, das noch vor seiner Abreise zu tun und dadurch auch seinen Vater zu befriedigen. Geldsorgen ließen ihn nicht los und bestimmten alle seine Entschlüsse und Handlungen. Deswegen schlug er sich im Frühjahr 710 = 44, als die Scheidung der Ehe seiner Eltern eingetreten war, im Gegensatz zu seinem früheren Benehmen auf die Seite der Mutter, von der er offenbar mehr erhoffte (XIV 10, 4), schrieb über den Vater (ebd) und an den Vater (XIV 17, 3) Briefe voll bitterer Vorwürfe und erklärte sich heftig gegen dessen Absicht einer neuen Ehe mit Aquilia (XIV 13, 5. 17, 3). Nach Caesars Tode setzte er seine Hoffnung auf den die Schätze Caesars verschwendenden Antonius; er sagte, daß er Caesar alles verdanke (XIV 17, 3) und ihm auch über das Grab hinaus treu bleibe (XIV 19, 3) und gab das am Feste der Parilien am 21. April öffentlich kund (XIV 14, 1. 19, 3 s. o.). Das konnte freilich dem Oheim M. und auch dem Vater nicht behagen, darf aber nicht bloß mit deren Augen angesehen werden; Anfang Mai schrieb Atticus: Q. filius Antoni est dextella (XIV 20, 5), wobei das Diminutiv eine Mischung von Ernst und Scherz andeutet (vgl. 3, XV 1, 4. 2, 2. 3, 2, nicht näher verständliche Hinweise auf weitere Berichte des Atticus vom Mai). Doch als Antonius die auf ihn gesetzten Hoffnungen (XIV 17, 3) nicht oder ungenügend erfüllte, ließ Q. im Juni durch den Freigelassenen Statius, seinen Genossen unter den Luperci (o. Bd. III A S. 2215), den Vater und Oheim wissen, daß er das Treiben in Rom nicht mehr ertragen und zu Brutus und Cassius übergehen wollte 19, 2), auch daß er mit dem Vater zusammenwohnen möchte (XV 21, 1; vgl. die entgegengesetzten Wünsche im Juli 709 = 45 XIII 38, 1. 39, 1. 41, 1). Dem Vater selbst erzählte er brieflich eine abenteuerliche Geschichte von den Zumutungen des Antonius, von seiner eigenen Standhaftigkeit und seiner eigenen kindlichen Pietät; Cicero durchschaute die Aufschneidereien ganz klar und deutlich: Ecquem tu illo certiorem nebulonem? (XV 21, 1). Wie weit sich Q. bis dahin mit Antonius [1311] eingelassen hatte, zeigt eine spätere öffentliche Erklärung des Consuls, daß er sogar den Vater und den Oheim preisgegeben hätte; wenn dieser Beschuldigung nicht etwas Wahres zu Grunde gelegen hätte, so wäre sie nicht von Cicero (Phil. III 17f. vom 20. Dez.) mit Versicherungen von der Vortrefflichkeit des teuren Neffen, deren Ehrlichkeit die vertraulichen Briefe ins rechte Licht stellen, entrüstet zurückgewiesen worden. Jedenfalls wandte sich Q. jetzt von Antonius ab und der Gegenpartei zu, die ihm bessere Aussichten zu bieten schien. Er verließ Ende Juni Rom (XV 22 vgl. 26,1), kam Anfang Juli zu Cicero auf sein Gut bei Arpinum (XV 27, 3) und begleitete ihn nach Puteoli, angeblich um länger in seiner Gesellschaft zu bleiben und um durch seine Vermittlung den Anschluß an Brutus und Cassius zu gewinnen (XV 29, 2). Er spielte den überzeugten Republikaner (ebd.: mirus civis, ut tu Favonium.....dicas. XVI 1, 6: pollicetur se Catonem; mehr darüber XVI 5, 2) und erreichte dadurch einerseits, daß Cicero ihn nach Nesis (j. Nisida) zu einem Besuch bei Brutus mitnahm, der ihn als neuen Parteigenossen willkommen hieß (XV 5, 2 vgl. 4, 1), und anderseits, daß sich Cicero, seinen und seines Vaters Bitten nachgebend, bei dem Mutterbruder Atticus für sein künftiges Wohlverhalten verbürgte (XV 1, 6. 5, 2). Aber Cicero hegte ebenso wie Atticus nach seinen bisherigen Erfahrungen ein starkes Mißtrauen gegen den gemeinsamen Neffen, und während er diesem, der schleunigst von Campanien nach Rom zurückreiste (XV 4, 1), den offenen Empfehlungsbrief mit den besten Zeugnissen und Wünschen mitgab (XV 5, 2), schickte er dem Atticus durch einen zuverlässigen Boten eine ausdrückliche Warnung und war erfreut, daß diese vorher eintraf, obgleich der kluge Freund die Wahrheit auch ohnehin durchschaut hätte (XV 1, 6. 3, 3). Indem sich Q. den Caesarmördern anbot, dachte er nicht daran, einem von ihnen über das Meer zu folgen, sondern sich für das nächste Jahr um ein öffentliches Amt in Rom zu bewerben und im Falle seiner Erwählung hier für sie einzutreten (so Haakh in der alten Realencyklopädie richtig gegen Drumann GR² VI 673, 10); dazu paßt, daß er sich in den nächsten Monaten dem jungen Caesar näherte (Phil. III 17) und daß er beabsichtigte, am 5. Dez. beim Amtswechsel der für den Staatsschatz verantwortlichen Quaestoren die Beschlagnahme der Staatsgelder im Tempel der Ops, die Antonius in der Nacht vom 15. zum 16. März vorgenommen hatte, vor dem Volke zur Sprache zu bringen (XVI 14, 4; dazu Hirschfeld Herm. V 300 = Kl. Schr. 786f., ansprechend, obgleich von Mommsen St.-R I 606, 4 abgelehnt). Atticus stand dem Q. auch damals kühl und mißtrauisch gegenüber, aber der Vater Q. war jetzt sehr für ihn eingenommen (XVI 11, 8 vom 5. Nov.), und der Oheim M. nahm, wie schon erwähnt, ihn am 20. Dez. bei der ersten und einzigen Gelegenheit, wo er ihn im Senate zu nennen hatte, mit zärtlicher Liebe gegen Antonius in Schutz (Phil. III 18). Aus dem letzten Jahre seines Lebens ist von Q. nichts bekannt, als daß er Anfang Dezember 711= 43 das Schicksal seines Vaters und Oheims teilte. Diese trennten sich voneinander [1312] auf der Flucht in Astura, weil der Vater nach Rom zurückkehrte, um sich mit den nötigen Mitteln für die Reise zu versehen. Auf diese Angabe folgt bei Plut. Cic. 47, 4 die weitere, der Vater Q. sei nicht viele Tage danach von seinen Sklaven verraten und von den Häschern getötet worden und zwar mit seinem Sohne. Ausführlicher, aber voneinander abweichend berichten über das Ende des Vaters und des Sohnes Appian. bell civ. IV 83 (vgl. 73: Ächtung beider) und Dio XLVII 10, 6f. (daraus Zonar. X 17), dieser sehr ehrenvoll für den Sohn, aber gewiß nicht nach sicherer Kenntnis, sondern wie Appian. nach ausschmückenden Erzählungen von den Gräueln der Proscriptionen. Über den jüngeren Q. s. Drumann GR² VI 666—675, der mit Recht findet, daß die traurigen Verhältnisse im Elternhause an der wenig günstigen Entwicklung des jung Verstorbenen manche Schuld tragen. Flüchtige Skizze von J. Stinchcomb Class. Journ. XXVIII 441ff. über Q. und seinen Vetter M. Nr. 30.