Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Personifikation der Ehe und Hochzeit
Band VII,1 (1910) S. 693694
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Gamos (Γάμος). 1) Die Personifikation der Hochzeit und der Ehe. Philoxenos begann einen Hymenaios: Γάμε θεῶν λαμπρότατε, frg. 13 bei Bergk PLG4 III 164 (aus Athen. I 6 a); man pflegte den Gott G. bei Hochzeiten anzurufen (τὸν Γ. ὑμνεῖν ἐν γάμοις εἰώθαμεν ὡς ὄντα πατέρα ἀνθρώπων), Liban. or. I 232, 3ff. Reiske (I 312, 17ff. Foerster); ἱερὸς γάμος nannten bei ihrer Freude an Übernamen die mokanten Athener einen seraphischen Jüngling, Anaxandrides ,Odysseus‘ bei Athen. VI 242 d (Meineke FCG III 177f. Kock CAF II 148, 34). Bei Stob. I 22, 8f. W., wo die Rede ist von der mathematischen Zahlenphilosophie des Pythagoras, werden Zahlbegriffe mit Götternamen identifiziert, unter anderem die Hexas gleichgesetzt mit G. und Aphrodite, die Hebdomas mit Kairos und Athene usw. Nonn. Dionys. XL 402ff. läßt G. einen Sohn des Eros sein (Γάμος, ὃν σκιεροῖσιν Ἔρως ἔσπειρεν ὀνείροις | μιμηλῆς τελέων ἀπατήλιον ἵμερον εὐνῆς), vgl. die französische Nonnosübersetzung des Comte de Marcellus, Komm. p. 69f. Endlich ist ΓΑΜΟC auf einem seinerzeit der Sammlung Kestner in Rom angehörenden Smaragd links beigeschrieben einer linkshin schreitenden bekleideten Frauengestalt im Typus der Spes, in der vorgestreckten Rechten eine Knospe, mit der Linken in zierlicher Weise einen Gewandzipfel haltend, abgebildet z. B. bei Gerhard Ant. Bildw. CCCXVI 8. Nach der Art, wie die Beischrift gegeben ist, nach der Größe der Buchstaben ist entschieden abzulehnen, daß damit der Steinschneider oder etwa der Besitzer sich nenne, obschon der Personennamen G. wirklich vorkommt (vgl. z. B. Anth. Pal. XI 207), vielmehr ist anzunehmen, daß dadurch die Frauengestalt irgendwie näher bezeichnet werde, und zwar ist weniger an Aphrodite oder gar Kore als Hochzeitsgöttin zu denken (Gerhard), als eben an die römische Spes als Göttin der guten Hoffnung der schwangern Frauen, die bei Hochzeiten und ähnlichen Anlässen angerufen ward (Preller Röm. Myth.2 617f.). Noch andere Beispiele bezeugen, ,wie wenig die Alten in der Wahl der Inschriften eine philologische Ängstlichkeit behaupteten, sobald nur das Wort dem Sinn der Vorstellung entsprach‘ (Panofka Hyperb.-Röm. Stud. I 246, 1); so war im Apollontempel zu Sparta gemalt Λιμὸς ἔχων γυναικὸς μορφήν, Athen. X 452 b, wozu freilich zu bemerken ist, daß Λιμός, zumal bei den Dorern, auch als Femininum vorkommt (für Χρυσός als Beischrift zu einer lang bekleideten Kindergestalt vgl. E. Müller Festg. an die 39. Philol.-Versamml., Zürich 1887, 11ff.; o. Bd. III S. 2520, 45ff.); umgekehrt führt ein Satyr den weiblichen Namen Hybris auf einer die Apotheose des Herakles darstellenden Amphora zu München, vgl. Roscher Myth. Lex. I 2767, 50ff. So hat der späte Steinschneider auch für die Wiedergabe des G. im wesentlichen die Spesgestalt benützt, ,ohne zu beachten, daß auf diese Weise das grammatische Geschlecht des [694] Namens mit dem der dargestellten Figur nicht mehr übereinstimmt‘ (Stephani C.-R. 1873, 16, 4; vgl. auch 1875, 75, 2). Zur Gemme vgl. noch Raoul-Rochette Lettre à M. Schorn p. 138f., 44. Gerhard Ant. Bildw. 260, 65. 408; Auserles. Vasenb. I 81, 32; Griech. Myth. § 616, 1. O. Jahn Arch. Beitr. 291f., 101. 454. CIG (IV) 7171. Brunn Künstlergesch.2 II 415f. (611). Ließe sich übrigens nicht auch mit Verzicht auf weitere Gelehrsamkeit aus der Beischrift einfach die Zweckbestimmung der mit Spesfigur geschmückten Gemme (γάμῳ) herauslesen, so daß sich die Gemme lediglich als eine Art Hochzeitsangebinde ergäbe? Vgl. Roscher Myth. Lex. I 1593f., 58ff. III 2090, 45. 2104, 61. 2136, 15ff. 2166, 36.

[Waser. ]