Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Beiname des Apollon, dessen Pfeile Verderben und Tod bringen
Band VII,2 (1912) S. 26642665
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Hekaergos (Ἑκάεργος). 1) Apollon führt bei Homer häufig das Beiwort H. (Il. I 479. V 439. IX 564. XV 243. 253. XVI 94. XVII 585, XXI 461. 478. XXII 220; Od. VIII 323; hymn. I 56. II 79. 179. 204. 242. 262. 296. III 281. 333. 500) oder die selbständige Bezeichnung H. (Il. I 147. 474. VII 34. XXI 472. 600. XXII 15; hymn. II 64. III 239. 307. 464. 472. 492). Im ersten Buch der Ilias kennzeichnet H., das hier mit ἑκηβόλος, ἑκατηβόλος, ἑκατηβελέτης, ἕκατος (s. Hekebolos, Hekatos) abwechselt, den Gott, dessen Pfeile Verderben und Tod bringen (ebenso Il. IX 564), im übrigen aber ist H. ein feststehendes Beiwort, das der Dichter ohne Bezug auf die besondere Situation gebraucht. Die spätere Poesie verwendet H. ebenso wie Homer, bald als Beiwort des Bogenschützen Apollon (Tyrtaios frg. 3. Pind. Pyth. IX 28), bald als typische Bezeichnung dieses Gottes (Solon frg. 13, 53. Inschr. der Kypseloslade: Paus. V 18, 4. Aristoph. Thesmoph. 972. Kallim. hymn. 2, 11. Plut. Tit. 12. Orph. frg. 148, 1. 160, 11, weiteres bei Bruchmann Epithet. deor. 23). Wie bei Hom. Il. I 474 die Griechen den Pestbringer Apollon versöhnen μέλποντες Ἑκάεργον, so soll auch nach Apollod. von Kerkyra und Kallim. frg. 75 bei Clem. Alex. Strom. V 48, 4 Branchos, als er Milet von der Pest reinigte, das Volk aufgefordert haben μέλπετε, ὦ παῖδες, Ἑκάεργον καὶ Ἑκαέργην. Im Altertum wurde H. erklärt als ὁ ἕκαθεν εἴργων oder ὁ ἕκαθεν ἐργαζόμενος, sei es als Bogenschütze (Eustath. Hom. Il. 52, 15. 138, 22. Etym. M. s. Ἑκάεργος. Apoll. Soph. lex. 65, 8), sei es als Sonnengott (ὁ ἕκαθεν ἐργαζόμενος τὰ περὶ γῆν ὡς ἥλιος, Eustath. Hom. Il. 138, 23. Serv. Aen. XI 532), oder als Seher (μάντις πάντων ἑκάεργος, Orph. frg. 160, 11; vgl. Hekebolos), dann auch von der Hyperboreerin Hekaerge (Etym. M. s. Οὖπις), seiner Pflegerin (Eustath. Hom. Il. 138, 24) oder von H. Nr. 2. Über neuere Erklärungen vgl. Doederlein Homer. Glossar. II 105 nr. 575 (ἑκὰς – εἴργων ,von fern abwehrend‘ = ἀλεξίκακος, ἀποτρόπαιος); Goebel Lexil. zu Hom. I 54ff.: der die Pfeile (τὸ ἕκος von ἵημι) abwärts richtende (vergere) Sonnengott; Prellwitz Etym. Wörterb.² 133: der nach seinem Willen (ἑκὼν) treffende. Froehde Bezz. Beitr. III 7. XIX 235: der Ferntreffer, zweiter Teil des Wortes = got. vairpan, altsl. vruga = ,werfen‘; weiteres bei Gruppe Griech. Myth. 1244, 1. 1288, 6. Der enge Zusammenhang zwischen ἕκατος, ἑκηβόλος, [2665] ἑκάεργος liegt klar (vgl. Usener Götternamen 37ff. 322ff. 337); ursprünglich scheinen sie euphemistische Bezeichnungen des Todesgottes gewesen zu sein.

[Jessen. ]