Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Laco I., C. Hegemon von Sparta z. Zt. des Augustus
Band X,1 (1918) S. 658660
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309) C. Iulius Laco I., Hegemon von Sparta (der vollständige Name Γ. Ἰούλιος Εὐρυκλέους υἱὸς Λάκων Dittenberger Syll. Ι² 362. IG V 1, 1243; seine Tribus war die Fabia, vgl. Nr. 221), Sohn des C. Iulius Eurycles, der unter Augustus über Lakonien und Kythera herrschte, Enkel des Lachares, aus einem Hause, das seinen Stammbaum bis auf die Dioskuren zurückführte (vgl Nr. 220). Eurykles wurde schließlich gestürzt und von Augustus verbannt (Niese o. Bd. VI S. 1330f.). Strabon sagt von ihm (VIII 5, 5 p. 366): νεωστὶ [659] δ’ Εὐρυκλῆς αὐτοὺς (die Spartaner) ἐτάραξε δόξας ἀποχρήσασθαι τῇ Καίσαρος φιλίᾳ πέρα τοῦ μετρίου πρὸς τὴν ἐπιστασίαν αὐτῶν, ἐπαύσατο δ’ ἡ ἀρχὴ ταχέως, ἐκείνου μὲν παραχωρήσαντος εἰς τὸ χρεών, τοῦ δ’ υἱοῦ τὴν φιλίαν ἀπεστραμμένου τὴν τοιαύτην πᾶσαν. Die letzten Worte, die früher auf Eurykles und Lakon gedeutet wurden, hat Dittenberger Syll. I² 360, 2 zweifellos mit Recht auf Augustus und Tiberius bezogen. Da demzufolge erst Tiberius die Dynastenstellung der Eurykliden in Sparta beseitigte, darf man wohl den Schluß ziehen, daß Lakon das Schicksal seines Vaters nicht geteilt hat, sondern von Augustus diesem zum Nachfolger gegeben worden ist (dabei wird vorausgesetzt, daß Eurykles’ Verbannung zugleich das Ende seiner eigenen Herrschaft bedeutete; möglich, aber nicht eben wahrscheinlich ist Nieses und anderer Annahme, daß er wieder aus dem Exil zurückgekehrt und von neuem Herr von Lakonien geworden sei; daß dies aus Strabons Worten folge und erst Tiberius ihn abgesetzt habe, wie Dittenberger I² 360, 2. 362, 2 und Kolbe IG V 1 p. XVI meinen, ist nicht einzusehen, da Strabon nur von der ἀρχή im allgemeinen redet; sicher unzutreffend verlegt Kolbe p. XVI Eurykles’ Verbannung in die Zeit vor seinem Besuche bei König Herodes: Joseph. bell. Iud. I 531; ant. XVI 310 N. sagt ausdrücklich das Gegenteil). In diesen ersten Abschnitt der Regentschaft Lakons gehören (nach Weil Athen. Mitt. VI 18) diejenigen von seinen Münzen, deren Typen an die Prägungen seines Vaters anknüpfen (s. u.). Tiberius machte dann sehr bald nach seinem Regierungsantritt (wohl vor dem J. 18/19, in dem dieser Teil der Geographie Strabons zum Abschluß gekommen sein dürfte) dem Einzelregiment in Sparta ein Ende. Darauf weisen auch die Worte, mit denen Tacitus (ann. VI 18) zum J. 33 den Sturz der Pompeii Macri berichtet: etiam in Pompeiam Macrinam exilium statuitur, cuius maritum Argolicum, socerum Laconem e primoribus Achaeorum Caesar adflixerat (über das Schicksal dieser beiden hatte der Geschichtschreiber nichts erzählt, da es sich nicht um Personen von senatorischem oder ritterlichem Adel handelt). Man wird kaum fehlgehen, wenn man aus dem Ausdruck adflixerat den weiteren Schluß zieht, daß Lakon von Tiberius nicht allein seiner Machtstellung beraubt, sondern entweder – wie vordem sein Vater – verbannt oder zu Vermögenseinziehung verurteilt worden ist; auch die Tatsache, daß sich unter dem Hofgesinde einmal ein Anteros Caesaris Laconianus findet (CIL VI 27032), unterstützt diese Annahme. Wie schon Hertzberg (Griechld. unt. d. Röm. II 25, 32) aussprach, wird an das Haus des Eurykles zu denken sein, wenn Sueton (Ti. 49) von Tiberius meldet: Graeciae principes confiscatus ob tam leve ac tam impudens calumniarum genus, ut quibusdam non aliud sit obiectum, quam quod partem rei familiaris in pecunia haberent.

In späterer Zeit wurde Lakon in seine Rechte und zweifellos wenigstens in den teilweisen Besitz seiner Güter wiedereingesetzt, und zwar, wie Dittenberger (Syll. I² 362, 2) einleuchtend vermutet, von Gaius, der auch sonst den Dynasten der östlichen Reichshälfte gegenüber ein ähnliches System befolgte (vgl. Willrich Klio III 302) [660] Sicher war er unter Claudias Gebieter von Sparta. Dies lehren Münzen, die auf der Vorderseite Bild und Namen dieses Kaisers, auf dem Revers die Hüte und Sterne der Dioskuren und die Legende ἐπὶ Λάκωνος Λα(κεδαιμονίων) oder nur ἐπὶ Λάκωνος tragen (Weil Athen. Mitt. VI 1881, 10ff. Gardner Greek coins Brit. Mus. Peloponn. 128. Head HN² 436. Münsterberg Num. Ztschr. XLIV 1911, 123). Andere Prägungen (die nach Weil in seine erste Amtsperiode gehören) zeigen auf der Vorderseite einen bärtigen Kopf (Lykurg), z. T. mit der Legende Λα(κεδαιμονίων), auf der Rückseite dieselben Aufschriften wie die oben angeführten und die Bilder der Dioskuren (der mythischen Ahnherren der Familie) oder die Keule des Herakles (Weil a. a. O. Gardner 127). Es scheint nicht, daß Lakon als Machthaber von Sparta einen bestimmten Amtstitel geführt hat (seinen Vater nennt Strab. VIII 5, 1 p. 363 ὁ καθ’ ἡμᾶς τῶν Λακεδαιμονίων ἡγεμών; einer seiner Nachkommen, C. Iulius Eurycles Herculanus [Nr. 221], wird in einer offiziellen Urkunde κηδεμὼν τῆς πόλεος genannt [IG V 1, 380], doch war dieser nicht mehr im Besitz von Herrschaftsrechten). Die Eleutherolakonen, die ihm nicht unterstanden, feiern Lakon als ihren ,Wohltäter‘ (IG V 1, 1243 = CIG I 1389 = Le Bas-Foucart II 256, Inschrift aus Tainaron), ein Beweis, daß er die in Sparta traditionelle Politik der Feindseligkeit gegen die ehemaligen Untertanen nicht befolgte. Vor dem Zeustempel in Olympia ließ der ἀρχιερεύς M. Antonius Alexio, der ungefähr in der Zeit des Claudius fungierte, seine Bronzestatue aufstellen, deren (allein erhaltene) Inschrift ihn gleichfalls als εὐεργέτης rühmt (Dittenberger-Purgold Inschr. v. Ol. 426 = Dittenberger Syll. I² 362). Vielleicht ist er nicht verschieden von dem Lakon, der in Athen eponymer Archon und Priester des Drusus war (die Inschrift IG III 1, 1 müßte dann in die Zeit des Claudius gehören, während Dittenberger Eph. ep. I p. 114f. sie lieber der des Augustus zuweisen will).

Ob der Prinzipat der Eurykliden in Lakedaimon mit Lakons Tode endete und wann dieser eintrat, darüber fehlt uns die Kunde. Es macht nicht den Eindruck, als ob einer seiner Söhne sein Nachfolger geworden wäre (vgl. I. Spartiaticus); vielmehr wird die römische Regierung, wie nicht selten, das Ableben des alten Regenten benützt haben, um der Einzelherrschaft ein Ende zu setzen. Der älteste Sohn Lakons war vermutlich (Iulius) Argolicus, der mit Pompeia Macrina, aus der angesehensten, auch im römischen Staatsdienst zu hohen Würden gelangten Familie von Lesbos, vermählt war (Tac. ann. VI 18). Er wurde unter Tiberius in den Sturz seines Vaters verwickelt (Tac. a. a. O.); später wird er nicht mehr erwähnt, dürfte demnach vor dem Vater gestorben sein. Ein anderer Sohn Lakons und wohl sein Haupterbe war C. Iulius Spartiaticus (s. d.). Endlich wird man auch in C. Iuiius Cratinus (Nr. 200) und Iulia Pantimia (s. d.) Kinder Lakons erkennen dürfen. Sein Bruder hieß C. Iulius Deximachus (Nr. 208).