Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Glykys, byzantinischer Grammatiker und Homiletiker um 1300 n. Chr.
Band IX,2 (1916) S. 17491750
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19) Johannes Glykys (nicht Glykas, vielleicht im Sinne von dulciloquus, vgl. Theophrastos, Chrysostomos), byzantinischer Grammatiker und Homiletiker. Geburts- und Todesjahr sind unbekannt, doch fällt seine Blütezeit unter Andronikos II. (1283–1328). Er bekleidete schon in jungen Jahren das Amt eines λογοθέτης τοῦ δρόμου. Obwohl dem Priesterstande nicht angehörig und verheiratet, erlangte er trotzdem – ein sehr seltener Fall – das Patriarchat von Konstantinopel. Gesundheitsrücksichten zwangen ihn aber schon nach vier Jahren, 1320, abzudanken. Nur einen ganz geringen Teil seines Vermögens für sich behaltend, zog er sich in das Kloster Kyriotissa zurück, wo er nicht lange darauf starb. Seinen Rücktritt rechtfertigte er in einer eigenen Schrift (ἡ παραίτησις τοῦ πατριαρχείου). In Begleitung des Theodoros Metochites nahm er wohl schon vor seiner Ernennung zum Patriarchen an einer Gesandtschaft nach Armenien und Cypern teil. Wir wissen nicht zu welchem Zwecke, denn der von ihm verfaßte Bericht, dessen Stil sein berühmter Schüler in der Rhetorik, der Polyhistor Nikephoros Gregoras, lobend erwähnt, scheint verschollen zu sein. Die Einleitung zu seinem Testament hat Gregoras erhalten (ed. Bonn. I 289, 23ff.). Ihm verdanken wir überhaupt die obigen und auch sonstigen Einzelheiten über das Leben seines Lehrers.

Als Schriftsteller war Glykys nicht besonders produktiv oder hervorragend. Das meiste ist noch ungedruckt und wird es wohl auch bleiben, bei manchen Schriften ist seine Verfasserschaft überdies zweifelhaft. Der Cod. Paris 1210 (saec. XVI) fol. 1–72i enthält unter seinem Namen Sonntagshomilien; ob das darauf folgende κυριακοδρόμιον (fol. 72v–314v) ebenfalls von Glykys herrührt, kann wohl nur eine genauere Stiluntersuchung entscheiden. Außerdem befinden sich in Hss. 13 Briefe, wohl nur ein kleiner Teil seiner Korrespondenz, da wir zahlreiche Briefe bekannter Zeitgenossen an ihn kennen, ferner ein Schreiben an den Kaiser und an den Logotheten, eine Precatio pro Andronico imperatore, und ein ὑπομνηστικὸν εἰς τὸν βασιλέα ἅγιον, vielleicht identisch mit jenem Schreiben oder der Precatio. Eine ψαλτικὴ τέχνη hat zuletzt W. Christ S.-Ber. Akad. Münch. 1870 Bd. II 267ff. veröffentlicht, wie denn Glykys auch als Komponist hervorgetreten sein soll. Am bekanntesten ist Glykys durch sein Werk περὶ ὀρθότητος συντάξεως, das er für seinen Sohn Gregorios schrieb. Es ist mit gelehrten, aber unbrauchbaren Anmerkungen von A. Jahn, Bern 1849 herausgegeben (Text S. 1–59). Die Bearbeitung erfüllt in keiner Weise, was der Titel verspricht, denn der Verfasser behandelt in zwar klarer Sprache, aber ziemlich weitschweifig nur die Kasuslehre und Verbalkonstruktionen mit besonderer Berücksichtigung solözistischer Verbindungen oder Barbarismen. Originalität auf dem Gebiete der Syntax wird man bei einem Byzantiner des 13. Jhdts. nicht erwarten, obwohl gerade der Verfasser dieses Traktats eine solche ausdrücklich für sich in Anspruch nimmt (S. 57) und dementsprechend mit den Worten ὅσαγε εἰς μνήμην τὴν ἐμὴν ἀφίκετο die Benutzung von Vorgängern zu verschleiern sucht. Der Unvollständigkeit seiner Darstellung ist er sich [1750] natürlich wohl bewußt, doch ist das Geständnis in Wahrheit nur eine captatio benevolentiae (S. 57). Er vertritt eine Art attizistischen Purismus, wie er denn auch von Prosaikern am häufigsten Platon, Thukydides, Demosthenes und Aristides zitiert und sich über die corrupta eloquentia und neoterischen Tendenzen seiner Zeit ereifert. Die etwas bei den Haaren herbeigezogene abfällige Kritik des Philostratos und Verteidigung des Libanios (S. 53) erwecken den starken Verdacht, daß Glykys, wenn nicht das grammatische Material, so doch die Gedankengänge seiner Polemik einer Schrift aus dem Kreise des Libanios in letzter Linie verdankt. Auf eine weit frühere Quelle weist auch seine Erörterung über den Ursprung und die Entwicklung der Sprache hin (S. 1–3). Der Patriarch vertritt in dieser damals wohl kaum noch aktuellen Streitfrage nicht den φύσει-Standpunkt der Stoa, sondern die schon auf Platon zurückgehende Ansicht (Tim. 47), daß die Sprache θέσει und durch einen Schöpfungsakt entstanden sei, der δημιουργός oder ὀνομαστοθέτης ist aber Gott selbst, der diese seine Erfindung dem Menschen schon bei seiner Geburt als Geschenk mit ins Leben gibt.

Literatur: Fabricius Bibl. Gr. XI 520. A. Jahn a. a. O. K. Krumbacher Byzant. Literat.² 174. 589f.

[Thiele. ]