Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Sprunggewicht oder Hantel
Band VII,2 (1912) S. 22842285
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Halter. ἁλτήρ (von ἅλλομαι oder ἄλμα, Phil. Gymn. 55) = Sprunggewicht oder Hantel. Die Form dieses Gerätes wechselte im Laufe der Zeit. Das älteste erhaltene Exemplar ist der Bleihalter aus Eleusis, jetzt im Zentralmuseum in Athen, abgeb. Ἐφημ. ἀρχ. 1883, 190 (Philios), Jüthner Ant. Turng. 3, den der siegreiche Epainetos gewidmet hat. Er bildet ein an den Langseiten eingedrücktes Parallelepiped von 11,5 cm Länge, 3,56 cm Breite, 2,5–3,8 cm Dicke, läßt sich also bequem packen. Die eine Seite trägt die Weihinschrift. Von diesem Unikum abgesehen zeigt der H. vom 6. Jhdt. an nach Ausweis der Originale und Darstellungen namentlich auf Vasen der Reihe nach drei Grundformen: die Kolbenform, die sphäroide und die zylindrische. Bei der ersteren wird das ursprünglich kurze Oblongum verlängert, gebogen und an den Enden zu zwei annähernd gleichen Kolben erweitert, die wie durch einen dicken Griff miteinander verbunden sind. Später ist der vordere Kolben regelmäßig größer und daher beim Sprung besonders wirksam. Beispiele bei Jüthner a. O. 4 Fig. 2. Diese Form zeigen Votivhalteren aus Blei und Ton in Kopenhagen, ferner ein offenbar praktisch verwendeter Bleihalter, abgeb. Micali Mon. ant. CXIII 6, der 3 Pfund 3 Unzen wog, sowie ein Paar ähnlicher H. im Brit. Museum, abgeb. Gardiner Journ. hell. Stud. XXIV 182, 8 Zoll lang, 2 Pfund 5 Unzen schwer. Solche Sprunggewichte wurden versorgt, indem man sie mit Riemen zusammenband und so etwa auf einem Nagel aufhängte. Vgl. z. B. Hartwig Meisterschal. Taf. XXI, verkl. Röm. Mitt. V 333. Von der zweiten Art scheidet sie ganz deutlich Phil. Gymn. 55 γυμνάζουσι δὲ οἱ μὲν μακροὶ τῶν ἁλτήρων ὤμους τε καὶ χείρας, οἱ δὲ σφαιροειδεῖς καὶ δακτύλους. Diese zweite rundliche Form tritt erst mit der streng rf. Vasenmalerei auf (Jüthner a. O. 7 Fig. 5 und 6). Erhalten haben sich steinerne Exemplare und zwar ein Hantelpaar aus Korinth, jetzt im Nationalmuseum zu Athen, ein rechter H. und ein Fragment eines solchen in Olympia. Sie sind abgebildet Ἐφημ. ἀρχ. 1883. 103. Furtwängler Bronzen v. Ol. IV 180 (vgl. auch Jüthner a. O. Fig. 8 u. 9). Eine mit diesen Stücken gut übereinstimmende Beschreibung bietet Paus. V 26, 3 von den Sprunggewichten einer Agonstatue des Mikythos: οἱ δὲ ἁλτῆρες οὗτοι παρέχονται σχῆμα τοιόνδε · κύκλου παραμηκεστέρου καὶ οὐκ ἐς τδ ἀκριβέστατον περιφεροὺς εἰσιν ἥμισυ, πεποίηνται δὲ ὡς καὶ τοὺς δακτύλους τῶν χειρῶν διιέναι καθάπερ δί' [2285] ὀχάνων ἀσπίδος. In Einzelheiten herrscht natürlich große Verschiedenheit, immer ist aber die längliche Grundform sowie die Handhabe vorhanden, die bei dem Stück aus Olympia genau der Form der zupackenden Finger angepaßt ist, ohne jedoch eine Öse zu bilden. Die Länge der erhaltenen Exemplare beträgt 25–29 cm, das Gewicht schwankt von 2 bis gegen 4,6 kg. Während die länglichen H. bis rund 500 v. Chr. wohl allein üblich waren, finden wir im 5. Jhdt. beide Arten ohne merklichen Unterschied nebeneinander verwendet, gelegentlich auf einunddemselben Bilde vereinigt (z. B. Jüthner a. a. O. Fig. 10), und so waren sie wohl auch bei den öffentlichen Spielen ohne Unterschied im Gebrauch. Wenn Pausanias zweimal (V 27, 12 und VI 3, 10) ἁλτῆρας ἀρχαίους erwähnt, so beweist das nur, daß zu seiner Zeit eine ganz neue Form üblich war; welche von den beiden alten Formen er aber im Auge hat, läßt sich nicht entscheiden. In römischer Zeit wurde nämlich, unbestimmt seit wann, eine zylindrische Form verwendet, die noch in einem Exemplar im Brit. Museum (Gardiner Greek athlet. sports 301 Fig. 61) erhalten ist. Es ist aus Kalkstein, 71/2 Zoll lang, und zeigt Vertiefungen für die Finger der Hand eingearbeitet. Einfachere Zylinder ohne diese Einarbeitungen pflegen an Baumstämmen römischer Kopien von Athletenstatuen angebracht zu sein (Beispiele zusammengestellt Jüthner a. O. 10, vgl. Fig. 11). Wie sie gehandhabt wurden, zeigt ein pompeianisches Wandgemälde der kleinen Palästra, Röm. Mitt. III 202, Fig. 4 und das tuskulanische Mosaik (Jüthner Fig. 12). Sie sind offenbar gemeint bei Luk. Anach. 27 μολυβδίδας χειροπλήθεις ἐν ταῖν χεροῖν ἔχοντες. Lexiph. 5 ὁ δὲ μολυβδαίνας χερμαδίους ἀράγδην ἔχων ἐχειροβόλει. Hesych. s. χερμάδιος · χειροπλήθης λίθος. Cael. Aurel. de morb. acut. et chron. V 2, 38 manipulos..., quos palaestritae ἁλτῆρας appellant. Verwendet wurden die H. einerseits beim Sprung zur Erhöhung des Schwunges (vgl. Halma), anderseits wie unsere Hanteln zur Kräftigung der Armmuskulatur (vgl. Ἁλτηροβολία). Jüthner Ant. Turngeräte 3ff., wo auch die ältere Literatur angeführt ist. de Ridder in Daremberg-Saglio III 5ff. Gardiner Journ. hell. Stud. XXIV 181ff.; Greek athlet. sports 295ff.