Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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munizipale Korporationen
Band VII,2 (1912) S. 25112512
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Hastiferi heißen gewisse munizipale Korporationen, die eine Art von militärischer Bewaffnung haben, aber auch religiöse Bedeutung an sich tragen. Sie treten besonders hervor auf zwei [2512] Inschriften von Kastel bei Mainz. Auf der einen, 1809 gefundenen, CIL XIII 7281[1] (hier die frühere Literatur), heißt es: In h. d. d., deae Virtuti Bellon(a)e montem Vaticanum vetustate conlabsum restituerunt hastiferi civitatis Mattiacorum; es folgt das Datum, 23. August 236, und das Namensverzeichnis, G(aius) Međđignatius Severus, cur(ator) bis, mit 17 weiteren Namen. Auf der zweiten, 1887 entdeckten, ebd. nr. 7317, steht: In h. d. d., numin(i) Aug(usti) hastiferii (sic) sive pastor(es) consistentes Kastello Mattiacorum de suo posuerunt, mit dem Datum 24. März 224. Mit h. ist ihre Bewaffnung, mit pastores ihre sonstige Tätigkeit, mit civitatis Mattiacorum ihre Zugehörigkeit zu der Gaugemeinde der Mattiaker (Hauptort Aquae Mattiacorum, jetzt Wiesbaden), mit consistentes Kastello Mattiacorum ihr Standort Kastel bezeichnet (über den Begriff des consistere vgl. Maué Philol. 1888 487ff. und Mommsen Westd. Korr.-Bl. 1889 nr. 13, sodann besonders Kornemann o. Bd. IV S. 922ff.). Die religiöse Bedeutung der Körperschaft tritt hervor in dem Datum der zweiten Inschrift; denn der 24. März ist der Bluttag des Göttermutterkultus der späteren Zeit, und auf der ersten Inschrift handelt es sich um die Wiederherstellung des mons Vaticanus, der in den Taurobolien eine Rolle spielt (Mommsen ebd. 1887 nr. 197). H. erscheinen übrigens auch in zwei weiteren Inschriften: in Köln CIL XIII 8184,[2] wo auf einer Basis steht Genio hastifer(or)wm, und in Vienne, CIL XII 1814,[3] wo ein magister astiferorum ein signum Genii widmet. Hier bestätigt sich die schon durch curator bezeichnete Organisation als Kollegium auch in dem Wort magister. Dagegen gehört eine weitere Inschrift aus Oberolm bei Mainz, CIL XIII 7250,[4] nicht hieher. Über die eigentliche Bestimmung der H. gehen die Ansichten noch auseinander. Mommsen (schon in Ber. Leipz. Ges. 1852, 197 und zuletzt R. G. V 135) hat sie für eine Munizipalmiliz erklärt, die auch zum Schutz der Grenzen diente. Maué dagegen (s. o.) für ein rein sakrales Kollegium, identisch mit den dendrophori, die aber selbst nicht sicher zu erklären sind. An Mommsen hat sich angeschlossen Cagnat De munic. et prov. militiis 80, ferner Liebenam Röm. Vereinswes. 302ff., der die H. für eine freiwillige Landwehr erklärt, die aber im Land der Mattiaker unter Alexander Severus und Maximin auch zum Schutz der Grenze mitkämpfte. Dagegen hat Waltzing (Corporations professionelles I 204 II 152. IV 91f.) keine ganz entscheidenden Beweise für ihren militärischen Charakter anerkannt, und bei den H. von Vienne kann ja jedenfalls von Beteiligung am Grenzschutz keine Rede sein. Vielleicht dürften sie am ehesten als eine munizipale Sicherheitspolizei zu fassen sein (hierüber O. Hirschfeld S.-Ber. Akad. Berl. 1891, 875f.), womit sich auch die Annahme Liebenams vereinbaren ließe, daß sie außerordentlicherweise in Kriegsfällen aushalfen wie die Gensdarmen (διωγμῖται) im Markomannenkrieg (V. Marci 21, 7).

[Haug. ]

Anmerkungen (Wikisource)

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  1. Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 7281.
  2. Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 8181.
  3. Corpus Inscriptionum Latinarum XII, 1814.
  4. Corpus Inscriptionum Latinarum XIII, 7250.