95) Dionysios, Verfasser der Βασσαρικά ist von dem Periegeten (trotz dessen Vorliebe für dionysische Sagen und Culte) zu scheiden, wie schon die alten Erklärer aus stilistischen Gründen (διὰ τὴν τραχύτατα) gethan haben (Vit. Chis. 81, 17. Eustath. 215 = Schol. 427 M.). Seine rauhe und plumpe Sprache weicht erheblich, namentlich im Gebrauche der Präpositionen, von dem älteren Dichter ab (Mommsen 202). Mit welchem Recht man das Epos dem Samier zugeschrieben hat, ist nicht mehr zu erkennen. Erhalten sind im ganzen 27, meist nicht sehr umfangreiche Bruchstücke, darunter 6 ohne namentliche Erwähnung, aber durch die Nachahmung des Nonnos gesichert (vgl. noch Steph. Byz. Γήρεια mit Meinekes Anmerkung). Dazu kommen noch Steph. Byz. Κάρμινα (= Nonn.Dion. XXXVI 280. Koehler 62), ferner der Hexameter eines D. beim Schol. Apoll. III 530, den Keil (p. 538), Lobeck (Pathol. graec. serm. elem. 201), Schneider 4 dem Dichter der Βασσαρικά wohl mit Recht zuweisen. Alle andern hat Steph. Byz. bewahrt, der bis zum 18. Buche citiert (unnötig geändert von Bernhardy 508). In dem dritten Buche, aus dem die meisten Bruchstücke erhalten sind, stand eine Aufzählung der Truppen des D., welche Nonnos im einzelnen bald kürzend, bald breiter ausführend von Dion. XIII 444, dann wieder von XXVI 50 an, nachgeahmt hat. Die Zeit dieses D. ist völlig unbekannt; doch gehört er wohl der späteren Kaiserzeit an (vor Soterichos?). Über seine Vorbilder und Quellen lässt sich nichts sagen (frg. 9, 5 = Nikand. Ther. 399). Die Bruchstücke sind nicht ohne cultur- und sagengeschichtliches Interesse; zu frg. 9 vgl. Liebrecht Zur Volkskunde 308. Vielleicht verdankt ihm Nonn. XXVI 101ff. die rührende Geschichte von der ,säugenden Tochter‘ (Knaack Z. f. vgl. Litteraturgeschichte XII 450ff), vgl. frg. 26, das aus einer Kampfesschilderung zu stammen scheint. Fragmente bei Bernhardy 515–517, vollständiger
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bei Müller XXVIIff. Beiträge zur Erklärung: Köhler Über die Dionys. d. Nonn. 27. 41. 42. 52. 54. 55ff. 62. 63; zur Kritik Köchly Comm. crit. in Nonn. Bd. I p. CVIII. Eine deutlichere Vorstellung von seiner Kunst würden wir gewinnen, wenn wirklich die fünfzig, zum Teil stark verstümmelten Hexameter, die zuerst P. G. Kenyon in der Festschrift für Herwerden aus einigen Papyrusfragmenten des 3./4. Jhdts. herausgegeben hat (bequemer zugänglich in der Bearbeitung A. Ludwichs Berl. phil. Wochenschr. 1903, 27–30), auf den Dichter zurückgeführt werden dürften. Da aber dies phantastische Nachtstück in den Dionysiaka des Nonnos (XXIX–XXXIII) fehlt und die zweimalige Erwähnung des Deriades bei dem Anonymus (28. 44) noch nicht ausreicht, diesen mit dem Dichter der Bassarika gleichzusetzen, so werden wir uns einstweilen bescheiden müssen, die Episode einem unbekannten Vorgänger des Panopolitaners zuzuweisen. Die Entzifferung der noch nicht gelesenen acht Columnen wird vielleicht Genaueres lehren.