Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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T. Fulvius Iunius Quietus, Gegenkaiser des Valerianus und Gallienus um 260 n. Chr.
Band VII,1 (1910) S. 257258
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74) T. Fulvius Iunius Quietus, Bruder des Vorigen, Gegenkaiser gegen Gallienus. Er war der jüngere Sohn des (M. Fulvius) Macrianus (Zonar. XII 24 p. 146 D.), war angeblich auch so wie sein Bruder zuerst Militärtribun unter Valerian (Hist. aug. tyr. trig. 12.10; immerhin waren beide auch nach Hist. aug. Gall. 1, 5 fortissimi iuvenes) und wurde zugleich mit seinem Bruder und seinem Vater mit dem Purpur bekleidet, Gall. 1, 3–5; tyr. trig. 12, 10–12. 14, 1. Zonar. a. a. O. Euseb. hist. eccl. VII 10, 8, ohne seinen Namen zu nennen; vgl. das zum Vorhergehenden Gesagte. Seinen Namen finden wir bei den griechischen Autoren unrichtig als ΚΥ(Ι)ΝΤΟC anstatt ΚΥΗΤΟC überliefert, in der Hist. aug. und bei Polem. Silv. laterc. (Mommsen Chron. min. I 521) wird er Quietus genannt, auf Münzen Imperator Caesar T. Fulvius Iunius Quietus, pius felix Augustus (die lateinischen bei Eckhel VII 468. Cohen IV² 6–8 geben nicht den Vornamen; griechische aus Alexandrien bei Mionnet VI 466f., 3406–3409 = Poole Cat. Brit. Mus. Alexandria 299, 2302–2305. Dattari Numi Augg. Alexandrini 350 nr. 5181f. tav. VI; aus Nicaea Leake Numism. Hell. Asiat. Gr. 90. Mionnet II 464f., 297; Suppl. V 165. 963. Wroth Cat. Brit. Mus. Pontus etc. 178, 260 t. XXXIII 18. Friedländer Ztschr. f. Numism. VII 220). Während Macrian mit seinem älteren Sohn nach Europa zog, blieb Quietus mit dem Gardepraefecten Ballista im Orient zurück (Zonar. a. a. O. 145. Gall. 2, 5) und gewann hier durch Ballistas Verdienst überall Anerkennung (Zonar. a. a. O. 146); aller Wahrscheinlichkeit nach ist dieser, wie verschiedene Forscher vermutet haben (vgl. Dessau Prosop. imp. Rom. I 227 nr. 36; sehr ansprechend vermutet v. Domaszewski Philolog. 1906, 351. 34, daß Ballista ein militärisches Signum sei), derselbe wie Kallistos, der nach der Besiegung und Gefangennahme Valerians die Perser aus Kilikien und Lykaonien zurückgetrieben hatte, Zonar. XII 23 p. 141f. D. – Synk. I 716 D. Aber auf die Nachricht von der Niederlage und dem Tode seines Vaters und seines Bruders fielen die Städte Syriens von ihm ab. Diesen Zeitpunkt hielt (Septimius) Odaenathus, der Beherrscher von Palmyra, damals noch scheinbar als Untertan des Kaisers Gallienus, für geeignet, ihn zu stürzen. Die Widersprüche in den Quellen hindern uns, ein völlig klares Bild von den folgenden Ereignissen zu erlangen. Soweit wir der guten Überlieferung folgen können, die sich bei Zonar. a. a. O. p. 146, des Petros Patrikios’ Fortsetzung Dios, ed. Boissevain III 744, 167 = Dindf. V 225 und in der Hist. aug. Gall. 3, 1-4 findet und die auf Dexippos zurückgehen dürfte, steht soviel fest, daß der Kampf um Emesa tobte, wohin Quietus geflüchtet [258] war, und das nun von Odaenath belagert wurde. Hier scheint nun Ballista seinen selbstgewählten Herrn preisgegeben zu haben, um sich der Gnade des Siegers zu empfehlen: Quietus wurde auf Ballistas Rat von den Bewohnern der Stadt getötet, aber auch Ballista selbst von einem ähnlichen Schicksal ereilt; die Stadt ergab sich dem Odaenath (tyr. trig. 14, 1.- 15, 4. 18, 1–3. 12; vgl. auch Gall. 3, 6; die Notiz von der Erhebung Ballistas zum Kaiser hat keine Gewähr, ebensowenig, daß Aureolus den Kampf gegen Quietus hätte führen sollen). Was sein Biograph (tyr. trig. 14, 2–6; vgl. auch Gall. 1, 5) über sein Wesen und die Nachkommenschaft der Familie sagt, ist durchaus wertlos. Die Münzporträts des Quietus sind begreiflicherweise denen seines Bruders sehr ähnlich; doch fällt bei ihm das ausgesprochene sog. griechische Profil auf. Beide Brüder sehen noch sehr jugendlich aus.

Die Papyri aus der Zeit der Herrschaft des Macrianus (s. Nr. 73) und Quietus enthalten durchweg den Namen beider Kaiser, IGR III 27 ist nur dem Macrian gesetzt, anderseits die Inschrift aus Nacolea in Phrygien (A. Mordtmann Σύλλογος IX 1875 S. XXI nr. 4) eine Ehrung der Stadt nur für Quietus, der hier ebenso wie sein Bruder dort als γῆς καὶ θαλάσσης δεσπότης bezeichnet wird. Vielleicht war in beiden Fällen eine parallele Widmung für den anderen Kaiser aufgestellt. In dem Inschriftfragment von Koptos (IGR 1 1181) ist nur der Name Κυήτου Σεβασ[τοῦ] erhalten, aber der seines Bruders hat wahrscheinlich auch dort gestanden. Über die Zeit der Erhebung und des Sturzes (er war von September 260 bis November oder Dezember 261 n. Chr. Kaiser), s. den Vorigen.

[Stein. ]