RE:Iulius 552a
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Iulia, Tochter des Kaisers Titus und der Marcia Nr. 126 Furnilla | |||
Band S VI (1935) S. 134–137 | |||
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- S. 909, 32 zum Art. Iulius (Iulia):
552 a) Iulia, die Tochter des Kaisers Titus.
1. Quellen, a) Inschriften: CIL III 13 524 = Dess. 8906 Celeia. V 4313 = Dess. 266 Brixia. VI 941. 2059 = Dess. 5033 Act. Arv. 2065 = Dess. 5034 Act. Arv. IX 1153 Aeclanum. 2588 Terventum. X 1632 Puteoli. Haussoullier Bull. hell. IV 1880, 396 Halicarnassos. Suppl. Epigr. Gr. II 697 Pamphylien. Cagnat IGR III 573 Pinaris.
b) Münzen: Eckhel VI 365ff. Cohen I² 464ff. Mattingly Coins of the Rom. Empire II 247. 278f. 313. 350f. 353. 402f. 405f.
c) Antike Literatur. Cass. Dio LXVII 3. 2. 4, 2. Philostr. v. Apoll. 7, 7. Plin. epist. IV 11, 6. Iuven. sat. II 32. Martial. VI 3, 6. IX 1, 7. Suet. Tit. 4. 5; Domit. 17. 22.
2. Namen und Titulatur. Auf Inschriften [134] und Münzen ebenso wie bei den Autoren kommt allein der Name Iulia (Ἰουλία) vor; nur auf der Weiheinschrift ωon Halikarnassos heißt sie Ἰουλία Σαβείνα. Den Titel Augusta (Σεβαστή) führt sie schon zu Lebzeiten ihres Vaters, zum ersten Male im J. 81 (Dess. 5038). Über die verschiedenen Münzlegenden vgl. Kahrstedt Klio X 298f. Th. Schulz Stud. z. Gesch. u. Kultur d. Altert. XIII 4, 34. Kornemann Doppelprinzipat und Reichsteilung im Imp. Rom. 67 sieht in der Verleihung dieses Titels an I. einen Beweis für das Streben der Flavier ein Familienregiment zu begründen; das geschlossene Auftreten der flavischen Familie in den Vota der Arvalbrüderschaft (Dess. 5033. 5034) gibt seiner Ansicht recht (Mommsen St.-R, II² 825, 4).
3. Leben. I. war die Tochter des Titus (Suet. Dom. 17, ohne Nennung des Namens Suet. [135] Tit. 4. 5; Dom. 22, nach Philostr. v. Apoll. 7, 7 eine der Töchter; von den beiden Ansichten Groags, Bd. III S. 1307 Nr. 8, die in einer Inschrift vom ager Praestinus [CIL XIV 2830 = Dess. 995] genannte Flavia Sabina T. f(ilia) Sabini als Tochter des Stadtpraefecten Flavius Sabinus [Bd. VI S. 2611 Nr. 166] oder auf Grund von Philostr. v. Apoll. 7, 7 als die Tochter des Kaisers Titus anzusprechen, verdient meines Erachtens die erstere den Vorzug) und seiner zweiten Gemahlin Marcia Furnilla (Suet. Tit. 4; vgl. o. Bd. XIV S. 1606). Wir kennen wohl den Tag, aber nicht das Jahr ihrer Geburt. Da die Hochzeit ihrer Eltern vor die Bekleidung der Quaestur durch ihren Vater (Suet. Tit. 4), also ins J. 63 n. Chr. fällt (Weynand Bd. VI S. 2698), kommt als Geburtsjahr frühestens das J. 64 in Betracht (nach Bernoulli Röm. Ikonogr. II 2. 43 bald nach dem J. 58); mit dem Tage ihrer Geburt fiel später der der Eroberung Jerusalems durch Titas.zusammen (Suet. Tit. 5 Titus cepit ea (sc. Hierosolyma) natali filiae suae). Da Titus frühzeitig Marcia Furnilla verstieß, wuchs I. mutterlos auf; einen Ersatz fand sie in ihrer nutrix Phyllis (Suet. Dom. 17).
I. war anfangs als Gemahlin Domitians in Aussicht genommen; doch er wollte ursprünglich von ihr nichts wissen (Suet. Dom. 22 fratris filiam adhuc virginem oblatam in matrimonium sibi cum devinctus Domitiae nuptiis pertinacissime recusasset). Sie heiratete non multo post (Suet. Dom. 22) einen ihrer Verwandten, den nachmaligen Consul ordinarius des J. 82 n. Chr. Flavius Sabinus (Philostr. 7, 7; vgl. Bd. VI S. 2615). Unmittelbar darauf scheint Domitian Zuneigung zu ihr gefaßt (Suet. Dom. 22 vivo etiam tum Tito) und sie zu ehebrecherischem Umgange mißbraucht zu haben. Wenn sich auch in den Quellen keine unmittelbare Zeitangabe für diesen im Leben der I. wichtigen Wendepunkt findet, so erlaubt doch die Darstellung, die Sueton gibt, mit einiger Bestimmtheit die Festsetzung in die J. 80–81, da die Hochzeit Domitians mit Domitia in die Zeit 70–72 gehört (den Inzest Domitians mit seiner Nichte erwähnt allerdings ohne Namensnennung Plin. epist. IV 11, 6; vgl. panegyr. 52. 63). Flavius Sabinus stand den Beziehungen Domitians zu I. hinderlich im Wege. Die Beseitigung dieses Mannes erfolgte also nicht allein aus dem Grunde, daß der Kaiser schon vor seiner Thronbesteigung in ihm einen gefährlichen Rivalen erkannt hatte (Suet. Dom. 10 quod eum comitiorum consularium die destinatum perperam praeco non consulem ad populum sed imperatorem pronuntiasset; ebd. 12 generum fratris indigne ferens. Dio Chrys. or. XIII 1 ἀνδρὸς οὐ πονηροῦ. τῶν δὲ τότε εὐδαιμόνων τε καὶ ἀρχόντων [darunter ist nach v. Arnim Leben und Werke des Dio 230 der Kaiser Domitian zu verstehen] ἐγγύτατα ὄντος oder wenig später δοὰ τὴν ἐκείνων [d. h. τῶν τότε εὐδαιμόνων τε καὶ ἀρχόντων] οἰκειότητα καὶ ξυγγένειαν), sondern wahrscheinlich auch aus dem Verlangen Domitians, sich dem Verkehr mit I. ungehindert hingeben zu können. Die Hinrichtung des Flavius Sabinus erfolgte spätestens im J. 82 (zuletzt v. Arnim Herm. XXXV 130; vgl. auch Schmid Bd. V S. 852; vgl. Weynand [136] Bd. VI S. 2615; Ansatz für das J. 89 als äußerster Zeitpunkt seines Todes unrichtig), da sie nach den Worten Suet. Dom. 22 mox patre ac viro orbatam bald nach dem Tode des Titus anzusetzen ist und keineswegs eine zeitliche Beziehung zwischen dem Tode des Flavius Sabinus und der I. durch die Quellen begründet erscheint.
Sicherlich war Domitius Ehebruch (Suet Dom. 3. 13. Cass. Dio LXVII 7, 1. Zonar. XI 19. Aurel. Vict. de Caes. 11, 11; epit. 11, 7. Schol. Iuven. VI 87) für den Kaiser erwünschter Anlaß, sie zu verbannen. Von den beiden Zeiträumen, die, aus dem Fehlen ihres Namens in Inschriften und auf Münzen zu schließen, hierfür in Betracht kommen (Ende 82–84, Ende 87 bis Anfang 89), geben v. Arnim Herm. XXXIV 372 und Stein Bd. V S. 1515 (neben den von v. Arnim angeführten Gründen auch Domitians Verlangen nach anderen Nachkommen infolge des Todes seines Sohnes in den ersten Regierungsjahren) mit Recht dem erstern den Vorzug. Nun machte Domitian aus den Beziehungen zu seiner Nichte kein Hehl (Suet. Dom. 22 mox patre ac viro orbatam ardentissime palamque dilexit, Cass. Dio LXVTI 3, 2 ἀπαρακαλυπτότερον) und behandelte sie ὡς γαμετῇ (Cass. Dio LXVII 3, 2). Ihr nunmehr maßgebender Einfluß auf Domitian zeigte sich darin, daß auf ihre Veranlassung sein bisheriger Vertrauensmann Ursus, der wegen einer zu freimütigen Äußerung über den Chattenkrieg beim Kaiser in Ungnade gefallen war und für sein Leben bangen mußte, mit dem Consulate ausgezeichnet wurde (Cass. Dio LXVII 4, 2. v. Arnim Herm. XXXIV 372f.).
4. Tod. Trotz aller Liebe zu I. ist Domitian nicht frei von Schuld an ihrem Tode: da sie nämlich auf Grund eines Ehebruches keine Kinder haben wollte, bewirkte sie eine Frühgeburt, an deren Folgen sie zugrunde ging: Plin. epist. IV 11, 6 vidua (ohne Nennung des Namens) abortu periit. Suet. Dom. 22 causa mortis … coactae conceptum a se abigere. Iuven. II 32f. quum tot abortivis fecundam Iulia vulnam solveret et patruo similes effunderet offas; von Schol. Iuven. 32f. irrtümlich auf Kaiser Claudius bezogen (Gsell Essai sur le règne de l’empereur Domitien 84f. Hoehler Jahrb. f. Philol. Suppl. XXIII 3977). Der Zeitpunkt ihres Todes läßt sich aus den Quellen nur annähernd erschließen. Da I. in den Vota der Arvalbrüder am 3. Jänner 87, nicht aber mehr am 3. Jänner 90 erwähnt wird (CIL VI 2065. 2067) und im 15. Consulatsjahre Domitians (90/91) und in einem Gedichte Martials VI 3, 6, das im Sommer oder Herbst 90 veröffentlicht worden ist (Friedländer Martial-Ausg. 57), bereits diva genannt wird, so fällt ihr Tod wahrscheinlich in die Zeit zwischen 87 und 90. Um diese Zeit kam auch Domitians Versöhnung mit seiner rechtmäßigen Gemahlin angeblich auf Bitte des Volkes zustande (Cass. Dio LXVII 3, 2. Zonar. XI 19): für den Ansatz dieses Ereignisses in das J. 89 spricht die Tatsache, daß Martial in dem vorhin genannten Gedichte der Erwartung nach Geburt eines Prinzen für das J. 90 Ausdruck gibt und daß Domitias Rückkehr an den KaiserhoF jedenfalls durch den Wunsch des Kaisers nach einem Erben beschleunigt worden ist. I.s Tod muß infolgedessen [137] unmittelbar zuvor (nach Weynand Bd. VI S. 2573 vielleicht schon im J. 88) erfolgt sein.
Die Konsekration der I. wird durch Münzen aus dem J. 90 (Mattingly nr. 458. 463) und den J. 92–94 (Mattingly nr. 471–473), Inschriften (CIL III 13524. X 1632) und Martial VI 13. IX 1, 7 bestätigt; sie erfolgte vor Veröffentlichung des sechsten Buches der Epigramme des Martial (nach Friedländer 57 Sommer oder Herbst 90), da der Dichter sie VI 13 bereits als diva anspricht. Für den Kult der vergötterten I. finden wir einen Beleg in der Inschrift CIL IX 1153, aus der wir Cantria P. f(ilia) Longina als sacerdos flam(inica) div[ae] Iuliae Piae [A]u[g(ustae)] kennenlernen. Die Asche der I. wurde wahrscheinlich anfänglich im augusteischen Mausoleum beigesetzt; nachdem Domitian den Palast des Flavius Sabinus zur Grabstätte seiner Familie bestimmt hatte, wurde I.s Asche im J. 95 dahin übertragen und auch Domitians Asche (nach seiner ursprünglichen Bestattung auf seiner Besitzung an der latinischen Straße) von der treuen Dienerin Phyllis heimlich hierher gebracht und mit der Asche der I. vermischt (Suet. Dom. 17. Jordan-Huelsen Topogr. III³ 426).
4. Äußeres. Da keine der Büsten, die auf I. bezogen werden (Näheres bei Bernoulli Röm. Ikonogr. 44f.), mit Sicherheit ihr zuzuweisen ist, lernen wir ihr Aussehen nur aus den Münzen kennen; doch infolge der Verschiedenheit der Typen können wir kein einwandfreies Bild von ihr entwerfen. Bernoulli 44 nimmt mit Recht an, nur ihre ausgesprochene Schönheit erkläre Domitians Leidenschaft für sie; Martials (VII 13) überschwengliches Lob gelte nicht ihr, sondern einer ihrer plastischen Darstellungen, auf der sie als Venus mit Amor erscheint. Bringt der Aquamarin des Euodus im Cabinett der Médailles zu Paris (Chabouillet nr. 2089) I.s Kopf, wofür Ähnlichkeiten der Haartracht sprechen, dann hatte sie eine gewölbte, zurückliegende Stirne, eine gerade Nase, und die Haartracht, die an die der Frauen des iulisch-claudischen Hauses erinnert, zeigt vorne schneckenförmig gekräuselte Locken, hinten geflochtenes Haar.
Nachträge und Berichtigungen
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552a) Iulia, Tochter des Kaisers Titus und der Marcia (XIV 1606 Nr. 126) Furnilla. S VI 133. 1346.