Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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spukhafte Erscheinung, Gespenst
Band V,2 (1905) S. 25402543
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Empusa (Ἒμπουσα), eine spukhafte Erscheinung, ein Gespenst (φάσμα oder φάντασμα δαιμονιῶδες) aus der Umgebung der Hekate, zuerst bei Aristophanes und überhaupt bei den Komikern (πλήρης δὲ τοῦ ὀνόματος ἡ κωμῳδία Harpokr.). Ekkles. 1056 läßt Aristophanes die E. in eine blutgeschwollene Blase gehüllt sein. Frösche 288ff. zeigt sie sich in wechselnder Gestalt, als ein gewaltig Tier, bald als Kind, bald als Maulesel und dann wieder als Weib in schönster Blüte, endlich als Hund; von Feuer leuchtet ihr ganzes Angesicht; ein Schenkel ist von Erz, der andere von Kuhmist oder nach der Erklärung des Schol. zu V. 294 (βολίτινον δὲ ὄνειον· βόλιτος γὰρ κυρίως τὸ τῶν ὄνων ἀποπάτημα· τὸ αὐτὸ δὲ καὶ βόλβιτος) aus Eselsmist; vgl. auch Athen. XIII 566 e (βολίτινον ἔχων θάτερον σκέλος) und Laistner Das Rätsel der Sphinx I 62 A. Daraus machte man einen Eselsfuß, und E. führte deshalb die Beinamen ὀνοσκελίς, Schol. Aristoph. Ekkl. 1056. oder ὀνοκωλίς, Schol. Aristoph. Frö. 293 (ex Regio cod.). oder ὀνόκωλις. Eustath. Hom. Od. XI 634 (p. 1704, 42), oder ὀνόκωλος, Schol. Aristoph. Frö. 294. Ps.-Eudokia p. 256 Flach, oder ὀνοκώλη, Bekker Anekd. Gr. I 249, 29 (FHG II 493. 17). Suid.. oder ὀνοπόλη, Etym. M. p. 336, 43. Zonar. Andere bezeichneten die E. als einfüßig (μονόπους, ἑνίπουςς) und leiteten daher ihren Namen (s. u.). Schol. Aristoph. Frö. 293. Eustath. in Dionys. perieg. 723. In des Aristophanes Tagenisten schien E. direkt identifiziert mit Hekate, Aristoph. frg. 500. 501 Kock (aus Schol. Aristoph. Frö. 293, vgl. Hesych.); vgl. auch Schol. Apoll. Rhod. III 860, wo gesagt wird, Hekate entsende auch Gespenster, die sog. Ἑκαταῖα, und verwandle oft selbst ihre Gestalt, weshalb sie auch E. heiße. Von Hekate werde einem E. auf den Hals geschickt [2541] und erscheine den Unglücklichen, sie stelle sich zur Mittagszeit ein, wenn man den Toten Opfer darbringe, demnach als ein Mittagsgespenst (daemonium meridianum), wie die Mittagsfrau bei der Feldarbeit, Schol. Aristoph. Frö. 293. Hesych. Suid. Etym. M. und Zonar. Ps.-Eud. Nach Demosth. XVIII 130 habe des Aischines Mutter den Spitznamen E. geführt ἐκ τοῦ πάντα ποιεῖν (vgl. Alkiphron epist. III 62), nach dem Scholiasten πάντα τὰ αἰσχρὰ καὶ ἀνόσια; nach der (Vita Aeschinis hieß sie so, weil ἐκ σκοτεινῶν τόπων ὁρμωμένη καὶ φοβοῦσα τοῦς παῖδας καὶ γυναῖκας, nach Idomeneus περὶ δημαγωγῶν (Bekker Anekd. Gr. I 249 = FHG II 493, 17) ἐπεὶ ἀπὸ σκοτεινῶν τόπων ἀνεφφαίνετο τοῖς μυουμένοις (des Aischines Mutter war Mysterienpriesterin). Nach Philostratos im Leben des Wundermannes Apollonios von Tyana (II 4) begegnete diesem am Indos bei hellem Mondschein eine E. (φάσμα ἐμπούσης), die bald dies, bald jenes wurde; als er ihr aber Schmähworte zurief, verschwand das Gespenst, pfeifend wie die Schatten der Toten (τετριγὸς ὥσπερ τὰ εἴδωλα); in diesem Fall ist die E. ein Nachtgespenst, vgl. Vita Aeschinis (νυκτερινὸν φάντασμα ἠ Ἔμπουσα). Ein weiteres Mittel, Empusen und andere Gespenster abzuwehren, bildete ein am Kaspischen Meer vorkommender dunkler Iaspis. Eustath. in Dionys. perieg. 723. In der Geschichte von der ,Braut von Korinth‘ (Philostrat. v. Apoll. Tyan. IV 25. VIII 7, 9) wird diese, von Apollonios als E. entlarvt, unter die Lamien und Mormolykien gerechnet, die zwar auch nach Liebesgenuß trachten, zumal aber Menschenfleisch lieben und durch Liebreiz die an sich locken, die sie verzehren wollen, indem sie ihnen eben als schöne Frauenzimmer erscheinen. Wegen ihrer Verwandlungsfähigkeit und Vielgestaltigkeit heißt E. πολύμορφος, πολυφάνταστος und wird als ein weiblicher Proteus mit diesem zusammengenannt, Eustath. Hom. Od. IV 401. 460 (p. 1503, 2f. 1504, 62); Opusc. p. 115, 54 ed. Tafel; vgl. Lukian. π. ὀρχ. 19; statt Thetis sagt Dosiadas E., mit ἶνις ἐμπούσας ist Achill gemeint, Anth. Pal. XV 26, 3. E. wird zusammengenannt mit Poine (s. d.), Plut. non posse suav. vivi sec. Epic. 21, 1101 C, und auch die Gello (s. d.) heißt ein εἴδωλον Ἐμπούσης, Hesych. s. Γελλώ. Namentlich die Bezeichnung Ὀνοσκελίς ist beliebt in späterer Gräcität, auch gebräuchlich für die der E. verwandte Mormo (s. d.), Schol. Aristeid. Panath. III p. 42 Dind.; vgl. ferner Theodoretos z. Jesaias XIII 21 (II p. 265 Schulz): καὶ καλεῖ (Ἠσαΐας) ὀνοκενταύρους μὲν, οὕς οἱ παλαιοὶ μὲν ἐμπούσας, οἱ δὲ νῦν ὀνοσκελίδας προσαγορεύουσι. Aus Salomonis Testamentum schöpfte Gilb. Gaulminus folgende Notiz in seiner Ausgabe von Psellos de operatione daemonum (1615) p. 136 (wiederabgedruckt in Joh. Alb. Fabricii Cod. pseudepigr. Veteris Testamenti [1713] p. 1048 und in Boissonades Psellos-Ausg. [1838] p. 255f.): ἐπιθόμην δὲ ἐγὼ τοῦ δαίμονος εἰ ἔστιν θήλεα δαιμόνια· τοῦ δέ μοι φήσαντος εἶναι, ἐβουλόμην ἰδεῖν· καὶ ἀπελθὼν ἤνεγκεν ἔμπροσθεέν μου τὴν ὀνοσκελοῦν (sic), μορφὴν ἔχουσαν περικαλὴν καὶ δέρμα γυναικὸς εὔχρωτον, κνήμην δὲ ἡμιόνου. Eine Begegnung, die der spätere Bischof von Nikomedeia Gerontios mit einer Onoskelis gehabt, erzählt Sozomenos [2542] hist. eccl. VIII 6: er habe bei Nacht eine Onoskelis ergriffen, ihr den Kopf geschoren und sie in die Stampfmühle geworfen. Hierher gehört auch schon die Erzählung von den Ὀνοσκελέαι (bei Lukian. ver. hist. II 46), schönen, nach Art von Buhlerinnen geputzten Frauenzimmern mit Eselshufen statt der Beine, mit der Fähigkeit auch, sich zu verwandeln; die Fremden, die zu ihnen kommen, machen sie trunken, sie gehen mit ihnen zu Bett und fallen dann über die Schlafenden her; insofern sie sich als Meerweibchen bezeichnen, ist zu erinnern auch an die Νeraϊden, denen im neugriechischen Volksglauben gleichfalls bald Bocks-, bald Eselsfüße beigelegt werden, vgl. Bernh. Schmidt Das Volksleben der Neugriechen I 105. Laistner a. Ο. I 33ff. Endlich zeigt sich ein Anklingen an die volkstümliche Gestalt der E. auch in dem ephesischen Märchen bei Aristokles (FHG IV 330, 3) bei Stob. flor. 64, 37. vgl. auch Ps. Plut. Parall. 29 p. 312 e. Apostol. XII 91 b. Arsen p. 385 Walz: ein vornehmer Ephesier habe aus Weiberhaß in tiefer Nacht mit einer Eselin aus den Herden seines Vaters Umgang gepflogen; die Eselin, schwanger geworden, habe ein überaus schönes Mädchen geboren, das dem Vorfall gemäß Ὀνοσκελία (Ὀνόσκελις) Plut.) genannt worden sei. Vgl. Creuzer Commentat. Herodoteae 266ff. Cook Journ. hell. stud. XIV 1894, 94f. Roscher Myth. Lex. III 916ff. Von bildlichen Darstellungen paßt in diesen Zusammenhang das hellenistische Reliefbild bei Schreiber Taf. LXI, dazu Crusius Philol. L 1891, 93ff. Die Etymologie von E. ist unsicher. Die Alten erklärten das Wort διὰ τὸ ἑνὶ ποδὶ κεχρῆσθαι, Schol. Aristoph. Frö. 293. Ps.-Eudokia 343 (Suid. παρὰ τὸ ἑνὶ ποδίζειν), also Ἔμουσα = Ἕμ–πουσ–α; oder παρὰ τὸ ἐμποδίζειν, E. = die Hemmende, Etym. M. und Zonaras; oder ἀπὸ τοῦ τὸν ἕτερον πόδα χαλκοῦν ἔχειν ἢ ὅτι ἀπὸ σκοτεινῶν τόπων ἐφαίνετο τοῖς μυουμένοις; (letzteres bezieht sich auf des Aischines Mutter, s. o.), Etym. M. Suid. Zonaras s. Ἔμπουσα. Nach Doederlein kommt E. von ἐμπίνειν, sich volltrinken, einschlürfen, weil sie den Opfern ihr Blut aussauge. Nach Laistner a. O. II 299. 436 ist Ἔμπουσα entstanden aus ἔμποντjα = ἐνοδία, wie Hekate heißt, die Wegegöttin (vgl. Μοῦσα aus μοντjα). Nach Solmsen in Kuhns Ztschr. f. vgl. Sprachf. XXXIV (N. F. XIV) 1897, 552ff. ist Ἔμπουσα Part. praes. fem. zu einem Verbum *ἔμπω (vgl. ἐμπάζω ebd. 392ff.) ‚fassen, packen. ergreifen‘, also Ἔμπουσα = die Packende, Greifende, wie man auch Σκύλλα gewöhnlich zu σκύλλω stellt als die ,Zerzauserin‘, Waser Skylla und Charybdis 6f. A. Die E. soll in den Märchen des oberen Spercheiostales fortleben; der Neugrieche nennt solche Gespenster, namentlich Vampire. Vurkolaken (βουρκόλακας oder βρουρκόλακας, entstanden aus altgriech.μορμολύκειον), vgl. Hahn Albanes. Stud. I 163. 201, 85. Wachsmuth Das alte Griechenland inrneuen 31. 57. B. Schmidt a. Ο. I 141. Goethe verlegt seine ,Classische Walpurgisnacht‘ im zweiten Teil des ‚Faust‘, bei der Lamien und die Empuse ,mit dem Eselsfuße‘ nicht fehlen, in die Pharsalischen Felder und an den oberen Peneios. Für E. vgl, noch Becker Charikles I 35. Bachofen Gräbersymbolik 387ff. Welcker Griech. Götterl. II 413. Preller-Robert [2543] Gr. Myth. 327. Tylor Anf. d. Cultur II 192ff. Laistner Das Rätsel der Sphinx I 60ff. II 299. 436f. Rohde Psyche² II 83. 407ff. Waser Skylla und Char. 26f.; Charon, Charun, Charos 102, 4; Arch. f. Religionswiss. II 1899, 63, 1. Roscher Ephialtes (Abh. d. Sächs Ges. d. Wiss. XX [1900] 2) S. 38. Gruppe Griech. Myth. 759, 1. 769 798.

[Waser. ]

Anmerkungen (Wikisource)

Kein Nachtrag, sondern neuer Artikel. Siehe Empusa 2.