Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Römische Bürger zw. 17-46 Jahren in der Heeresordnung, im Wahl- und Stimrecht
Band X,1 (1918) S. 959960
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Iuniores hießen in Rom:

1. für die Heeresordnung die Bürger vom 17. bis zum 46. Lebensjahr; also diejenigen Männer, die, sofern sie gesund waren, zum Felddienst herangezogen werden konnten. Den nächsten Gegensatz bilden die seniores, die Männer von 46–60 Jahren, die nur für den Besatzungsdienst verwandt werden durften. So schrieb der Annalist Tubero (bei Gell. X 28): Servium Tullium regem – pueros esse existimasse, qui minores essent annis septem decem, atque inde ab anno septimo decimo, quo idoneos iam esse reipublicae arbitraretur, milites scripsisse, eosque ad annum quadragesimum sextum iuniores, supraque eum annum seniores appellasse. Dem entsprechend charakterisiert Polybios die Felddienstpflicht des Römers ἐν τοῖς τετταράκοντα καὶ ἓξ ἔτεσιν ἀπὸ γενεᾶς (VI 19, 2). Dieselben Männer nennt er τοὺς ἐν ταῖς ἡλικίαις Ῥωμαίους (VI 19, 5), und ihr Verzeichnis: ἀπογραφὰς τῶν ἐν ταῖς ἡλικίαις (II 23, 9). Lateinisch heißt diese Liste: tabulae iuniorum (Liv. XXIV 18, 7). Vgl. noch Cic. Cato mai. 60. Mommsen St.-R. I³ 506. 508. II³ 408. Mommsen vertrat die Ansicht, daß die aus republikanischer Zeit überlieferten Ergebnisse des Census die Gesamtzahl der i. ausdrücken (St.-R. II³ 411). Aber Beloch hat diese Hypothese erfolgreich widerlegt und gezeigt, daß die capita civium nichts anderes sein können als die Summe sämtlicher Bürger, also auch derjenigen über 46 Jahre (Klio III 474);

2. werden auch im römischen Wahl- und Stimmrecht die Bürger zwischen 17 und 46 Jahren, als i., von den übrigen geschieden. In der Centurienverfassung haben die besitzenden Bürger – von den sog. Rittern abgesehen – 170 Sammelstimmen, centuriae. Davon sind 85 centuriae iuniorum, und 85 centuriae seniorum, in jeder Klasse gleich viele von jeder Kategorie. Dieses System gab den an Zahl weit geringeren seniores, [960] den Bürgern über 46 Jahren, dieselbe politische Macht wie den i.; schuf also eine Alterspluralität. Auch nach der Reform der Centurienverfassung, in der zweiten Hälfte des 3. Jhdts. blieben die centuriae der i. und der seniores bestehen. Von nun an wurde innerhalb einer jeden Tribus aus den entsprechenden Bürgern der I. Klasse je eine Centurie der i., und eine der seniores gebildet. Diese Centurien der I. Klasse führten den Namen ihrer Tribus, also z. B. centuria Aniensis iuniorum. Vgl. für die Belege Kübler Art. Centuria o. Bd. III S. 1952. Die hier vertretene Auffassung ist näher begründet von Rosenberg Untersuch. z. röm. Centurienverfassg., Berlin 1911. Die Auffassung Mommsens St.-R. III 245ff. Die innerhalb der einzelnen Tribus bestehenden Wahlvereine der späteren Republik, aus denen sich in der Kaiserzeit die Verbände der sog. plebs frumentaria entwickelten, kannten gleichfalls i. Es gab z. B. ein corpus iuniorum der Tribus Palatina oder der Sucusana. Diese Vereine gliederten sich wieder in mehrere Hundertschaften (centuriae). Vgl. CIL VI 200. 1104. 10 218. Rosenberg a. a. O. 86. Kübler 1960. Mommsen St.-R. III 445ff. sowie den Art. Tribus.

3. In der Reichsritterschaft der augusteischen Zeit hieß ein Teil i., daher befand sich unter den cunei, die der Ritterschaft im Theater eingeräumt waren, ein cuneus iuniorum (Tac. ann. II 83). Mommsen vermutet recht plausibel, daß damit die Ritter bis zum 35. Jahr gemeint sind, die unter Augustus allein an dem feierlichen Aufzug, der pompa, teilnahmen, während die älteren equites von dieser Verpflichtung befreit waren (St.-R. III 498; vgl. 492. Suet. Aug. 38. Cass. Dio LIV 26).

4. In der Militärsprache des 3. Jhdts. und der nachdiocletianischen Epoche wird der Terminus i. mehrfach gebraucht. Er bezeichnet

a) die Rekruten, s. Cod. Theod. VII 13, 1 (Erlaß des Constantius aus dem J. 353) quotiens iuniores exhibendi sunt usw. (vgl. dazu Gothofredus in seinem Kommentar, sowie VII 13, 15), ebenso Veget. II 5 diligenter igitur lectis iunioribus usw.;

b) einen jüngeren Truppenteil der gleichen Nationalität oder Art im Gegensatz zu einem älteren, angeseheneren, z. B. Batavi seniores und Batavi i., Cetrati seniores und Cetrati i., sowie viele ähnliche Angaben in der Notitia dignitatum (s. den Index in der Ausgabe von Böcking 88, derselbe im Kommentar 996; vgl. auch Dessau 1356);

c) Angehörige von Polizeitruppen, wie die milites Iuniores Italici in Ravenna. (Not. Oc. XLII 6. Böcking a. a. O. 996.)