Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Waffe, gr.
Band II A,1 (1921) S. 420427 (IA)
Schild (Schutzwaffe) in der Wikipedia
GND: 4179600-7
Schild in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register II A,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|II A,1|420|427|Schild 1|[[REAutor]]|RE:Schild 1}}        

Schild. 1) Griechischer Schild. Gestalt, Größe und Material der griechischen S. waren nicht nur zu verschiedenen Zeiten, sondern auch in gleichzeitigen Heeren sehr verschieden.

Über die Gestalt der S. des mykenischen Zeitalters geben uns die erhaltenen Abbildungen Aufschluß (Schliemann Mykenai 202. 233. 254. 259. 313. 335; eine anschauliche Zeichnung von zwei Modellen bei Sorof Hilfsheft zu Xen. Anab. 13). Es waren Lang-S. (Turm-S.), die in zwei Formen erscheinen. Die Form der einen Art kann man im ganzen als ein stark gewölbtes Oval bezeichnen. Dies war aber an den Seiten derartig ausgebuchtet, daß sich bisweilen jede der beiden S.-Hälften (die obere und die untere) der Kreisform nähert. Die zweite Art bildete ein längliches Viereck und war nur an dem oberen Rande geschweift. Ob diese ebenfalls gewölbt oder flach war, läßt sich aus den Abbildungen nicht deutlich ersehen. Beide Arten bestanden wahrscheinlich nur aus Rindsleder, dem ein breiter metallener Rand Form und Halt verlieh. Auf einigen Bildern tragen sie auch nicht näher zu bestimmende metallene Verzierungen (Schliemann a. a. O. 202. 233). Ihres schweren Gewichtes wegen wurden sie nicht nur auf dem Marsche, sondern auch im Kampfe an einem über die linke Schulter gelegten und unter der rechten Achsel durchlaufenden Riemen (τελαμών) getragen, der sich natürlich, je nachdem der S. verwendet werden sollte, auch auf die andere Schulter und auf den Nacken verlegen ließ. Innerhalb des Schildes, etwa in der Mitte oder etwas oberhalb derselben, muß sich ein quer liegender Steg oder Bügel aus Holz oder Metall befunden haben, der der linken Hand als Griff zur Handhabung des S. diente. Dieser Griff war wahrscheinlich dem ähnlich, den die Lakedaimonier später noch an ihren Lang-S. trugen und πόρπαξ nannten (Plut. Kleom. 11; s. u.). Daß es jemals S. ohne jede Handhabe gegeben habe, die nur mittels des Tragriemens regiert worden seien, wie Herodot (I 171) zu glauben scheint, hat Helbig (Homer. Epos 229) und nach ihm Droysen (Heerwesen und Kriegführung d. Griechen 14) wohl mit Recht bezweifelt.

Bei Homer tragen die Fürsten und Helden teils Lang-S., teils Rund-S. Beide Arten werden ohne Unterschied bald ἀσπίς, bald σάκος genannt.

Der Lang-S. erreichte wie auf den mykenischen Abbildungen fast Mannshöhe (Hom. Il. XVI 803; ἀμφιβρότη ἀσπίς [Il. XI 32. XX 281] dagegen bedeutet augenscheinlich nicht ‚den ganzen Mann‘, sondern nur allgemein ‚den Mann schützend‘), so daß er mit einem Turme verglichen werden konnte (Il. VII 219. XVII 128). Der S. Hektors schlug ihn beim Gehen mit dem oberen Ende an den Hals und mit dem unteren an die Fußknöchel (Il. VI 117), und ein anderer Held kam zu Fall, da er sich an den Rand des bis zu den Füßen reichenden S. (ποδηνεκὴς ἀσπίς) stieß (Il. XV 645f.). Daß S. von solcher Höhe nicht Rund-S. sein, d. h. nicht auch einen Querdurchmesser von derselben Länge haben konnten, sondern beträchtlich weniger breit als hoch, also entweder oval oder länglich viereckig sein mußten, ist selbstverständlich. Ob sie wie die mykenischen [421] S. Einbuchtungen und nur eine einzige Handhabe gehabt haben, erfahren wir nicht.

Der Rund-S. wird von Homer durch das Epitheton εὔκυκλος (Il. V 453. 797. XII 426. XIII 715. XIV 428; vgl. XII 297 περὶ κύκλον) gekennzeichnet. Über seine Größe findet sich keine Angabe. Sie wird wie die des später gebräuchlichen Rund-S. zwischen 70 und 100 cm geschwankt haben. Auch wissen wir nicht, ob er mittels eines einzigen Bügels wie die mykenischen Lang-S. oder mittels zweier Bügel wie die Rund-S. der späteren Zeit regiert wurde. Homer erwähnt noch als Bestandteile des S. zwei metallene Röhren (κανόνες, Il. VIII 193. XIII 407), die nach dem Etym. M. (s. κανών) ebenfalls als Handhaben gedient haben. Vgl. Helbig Ein homer. Rundschild, Österr. Jahresh. XII (1909) 1–90.

Lang-S. und Rund-S. bestanden aus mehreren Lagen oder Schichten (πτύχες) von Rindshäuten und einer oder mehreren oben aufliegenden Lagen von Bronzeblech. Für den Lang-S. des Telamoniers Aias werden sieben Lederschichten und eine Bronzeschicht (Il. VII 219), für den Schild des Teukros (Il. XV 479) und den des Odysseus (Od. XXII 122) vier Lederschichten angegeben. Der Rund-S. Achills dagegen bestand nur aus Metall (Il. XVIII 481. XX 268: zwei Schichten aus Bronze, eine aus Gold und zwei aus Zinn), der Nestors samt den κανόνες ganz aus Gold (Il. VIII 193). Der Durchmesser der aufeinander liegenden (bei Rund-S. kreisförmigen, daher κύκλοι [Il. XX 280] genannten) Schichten nahm nach oben allmählich ab, infolgedessen wurde auch die Widerstandsfähigkeit des S. nach dem Rande zu schwächer. Daher war er hier am leichtesten zu durchbohren (Il. XX 275). Die oberste (kleinste) Metallschicht, der Nabel (ὀμφαλός, Il. XIII 192), war wohl gewöhnlich buckelartig erhöht (Il. VII 267). Die übrigen bildeten mit ihren freiliegenden Rändern eine Stufenfolge von rundum laufenden, bei den Rund-S. kreisförmigen, daher wie die ganzen Schichten (s. o.) ebenfalls κύκλοι (Il. XI 33) genannten Feldern. Auch auf diese waren bisweilen zur Sicherung und zugleich zur Verzierung eine Anzahl von Buckeln verteilt (20 aus Zinn auf den zehn Feldern von Agamemnons S., in der Mitte aber befand sich einer aus Blaustahl, Il. XI 34; ἀσπὶς ὀμφαλόεσσα Il. VI 118). Verziert waren die S. außerdem durch aufgelegte Abbildungen teils einzelner Gegenstände, die den Besitzer kennzeichnen und bisweilen auch abschreckend wirken sollten (σήματα, σημεῖα, ἐπίσημα; Il. V 182; die Gorgo, der Schrecken und die Furcht auf dem S. Agamemnons XI 36), teils ganzer Szenen des damaligen Lebens (πολυδαίδαλος ἀσπίς Il. XI 32, πολλὸς ἐπελήλατο χαλκός XIII 804; vgl. XX 479. 482; der hier vom Dichter geschilderte Bilderreichtum des S. Achills ist wahrscheinlich niemals auf einem S. vereinigt gewesen, aber einzelne der beschriebenen Bilder oder ähnliche hat der Dichter ohne Zweifel auf den Pracht-S. zeitgenössischer Dynasten mit eigenen Augen gesehen). Eine Holzunterlage scheinen die homerischen ἀσπίδες nicht gehabt zu haben. Der Rand war durch einen metallenen Ring oder Reifen (ἄντυξ) gesichert, der an den großen Lang-S. mit Fell (δέρμα κελαινόν Il. VI 117) gefüttert war, wohl um für den Träger des S. das Anschlagen [422] desselben am Nacken und an den Fersen weniger fühlbar zu machen (Ameis). Die ἄντυξ τρίπλαξ Il. XVIII 480 war wahrscheinlich ein sehr starker, aus drei Erzlagen bestehender Ring.

Neben den ἀσπίδες erwähnt Homer zweimal noch eine besondere Art von S., die λαισήια (Il. V 453. XII 425). Über ihre Gestalt erfahren wir nichts. Aus dem Epitheton πτερόεντα ergibt sich, daß sie sehr leicht waren (daher der Scholiast erklärt: ἀσπίδιον, σμικρὰ ἀσπίς, σάκη κοῦφα καὶ ἐλαφρά). Mit demselben Namen bezeichnet Herodot (VII 91) die S. der Kiliker und kennzeichnet sie als ὠμοβοέης πεποιημένα, ‚aus ungegerbten, behaarten Fellen hergestellt‘. So waren sie wahrscheinlich auch schon zu Homers Zeiten beschaffen. Die Rund-S. mit herabhängenden Schutzdecken, die in Kleinasien gebräuchlich waren (O. Müller Dorier II 241), können sie nicht gewesen sein (Michaelis in Annali 1875, 78). Da sie bei Homer beide Male nur in dem Kampfe der Massen, aber niemals in dem der Helden erwähnt werden, so kann man annehmen, daß sie die gewöhnliche Schutzwaffe des gemeinen Fußvolkes gewesen sind.

Zur Zeit der sog. Dipylonmalerei (8. und 7. Jhdt. v. Chr.) ist neben Rund-S. eine sonderbar gestaltete Art von S. gebräuchlich gewesen. Es sind keine großen, den Mann vom Kopf bis zum Fuß, sondern höchstens vom Hals bis zum Knie deckende, aber auch noch weit kleinere S., deren oberer und unterer Rand nach außen stark gerundet ist, deren Seiten aber nach innen eine tiefe, bogenförmige Ausbuchtung haben, so daß die S. in der Mitte auffallend schmal sind. Sie scheinen an einem Riemen auf den Schultern getragen worden und gewöhnlich nur mit einer, bisweilen aber auch mit zwei Handhaben versehen gewesen zu sein. Ähnliche S.-Formen haben auf den ägyptischen Denkmälern die Hethiter und andere orientalische Volksstämme.

Eine ähnliche Gestalt haben ferner die sog. böotischen S. In der antiken Literatur werden sie nirgends erwähnt. Wir kennen sie nur als Wahrzeichen einiger böotischer Städte auf deren Münzen (daher ihr Name; O. Müller Denkmäler der alten Kunst I 64) und als Schutzwaffe der Götter und der Helden der Vorzeit auf zahlreichen Vasenbildern des 6. und 5. Jhdts. (auch auf einem altspartanischen Terracottarelief, dessen Stil dem der sf. archaischen Vasenbilder durchaus ähnlich ist; abgebildet bei Le Bas Voyage archéol., monnaies figurées n. 105, beschrieben von Dressel-Milchhöfer Athen. Mitt. II [1877] 318). Wann und in welchen Heeren sie im Gebrauch gewesen sind, wissen wir nicht. Sie haben die Grundform der Dipylonvasen allerdings nicht gänzlich unverändert bewahrt. Die Ausbuchtung, die sich ursprünglich über die ganze S.-Seite erstreckte, ist an dem böotischen S. zu einem kleinen, fast kreisrunden Ausschnitt und damit der S. selber zu einem länglichen Oval geworden. Ob die verschiedenen Ausbuchtungen, die wir auf Abbildungen von der mykenischen bis in die klassische Zeit hinein verfolgen können, militärischen oder technischen oder ästhetischen Gründen und Zwecken ihr Dasein verdankten, wissen wir nicht. Die bisher versuchten Erklärungen, die teils als verfehlt, teils als zweifelhaft bezeichnet werden [423] müssen, können hier nicht eingehend erörtert werden.

In der historischen Zeit ist der große Lang-S. nur noch bei den Spartanern im Gebrauch (ἀσπίδες Λακωνικαί CIA II 678). Nach Tyrtaios (frg. XI 23 Bergk) war er gewölbt und deckte den ganzen Mann. Er bestand wahrscheinlich wie der mykenische Lang-S. aus Leder. Die Bemerkung Xenophons resp. Lac. XI 3: καὶ χαλκῆν ἀσπίδα ἔχειν ist wohl dahin zu verstehen, daß er mit Bronzeblech überzogen war. Jedenfalls war er sehr schwer und plump (die hier und da sich findenden Gewichtsangaben sind unzuverlässig, da sie nur auf willkürlicher Schätzung beruhen). Der spartanische Hoplit ließ sich ihn auf dem Marsche von einem Schildträger (ὑπασπιστής) nachtragen (Xen. hell. IV 5, 14. 8, 39). Beim Überschreiten eines Ausläufers des Kythäron wurde das Heer des Kleombrotos gezwungen, den Marsch einzustellen, da bei dem heftigen Sturme die S. nicht gehalten werden konnten und, mit Steinen beschwert, niedergelegt werden mußten (Xen. hell. V 4, 17). Daß sie auch im Kampfe an einem Schulterriemen getragen wurden, ist schon wegen ihrer Größe und Schwere bestimmt vorauszusetzen. Sie hatten aber ohne Zweifel auch eine Handhabe, mittels deren sie regiert wurden. Höchstwahrscheinlich hieß sie πόρπαξ. Als eine den Spartanern eigentümliche Einrichtung wird der πόρπαξ bezeugt durch Plutarch (Kleom. 11, s. u.), Kritias bei Libanios (or. 24 II 86 Reiske) und Aristophanes (Lys. 106; Ritter 849). Man war über ihn indessen im Altertum geteilter Meinung. Manche hielten ihn nicht für die Handhabe, sondern für den Tragriemen (Schulterriemen) des S. Suidas: πόρπαξ. κατά τινας μὲν ὁ ἀναφορεὺς (Tragriemen?) τῆς ἀσπίδος· ὡς δὲ τινες, τὸ διῆκον μέσον τῆς ἀσπίδος σιδήριον, ᾧ κρατεῖ (regiert) τὴν ἀσπίδα ὁ στρατιώτης. Für den Tragriemen spricht die Bemerkung des Scholiasten zu Soph. Ai. 576: πόρπαξ … ὁ λῶρος, δι’ οὗ κατέχουσι τὴν ἀσπίδα. Aber κατέχειν (festhalten, regieren) paßt nicht zu λῶρος (Riemen, lorum), in der Bedeutung von Schulterriemen, mit dem man den S. nur tragen, aber nicht regieren kann. Für die Handhabe dagegen sprechen Suidas, der den πόρπαξ für einen ὄχανος, d. h. eine Handhabe erklärt (in einer zweiten Notiz: πόρπαξ, ᾧ τὴν ἀσπίδα κατέχουσιν, ὁ λεγόμενος ὄχανος), und das Etym. M. s. κανών. Hier werden die homerischen κανόνες für Handhaben erklärt und sodann die πόρπακες sowie die ὄχανα mit ihnen als gleichartig angenommen (οὔπω γὰρ ἐχρῶντο τοῖς πόρπαξιν, οὓς ὄχανα ἐκάλουν). (Über die ebenfalls verschieden beurteilten ὄχανα wird weiter unten noch geredet werden.) Die Sachlichkeit und die Genauigkeit der Erklärung, die Suidas an der zuerst angeführten Stelle von dem Porpax als Handhabe gibt, lassen mit einiger Sicherheit annehmen, daß sie auf eine gutunterrichtete Quelle zurückgeht. Nach ihr war der Porpax ein die Mitte des Lang-S. quer überspannender eiserner Steg oder Bügel. Er wurde nach Plutarch (Kleom. 11, s. u.) von Kleomenes III. abgeschafft und durch eine ὀχάνη ersetzt (s. u.). Daß mit ihm der ganze S. abgeschafft und durch einen Rund-S. ersetzt worden sei, ergibt sich aus Plutarchs Worten nicht.

[424] Das gewöhnliche Rüstungsstück der übrigen griechischen Schwerbewaffneten war der Rund-S. Soviel sich aus den Abbildungen und gefundenen Resten erkennen läßt, bestand er aus einer Unterlage von Holz oder Leder, die mit dünnem Bronzeblech überzogen war, hatte einen Durchmesser von 80 bis 100 cm (Furtwängler Bronzefunde in Olympia, Abh. Akad. Berl. 1879, 79), bisweilen, wie der der makedonischen Phalangiten, auch einen solchen von nur 60 cm (Ael. tact. 12. Asklep. tact. 5), war mehr oder weniger gewölbt und von einem breiten flachen Rande (jetzt ἴτυς genannt, Xen. anab. IV 7, 12. Aristot. frg. 198 Rose) umgeben. In seinem Innern waren ein oder zwei Bügel angebracht, die wohl gewöhnlich aus Leder, bisweilen auch aus Metall bestanden. Wurde der S. auch im Kampfe von einem Schulterriemen getragen, so hatte er nur einen Bügel in der Mitte, und zwar einen kurzen, wenn er mit der linken Hand regiert werden sollte, und einen etwas längeren, wenn er mit durchgestecktem Unterarm regiert werden und die linke Hand zum Ergreifen des Speeres frei bleiben sollte. Ein solcher Armbügel befand sich an den S. der makedonischen Phalangiten (s. u.). Sollte dagegen der S. ohne Hilfe des Schulterriemens regiert werden, so hatte er wie in dem oben genannten Falle in der Mitte einen längeren, oft den ganzen Durchmesser überspannenden Armbügel zum Durchstecken des Unterarmes und am Rande einen kürzeren, der der linken Hand als Griff diente (Handbügel, Handhabe im eigentlichen Sinne). Diese Bügel hießen ὄχανον oder ὀχάνη oder ὄχανος. Allerdings gehen die Ansichten der Lexikographen wie über die Bedeutung von πόρπαξ, so auch über die von ὄχανον auseinander. Im Etym. M. wird ὄχανον für den Schulterriemen (ὄχανον. ὁ δεσμὸς καὶ λῶρος, ἐξ οὗ ἀνακρέμαται ἡ ἀσπίς), dagegen bei Suidas und Hesychios für die Handhabe erklärt (ὄχανον. τὸ κράτημα τῆς ἀσπίδος, d. h. das, womit der S. regiert wird). Aus Herodot. I 171: καὶ ὄχανα ἀσπίσι οὗτοι εἰσι (nämlich die Karer) οἱ ποιησάμενοι πρῶτοι· τέως δὲ ἄνευ ὀχάνων ἐφόρεον τὰς ἀσπίδας πάντες, οἳ περ ἐώθεσαν ἀσπίσι χρᾶσθαι, τελαμῶσι σκυτίνοισι οἰηκίζοντες, und aus Plutarch. Kleom. 11: διδάξας (Κλεομένης) αὐτοὺς (τοὺς Λακεδαιμονίους) ἀντὶ δόρατος χρῆσθαι σαρίσῃ δι’ ἀμφοτέρων καὶ τὴν ἀσπίδα φορεῖν δι’ ὀχάνης, μὴ διὰ πόρπακος, läßt sich die Frage nicht entscheiden, wohl aber aus Strab. XIV 27 p. 661, wo dem Berichte über die Erfindungen der Karer ein Zitat aus Anakreon hinzugefügt wird, das die Bedeutung von ὄχανον außer Zweifel stellt: Ἀνακρέων μέν γε φησίν ‚διὰ δηὖτε καρικοεργέος ὀχάνου χεῖρα τιθέμεναι‘. Die Hand steckt man nur durch die Handhabe bzw. den Armbügel, aber nicht durch den Schulterriemen. Wenn bei Plutarch πόρπαξ und ὀχάνη zueinander in Gegensatz gestellt werden, so erklärt sich das folgendermaßen. Jener war ein eiserner, zur Längsrichtung des Lang-S. quer liegender Bügel, der mit der linken Hand gefaßt wurde. Die ὀχάνη dagegen war ein lederner, in der Längsrichtung des Lang-S., also senkrecht stehender Bügel, durch den der linke Unterarm in wagrechter Richtung durchgeschoben wurde und den S. regierte, während die linke Hand, die der Phalangit zur Führung der [425] schweren Sarisse brauchte, frei über den Rand des (mutmaßlich) höchstens 60 cm breiten S. hinausgreifen konnte. Ob man mit der Form ὀχάνη regelmäßig nur den Armbügel, nicht auch den Handgriff bezeichnete, läßt sich nicht entscheiden. Ὄχανον scheint man für beide Bügel gebraucht zu haben. Daß die ὄχανα, wie Herodot (a. a. O.) berichtet, von den Karern erfunden worden seien, erscheint glaublich. Freilich müßte es in sehr früher Zeit geschehen sein, da schon die Hethiter, die Schardana und andere Truppen unter Ramses II. S. mit einem und zwei Bügeln tragen. Die bisweilen im Innern der S. ringsum laufenden Bänder waren keine Handhaben, wie Rüstow und Köchly Griech. Kriegswesen 17 glaubten, sondern Verzierungen.

Die uralte Sitte, die S. zum Schmucke und zur Kennzeichnung des Trägers mit Abbildungen zu versehen, die nach Herodot (a. a. O.) ebenfalls von den Karern stammen soll, hat sich auch in der geschichtlichen Zeit erhalten. In einigen Staaten ist man dazu übergegangen, die Wahl der Bilder den einzelnen zu entziehen und ein und dasselbe Abzeichen für das ganze Heer als Stammesabzeichen zu bestimmen (Göttling Ges. Abh. II 117). Dies bestand gewöhnlich in dem Anfangsbuchstaben des Staates (z. B. Λ bei den Lakedämoniern, Eupolis frg. 359. Theop. frg. 91 Kock. Phot. s. λαμβδα), Σ bei den Sikyoniern (Xen. hell. IV 4, 10), aber auch noch in einem Bilde (z. B. Keule bei den Böotern [hell. VII 5, 20], Dreizack bei den Mantinern [Bacchyl. frg. 41 Bergk], bei den Makedonern Gorgo, Keule, Stern [nach Ausweis der Münzen und Siegel, Imhoof-Blumer Monnaies Grecques, Amsterdam 1883, 66. 67]). Die S. wurden auf dem Marsche wohl stets an einem Schulterriemen getragen. Dieser wird zwar in der historischen Zeit nur von Scholiasten und Lexikographen erwähnt (der τελαμὼν gehört nur der homerischen Zeit an), aber wir sehen ihn auf einigen Bildern (s. Conze Vorlegebl. I 1. Demmin Die Kriegswaffen in ihrer histor. Entwicklung⁴, Leipzig 1893, 199 und Lippold Die griech. Schilde, in Münchner Arch. Studien 1908, 439) und am S. des Ares Ludovisi (O. Müller Denkm. II 250). Der S. wurde, wenn er nicht gebraucht wurde, durch einen Überzug geschützt (τὸ σάγμα Xen. anab. II 16. Aristoph. Ach. 574. Eurip. Andr. 617; ἔλυτρον Diod. XX 11; s. Abb. bei Gerhard Auserlesene Vasenbilder 269/70; Schilde ohne Überzug, ἀσπίδες ἐκκεκαλυμμέναι Xen. anab. I 2, 16). Über die rätselhaften κιλλίβαντες (Arist. Ach. 1122 Futterale?) vgl. Hauser Österr. Jahresh. VIII 141.

Apollodor (bibl. II 2) erzählt, daß zwei mythische Könige der Argiver die S. erfunden hätten. Welcher Art diese gewesen sein sollen, sagt er nicht. Jedenfalls auf Grund dieser Sage bezeichnet Pollux (I 149) den S. als argolisch, d. h. als eine argolische Erfindung. Plinius (n. h. VIII 57, 9) nimmt an, daß die Argiver den Rund-S. (clipeus) erfunden haben. Die Griechen der historischen Zeit haben aber weder ihre S. im allgemeinen, noch irgendeine besondere Art derselben jemals argolisch genannt. Nur die in Italien in alter Zeit gebräuchlichen Rund-S. werden von Dionysios von Halikarnass an zwei [426] Stellen (ant. Rom. I 21. IV 16) als ἀσπίδες Ἀργολικαί bezeichnet. Ein einziges Mal erwähnt auch Vergil (Aen. III 637) den clipeus Argolicus in einem Gleichnis. Man vermutet, daß diese Bezeichnung durch die oben erwähnte Sage veranlaßt worden sei. Man hat sie auch durch die Annahme zu erklären versucht, daß es in Argos zahlreiche S.-Fabriken gegeben habe. Die Römer haben, sich durch diese Gründe schwerlich bestimmen lassen. Das Adjektivum argolicus wird bekanntlich von den römischen Dichtern häufig im Sinne von graecus gebraucht. Daher liegt die Annahme nahe, daß der clipeus, weil er wie die gesamte Ausrüstung der altrömischen Phalanx den Griechen entlehnt war, von einem der alten Annalendichter argolicus, d. i. graecus zubenannt worden ist und mit diesem Beiwort auch in der späteren Annalistik noch fortgelebt hat.

Die πέλτη war die Schutzwehr der nach ihr benannten nur halbschwer gerüsteten Peltasten, einer ursprünglich thrakischen Truppengattung (Xen. memor. III 9, 2. Thuk. II 29, 5. Aristoph. Ach. 160). Sie sollte, der Bestimmung dieser Truppe entsprechend, möglichst leicht sein. Daher war sie verhältnismäßig klein, gewöhnlich nur aus Holz oder Flechtwerk, das mit dünnem Leder, nur bisweilen mit dünnem Bronzeblech (Xen. anab. V 2, 29) überzogen war, ohne Rand und Wölbung hergestellt (Aristot. frg. 198 Rose ἦν δὲ ἡ πέλτη ἀσπὶς ἴτυν οὐκ ἔχουσα οὐδ’ ἐπίχαλκος οὐδὲ βοὸς ἀλλ’ αἰγὸς ἢ οἰὸς δέρματι περιτεταμένη) und stark ausgebuchtet. Je nach der Art der Ausbuchtung war ihre Gestalt verschieden: halbmondförmig, nach der Art der Amazonen-S. (s. die Abbildungen bei Friederichs Berlins antike Bildwerke I 125 und Demmin 213), efeublattförmig (Pol. I 133; gemeint ist wahrscheinlich die nebenstehende Form ; naturgetreuer ist allerdings die Abbildung, die Demmin 218 nach einer mir unbekannten Abhandlung von Rhodios Περὶ πολεμικῆς τέχνης, Athen. 1868 von ihr gibt), ferner viereckig (Suid. s. v.) und rhombusförmig (Dion. Hal. antiqu. R. II 70 [386]: τῇ δὲ εὐωνύμῳ κατέχει πέλτην Θρᾳκίαν: ἡ δ’ ἐστὶ ῥομβοειδεῖ θυρεῷ στενωτέρας ἔχοντι τὰς λαγόνας ἐμφερής, οἵας λέγονται φέρειν οἱ τὰ Κουρήτων παρ’ Ἕλλησιν ἐπιτελοῦντες ἱερά, vgl. Varro de l. l. VII 43: ancilia dicta ab ambecisu, quod ea arma ab utraque parte ut Thracum incisa. Diese S.-Form erinnert an die Dipylon-S.). Aus Plut. Paul. 19 ergibt sich, daß auch die Pelten auf dem Marsche an Schulterriemen getragen wurden.

Literatur: Außer den bereits oben zitierten Werken von Rüstow und Köchly, Helbig, Droysen und Lippold sind noch anzuführen Pauly Realencyklopädie I, Planck Art. Arma. Reichel Homerische Waffen² 1901. Robert Studien zur Ilias, Berlin 1901, 1–27. M. Greger Schildformen und Schildschmuck bei den Griechen, besonders nach den Denkmälern, Diss. Erlangen 1908. Bauer Die griech. Kriegsaltertümer 296. 304. 351. 425. Baumeister Denkmäler des klass. Altertums III, Art. Waffen. Daremberg-Saglio Dictionnaire des antiquités gr. et rom. I 2, Art. Clipeus. [427] Über die Pelten handelt eingehend schon Lipsius De militia Romana, analecta XV 59.

Anmerkungen (Wikisource)

  • Siehe auch den Artikel Aspis 15 in Bd. II,2.