Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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I: Griechen, II: des röm. Heeres
Band III,1 (1897) S. 375 (IA)–378 (IA)
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Bewaffnung. I. Griechen. Die Denkmäler der ‚mykenischen‘ Zeit ergeben als Ausrüstungsstücke für den Krieger den Metallhelm und mit Metall beschlagenen mannshohen Schild zur Verteidigung, Schwert und Lanze zum Angriff; den Griechen selbst galt als ihre nationale B. die Panoplie, d. h. die Ausrüstung mit Helm, Panzer, [376] Beinschienen, Schild sowie Schwert und Lanze, wie sie die homerischen Helden trugen; Jahrhunderte lang ist der Bürger, welcher die Ehre und die Pflicht des Waffendienstes hatte, mit diesen Waffenstücken als ‚Hoplit‘ ausgezogen oder hat sie bei festlichen Gelegenheiten angelegt; auch wer von der Bürgerschaft zu Ross diente, trug diese schwere B., welcher jedoch der Schild fehlte; bei einem griechischen Bürgeraufgebot herrschte wohl Gleichartigkeit der B., aber da jeder sich seine Ausrüstung selbst zu beschaffen hatte, nicht Gleichförmigkeit der Waffenstücke, wie dies Darstellungen auf attischen Vasen aus dem 5. Jhdt. recht anschaulich schildern. Nur die Spartiaten wichen von dieser allgemeinen griechischen Übung ab: sie trugen ausser Schwert und Lanze den mannshohen Schild, der den Panzer, vielleicht auch die Beinschienen überflüssig machte, einen eigentümlichen eiförmigen Metallhelm, und brachten durch die von allen im Kampf getragenen roten Röcke einen gleichförmigen Eindruck der äusseren Erscheinung hervor. Was sonst mit auszog, aber ohne Hoplitenrüstung, Heloten oder Theten, war das ‚leichte‘ Volk, meist nur bewaffnet mit einer Fernwaffe, Bogen, Schleuder, Wurfspeeren; im westlichen Mittelgriechenland und in Thessalien ist noch im 5. Jhdt. diese ‚leichte‘ B. die allgemein übliche gewesen. Zwischen der schweren und leichten Ausrüstung steht die B. mit dem leichteren runden Lederschild, der Pelta, dem langen Schwert, mehreren leichten Wurfspiessen, dem breitkrämpigen Hute: sie stammt aus Thrakien und wurde durch thrakische und nordgriechische Söldner im Laufe des peloponnesischen Krieges in Griechenland bekannt. Iphikrates führte diese ‚Peltasten‘-B. bei seinen Söldnern ein. Im Heere König Philipps und Alexanders war die makedonische Ritterschaft griechisch bewaffnet, die Hypaspisten, ursprünglich eine stehende Hof- und Haustruppe der Könige, trugen die nordgriechische Ausrüstung: den breiten Hut, die Kausia, den kleinen, runden Schild, Schwert und Stosslanze; das Aufgebot der freien Makedonen, die Pezetaeren, führte als eigentümliche Waffe die 12 griechische Ellen = 5,25 m. lange Stosslanze, die Sarisse, wozu ausser dem kleinen Schild und einem dolchartigen Schwert vielleicht noch Helm und Beinschienen als Schutzwaffen kamen. In der letzten Reorganisation des Heeres durch Alexander verlor die B. ihren bisherigen nationalen Charakter: wie da Tausende von Orientalen mit makedonischen Waffen ausgerüstet und ausgebildet wurden, so fand die ‚makedonische‘ B., d. h. vor allem die Ausrüstung mit der Sarisse, Eingang in Griechenland, wo sie Kleomenes III. und Philopoimen ihren Landsleuten in die Hand gaben, und sie wurde im Osten das Merkmal des schweren Fussvolkes, das aus Griechen und Barbaren zusammengesetzt war. In den Heeren der späteren griechischen Reiche lassen sich Anfänge der Uniformierung erkennen: grosse Abteilungen führen Schilde von gleicher Grösse und Farbe in Nachahmung der alexandrischen Argyraspiden, andere tragen durchgängig purpurne Röcke; auch das Aussehen der Söldner wird innerhalb der einzelnen Truppenarten ein gleichartiges gewesen sein, da ihnen die Waffen aus den königlichen Zeughäusern geliefert wurden. [377] Die barbarischen Contingente, wie sie zuerst in den Heeren Alexanders, dann in immer grösserer Zahl und Mannigfaltigkeit in denen seiner Nachfolger, am stärksten in den seleukidischen Heeren auftreten, behielten ihre nationale B., jedoch ist dieselbe nur in wenigen Fällen bekannt: die Kelten hatten mannshohe Schilde, lange Hiebschwerter, die Thraker trugen weisse Schilde, Beinschienen, schwarze Röcke und grosse eiserne Schwerter, die paeonischen Reiter um das J. 300 werden auf Münzen eines ihrer Könige abgebildet mit Hosen und Chiton, Helm mit Busch und Stosslanze (das einzelne s. unter den griechischen Namen der einzelnen Waffenstücke).

II. Bewaffnung des römischen Heeres. a) Die ältesten Nachrichten beziehen sich auf das sog. servianische Heer, Liv. I 43. Dionys. ant. IV 16. 17. Das timokratische Princip der Stimmordnung ist auch für die Gliederung und Bewaffnung des Heeres massgebend. Die erste Klasse trägt galea, clipeus, ocreae, lorica, omnia ex aere als Schutzwaffen, als Angriffswaffen gladius und hasta. Es ist die πανοπλία des griechischen Hopliten. Vgl. Droysen Heerwesen und Kriegführung 3ff. Altitalisch scheint die Bewaffnung der zweiten, dritten, nach Dionysios auch der vierten Klasse, welche an Stelle des clipeus das scutum tragen und denen der Panzer fehlt. Nur die zweite Klasse hat ocreae. Nach Livius fehlt der vierten Klasse das scutum; sie sind nur mit hasta und verutum bewaffnet. Die fünfte Klasse bilden die Leichtbewaffneten, nach Dionysios mit Schleuder und Wurfspiessen bewaffnet, nach Livius nur mit der Schleuder. Die Reiterei ist nach Polybios VI 25 ebenfalls ungepanzert und trägt einen ledernen Rundschild und eine hasta. b) Das Heer zur Zeit des Polybios VI 22. 23. 25. Das timokratische Princip der Heerbildung zeigt sich noch darin wirksam, dass die Leichtbewaffneten aus den ärmsten Bürgern genommen werden und die Bürger der ersten Klasse allein den Panzer, die lorica hamata tragen. Das schwerbewaffnete Fussvolk trägt als πανοπλία galea, eine ocrea, scutum, und soweit die Soldaten nicht der ersten Bürgerklasse angehören, tragen sie den καρδιοφύλαξ. Als Angriffswaffe haben sie den gladius hispaniensis, die hastati und principes zwei pila und die triarii eine hasta. Die Leichtbewaffneten velites tragen galea, parma, sieben hastae velitares und einen gladius, Liv. XXVI 4, 4. Die Reiterei ist nach Art der griechischen bewaffnet. c) Seit Marius ist die ganze Legion gleichmässig bewaffnet und besteht nur aus schwerem Fussvolk. Das Iulierdenkmal von St. Remy, sowie die in Alesia gefundenen Überreste der Caesarischen Waffen führen darauf, dass die Bewaffnung dieselbe war, wie in der älteren Kaiserzeit. Jedoch sind auf dem Iulierdenkmal die Reliefs nach dem Vorbilde griechischer Sarkophage gearbeitet und nur mit wenigen realistischen Zügen der römischen Bewaffnung ausgestattet. d) Kaiserzeit. Die Überlieferung beruht fast nur auf den Denkmälern. Die Grabsteine mit den Darstellungen römischer Krieger gehören mit geringen Ausnahmen alle dem 1. Jhdt. an. Gewöhnlich sind die Soldaten ohne Panzer und Helm, also in der Friedenstracht der Garnison (Tac. ann. XIII 35. 36; hist. I 27) dargestellt. Die geläufige Bezeichnung dieser Tracht [378] als Interimscostüm ist sinnwidrig. Für das 2. Jhdt. geben ein vollständiges Bild der Bewaffnung die Reliefs der Siegesmonumente, an deren Realität durchaus nicht gezweifelt werden kann. Die Bewaffnung der Constantinischen Zeit zeigt das Monument von Adam-Klissi, dessen richtige Zeitbestimmung Riegel Mitteilungen des österr. Museums für Kunst und Industrie 1896 I. Heft auf Grund der Ornamente und der Architektur gegeben hat (er liess sich nur durch die angebliche Zugehörigkeit der Traiansinschrift zu dem Monumente beirren; vgl. darüber M. Dreger Allgemeine Bauzeitung 1896 S. A. S. 11): Der Kaiser ist Constantin der Grosse, der sich das Haar kämmte wie Traian und als erster seit Traian sich wieder den Bart scheren liess. Ausser den Waffen (vgl. die Namen der einzelnen Waffen) zeigen dies auch die seltsamen signa, sowie das Fehlen der Praetorianersigna. Die von Vegetius getadelte Gewohnheit seiner Zeit, (auf dem Marsch) Helm und Panzer abzulegen, zeigen die Reliefs. Diese Friedenstracht im Kriege stammt, wie Tacitus zeigt, aus dem Oriente, und Constantin der Grosse, welcher die Orientalisierung der Reiches zum Abschlusse brachte, wird sie im Heere geduldet haben. In der ersten Kaiserzeit wird man eine einheitliche Ausrüstung der Truppen-Legionen wie Auxilia mit dem Lederkoller (lorica) und einen eisernen Helm (galea) annehmen dürfen. Ebenso führen alle Fusstruppen gladius und pugio. Als Schild ist für den Legionar das scutum sicher, die Auxilia haben parmae; ebenso ist den Legionaren das pilum eigentümlich, während die Auxilia mehrere Wurfspeere (hastae) tragen. Die Reiter führen nur ein Schwert (spatha), eine Lanze und mehrere Wurfspeere, Jos. b. Iud. III 96; auf den Denkmälern trägt die Wurfspeere der calo. In claudischer Zeit tritt als Panzer die lorica squamata ein, um unter dem sparsamen flavischen Regimente wieder dem Lederkoller Platz zu machen. Die ganz geänderte Bewaffnung der traianischen Zeit zeigt die Traianssäule. Legionare und Praetorianer tragen die lorica segmentata, die Auxilia die lorica hamata. Wahrscheinlich seit Hadrian erhalten die Praetorianer die lorica squamata und die parma, an deren Stelle mit der Ergänzung der Praetorianer aus den Legionen unter Septimius Severus das scutum tritt, das ihnen Macrinus wohl nur vorübergehend wieder nahm, Cass. Dio LXXVIII 37, 4. Das Monument zu Adam-Klissi zeigt cataphractarii in der lorica hamata und squamata und zumeist das scutum, seltener die parma, pilum und gladius.