Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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die Weihung des Eigentums zu Gunsten einer Gottheit
Band IV,2 (1901) S. 23562359
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Dedicatio ist technische Bezeichnung des Actes, durch welchen sich jemand des Eigentums an einer beweglichen oder unbeweglichen Sache zu Gunsten der Gottheit entäussert (ausnahmsweise und untechnisch wird dedicare auch auf die Überweisung zum Gemeindegebrauche angewendet, z. B. Plin. epist. I 8, 2; ad Trai. 116, 1. Suet. Aug. 31. CIL III 3202). Sie erfolgt durch ausdrückliche Willenserklärung, die ausser dem Empfänger insbesondere den Geber, die Gabe und den Anlass oder sonstige nähere Umstände der Weihung namhaft macht (in dedicatione et quis dedicet et quid et quo modo quaeritur Cic. de domo 127) und zur Beurkundung des Thatbestandes inschriftlich auf dem geweihten Gegenstande angebracht zu werden pflegt. Dabei kommt meist der eine oder der andere Bestandteil der Erklärung als überflüssig in Wegfall, besonders häufig die Bezeichnung des geweihten Gegenstandes, deren es nicht bedurfte, da er ja die Inschrift trug (z. B. Orcevia Numeri nationu cratia Fortuna Diovo filea primocenia donom dedi CIL XIV 2863), zuweilen auch die des empfangenden Gottes, da oft der Aufstellungsort des Weihgeschenkes darüber ausreichende Auskunft gab; dafür traten nach Bedarf besondere Bestimmungen über die Bedingungen der Überweisung oder die Rechtsstellung des geweihten Objectes (z. B. Vediovei patrei genteiles Iulici . . . aara leege Albana dicata CIL XIV 2387) und sonstige Angaben hinzu, so dass in der Typik der Dedicationsinschriften eine grosse Mannigfaltigkeit herrscht (vgl. B. Cagnat Cours d’épigraphie lat.² 220ff.).

Geht die D. nicht von einem Einzelnen, sondern von einer Corporation gleichviel welcher Art aus, so wird sie wie jedes Rechtsgeschäft derselben durch die zur Vertretung berechtigten Vorsteher vollzogen (z. B. [F]orte For[tunai] donum dant conlegiu lani piscinenses; magistreis coiraverunt A. Cassi L. f. T. Corneli Cor. l. CIL VI 167), und dementsprechend können Dedicationen im Namen des Staates vollzogen werden nur von denjenigen Magistraten, denen ein Verfügungsrecht über das Gemeindevermögen zusteht, oder von solchen Männern, die durch Specialauftrag (nominatim) vom Volke zur Vornahme einer bestimmten einzelnen D. bestellt sind (der Act ist rechtsunwirksam si neque populi iussu neque plebis scitu is, qui se dedicasse diceret, nominatim ei rei praefectus esset neque populi iussu aut plebis scitu id facere [2357] iussus esset, Cic. ad Att. IV 2, 3). Das erstere gilt von den Magistraten cum imperio (Liv. IX 46, 6 cum more maiorum negaret [der Pontifex maximus] nisi consulem aut imperatorem posse templum dedicare) und ausserdem von den Aedilen, insofern sie die von ihnen verhängten Strafgelder (multae) zur Veranstaltung von Weihungen an die Gottheit benützen (ex pecunia multaticia, s. Mommsen St.-R. I² 233, 4); die Bestellung des Dedicanten durch Volksbeschluss erfolgt entweder dann, wenn mehrere zur Vornahme des Actes berechtigte Beamte sich unter einander nicht einigen können (so in dem apokryphen Beispiele vom J. 259 = 495, Liv. II 27, 5f. certamen consulibus inciderat, uter dedicaret Mercuri aedem. senatus a se rem ad populum reiecit . . . populus dedicationem aedis dat M. Laetorio primi pili centurioni) oder um einem bestimmten, zur Zeit nicht unter den Magistraten cum imperio befindlichen Manne zu der Ehre zu verhelfen, seinen Namen auf die Dedicationsurkunde setzen zu dürfen. Dies geschieht insbesondere dann, wenn ein Consul oder Dictator einen von ihm gelobten und begonnenen Tempelbau nicht mehr während der Dauer seines imperium, oder der Aedil den aus Strafgeldern begonnenen Tempel nicht vor Ablauf seines Amtsjahres dedicieren kann, und sie nicht etwa zur Zeit der Fertigstellung des Baues gerade ein Amt cum imperio bekleiden (so dediciert der Dictator einen Tempel, den er als Consul gelobt hatte, Liv. X 1, 9; der Consul oder Praetor einen solchen, den er als Aedilis ex multaticia pecunia in Angriff genommen hatte, Liv. X 33, 9. XXXIV 53, 4). Wiederholt kommt der Fall vor, dass ein von einem Consul gelobter Tempelbau von demselben Manne in seiner Censur dediciert wird (Liv. XXXIV 53, 3. XL 52, 1. XLII 10, 5), doch muss hier immer besondere Ermächtigung durch Volksbeschluss eingetreten sein, da die Censur des imperium entbehrt und im J. 600 = 154 das Pontificalcollegium gegenüber der von dem Censor C. Cassius Longinus beabsichtigten Weihung der Curie samt einem Bilde der Concordia erklärt, nisi eum populus Romanus nominatim praefecisset atque eius iussu faceret, non videri eam posse recte dedicari (Cic. de domo 130. 136). Am häufigsten wurde die Sache so geregelt, dass auf Grund eines vorhergegangenen Senatsbeschlusses der Consul beim Volke die Wahl von Duoviri aedi dedicandae (s. d.) beantragte, mit der Massgabe, dass der Mann, der den Tempel gelobt, oder – wenn längere Zeit verstrichen war – etwa sein Sohn nicht nur in diese Commission zu wählen, sondern namentlich mit der Vornahme des Dedicationsactes zu beauftragen sei (Liv. XXIII 30, 13f. Q. Fabius Maximus a senatu postulavit, ut aedem Veneris Erucinae, quam dictator vovisset, dedicare liceret. senatus decrevit, ut Ti. Sempronius consul designatus, cum honorem inisset, ad populum ferret, ut Q. Fabium duumvirum esse iuberent aedis dedicandae causa). In den seltenen Fällen, wo zur Wiederherstellung abgebrannter Tempel ausserordentliche Beamte durch Volksbeschluss bestellt wurden (Mommsen St.-R. II² 651), fiel diesen auch die D. des Neubaus zu, wie das Beispiel des curator restituendi Capitolii (Gell. II 10, 2) Q. Lutatius Catulus [2358] zeigt (Liv. per. 98 templum Iovis in Capitolio, quod incendio consumptum ac refectum erat, a Q. Catulo dedicatum est, vgl. Plut. Poplic. 15).

Der Dedicationsact geht in der Weise vor sich, dass der vollziehende Magistrat in der Thür des Tempels stehend und mit beiden Händen die Thürpfosten anfassend (postem tenere, Liv. II 8, 7f. Plut. Popl. 14. Val. Max. V 10, 1. Senec. consol. ad Marc. 13, 1 [die beiden letztgenannten machen den Dedicirenden irrtümlich zum Pontifex]; vgl. Serv. Georg. LII 16 verbo usus est pontificali, nam qui templum, dicabat postem tenens dare se dicebat numini, quod ab illo necesse fuerat iam teneri et ab humano iure discedere) die Übergabeformel (precatio Liv. II 8, 8; sollemnia pontificalis carminis verba Senec. a. a. O., vgl. Val. Max. Plut. aa. OO.) laut und deutlich ausspricht, wobei ihm einer der Pontifices, meist der Pontifex maximus, die Formel vorspricht (praeit, Liv. IX 46, 6; vgl. Plin. n. h. XI 174) und die Gesten vormacht (besonders das postem tenere, daher die Aufforderung des Magistrats an den Pontifex ades, Luculle, Servili, dum dedico domum Ciceronis, ut mihi praecatis postemque teneatis, Cic. de domo 133, vgl. 119. 121). Seine Mitwirkung ist die eines sachverständigen Beirates, da sich die Aufzeichnung der Formeln und Ceremonien, deren genaue Beobachtung für die rechtliche Wirksamkeit der Handlung unerlässlich ist, im Archiv der Pontifices befindet (Cic. a. a. O. 138 quae sunt adhuc a me de iure dedicandi disputata, non sunt quaesita ex occulto aliquo genere litterarum . .. illa interiora iam vestra sunt, quid dici, quid praeiri, quid tangi, quid teneri ius fuerit): der Pontifex vollzieht weder die D., obwohl zuweilen ungenau das Verbum dedicare von ihm gebraucht wird (Fest. ep. p. 88 fanum . . . quod dum pontifex dedicat, certa verba fatur; vgl. Plin. a. a. O.), noch nimmt er etwa die Gabe im Namen der Gottheit entgegen (s. darüber o. S. 899), sondern die Sachlage kommt correct zum Ausdrucke in Wendungen wie magistratus per pontificem dedicat (Cic. a. a. O. 120. 122) oder noch deutlicher aedis sacra a magistratu pontifice praeeunte dicendo dedicatur (Varro de l. l. VI 61). Von Fassung und Inhalt der Dedicationsformel geben uns die erhaltenen leges templorum (s. d.) eine ausreichende Vorstellung, indem sie in Form eines inschriftlichen Protocolles über den Dedicationsvorgang die für den Tempel und seinen Dienst gültigen Satzungen dauernd fixieren; am deutlichsten zeigt das die Inschrift des Iuppiteraltars von Salona, CIL III 1933 vom J. 137 n. Chr.: L. Aelio Caesare II P. Coelio Balbino Vibullio Pio cos. VII idus Octobres C. Domitius Valens IIvir i(ure) d(icundo) praeeunte C. Iulio Severo pontifice legem dixit in ea verba quae infra scripta sunt: ,Iuppiter optime maxime, quandoque tibi hodie hanc aram dabo dedicaboque, ollis legib(us) ollisque regionibus dabo dedicaboque, quas hic hodie palam dixero, uti infimum solum huius arae est: si quis hic hostia sacrum faxit. quod magmentum nec protollat, itcirco tamen probe factum esto. ceterae leges huic arae eaedem sunto, quae arae Dianae sunt in Aventino monte dictae. hisce legibus hisce regionib(us) sic, uti dixi, hanc tibi aram, Iuppiter optime maxime, do dico dedicoque, [2359] uti sis volens propitius mihi collegisque meis, decurionibus colonis incolis coloniae Martia[e] Iuliae Salonae coniugibus liberisque nostris‘; das gleiche Formular zeigt das Statut der Ara Augusti Narbonensis (CIL XII 4333) und das des Dianenaltars zu Mactaris (CIL VIII Suppl. 11796), ähnlich, aber mit Abkürzungen und Aufgabe der directen Rede der Dedicationsformel, lautet die alte lex des Tempels des Iuppiter Liber in Furfo (CIL IX 3513) und die lex arae incendii Neroniani CIL VI 826.

Der Tag der D. wird häufig auch durch ausserordentliche Spiele (ludi dedicatorii) gefeiert, für die der Senat eigens eine Summe auswirft (Liv. XL 52, 1-3. XLII 10, 5; s. Art. Ludi); für die Folgezeit wird er als natalis templi (s. d.) alljährlich durch ein Opfer begangen. Die von Staatswegen erfolgte D. von beweglichen und unbeweglichen Dingen (von letzteren aber nur, soweit sie in agro Italico liegen, Gai. II 7 a, vgl. Plin. ep. 5 ad Trai. 49. 50) hat für diese das völlige Ausscheiden aus dem menschlichen Rechtsverkehre und den Übergang in die Rechtsstellung der res sacrae zur Folge, während die D. eines Privatmanns das Object der D. nur zur res religiosa macht (Fest. p. 318. 321. Marcian. Dig. I 8, 6, 3. Ulpian. ebd. I 8, 9 pr. Gai. II 5); vgl. über das Verhältnis von D. und consecratio o. S. 896ff.

Litteratur: C. Eichstädt De consecrationis dedicationisque apud Romanos generibus variis part. I, Duisburg 1859. Lübbert Commentat. pontificales 16ff. Marquardt Röm. Staatsverw. III² 269ff. E. Pottier bei Daremberg-Saglio Diction. d. antiqu. II 42ff. A. Pernice S.-Ber. Akad. Berl. 1885, 1150ff.

Nachträge und Berichtigungen

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Band S III (1918) S. 328
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S. 2359, 29 zum Art. Dedicatio:

Eichhoff De consecrationis ... generibus variis, Duisburg 1860 (nicht Eichstädt und nicht 1859).

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Band R (1980) S. 95
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Dedicatio

Die Weihung. (K) S III.