Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Felix, Freund des Dichters Statius
Band XXI,2 (1952) S. 14191422
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2) Pollius Felix, Freund des Dichters Statius, der ihm Buch III der silvae widmete. Sein praenomen ist nicht bekannt (vgl. jedoch u. S. 1422), da Statius es bei allen Erwähnungen verschweigt, seine Angaben aber die einzig sicheren Daten über P. sind. Nach des Dichters Aussage stammte P. aus dem italischen Landadel und wurde zu Puteoli geboren (silv. II 2, 96). Das Datum seiner Geburt [1420] kennen wir nicht; da er aber im J. 90 n. Chr. Großvater von drei Enkeln war, dürfen wir uns ihn sicher 50-60jährig vorstellen, so daß seine Geburt etwa zwischen 30-40 n. Chr. anzusetzen wäre. Beloch (Campanien 269) vermutet, daß des P. Vorfahren bei der Deduktion der römischen Kolonie 194 v. Chr. nach Campanien kamen und dann dort eine gewisse Rolle spielten, da sich der Name dieser Familie ‚nicht selten in puteolanischen Inschriften‘ finde (vgl. den Index von CIL X). Auch des Statius Freund schaute in jüngeren Jahren dem Munizipalleben seiner Vaterstadt Puteoli wie auch Neapels nicht untätig zu, sondern muß in beiden Städten ein Amt oder eine Ehrenstelle bekleidet haben (silv. II 2, 133ff.), ja der Dichter versteigt sich sogar zu dem Ausdruck, die beiden Städte hätten sich um den Freund ‚gerissen‘ (silv. II 2, 134), dagegen deutet er nicht durch die leiseste Wendung an, um welche Ämter oder Ehrenstellen es sich handelte. Möglichkeiten waren ja in beiden Städten genügend vorhanden, Marquardt Staatsverw. I² 148ff. Daß P. die ihm von seinen Mitbürgern übertragenen Ämter oder Ehrenstellen mit klingender Münze vergelten mußte, war selbstverständliche Pflicht, auch wenn das von dem Dichter nicht ausdrücklich hervorgehoben worden wäre (silv. III 1, 91f.); allerdings erwarb er dadurch das Recht, als Inhaber eines Ehrenamtes stolz durch die Straßen sich tragen lassen‘ (Vollmer zu Statius silv. II 2, 133) zu können. Außerdem zwingt des Dichters Aussage zu dem Schluß, daß P. auch in Neapel das Bürgerrecht erhielt, ohne das die Bekleidung eines Amtes unmöglich war. In jüngeren Jahren hatte P. in beiden Städten auch um die Ehre im musischen Wettkampf gestritten (silv. II 2, 136f.); doch war er über all diese jugendlichen Torheiten zu der Zeit, die Statius besingt, längst hinausgewachsen (silv. II 2, 123ff.) und hatte sich in den sicheren Hafen einer friedlichen Ruhe zurückgezogen, um ganz seinen Neigungen zu leben. Da diese Neigungen in vielen Punkten mit denen des Dichters Statius sich berührten, war zwischen beiden ein herzliches Freundschaftsverhältnis entstanden, und der Dichter berichtet uns recht viel von den Neigungen wie von den Charaktereigenschaften des Freundes. Statius hat den Freund mindestens zweimal (anders Beloch Campanien 270), wahrscheinlich aber noch öfter in seiner Villa bei Sorrent aufgesucht. Den Dank für die erwiesene Gastfreundschaft legte er in zwei Gedichten nieder (silv. II 2 und III 1), zwei der angenehmsten und anziehendsten Stücke der ganzen Sammlung. Der Gastgeber wird darin als bescheidener Charakter (II 2, 29) und doch geistreich (III 1, 65), als gelehrt (II 2, 97) und mit rednerischem Talent begabt (Widmung zu Buch II), als fromm und gottesfürchtig (III 1, 12), als Verehrer der Kunst (II 2, 70) und Musen (II 2, 137) und als bewundernswertes Genie (II 2, 45) geschildert. Die Beschäftigung mit der Philosophie, insbesondere mit den Lehren Epikurs (II 2, 113), machte P. zu dem wahrhaft Weisen, dessen Lob Statius mit Wärme und Überzeugung verkündete (II 2, 1210.).

Neben einem tiefen Eindringen in die Philosophie und ihrer praktischen Anwendung im Leben zeichnete sich P. durch eine umfangreiche und von Statius mit einer Lobeshymne bedachte [1421] literarische Produktion aus (Widmung zu Buch III und II 2, 114ff.), von der freilich nicht das geringste auf die Nachwelt kam. Wenn auch das Urteil des Statius dem Freunde gegenüber befangen war, seine Wertung also mit Vorsicht aufzunehmen ist, so dürfen wir ihm aber sicher glauben, daß P. ihm tiefen Einblick in seine philosophischen wie literarischen Studien gewährte (Widmung zu Buch III). Die gemeinsamen Studien festigten das Freundschaftsband zwischen P. und Statius so sehr, daß letzterer behaupten konnte, der Entschluß, Rom zu verlassen und in die Heimat nach Neapel zurückzukehren, sei vor allem mit Rücksicht auf P. gefaßt worden und die Rückkehr in die Heimat sei eigentlich die Rückkehr zu P. (Widmung zu Buch III).

Auch über den reichen Besitz des P. gibt Statius uns wertvolle Nachrichten. Danach scheint der wichtigste Besitz des P. die villa Surrentina gewesen zu sein, deren Glanz und Pracht von Statius in großartiger Weise geschildert werden (silv. II 2). Das Gut bestand aus einer Reihe von Gebäuden, zu denen ein porticus hinaufführte, besaß umfangreiche Garten- und Parkanlagen, eigene Bäder und ein Neptun- und Herculestempel gehörten dazu. In fesselnder Art berichtet Statius von dem geselligen Leben, das dort herrschte, das einst aber eine plötzliche Unterbrechung fand durch ein schweres, jäh heraufziehendes Unwetter. In höchster Eile suchte sich die froh erregte Gesellschaft im nahen Herculestempel zu bergen. Doch der erwies sich als zu klein, so daß P. den Bau eines neuen, größeren gelobte und durchführte. Die Einweihung des neuen Tempels, bei der Statius wiederum anwesend war, wird durch silv. III 1 verherrlicht. Zu Ehren des Hercules, zu dessen Priester P. seinen kleinen Enkel machte (III 1, 46), wurden sogar Spiele durchgeführt (III 1, 44). P. hatte ferner eine Besitzung bei Tibur, eine andere am Galaesus bei Tarent und eine auf Limon bei Puteoli (vgl. Vollmer zu silv. II 2, 109). Die limonische villa des P. ist auch durch eine 1882 gefundene Inschrift für das J. 65 n. Chr. bezeugt (vgl. Dess. 5798). Mommsen vertritt Hermes XVIII 1883, 158ff. die Ansicht, der in der Inschrift genannte Pollius Felix sei nicht der Freund des Statius, sondern dessen Vater. Das ist wohl möglich; aber nach unserer obigen Vermutung über das Geburtsjahr des P. ist er im J. 65 mindestens 25, vielleicht auch schon 35 Jahre alt gewesen, so daß die Villa zu diesem Zeitpunkt sich also durchaus schon in seinem Besitz befinden konnte. Ein völlige Klärung der Besitzfrage kann erst durch neues Material erbracht werden.

Über die Familienverhältnisse des P. liegen uns nur spärliche Nachrichten vor; seine Gattin war Polla (s. o. S. 1407), die mit ihm in sehr glücklicher, harmonischer Ehe lebte und auf der gleichen Höhe philosophischer Bildung stand wie P. selbst. Daher gelang es beiden, den an sich freilich auch geheiligten amor zu überwinden und in pudica amicitia umzuwandeln (silv. II 2, 144f.). — Durch das Glückwunschgedicht des Statius zur Geburt des dritten Enkels ist uns der Schwiegersohn Iulius Menecrates (s. Iulius Nr. 358) bekannt, an den sich der Glückwunsch des Dichters richtet (silv. IV 8). Danach besaß P. also mindestens eine Tochter, während wir durch Statius [1422] über etwaige andere Kinder des P. nichts erfahren. Nun vermutete bereits v. Rohden (Prosop. Rom. III nr. 419 S. 62), daß silv. IV 8, 12 ein Sohn des P. gemeint sei, während Vollmer an einen Bruder des Iulius Menecrates dachte, da ein Sohn des P. sonst in II 2 oder III 1 erwähnt worden wäre (Vollmer zu silv. IV 8, 12 S. 488). Dieses argumentum e silentio erscheint jedoch gar nicht stichhaltig. Der Text nennt nämlich ganz eindeutig einen Sohn des P., da avunculus, nicht patruus von dem Dichter verwandt wurde, um den Oheim des eben geborenen Erdenbürgers zu bezeichnen. Ferner enthält der Text noch den Hinweis, daß dieser Oheim in einem afrikanischen Feldzug eine Auszeichnung erwarb, wobei es freilich zweifelhaft bleibt, ob das in dem Kampf des Praetors Flaccus gegen die Nasamonen im J. 86 geschah. Nun findet sich aber auf einem zu Lambaesis (Numidien) gefundenen Grabstein ein C. Pollius Felix (vgl. CIL VIII 3940, verbessert 18440), so daß es naheliegt, den Hinweis aus den silvae des Statius mit dem Namen der Inschrift zu verbinden und in dem C. Pollius Felix der Inschrift einen Sohn unseres P. F. zu sehen. Besteht diese Gleichsetzung zu recht, so tritt dabei noch ein weiterer Vorteil in Erscheinung. Der gut und einwandfrei überlieferte Name der Inschrift berechtigt uns dann wenigstens zu der Vermutung, daß auch der Freund des Statius das praenomen Gaius führte, das bei Statius nirgends genannt ist (vgl. o. S. 1419).

Literatur: Wilh. Rüdiger Quibuscum viris fuerit Statio poetae usus consuetudo familiaritas, Diss. Marburg 1887, 25. Julius Beloch Campanien. Geschichte und Topographie des antiken Neapel und seiner Umgebung, Breslau 1890², 269ff. G. G. Curcio Studio su P. Papinio Stazio, Catania 1893, 35ff. Friedrich Vollmer in ,P. Papinii Statii silvarum libri‘ Leipzig 1898, 337ff.

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