Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Lucullus, L. cos. 151 v. Chr.
Band XIII,1 (1926) S. 373375
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102) L. Licinius Lucullus, vermutlich Sohn oder Enkel von Nr. 99, begründete die Nobilität seiner Familie, da er im J. 603 = 151 mit A. Postumius Albinus zum Consulat gelangte (Fasti Cap. [erhalten nur .... n. Lucullus]. Neue Fasti Antiates Not. d. scavi 1921, 128: [L. Li]cini(us) Luc[ullus]. Chronogr. Hydat. Chron. Pasch. Cic. acad. pr. II 137; Brut. 81; ad Att. XIII 32, 3. Nepos vir. ill. XIII bei Gell. XI 8, 2 [daraus Macrob. Sat. praef. 13]. Liv. ep. XLVIII. Oros. IV 21, 1. Cassiod. Polyb. XXXV 3, 7. Plut. Luc. 1,1). Beide hatten Aushebungen für den keltiberischen Krieg vorzunehmen und stießen dabei auf starken Widerstand, da der Dienst dort geradezu gefürchtet war; nach der einen Darstellung war es das Beispiel des sich freiwillig dazu meldenden jungen Scipio Aemilianus, das ihnen zur Überwindung der Schwierigkeiten verhalf (Polyb. XXXV 4, 1–14; vgl. Liv. ep. XLVIII. Oros. IV 21,1), nach der andern verfuhren sie so streng, daß die Volkstribunen, die von ihnen die Befreiung gewisser Leute nicht erlangen konnten, sie ins Gefängnis setzten (Liv. a. O.), nach der dritten waren sie im Gegenteil so parteiisch, daß die Verteilung der Ausgehobenen auf die verschiedenen Provinzen durchs Los vorgenommen wurde (Appian. Ib. 49). Daß Scipio eigentlich nach Makedonien gehen sollte (Polyb. XXXV 4, 10f. Oros.), ist mit dieser letzten Angabe wohl vereinbar; es haben jedenfalls ziemlich heftige Parteikämpfe sich damals abgespielt (s. auch o. Bd. IV S. 1442). Beim Eintreffen des Lucullus in der ihm zugefallenen Provinz Hispania Citerior war der keltiberische Krieg durch seinen Vorgänger M. Claudius Marcellus soeben beendet (o. Bd. III S. 2759); aber Lucullus beschloß, teils aus Ruhmbegierde, noch mehr aus Habgier, die als seine Haupttriebfeder hingestellt wird (Appian. Ib. 51. 54 E. 55. 60), ohne Auftrag und ohne Rechtsgrund ihre nordwestlichen Nachbarn, die Vaccäer, auf der Hochebene von Altkastilien, zu bekriegen. Der Feldzugsbericht bei Appian. Ib. 49–55 geht auf Polybios und in letzter Linie auf den unter Lucullus dienenden Scipio zurück; er ist die Grundlage für alle Darstellungen (z. B. Schulten Numantia I 347–353). Lucullus überschritt den Tagus und wandte sich zuerst gegen Cauca (jetzt Coca in der Provinz Segovia, o. Bd. III S. 1800f.). Seine Mannschaften erlitten beim Fouragieren starke Verluste; dann aber trieb er die Vaccäer unter ebenfalls nicht unbedeutenden Verlusten in die Stadt [374] zurück (App. 51). Die Einwohner schlossen mit ihm einen Vertrag, nahmen seine harten Bedingungen an und öffneten ihm die Tore; mit Hinterlist und Heimtücke bemächtigte er sich ihrer und ließ alle Männer niedermachen. Dieser blutige Treubruch rief alle Eingeborenen zu den Waffen; sie verwüsteten ihr Land und retteten sich in ihre Berge und Fluchtburgen (App. 52; vgl. 89). Lucullus rückte vor Intercatia (bei Villalpando, 50 km nordöstlich von Zamorra; s. auch o. Bd. IX S. 1603), das selbstverständlich seine Aufforderung zur Übergabe unter Hinweis auf das Schicksal von Cauca zurückwies, worauf er zur Einschließung der Stadt schritt (Appian. 53). Eine oft erwähnte Episode der Belagerung von Intercatia war der siegreiche Zweikampf Scipios mit einem großen und starken feindlichen Krieger (Liv. ep. XLVIII. Flor. I 33, 11. Oros. IV 21, 2. Ampel. 22, 3. Auct. de vir. ill. 58, 2. Appian. 53 u. a. ohne Erwähnung des L. als Oberfeldherrn s. o. Bd. IV a. O.). Die Belagerung zog sich in die Länge und verursachte den Römern durch Mangel an Lebensmitteln und ungewohnte Nahrung viel Krankheit und Not; auch als sie eine Bresche gelegt hatten und in die Stadt eindrangen – als erster Scipio (Liv. Val. Max. III 2, 6. Auct. de vir. ill. 58, 3; doch wohl so zu verbinden o. Bd. IV a. O.). –, wurden sie wieder mit Verlust zurückgetrieben. Schließlich führte die wachsende Hungersnot auf beiden Seiten zu einer Einigung, die Scipio vermittelte; die Stadt verpflichtete sich zur Lieferung von Kleidern und Vieh und zur Stellung von Geiseln; die Hoffnung des Lucullus auf Edelmetall blieb unerfüllt (App. 54). Darauf ging er noch weiter nach Nordosten gegen Pallantia (noch jetzt Palencia), hatte aber auch hier keinen Erfolg und litt unter dem Mangel an Nahrungsmitteln, so daß er abzog, bis an den Durius verfolgt von den Feinden – und ihren Bundesgenossen, den Cantabrern (Liv.) –, und in die Winterquartiere nach Turdetanien zurückkehrte (App. 55). Wohl erst jetzt, im Anfang 604 = 150, und nicht schon während des Vaccäerfeldzugs Mitte 603 = 151 (so Schulten 351, 4 gegen o. Bd. IV S. 1443) schickte er den Scipio nach Africa zu Massinissa, um Elefanten zu holen (Val. Max. II 10, 4. V 2 ext. 4. Appian. Lib. 711.). In diesem J. 604 = 150 überfiel Lucullus im Einverständnis mit dem Statthalter von Hispania Ulterior, dem Praetor Ser. Sulpicius Galba, die Lusitanier und richtete auch seinerseits mit ähnlicher Treulosigkeit und Grausamkeit wie dieser unter ihnen ein furchtbares Gemetzel an, was das Signal zu dem großen lusitanischen Kriege gab (Appian. Ib. 59. 61). Ob Lucullus wirklich der von Plin. n. h. IX 89 (vgl. 93) genannte L. Lucullus proconsul Baeticae sein konnte, über dessen zoologische Beobachtungen Trebius Niger e comitibus eius prodidit, war immer sehr zweifelhaft, weil bei ihm die Bezeichnung proconsul Baeticae erstens sachlich falsch und zweitens ein Anachronismus gewesen wäre (Groebe bei Drumann G. R² IV 133, 3), und weil die Annahme eines römischen und lateinisch schreibenden Naturforschers oder Paradoxographen in so früher Zeit Bedenken erregen mußte: diese Erwägungen hat jetzt Cichorius (Röm. Studien 96–102) näher ausgeführt und daraufhin [375] die Gleichsetzung mit Recht abgelehnt; sein Vorschlag, den L. Lucullus proconsul Baeticae in dem Zeitgenossen des Plinius, Sallustius Lucullus (Bd. I A S. 1956f.), zu finden, ist aus Mangel an Material nicht zu überzeugender Wahrscheinlichkeit zu erheben. Nach der Rückkehr aus Spanien ist Lucullus vielleicht ebenso wie Galba wegen seiner Amtsführung zur Rechenschaft gezogen, aber jedenfalls nicht verurteilt worden (οὐδὲ ἐκρίθη Appian. Ib. 55). Während seines Feldzuges hatte er der Felicitas einen Tempel gelobt (Dio frg. 76, 2); er errichtete ihn im Velabrum (ebd. XLIII 21, 1. Augustin. civ. dei IV 23; s. o. Bd. VI S. 2163) und erbat für die Einweihung von L. Mummius Statuen aus dessen griechischer Beute, darunter die berühmte Musengruppe aus Thespiai (Cic. Verr. IV 4); nachher verweigerte er deren Rückgabe, weil sie ja der Gottheit geweiht seien, so daß sie in der Folgezeit unter seinem Namen stehen blieben (Dio frg. 76, 2. Strab. VIII 381). Das Jahr der Tempelweihe ist 612 = 142, denn Dio erzählt die Anekdote bei der in dieses Jahr gehörenden Censur des Mummius, und Liv. ep. Oxyrh. LIII bestätigt, daß Mummius eben damals seine erbeuteten Kunstschätze zum Schmucke Roms und anderer Städte verteilte. Lucullus war der Großvater von Nr. 104 (Cic. acad. pr. II 137. Plut. Luc. 1, 1), der von ihm die Sorge für seine Stiftung übernahm.