Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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ein Truppenkörper, nicht des römischen Staats, sondern Privattruppen
Band VI,2 (1909) S. 28172818
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2) Neben den F. im alten Sinn, deren Existenz auch weiterhin dauernd nachweisbar bleibt, tritt seit der Zeit des Honorius eine neue Art von F. auf, deren Vorhandensein zuerst Olympiodor (FHG IV 7), später Prokop (bell. Vand. I 11 p. 358) angemerkt hat. Den neuen F. geht das staatsrechtliche Verhältnis der alten völlig ab, ja nicht einmal nationale Geschlossenheit ist bei ihnen Voraussetzung oder nur Regel. Was sie mit der älteren Art gemeinsam haben, ist nur das, daß ihre Truppenkörper nicht solche des römischen Staats sind, und daß ihre Führer für ihre Schar die annonae foederaticiae erhalten. Es handelt sich also um reine Privattruppen, die, von einem beliebigen – naturgemäß meist römischen – Kondottiere geworben, unter den Bedingungen der älteren F. Dienst tun.

Diese F. lernen wir am deutlichsten bei Gelegenheit des Aufstandes des Vitalianus vom J. 515 kennen. Wie Patrikiolus bereits bei Theophanes (a. a. 6005) κόμης φοιδεράτων heißt, so hatte sein Sohn Vitalianus offenbar das väterliche Geschäft übernommen und erhob sich nun gegen Kaiser Anastasius, weil seinen in Thrakien stehenden Scharen die Mittel zum Unterhalt entzogen wurden (Joh. Antioch. Herm. VI 350). Eine wichtige Rolle spielen die neuen F. weiterhin in den Iustinianeischen Kriegen (Procop. bell. Vand. I 11 p. 359). Sind sie auch nicht jedesmal deutlich von den andern Truppen zu unterscheiden, so daß es z. B. nicht voll auszumachen ist, ob Johannes, der Enkel des Vitalianus von 515, das ererbte Geschäft weitergeführt hat (Prokop. bell. Goth. II 5 p. 163. 7 p. 176. 12 p. 193), so läßt doch das Bild im ganzen nichts an Klarheit zu wünschen übrig, um so mehr, als auch die gleichzeitige Gesetzgebung einiges beisteuert. Wir sehen, es sind rein barbarische Truppenkörper, so daß auch Häretiker bei ihnen angenommen werden dürfen (Cod. Iust. I 5, 12, 17), und sie bestehen ausschließlich aus Reiterei, der einzigen damals wirklich brauchbaren Waffe. Demgemäß sind sie vornehmer als die Numeri, denen sie Prokop auch bei jeder Aufzählung voranstellt, und einzig die Scholae stehen ihnen voran (Novellae 117, 11). Aber nicht nur an der Grenze treffen wir diese neuen Truppen. Im J. 548 und 562 tritt zu Konstantinopel selbst ein ἄρχων bezw. κόμης φοιδεράτων auf (Procop. bell. Goth. III 31 p. 406. Joh. Antiochen. Herm. VI 379. Theophan. confessor a. a. 6055), was die Vermutung nahelegt, daß die F. seit dem jämmerlichen Verhalten der Scholae beim Nikaaufstand vom J. 532 auch zum Schutz des kaiserlichen Hofes verwendet worden sind. [2818] Fragen wir zum Schluß, auf welche Weise beide Teile – der Kaiser und die Führer der F. – auf ihre Rechnung kamen, so kann die Antwort nicht zweifelhaft sein. Der Staat gewann auf die einfachste Weise wirklich brauchbare Truppen, dem Foederatenführer aber fiel reicher Gewinn zu, und oft machte er noch dazu durch Übertritt in den eigentlichen öffentlichen Militärdienst die schnellste und glänzendste Karriere (Procop. bell. Vand. II 18 p. 493; bell. Pers. II 24 p. 261; bell. Vand. II 15 p. 481). Ja, offenbar galt nicht einmal die Kombination der Führung einer Foederatenschar mit einem hohen militärischen Amt für ausgeschlossen (Procop. bell. Goth. III 31 p. 406). Benjamin De Iustiniani imperat. aetate quaestiones militares, Berlin 1892.