103) L. Licinius Lucullus war Sohn von Nr. 102 (vgl. die Filiationsausgabe bei seinen Söhnen Nr. 104 und 109), verheiratet mit einer Caecilia Metella, Tochter des L. Metellus Calvus und Schwester des Q. Metellus Numidicus (Cic. Verr. IV 147; p. red. in sen. 37; p. red. ad Quir. 6. Auct. de vir. ill. 62, 4 ohne Nennung des L. Plut. Luc. 1, 1f.), und durch sie Vater des L. und M., die 637 = 117 und 638 = 116 geboren sind, so daß er selbst etwa 635 = 119 geheiratet haben muß. Im J. 650 = 104 war er Praetor urbanus oder peregrinus und unterdrückte mit seiner Streitmacht in Stärke von etwa einer Legion, die er bei Capua zusammenzog, die von dem römischen Ritter Vettius geführte Sklavenerhebung in Lucanien (Diod. XXXVI 2, 5f.). Im folgenden J. 651 = 103 wurde er als Propraetor und Nachfolger des P. Licinius Nerva Nr. 135 mit ungefähr 17 000 Mann Römern und Bundesgenossen gegen den weit gefährlicheren Sklavenaufstand in Sicilien entsandt. Er brachte den doppelt so starken Feinden bei Skirthaia eine schwere Niederlage bei, ließ aber die Überlebenden nach ihrer festen Hauptstadt Triokala entkommen und richtete gegen diese nichts aus, εἴτε διὰ ῥαστώνην εἴτε διὰ δωροδοκίαν (Diod. XXXVI 8, 2–5); als er darauf durch C. Servilius abgelöst wurde, soll er diesem absichtlich Truppen, Lager und Kriegsgerät in schlechtestem Zustande übergeben haben (ebd. 9, 1f.). Ungenau und mit umgekehrter Reihenfolge der Statthalter sagt Flor. II 7,11: Praetorii exercitus fusi, capta Servilii castra. capta Luculli (vgl. auch Klebs o. Bd. II S. 2040). Nachdem schon während der Amtsführung des Lucullus Anklagen laut geworden waren, wurde er später vor Gericht gezogen, verurteilt und verbannt (Diod. 8, 5. 9, 1f.), und zwar wegen Unterschlagung öffentlicher Gelder und auf Anklage eines Augurs Servilius
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(Plut. Luc. 1, 2f.). Dieser Ankläger ist gewiß kein anderer als der Amtsnachfolger auf Sicilien, C. Servilius, denn der erstere wurde zur Vergeltung von den Söhnen des Lucullus angeklagt und der Verurteilung zugeführt (Plut. a. O., vgl. Cic. acad. II 1; off. II 50; auch Quintil. inst. or. XII 7. 4. Ps.-Ascom. Verr. 151 Or. = 222 St., der fälschlich einen L. Cotta nennt), und der letztere wurde ebenso wie Lucullus wegen seiner sicilischen Statthalterschaft gerichtlich verurteilt (Diod. 9, 1). Der Prozeß des Lucullus fällt in die Zeit des höchsten Ansehens der mit ihm verschwägerten Meteller, die durch die Censur des Numidicus und seines Vetters C. Metellus 652 = 102 bezeichnet wird; Numidicus wagte es jedoch nicht, für den bedrohten Schwager einzutreten (Cic. Verr. IV 147. Auct. de vir. ill. 62, 4). Also ist das Jahr des Prozesses 653 = 101; damals war C. Servilius aus Sicilien zurück und suchte die Verantwortung für seine eigenen Mißerfolge auf den Amtsvorgänger abzuwälzen; damals war die Verurteilung des Lucullus ein gegen den Numidicus gerichteter Streich und ein Vorbote von dessen eigenem im J. 654 = 100 folgenden Sturz (vgl. Bd. II A S. 1762f.). An der Fürbitte für die Rückberufung des verbannten Numidicus 655 = 99 beteiligten sich die beiden Söhne des Lucullus (Cic. p. red. in sen. 37; p. red. ad Quir. 6); sie hatten inzwischen durch die Anklage des Servilius für den Vater Rache genommen, aber ihn natürlich dadurch nicht aus seinem Exil erlösen können. Von der einfachen Lebensweise in seinem Hause spricht Varro (de vita p. R. IV nach Non. 495, 35) bei Plin. n. h. XIV 96. Daß er im Exil in Herakleia in Lucanien lebte, wird aus dem Besuche geschlossen, den sein Sohn Marcus mit dem Dichter Archias einige Zeit vor dem Bundesgenossenkriege dort machte (Cic. Arch. 6. 8. 31; vgl. Drumann-Groebe G. R.² IV 214, 5); er hatte sich ja auch gerade um die Beruhigung Lucaniens ein Verdienst erworben. Bei Cic. de or. II 284 ist die Lesart Lucullus falsch und die Deutung auf diesen Träger des Kognomens unberechtigt; es handelt sich dort um den Dichter Lucilius (s. d.). Ebenso ist bei Dio XXXVI 41, 1 das überlieferte Λούκιος Λούκουλλος unhaltbar und zu verbessern in Λούκιος Λουκκήιος (s. d.).