Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Hafenort an der äthiopischen Küste des roten Meeres
Band I A,2 (1920) S. 15111514
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2) Σαβά Hafenort (λιμήν) an der äthiopischen Küste des Roten Meeres, der Trogodytice, nach Strab. XVI 770; die kurze Notiz bei Suidas ist wertlos. Mitunter wird auf dieses S. fälschlich die Meldung bei Joseph. ant. II 20, 2 (in der Geschichte des Zuges des Moses) bezogen, daß [1512] die Stadt Meroë erst von Kambyses diesen ihren Namen, und zwar nach seiner Schwester, erhalten und früher Σαβά geheißen habe (nach Joseph. auch Euseb. Onom. s. v.). Schon aus Josephus’ Beschreibung der Lage dieser alten äthiopischen Königstadt S. (verglichen z. B. mit Strab. XVI 771. 786. XVII 822. Mela I 9, 2. Plin. n. h. V 53) geht hervor, daß er diese Nachricht auf das bekannte Meroë, die Hauptstadt der sog. Insel gleichen Namens, bezogen hat und nicht, nebst anderen auch Böttger Topogr. Lexikon zu Joseph. 1879, 214 annahm, auf eine Hafenstadt Äthiopiens am Arabischen Meerbusen. Auch Strab. XVII 790 berichtet, daß Kambyses den Namen Meroë sowohl der Insel als auch der Stadt beigelegt habe, da dort seine Schwester, nach anderen seine Gemahlin, Meroë gestorben sei; den früheren Namen nennt Strabon ebensowenig wie Diodor. I 33, der sogar zu berichten weiß, daß Kambyses die Stadt gegründet und nach seiner Mutter Meroë benannt habe (vgl. Joseph. bell. Iud. II 16). Die Behauptung, daß Kambyses der Gründer dieser Stadt war, ist ein so plumper Verstoß gegen die Wahrheit, daß sie allein die ganze Nachricht von der Umnamung verdächtig zu machen geeignet ist. Der Umstand aber, daß auch die in Übereinstimmung mit Strabon und Diodor mitgeteilte Zurückführung des Namens der Stadt auf Kambyses handgreiflich falsch ist, weil der Name auf eine ägyptische Wurzel zurückgeht, läßt auch den andern Teil der Meldung des Josephus über S., den angeblichen alten Namen von Meroë, gleichwertig erscheinen. Daß als Namenspatronin dieser Stadt bald die Schwester, bald die Gattin, bald die Mutter des Kambyses herhalten muß, dient nur zur helleren Beleuchtung dieser Namenserklärung, welche bereits Mannert (X 1. 162) abgelehnt hat. Vielleicht beruht diese nur bei Josephus erhaltene Deutung, welche selbst für achämenidische Hofgelehrsamkeit zu schlecht ist, auf einer Verwechslung von Meroë mit der Hauptstadt der südlich davon wohnhaften, angeblich von Psamtik abgefallenen (Strab. XVI 770. 786. Herodot II 30. Plin, VI 191) Sembritai; mit ihrer Hauptstadt, welche nach Bion bei Plin. VI 191 Sape hieß, ein Name, mit welchem jedenfalls auch der des von Ptolem. IV 7, 34 genannten Volkes der Σαπαῖοι zusammenhängt, ist wohl, wie längst vermutet wird (vgl. Kiepert Lehrbuch 206), Sōba (am Atbara), die Hauptstadt des mittelalterlichen christlichen Reiches von Aloa (Sena’ār), identisch, welches ungefähr an der Stelle des alten Reiches von Meroë lag. Mag auch die genaue Lage des alten Sape strittig sein (eine andere Identifikation bei K. Müller Ptolem. I 774): zu seiner Verwechslung mit Meroë konnte auch die an sich geschichtlich begründete Erinnerung an alte Beziehungen zwischen den Sabäern Südarabiens und den Äthiopen beitragen. Sicherlich ist die angeführte Josephusstelle keine Belegstelle für S. am Roten Meere und beweist auch nicht, wie Glaser Abessinier 19 meinte, daß der Name S. auch noch im 1. Jhdt. n. Chr. irgend einer bedeutenden Örtlichkeit im meroitischen Lande anhaftete. Strabon erwähnt diesen Hafen zugleich mit dem ,gleichnamigen Orte der Elefantenjagd` unmittelbar nach dem Hafen [1513] Elaia und der Στράτωνος νῆσος. Aus seinen Worten λιμὴν Σαβὰ καὶ κυνήγιον ἐλεφάντων ὁμώνυμον αὐτῷ darf man schließen, daß S. nicht nur Name des Hafens, sondern auch Bestandteil des Namens des in seiner Nähe gelegenen Platzes war, dieser also Σαβὰ κυνήγιον ἐλεφάντων, hieß, ein Name, welcher offenbar denselben Ursprung hatte, wie der des kurz zuvor von Strabon erwähnten Platzes Πτολεμαὶς πρὸς τῇ θήρᾳ τῶν ἐλεφάντων, der auch Πτολεμαὶς Θηρῶν oder Ἐπιθήρας genannt wurde. Der Versuch einer Lokalisierung von S. hängt mit der kritischen Beurteilung der auf Artemidor zurückgehenden Strabonischen Beschreibung der äthiopischen Küste, im besonderen mit der Ansetzung der unmittelbar vor S. erwähnten Punkte, namentlich des Hafens Elaia und der Stratoninsel zusammen, kann aber bei den ganzen Charakter dieser Küstenbeschreibung, namentlich bei dem Mangel an Positions- und Entfernungsangaben nur die Form einer Vermutung annehmen. Wir mußten uns zwar im Art. Eratanos gegen K. Müllers Auffassung der Beschreibung der Trogodytice bei Strabon wie bei Plinius (s. Geogr. gr. min. I LXVIf. 260. II 160. Karte VI. VII. VIII des Atlas; Strabonausgabe im Index [s. Elaea] und Karte XIV. Ptolem. I 2, 756f.) in einigen Einzelheiten aussprechen, namentlich gegen seine Bestimmung der Lage der Stratoninsel und des Hafens Elaia, welcher noch bis in die neueste Zeit hinein mit den insulae, quae Aliaeu vocantur bei Plin. VI 173 und der Hauptinsel der Dahlakgruppe identifiziert wird, selbst um den Preis der Notwendigkeit, zu diesem Zwecke einen Fehler in der Strabonüberlieferung anzunehmen (Geogr. gr. min. I LXX. Strabonausg. 796. 1038. Ptolen. I 758). Da jedoch in Strabons Beschreibung der Hafen S. unmittelbar nach der Stratoninsel angeführt wird, in welcher wir die Insel Isratu des Dahlakarchipels vermuten, glauben wir, in diesem Punkte mit K. Müller und anderen zusammentreffend, wenn auch von anderen Voraussetzungen aus, S. im Hafen von Massaua, dem der Insel Isratu zunächst gelegenen bedeutenderen Hafen, welcher der Küstenbeschreibung Strabons zu entsprechen scheint, suchen zu sollen. Zu diesen Schlusse stimmt auch die Tatsache, daß nach Ptolem. IV 7, 8 Σαβάτ am Ἀδουλικός κόλπος die nächste bedeutende Stadt nördlich von Adulis war, von dessen Breite aus gegen 60 Milien höher gelegen. Dann ist auch die Identität von S. und Σαβάτ, welche bereits Müller annahm (vgl. Geogr. gr. min. I LXVII und Karte VIII Ptolem. I 759), nicht nur durch die Namensähnlichkeit, sondern auch durch die Lage zu Adulis sehr wahrscheinlich gemacht: denn Massaua liegt gegen 50 km nördlich von Zula (15° 12’), der Stätte des alten Adulis. Strabons Beschreibung dieses zwischen Ptolemais Theron und S. gelegenen Küstenstriches lehrt im Vergleich zu seiner Darstellung der südlich davon sich erstreckenden Küstengegend, daß S. mit Σαβαί XVI 771 nicht identisch sein kann (s. Sabai Nr. 3). Verfehlt war auch Heerens Lokalisierung von S. am Bāb el Mandeb. Sace bei Plin. VI 172 mit K. Müller (Ptolem. I 758) in Sabae zu ändern, um so daran einen neuen Beleg für den Namen S. zu gewinnen, ist unzulässig (s. [1514] den Art. Sace); für die Gleichstellung spricht nichts, gegen sie die unverkennbare Namensverschiedenheit.

Nach der angeführten Josephusstelle wird gewöhnlich Ṣebā der Bibel (Gen. 10, 7 u. a.) für den alten Namen von. Meroë gehalten, und auch Dillmann hat (Über die Anfänge des axumitischen Reiches, Abh. Akad. Berl. 1879, 183) diese Auffassung empfohlen und in S., sowie in Σαβαιτικὸν στόμα (s. d.) und Σαβάτ bei Strabon (s. Sabai Nr. 3) und in Σαβάτ bei Ptolemaios Reste des Namens ,dieser Sabäer` erblickt, was Glaser a. a. O. unrichtig auf die südarabischen Sabäer bezogen hat. Doch später (s. Handbuch zur Gen. 10, 7) zog er es vor, Ṣebā von Meroë zu trennen, und bezeichnete es als sicherer, darunter einen am Arabischen Meerbusen sitzenden Zweig der Kuschiten zu verstehen und eine Kunde von seinem Dasein noch in den Namen dieser von den Griechen angeführten Örtlichkeiten, darunter S. zu erblicken, was auch andere angenommen haben. Doch wenn auch Ṣebā nicht zu Meroë gehört, so folgt daraus hinwiederum nicht, daß es zu S. gehören muß. Ṣebā ist weder an diesem Orte noch sonst in Afrika lokalisierbar (Glaser 388f. hat es nach Nordarabien verlegt) und ist von manchen geradezu als ursprünglich identisch mit Šebā bezeichnet worden (s. o. Nr. 1 S. 1499). Selbst Dillmann entschloß sich (Über die geschichtlichen Ergebnisse der Bentischen Reisen in Ostafrika, S.-Ber. Akad. Berl. 1894, 11) zu erklären, daß S., Σαβαί usw. mit dem südarabischen S. in Zusammenhang stehen wird und vielleicht sogar der Name des Flusses Sabi, in dessen Quellengebiet ein Teil der Ruinen von Zimbabīje auf Šebā hinweist, und hielt es auch für wahrscheinlich, daß Sabäer die Urheber dieser in Ruinen liegenden Bauten seien. Diese Erklärung des Namens des Hafens S. verdient Billigung. In diesem, wie in den anderen etymologisch zusammenhängenden Namen ist also einer der Beweise für sabäische Einwanderung in Afrika anzuerkennen; Genaueres darüber bei Glaser Abessinier 12f. 17f. 20 (vgl. bereits Kremer 111. Dillmann Anfänge 236f. Σαβάτ hat bereits Mannert X 1, 51 für eine südarabische Gründung erklärt). Auch der Name der erwähnten mittelalterlichen Stadt Sōba und der Flußname Astasobas darf mit dem alten südarabischen S. in Zusammenhang gebracht werden. Aus der Tatsache der alten Kolonisation des äthiopischen Küstenstrichs durch Sabäer erklärt sich wohl auch die Verwendung des Namens S. bei Suid. s. Οαρσεῖς (nach Theodoretus zu Ps. 71) als Bezeichnung eines äthiopischen Volkes; vielleicht ist damit nur die Bewohnerschaft der Stadt S. und Umgebung gemeint.

[Tkač. ]