Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Zyklus von 12 Jahren bei Censorinus
Band V,1 (1903) S. 12541255
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Dodekaeteris. Bei Censorinus de die nat. 18, 6 wird ein Cyklus von 12 Jahren beschrieben, den man den chaldaeischen nannte: quem genethliaci non ad solis lunaeque cursus, sed ad observationes alias habent adcommodatum, quod in eo dicunt tempestates frugumque proventus ac sterilitates, item morbos salubritatesque circumire. Ein Beispiel dieser D. war unter dem Namen des Zoroaster schon aus Geop. I 12 bekannt, wo der Cyklus in jedenfalls erst secundärer [1255] Weise mit dem etwa zwölf Jahre währenden Umlauf des Planeten Iuppiter in Verbindung gebracht wird. Auch hatte Scaliger in den Versen des Manilius III 537ff. einen solchen Cyklus erkannt, vgl. seinen Maniliuscommentar p. 284ff. der Ausg. v. 1600. Weitere Beispiele sind ziemlich zahlreich aus astrologischen Hss. ans Licht gekommen; die interessantesten darunter sind ein Exemplar aus augusteischer Zeit (Catal. cod. astr. graec. II 139ff.), vielleicht von einem Antiochener, und ein in einer römischen Hs. kürzlich von mir gefundenes Exemplar mit Versresten, die vielleicht mit dem Gedicht Δωδεκαετηρίδες des Orpheus (frg. 21-23 bei Abel Orphica 153f.) zusammenhängen. Die zwölf Jahre werden stets nach den zwölf Zeichen des Tierkreises benannt. Der Cyklus ist geschichtlich von grosser Wichtigkeit, weil er in ganz Ostasien noch heute vorkommt, meist als Teil eines Sexagesimalcyklus, und zwar ebenfalls in offenbarem Zusammenhang mit den zwölf Tierkreiszeichen. Schon Scaliger (De emendat. temp. 78; Canon, isagog. 175) hatte aus Marco Polo geschlossen, dass dieser Zwölfjahrcyklus der Chinesen u. s. w. auf den ,chaldaeischen‘ des Censorinus zurückgeht. Die neuen Funde bestätigen diese Vermutung und zeigen, dass dieser Cyklus, wie schon aus Manilius zu folgern ist, nur ein Stück einer grossartig einheitlichen Zeiteinteilung ist, in der die zwölf Doppelstunden des Tages, eine Reihe von 12 Tagen, 12 Monaten, 12 Jahren immer nach den 12 Abschnitten der Ekliptik benannt wurden. Nicht bestätigt sich dagegen Scaligers Vermutung, dass die Benennung der 12 Jahre nach 12 Tieren in Ostasien auf astrologische Deutungen zurückgehe; vielmehr liegt hier ein Kreis von 12 Tieren zu Grunde, der zuerst wohl die 12 Teile von Aequator oder Ekliptik, erst dann die chronologische Zwölfteilung darstellte und in analoger Form auch in neugefundenen griechischen Texten und auf antiken Denkmälern vorkommt. Vgl. den Art. Dodekaoros und Boll Sphaera (Leipz. 1903) Cap. XII.

[Boll. ]