Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Zusammenkunft mehrerer Menschen an einem Ort
Band IV,1 (1900) S. 11731200
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Conventus heisst im allgemeinen jedes Zusammenkommen einer Anzahl Menschen an einem bestimmten Ort, multitudo ex compluribus generibus hominum contracta in unum locum (Fest. ep. 41 M.), wird also synonym gebraucht mit contio, concilium und allen Ausdrücken für Anhäufungen von Menschen oder Versammlungen, Cic. in Verr. IV 110 contio conventusque civium. V 100 hominum conventus atque multitudo; pro Archia 3 conventus frequentiaque; in Verr. IV 138 Romae in conventu Siculorum, sehr häufig in conventu palam in den Verrinen (IV 85. V 139. III 149. act. I 18). Colum. I praef. 18 nundinarum c. Cic. in Verr. IV 138 wird so der syracusanische Senat genannt; weiter heissen die gewöhnlich concilia (griechisch κοινά) genannten Bundesversammlungen oder Tagessatzungen mehrerer Gemeinden oder Staaten gelegentlich c.: Liv. XXXIII 34, 5 c. civitatum gentiumque. XXXIV 48, 3. 50, 8. 51, 1 c. Euboicarum civitatium. XLV 26, 11; auch die römischen Provinciallandtage dieser Art, so c. arensis vom concilium trium Galliarum (CIL XIII 1674), oder in den Rechtsquellen der nachdiocletianischen Zeit, Cod. Theod. XII 12, 7 (380). 13 (392), vgl. die c. nobilium bei Cassiod. var. VI 21 (VII 37); im übrigen s. Art. Concilium.

In der Bedeutung Versammlung bezeichnet C. aber technisch:

A. Die Versammlung eines Vereins (darüber Artikel Collegium), und zwar die Versammlung zu geschäftlichen Zwecken, CIL XIV 2112 I 3. II 23. VI 10234. 10294; vgl. Liebenam Röm. Vereinswesen 279. Joh. Schmidt Rh. Mus. XLV 605f. (auch zu CIL VIII Suppl. 14683), nach dessen Ansicht concilium technisch die Versammlung ‚höherer – staatlicher – Ordnung den c., den Versammlungen privaten Charakters, entgegengesetzt‘ ist, Cic. de domo 74 von den Versammlungen der pagani und montani: quoniam plebei quoque urbanae maiores nostri conventicula et quasi concilia quaedam esse voluerunt. ,Es war eine Folge der im Laufe der Zeit verminderten Bedeutung jener Körperschaften, dass ihre Versammlungen dem Staatsrechtslehrer am Ausgang der Republik schon mehr in die Kategorie der c. zu gehören schienen.‘ Von verbotenen Vereinsversammlungen (c. illiciti, c. interdicti) wird das Wort gebraucht abwechselnd mit conventicula in der späteren Rechtssprache, z. B. Cod. Theod. XVI 4, 5 und 6 (404).

B. Die Versammlung zu Gerichtszwecken in der Provinz an den von den Statthaltern ausgeschriebenen Tagen, Fest. ep. 41 cum a magistratibus iudicii causa populus congregatur. Cic. in Verr. II 48. 58. 74. IV 67. 107; ad fam. III 8, 6. XV 4, 2. Hor. sat. I 7, 22ff. Den Hergang beschreibt Livius XXI 29, 8f.: praetor Romanus conventus agit; eo imperio evocati conveniunt; excelso in suggestu (vgl. Cic. ad Quint. fr. I 1, 25 illo populari accessu ac tribunali) superba iura reddentem, stipatum lictoribus vident; [1174] virgae tergo, secures cervicibus imminent; für den Osten vgl. die Schilderung von Dio Chrysost. II p. 69 R. Man sagt conventum indicere, Liv. XXXI 29, 8. 9, oder edicere, XXXIV 48, für das Abhalten conventum agere, Cic. in Verr. V 28. Caes. bell. Gall. I 54 und öfters. Liv. XXXI 9, 8; perioch. CXXXIV. Plin. ep. X 66 (58 Keil) vgl. Iustin. XII 13, wofür auch forum agere gebraucht wird (Cic. ad Att. V 16, 4. 17, 6. 21, 9. VI 2, 4). Die griechischen Schriftsteller sagen entsprechend dafür ἀγορὰν (sc. σύνοδον) ποιεῖν (Strab. XIΙΙ 629) oder ἄγειν (Joseph. ant. XIV 245. Acta apost. 19) bezw. ἀγορὰν ἄγειν (Philostrat. vit. Apoll. I 12) oder συνάγειν (Strab. VIII 341); vgl. ἀγορὰν καὶ σύνοδον παρέχειν (Dio Chrysost. II p. 69 R.). Der Statthalter bereist, um Recht zu sprechen, seine Provinz und macht in einzelnen Städten Halt, um für einen bestimmten Bezirk Gericht zu halten. Im allgemeinen stehen die Städte schon in der republicanischen Zeit fest (für Sicilien: Cic. in Verr. V 28 oppidum esse in Sicilia nullum ex iis oppidis, in quibus consistere praetores et conventum agere soleant; für Asien: Cic. pro Flacc. 71 cur non Pergami, Smyrnae, Trallibus [negotiaris] ubi et multi cives Romani sunt et ius a nostro magistratu dicitur; für Kilikien: Cic. ad fam. III 8, 5. 6. XV 4, 2; ad Att. V 16, 2. V 20), aber der Statthalter brauchte nicht immer in allen Recht zu sprechen, sondern konnte in eine Stadt die Bewohner mehrerer Bezirke zusammenrufen (evocare), Cic. ad Att. V 21, 9 forum institueram agere Laodiceae: Cibyraticum et Apameense, ex idibus Martiis ibidem Synnadense, Pamphylium, Lycaonium, Isauricum. VI 2, 4 atque hoc foro, quod egi ex idibus februariis Laodiceae ad Kal. Maias omnium dioecesium praeter Ciliciae; Laodicea war demnach nicht nur Gerichtsort für den cibyratischen Sprengel, sondern auch manchmal für das ganze Gebiet ausserhalb des eigentlichen Kilikiens. Es gab aber Bezirke, deren Bewohner vor der evocatio sicher waren, und denen an Ort und Stelle Recht gesprochen werden musste, vgl. Cic. ad Att. V 21, 6. Die Zeit für die Abhaltung der Gerichtsversammlungen lag in der republicanischen Zeit meist im Winter (Liv. XXXIV 48, 2. Cic. ad Att. V 14, 2. Caes. bell. Gall. pass.), da der Sommer der Kriegführung und Verwaltungsgeschäften gewidmet war, in der Kaiserzeit aber im Sommer (Strab. III 167). Die Richter oder Geschworenen für die Processe wurden vom Statthalter bestellt (Plin. ep. X 66 [58 Keil]; s. Art. Iudex und Recuperator). Die Verhandlungen waren öffentlich und dauerten oft längere Zeit (Gai. Inst. I 20: ultimo die c.).

Übertragen bedeutet dann das Wort in dieser Richtung weiter: I. die Zeit der betreffenden Gerichtsversammlung, also den oder die Gerichtstage, Cic. ad fam. III 8, 6; II. den Ort, an dem die betreffende Versammlung gehalten wurde, Cic. in Verr. II 160. V 16, vielleicht auch II 22. 44. Hirt. bell. gall. VIII 46 c. percurrere (vgl. aber Herzog z. d. St.). Suet. Caes. 7. Iuven. VIII 129. Für Sicilien waren Gerichtsstädte nach Livius (XXXI 29, 8) Syracusae, Messana, Lilybaeum, nach Cicero ausser diesen auch Agrigentum und Panormus (in Verr. II 63. V 16); in der Narbonensis z. B. Narbo selbst (Liv. per. [1175] CXXXIV: cum Augustus conventum Narbone ageret), in der Provinz Asia z. B. Pergamum, Smyrna, Tralles (Cic. pro Flacc. 71; für Tralles auch Joseph. ant. XIV 245), Ephesus (Cic. ad Att. V 20, 1), Samus (Cic. ad fam. III 8, 4; ad Att. V 13, 1), in Kilikien Laodicea, Apamea, Synnada, Philomelium, Iconium, Tarsus (Cic. ad fam. III 8, 5. 6. XV 4, 2; ad Att. V 16, 2. 20); III. den Bezirk, für den in einer bestimmten Stadt Recht gesprochen wurde, also den Gerichtssprengel. Dergleichen begegnen uns zuerst in den hellenistischen Gebieten des Ostens, wo sie Cicero aber noch nicht c., sondern dioeceses nennt (ad Att. V 21, 7. VI 2, 4; ad fam. III 8, 4. XIII 67, 1); es sind hier vielleicht alte Verwaltungsbezirke der vorrömischen Reiche, z. B. des pergamenischen (v. Wilamowitz bei Schulten De conventibus civ. Rom. 12, 2, vgl. 128f.). In griechischen Schriftstellern ist διοίκησις auch immer der technische Ausdruck für diese Gerichtssprengel geblieben (Strab. XIII 629. 631. Dio Chrysost. II p. 205. 208 R., vgl. CIG 3902 b), während zuerst bei dem älteren Plinius (s. u.) bezw. in der augustisch-agrippischen Reichsstatistik c. in dieser Bedeutung auftritt, oft mit dem Zusatz iuridicus (auch iurisdictio). Es scheinen bestimmte, festumgrenzte Gerichtssprengel, im Osten im Anschluss an die bezeichneten vorrömischen διοικήσεις, also erst mit Beginn der Kaiserzeit, etwa von Augustus bei der besseren Ordnung der Provincialverwaltung eingerichtet worden zu sein, und zwar noch nicht einmal in allen Provinzen. Wir kennen nämlich c. iuridici der Kaiserzeit nur in den folgenden Provinzen:

1. In Hispania Baetica, welches in 4 Gerichtssprengel zerfiel (Plin. n. h. III 7),

a) c. Gaditanus mit Gades (Cadiz) als Hauptstadt, Plin. n. h. III 7. 15. Hübner CIL II p. 229; Suppl. p. 873 tab. I. III;
b) c. Hispalensis mit Hispalis (Sevilla) als Hauptstadt, Plin. a. a. O. 7. 11. 13. Hübner a. a. O. p. 121; Suppl. 833 tab. I. III;
c) c. Astigitanus mit Astigi (Ecija), Plin. a. a. O. 7. 12. Hübner a. a. O. p. 185; Suppl. p. 847 tab. a. a. O.;
d) c. Cordubensis mit Corduba (Cordova), Plin. a. a. O. 7. 10. 14. Hübner a. a. O. p. 269; Suppl. p. 878 tab. a. a. O.

Die Grenzen dieser baetischen Convente haben festzustellen gesucht Detlefsen Philol. XXX (1870) 276ff. und Hübner aa. OO. und Suppl. p. 833. Fest steht, dass der c. Gaditanus in sehr langgestreckter Form an der Südküste sich hinzog, der c. Hispalensis den Unterlauf des Baetis mit Erstreckung vor allem nach Norden und Osten bis zur Grenze Lusitaniens, der c. Cordubensis den Mittel- und Oberlauf des Baetis bis zur Tarraconensis umfasste, der c. Astigitanus endlich südlich vom Baetis, ohne allerdings denselben irgendwo zu berühren, sich ausdehnte (vgl. tab. I. III in CIL II Suppl.). Hübners Annahme einer Enclave des c. Cordubensis zwischen dem c. Astigitanus und Gaditanus (gegen die Tarraconensis hin), welche von dem Hauptgebiet des Conventes vollständig getrennt sein soll, hat Detlefsen durch eine Interpunktionsänderung im Texte des Plinius (n. h. III 10: omnia Bastetaniae vergentis ad mare [Punkt, nicht Komma]. [1176] C. vero Cordubensis circa flumen ipsum u. s. w.) unnötig gemacht (a. a. O. 281f.). Sein Standpunkt, ,dass diese Convente compacte geographische Gebiete umfassten‘ (277), erhält auch dadurch eine Stütze, dass die Hübnersche ,Zerreissung des cordubensischen Convents in Baetica und in ganz Spanien keine Analogie für sich hat‘ (281).

2. In Lusitania, welches in drei Sprengel zerfiel (Plin. n. h. IV 117):

a) c. Emeritensis mit Augusta Emerita (Merida) als Hauptstadt, Plin. a. a. O. Hübner CIL II p. 52; Suppl. p. 820 tab. I;
b) c. Pacensis mit Pax Iulia (Beja) als Hauptstadt. Plin. a. a. O. Hübner a. a. O. p. 3; Suppl. p. 781 tab. I;
c) c. Scallabitanus mit Scallabis, Praesidium Iulium (Santarem) als Hauptstadt, Plin. a. a. O. Hübner a. a. O. p. 35; Suppl. p. 810 tab. I.

Der c. Emeritensis umfasste das binnenländische Gebiet von Lusitanien, etwa zwischen dem Anas (Guadiana) und Durius (Duero), soweit es auf heutigem spanischen Boden liegt; der c. Scallabitanus das Küstengebiet (Portugal) zwischen dem Durius (Duero) und Tagus (Tajo); und der c. Pacensis den vom Tagus südlich sich erstreckenden Teil von Lusitanien, Hübner a. a. O. Suppl. p. 781 und tab. I.

3. In Hispania citerior (Tarraconensis), welches in sieben Sprengel zerfiel (Plin. n. h. III 18):

a) c. Carthaginiensis mit Carthago nova (Cartagena) als Hauptstadt, Plin. a. a. O., 65 Stadtgemeinden umfassend, abgesehen von den zugehörigen Inseln (ebd. 25, aufgezählt sind die Inselgemeinden, die hierhergehören, ebd. III 76). Ehreninschriften von diesem C.: CIL II 3412 (für Antoninus Pius, besorgt durch einen flamen conventus). 3413 (für Iulia Mammaea). 3418 (für einen flamen des Conventes, den Buchstaben nach aus dem Anfang des 2. Jhdts. n. Chr.), vgl. 3416. Erwähnung des c. in Heimatbezeichnungen von Provincialpriestern in Tarraco (vgl. Art. Concilium). CIL II 4189. 4252. 4200. Hübner CIL II p. 413; Suppl. p. 942 tab. I–III;
b) c. Tarraconensis mit Tarraco (Tarragona) als Hauptstadt, Plin. a. a. O., und 42 Stadtgemeinden (ebd. 23). Ehreninschriften des C.: CIL II 3840 (für einen procurator Caesarum vom c. Tarrachon(ensis) [sic], vermutlich aus der ersten Kaiserzeit, vgl. Hübner z. d. Inschr.). 4138 (für einen praefectus orae maritumae). Hübner CIL II p. 500; Suppl. p. 965 tab. II;
c) c. Caesaraugustanus mit Caesaraugusta (Zaragoza) als Hauptstadt, Plin. a. a. O., und 55 Stadtgemeinden (ebd. 24). Ein censitor c. Caesaraugustani wird erwähnt CIL VIII 7070; add. p. 965. CIL II 4073 ist gesetzt: Genio conventus Caesaraugustani, und zwar in Tarraco, offenbar beim provincialen Kaisertempel (Hübner Herm. I 113). Endlich kommt der C. vor in Heimatangaben von Provincialpriestern in Tarraco, CIL II 4203. 4242. Hübner ebd. p. 401; Suppl. p. 936 tab. II;
d) c. Cluniensis mit Clunia Sulpicia als Hauptstadt, Plin. a. a. O., und 69 zum grössten Teil nichtstädtischen Gemeinden (ebd. 26f. und dazu Detlefsen Philol. XXXII [1873] 605). Nach CIL VI 1454 (aus dem J. 222) cooptiert sich das [1177] concilium conventus Cluniensis einen patronus (vgl. Art. Concilium); in Heimatbezeichnungen CIL II 4198. 4233; Suppl. 6093. Hübner CIL II p. 377; Suppl. p. 924 tab. I;
e) c. Asturum oder Asturicensis mit Asturica Augusta (Astorga) als Hauptstadt, Plin. a. a. O., und 22 nichtstädtischen oder Volksgemeinden, welche in zwei Unterabteilungen zerfielen: die Astures Augustani und Astures Transmontani (ebd. 28). CIL II 4072: Genio conventus Asturum. Ein sacerdos Romae et Augusti conventus Asturum wird erwähnt CIL II 4223, ebenso 6094; im übrigen vgl. Art. Concilium. Hübner CIL II p. 362; Suppl. p. 909 tab. I;
f) c. Lucensis mit Lucus Augusti (Lugo) als Hauptstadt, Plin. a. a. O., und 16 Volksgemeinden (ebd. 28). Der C. kommt inschriftlich vor in der Heimatangabe eines Provincialpriesters in Tarraco, CIL II 4255; vgl. Hübner ebd. p. 351; Suppl. p. 904 tab. I;
g) c. Bracaraugustanus (auch nur Bracarus oder Augustanus) mit Bracara Augusta (Braga) als Hauptstadt, Plin. a. a. O., und 24 Volksgemeinden (ebd. 28). Ehreninschriften, die von diesem C. stammen, sind CIL II 2426 (für einen sacerdos Romae Augusti Caesa[rum]). 4123; Kaiserpriester dieses C. (sacerdos Romae et Augusti conventuus Bracaraugustani) ebd. 2416. 4215; in Heimatangaben von Provincialpriestern ebd. 4236. 4257. 4204. Hübner ebd. p. 331; Suppl. p. 891 tab. I.

Auch hier hat die Abgrenzung dieser Convente neben Hübner (an den aa. OO.) Detlefsen Philol. XXXII (1873) 600ff. versucht. Die Einteilung in Convente scheint sich in dieser Provinz angelehnt zu haben an eine ältere (dadurch allerdings nicht beseitigte) Zerlegung der diesseitigen Provinz in drei grössere Gebiete (Strab. III 166f.), auch Dioecesen genannt (Ephem. epigr. IV p. 223): Asturia et Callaecia, ursprünglich wohl nur Callaecia (CIL II 2422 zu Ehren des C. Caesar Aug. f., vgl. ebd. Suppl. p. LXXXVI), unter einem Legaten mit zwei Legionen (legatus Aug. per Asturiam et Callaeciam CIL II 2634, öfter leg. Aug. iuridicus per u. s. w. CIL VIII 2747. VI 1486. 1507. XII 3170, leg. Aug. et iuridicus Asturiae et Callaeciae CIL VI 1507), woraus wohl die drei nordwestlichen, in mehrfacher Beziehung enger zusammengehörigen Convente gebildet sind; ein zweites Gebiet, östlich an Asturien sich anlehnend bis zu den Pyrenaeen, unter einem Legaten mit einer Legion, etwa das Gebiet des c. Cluniensis; endlich das frühzeitig romanisierte und städtisch organisierte Ebro- und Küstengebiet unter einem Legaten selbst in der ersten Zeit meist ohne Legion (in der bessern Zeit legatus citerioris Hispaniae, im Gegensatz zu dem Statthalter der ganzen Provinz mit consularischem Rang nur ein Praetorier, aber immer ohne den Zusatz pro praetore, CIL V 6974ff., im 3. Jhdt. legatus iuridicus provinciae Hispaniae Tarraconensis, CIL II 3738, ähnlich 4113. XII 3167. IX 1572. VIII 8421, δικαιοδότης Σ[πανίας?] διοικήσεως Ταρρακω[νη]σίας auf einer griechischen Inschrift Ephem. epigr. IV p. 223, dazu Mommsen ebd. p. 224), etwa die C. Caesaraugustanus, Tarraconensis und Carthaginiensis umfassend. Es sind also auseinanderzuhalten die provincia Tarraconensis [1178] (vor Diocletian richtiger prov. Hispania citerior), die dioecesis Tarraconensis und der c. Tarraconensis. Von der zweiten der erwähnten Dioecesen des Strabon fehlt bis heute noch der Name und die Erwähnung irgend eines Legaten auf Inschriften (Mommsen a. a. O. 225. Hübner CIL II Suppl. p. LXXXVI); vielleicht ist nach der Wegnahme der Legion aus dieser dioecesis (bei Iuliobriga im Gebiet der Cantabrer, Hübner a. a. O.) zur Rechtsprechung kein besonderer Legat mehr hierher gesandt worden, da die Dioecese unserer Ansicht nach nur den einen c. Cluniensis umfasste, der vom Statthalter selbst oder auch von dem legatus der Dioecese Tarraconensis versehen wurde. Die Convente dieser Provinz insgesamt sind aber – offenbar infolge der grossen Ausdehnung der Provinz – frühzeitig hinausgewachsen über ihren juristischen Zweck. Sie bilden – zuerst in den barbarischen Gebieten des Nordwestens, vgl. Art. Concilium – auch religiöse Gemeinschaften um einen Altar der Roma und des Augustus, und sind auch, wie der censitor conventus Caesaraugustani zeigt, in Steuersachen verwendet worden, sind mit andern Worten nicht nur Gerichtssprengel, sondern auch kirchliche- und Steuer-Bezirke.

4. In Dalmatia, welches in drei Sprengel zerfiel:

a) c. Scardonitanus mit der Hauptstadt Scardona, einem municipium Flavium, Plin. n. h. III 139, für die Iapydes et Liburniorum civitates XIV (Plin. ebd., vgl. Mommsen CIL III p. 365). CIL III 2809 berichtet von der Wiederherstellung eines praetorium in Scardona durch die Burnistae (und andere Gemeinden des C). Der sacerdos ad aram Augusti Liburniae ebd. 2810 (vgl. die gemeinsame Dedication einer Inschrift durch die civitates Liburniae unter Tiberius, ebd. 2808) beweist, dass auch Liburnien, d. h. in der Hauptsache der c. Scardonitanus, wie die eben betrachteten spanischen c., zugleich ein religiöser Bezirk war;
b) c. Salonitanus mit der Hauptstadt Salonae (Salona), Plin. n. h. III 141f., vgl. Mommsen CIL III p. 304;
c) c. Naronitanus mit der Hauptstadt Narona (Viddo), Plin. a. a. O. 142. In diesen beiden Conventen wurde den dalmatinischen Völkerschaften, die ihrerseits in Decurien zerfielen, Recht gesprochen. Nach Varros Angabe (Plin. a. a. O.) kamen einst nach Narona 89 Gemeinden, Mommsen a. a. O. p. 291.

5. In der Provinz Asia, welche nach Plinius in neun Convente zerfiel:

a) C. von Adramyttium, Plin. n. h. V 122.
b) c. Pergamenus (Hauptstadt Pergamum), Plin. ebd. 126.
c) c. Smyrnaeus (Smyrna), Plin. a. a. O. 120. Die von Aristides (I p. 527 D.) erwähnte διοίκησις ἡ περὶ Σμύρναν hat mit diesem C. nichts zu thun, ist vielmehr ein grösserer Bezirk unter einem legatus iuridicus (Schulten De conventibus 7. 129, vgl. o. Hispania citerior).
d) c. Sardianus (Sardes), Plin. a. a. O. 111.
e) C. von Ephesus, Plin. a. a. O. 120. Joseph. ant. XVI 172. Aristid. I p. 525 D.
f) C. von Alabanda in Karien, Plin. ebd. 109.
g) c. Cibyraticus mit der Hauptstadt Laodicea, Plin. a. a. O. 105. [1179]
h) c. Apamensis mit der Hauptstadt Apamea Cibotus, Plin. ebd. 106. Dio Chrysost. II p. 68f. R.
i) c. Synnadensis (Synnada), Plin. ebd. 105, vgl. 95.

Gegenüber den Verhältnissen der Republik ergiebt sich, dass hier bei der definitiven Abgrenzung fester Sprengel für die Rechtsprechung Tralles und Philomelium als Gerichtsorte (s. S. 1175) in der Kaiserzeit aufgegeben waren, und dass die drei zuletzt genannten Convente, die Cicero von Kilikien aus bereiste, jetzt zu der Provinz Asia gehörten. Marquardt (St.-Verw. I² 340) macht den grossen Fehler, dass er bei Feststellung der Convente Zeugnisse aus den verschiedensten Zeiten zu vereinigen sucht (Schulten De conventibus 127, 1. 128). Im Laufe der Kaiserzeit sind die Bezirke verkleinert worden, indem Teile der seitherigen C. selbständig gemacht wurden. So wissen wir, dass Thyatira erst durch Caracalla 215 Hauptstadt eines eigenen C. wurde (Bull. hell. X 404ff. 417ff.), während es vorher zu Pergamum gehörte (Plin. n. h. V 126). Vielleicht steht es ebenso mit Eumenia wegen der daselbst gefundenen Inschrift CIG 3902 b, wonach ein Erlass des Proconsuls von Asien aufgestellt werden soll ἐν ταῖς ἀφηγουμέναις τῶν διοικήσεων πόλεσιν, weiter mit Cyzicus wegen Aristides I p. 544 D. und Philadelphia (nach Plin. V 111 zu dem C. von Sardes) wegen ebd. I p. 529. 530. Da die Conventshauptstädte offenbar auch die Prägeorte der Landesmünzen, der Cistophoren, waren (darüber Pinder Abh. Akad. Berl. 1855, 540f.), hat Marquardt a. a. O. beide neben einander gestellt. Danach wäre in der Kaiserzeit auch noch Nysa Vorort eines C. gewesen. Das Streben bei den Städten Asiens zu dieser Ehre, die auch mit materiellen Vorteilen für die betreffenden Communen verbunden war, zu gelangen, war sehr gross, wie die Worte des Dio Chrysostomus (II p. 69 R.) und die Inschrift von Thyatira (Bull. hell. X 404ff.) zeigen.

Aus Africa kennen wir keine c. iuridici, sondern nur Dioecesen unter Legaten von der Art, wie sie auch in Hispania citerior auftreten (Mommsen Ephem. epigr. IV p. 224. Marquardt St.-V. I² 466f.). Fälschlich hält Marquardt (a. a. O. 476) die bei Caes. bell. civ. II 36 und im bell. Afr. 97 erwähnten C. von Utica, Hadrumetum und Thapsus für Gerichtssprengel, während es römische Bürgerverbände waren (vgl. Abschn. C). Offenbar sind diese conventus iuridici nicht in allen Provinzen bei der Neuordnung in der caesarisch-augustischen Zeit eingerichtet worden. Stellenweise hat man durch Schaffung möglichst grosser Gemeinden, wie z. B. in Form der nach Gauen organisierten civitates in den Tres Galliae, diese besonderen Gerichtsbezirke und Gerichtsstädte unnötig gemacht. In der nachaugustischen Zeit hat man durch Zerschlagung zu grosser Provinzen in mehrere Teilprovinzen, manchmal unter Festhaltung der Einheit (vgl. Marquardt I² 310 über die Zerlegung Dakiens in 3 Provinzen), Ersatz geschaffen.

C. Die Bedeutung nicht eines vorübergehenden Confluxus, einer Versammlung, sondern eines dauernden Zusammenseins hat endlich C. in der Verbindung c. civium Romanorum, d. i. der Gesamtheit der an einem Ort aus Geschäftsrücksichten zusammengeströmten römischen Bürger. [1180]

I. Die Identität der conventus civium Romanorum mit den cives Romani, qui consistunt.

Zunächst seien die verschiedenen Arten, wie diese c. civium Romanorum bei Schriftstellern und auf Inschriften bezeichnet sind, zusammengestellt (die Belege bei Kornemann De civibus Romanis u. s. w. Appendix 97ff. und unten u. II). Bei Schriftstellern: Capua: c. Capuae oder c. Campanus; Syracusae: c. civium Romanorum Syracusis, c. Syracusanus; Panormus: c. Panormitanus; Lilybaeum: civitas Lilybaetana ... maximusque c. civium Romanorum; Utica: c. Uticensis; erat in oppido ... Uticenses ... conventus is, qui u. s. w.; Hadrumetum; c. eorum d. h. Hadrumetinorum; Thapsus ebenso; Corduba: Cordubae c. oder c. Cordubensis; Hispalis: eius (sc. Hispalensis) c. cives Romani; Salonae: c. Salonis; Lissus: c. civium Romanorum, qui Lissum obtinebant, oder cives Romani, qui eius c. erant. Auf Inschriften: Masculula: c. civium Romanorum et Numidarum, qui Mascululae habitant; Brigantio: cives Romani de conventu civium Romanorum; Helvetii: cives Romani c. Helvetici; Thyatira: ὁ τῶν Ῥωμαίων κόνβεντος.

Mommsen sieht in diesen c. civium Romanorum ,die innerhalb eines römischen Gerichtssprengeis verweilenden römischen Bürger‘ (Herm. VII 319; vgl. Röm. Gesch. II⁸ 407) oder ,die gleichsam communale Organisation der innerhalb eines römischen Gerichtssprengels peregrinischen Rechts lebenden römischen Bürger‘ (Herm. XVI 477, vgl. Ephem. epigr. VII [1892] p. 442), bringt also die c. civium Romanorum in einen sachlichen Zusammenbang mit den eben betrachteten c. iuridici, etwa Ps.-Ascon. folgend, der zu Cic. in Verr. II 32 (ex conventu civium Romanorum) sagt: ex iis civitatibus, ad quas cives Romani convenire solent agendae suae aut publicae rei causa. Dagegen haben sowohl Kornemann (De civibus Romanis 17ff.; vgl. 21, 1) wie Schulten (De conventibus 5. 7ff.), und zwar unabhängig von einander (vgl. auch Mitteis Reichsrecht und Volksrecht 149), zu erweisen gesucht, dass die c. civium Romanorum mit den c. iuridici nur im Ausdruck, nicht aber in der Sache etwas gemein haben, dass vielmehr die ersteren auf bestimmte Stadt- oder sonstige Territorien localer Art sich beschränkten. Die Hauptargumente gegen die Mommsensche These sind:

1. Die locale Beschränkung dieser Convente erweisen deutlich Ausdrücke wie c. civium Romanorum qui Lissum obtinebant (Caes. bell. civ. III 29) oder c. civium Romanorum et Numidarum qui Mascululae habitant (CIL VIII Suppl. 15775), nicht minder c. Syracusis civium Romanorum (Cic. in Verr. V 94) oder kürzer c. Syracusis (ebd. III 136). c. Salonis (Caes. bell. civ. III 9), ipse Cordubae c. (ebd. II 19). c. Capuae (Cic. pro Sestio 9; von demselben Verband wird hier gesagt: hoc tempore eidem homines nomine commutato coloni decurionesque), oder wenn es von Utica heisst (ebd. II 36): in oppido ... primum Uticenses ... deinde c. is, qui ex variis generibus constaret. Die rechtliche Zugehörigkeit von Conventen in Städten oder den Städten gleichgeachteten Communen zu diesen Gemeinden wird ausgedrückt durch das Adjectivum: c. Syracusanus, Panormitanus, Uticensis, [1181] Helveticus, und analog heisst es selbst da, wo rechtlich keine Peregrinenstadt, sondern nur ein vicus besteht, c. Cordubensis, Hispalensis.

2. Wenn Mommsens Ansicht die richtige wäre, dürften c. civium Romanorum nur in Vororten von c. iuridici vorkommen. Aber die grössere Zahl von Ortschaften, deren c. civium Romanorum bekannt sind, waren keine Gerichtsstädte: Lissus gehörte zum Sprengel von Narona (Plin. n. h. III 144), Thyatira wurde, wie S. 1179 gezeigt, erst 215 Vorort eines c. iuridicus, die Inschrift mit dem Bürgerconvent gehört dagegen ins 2. Jhdt. (Kornemann 19f. Schulten 11). Die Beziehung des c. Capuae auf die Dioecese der praefecti Capuam Cumas durch Mommsen (Herm. VII 319, 2) weist Schulten (a. a. O. 11f.) zurück; ebensowenig wie die genannten Örtlichkeiten sind Utica, Hadrumetum, Thapsus, die civitas Helvetiorum, Brigantio oder gar Masculula Gerichtsstädte gewesen.

3. Wie in Abschnitt B nachgewiesen ist, gehört die Schaffung von c. iuridici erst dem Beginn der Kaiserzeit an, während die c. civium Romanorum schon in der republicanischen Zeit vorhanden waren. Mommsens Ansicht von der gleichsam communalen Organisation der innerhalb der Gerichtssprengel lebenden römischen Bürger nimmt im Widerspruch mit den Quellen die c. iuridici für älter als die c. civium Romanorum an (Schulten 10ff.).

4. Dass c. nicht nur die Bedeutung einer vorübergehenden Versammlung, sondern auch einer dauernden Gemeinschaft, eines Verbandes oder Vereins haben kann, also absolut unabhängig von der Zeit ist, ergiebt sich aus der an der Spitze des Artikels angeführten Definition des Wortes bei Festus. Allerdings ist ausser diesen c. civium Romanorum nur ein Beispiel bekannt, wo c. in der Bedeutung Verband vorkommt, d. i. c. matronalis, (Senec. de matrim. III p. 428, 49 Haase. Suet. Galba 5. Hist. Aug. Elagab. 4; vgl. Friedländer Röm. Sitten-Gesch. I⁵ 423). Aber ganz denselben Bedeutungswandel haben wir bei dem entsprechenden griechischen Wort σύνοδος; (s. Kornemann 21f.).

5. Die einzige Stelle, aus der man einen Zusammenhang zwischen c. civium Romanorum und c. iuridicus bei oberflächlicher Betrachtung vielleicht herleiten möchte, ist Cic. in Verr. II 32: selecti iudices ex conventu civium Romanorum proponi solent (vgl. ebd. 34). Wie noch gezeigt werden wird, wurden für gewisse Fälle von den Statthaltern Richter e civibus Romanis provinciae (Gai. Inst. I 20) bestellt; diese Bestellung aber musste, da in Sicilien zu Verres Zeiten noch keine Bürgergemeinden waren, e conventu (civium Romanorum) d. h. aus den Bürgerverbänden erfolgen (Schulten 14, falsch Kornemann 16f. unter Mommsens Einfluss, vgl. 21, 1: das Richtige 38ff.).

Die Hauptstreitfrage, wie sich die c. civium Romanorum und die in Inschriften so häufig auftretenden cives Romani qui consistunt, qui negotiantur oder griechisch οἱ κατοικοῦντες Ῥωμαῖοι, οἱ πραγματευόμενοι Ῥωμαῖοι u. s. w. (über diese Ausdrücke vgl. Art. Consistere) zu einander verhalten, ist damit eigentlich schon gelöst. Mommsen ist schliesslich unter Festhalten der im Vorstehenden [1182] bekämpften Ansicht dazu gekommen, zwei Arten von Bürgerverbänden zu statuieren: die nach den c. iuridici vereinigten cives Romani, das sind die c. civium Romanorum, und die in einer Ortschaft oder Stadt peregrinischen Rechts zusammenwohnenden römischen Bürger, das sind die mit cives Romani, qui consistunt und den ähnlichen Ausdrücken bezeichneten, Ephem. epigr. VII 1892 p. 442 (bei Schulten 10, 3, bei Kornemann 21, 1), während Kornemann (20ff.) und Schulten (15ff.) durch ihre Anschauung von den c. notgedrungen dahin geführt werden, beide Bezeichnungsweisen auf dieselben Vereinigungen zu beziehen. Sie setzen also gleich c. civium Romanorum Syracusis (Cic. in Verr. V 94) mit den negotiatores d. i. cives Romani qui Syracusis negotiantur (Verr. II 153, vgl. dazu Verr. II 34: selecti ex conventu aut propositi ex negotiatoribus iudices nulli und de conventu ac negotiatoribus nulli iudices und die Erörterung bei Kornemann 38ff.) oder c. Salonis (Caes. bell. civ. III 1) mit den römischen Bürgern im bell. Alex. 43, 2, wo dieselbe Stadt genannt wird oppidum maritimum, quod cives Romani fortissimi fidelissimique incolebant, bezw. verweisen auf conventus civium Romanorum et Numidarum qui Mascululae habitant, wo beide Bezeichnungsarten verbunden sind. Dass auch die cives Romani, qui consistunt corporativ geeinigt waren, ergiebt sich daraus, dass sie gemeinsam handelnd auftreten, entweder allein oder, wie namentlich in den hellenistischen Ländern, zusammen mit den griechischen Stadtgemeinden, in welchen sie ihren Sitz haben. Die Identität ihrer Corporationen mit den c. civium Romanorum wird aber am schlagendsten dadurch bewiesen, dass die nämlichen Beamten, d. h. die curatores civium Romanorum, sowohl bei den c. genannten Verbänden römischer Bürger (Thyatira, c. Helveticus) als auch bei den cives Romani consistentes, negotiantes (κατοικοῦντες, πραγματευόμενοι u. s. w.) vorkommen. Zur Erklärung der Thatsache, dass so selten die Benennung c. civium Romanorum vor allem auf den Inschriften (hier nur viermal: in Masculula, Brigantio, bei den Helvetiern, in Thyatira) begegnet, während sehr häufig diese Verbände als cives Romani qui consistunt oder mit einer derartigen Formel bezeichnet werden, hat Kornemann (21) die Vermutung ausgesprochen, dass die Bezeichnung mit c. – wenigstens in der Kaiserzeit – nicht die offizielle war, während Schulten (16) dies zurückweist, ohne eine andere Erklärung zu bringen. So viel steht fest, die Bezeichnungsweise c. civium Romanorum ist die häufigere, was die Zeit betrifft, unter der Republik (bei Schriftstellern), in Bezug auf die Gegend, im Occident, während in der Kaiserzeit (auf Inschriften) die anderen Formeln viel mehr, im Osten des Reiches eigentlich ausschliesslich (eine Ausnahme bildet nur der Convent von Thyatira), sich finden.

II. Die uns bekannten conventus civium Romanorum bezw. cives Romani, qui consistunt (vgl. Kornemann Appendix 97ff.).

1. Im Westen:

α) Die der republicanischen Zeit (die Angabe der Verleihung des römischen Stadtrechts an die [1183] betreffende peregrine Gemeinde deutet das Ende des c. an, darüber unten):

Italien:

Capua (seit 543 = 211 v. Chr.): Cic. pro Sestio IV 9. Caes. bell. civ. I 14, 5. III 21, 5. Cic. ad Att. XV 3, 1, im J. 695 = 59 v. Chr. Colonie.

Sicilien:

Halaesa: CIL X 7459, dem L. Cornelius Scipio (Praetor 561 = 193) gesetzt von Italicei, vgl. Cic. ad fam. XIII 32, 1; Municipium seit Augustus.
Syracusae: Liv. XXIX 1. 16. Cic. in Verr. II 70. III 32. 136. IV 55. 67. 70. 137. V 94. 113. 155. 156. II 153. Colonie im J. 733 = 21 v. Chr.
Panormus: Cic. in Verr. V 140. II 153 (vgl. V 161). Colonie unter Augustus.
Lilybaeum: Cic. ebd. V 10. II 153. Municipium unter Augustus.
Agrigentum: Cic. ebd. IV 93. II 153.

Africa:

Karthago: Appian. Lib. 92. Colonie durch Caesar.
Utica: Sall. Iug. 64, 5. Cic. in Verr. I 70. Val. Max. IX 10, 2. Caes. bell. civ. II 36. Auct. bell. Afr. 68. 90. Plut. Cato min. 59. 61. Cass. Dio XLIII 10. Municipium im J. 718 = 36 v. Chr.
Hadrumetum: Auct. bell. Afr. 97. Colonie unter Traian.
Thapsus: ebd.
Forum Thysdrus: ebd. 36.
Vaga: Sall. Iug. 47, 1.
Cirta: ebd. 26, 3. 21, 3.

Spanien, Baetica:

Corduba: Caes. bell. civ. II 19, 3. 21. Auct. bell. Alex. 57–59. Colonie 708/9 = 46/5 v. Chr.
Hispalis: Caes. bell. civ. II 20. Colonie 709 = 45 v. Chr.
Italica: CIL II 1119.

Tarraconensis:

Carthago nova: CIL II 3433; Suppl. 5927 = 3434. 3408. Colonie 709 = 45 v. Chr.
Tarraco: Plin. n. h. III 21 Scipionum opus (Solin. 23, 8). Hübner Herm. I 103f. Colonie in demselben Jahr.

Gallien:

Tolosa: CIL XII 5388. Latinische Colonie durch Caesar.

Illyricum:

Lissus: Caes. bell. civ. III 29. 40. Municipium unter Augustus, Plin. n. h. III 144.
Narona: CIL III 1820. 1821. Colonie durch Octavian, wahrscheinlich vor 727 = 27 v. Chr.
Salonae: Caes. bell. civ. III 9. Bell. Alex. 43, 2. CIL III Suppl. 8958. Colonie 721 = 33 v. Chr.?
Nauportus: CIL III 3776. 3777. Tac. ann. I 20. Überflügelt von Emona, welches 720 = 34 v. Chr. Colonie wurde.
Iulium Carnicum (in Italien, Regio X): CIL V 1829. 1830. Colonie unter Claudius.

ß) Der Kaiserzeit:

Africa:

Masculula: CIL VIII Suppl. 15775 (unter Tiberius).
? Aubuzza: CIL VIII Suppl. 16367; die Ergänzung [1184] cives Romani qui] Aubuzza consistunt ist sehr unsicher; Schulten 78, 1.
Tipasa: ebd. 17143 (aus dem J. 128) werden erwähnt cives Romani cultores Larum et imaginum Aug.
Man vgl. noch aus

Mauretanien:

Rapidum: Ephem. epigr. V 955 (p. 459) und 1302 (p. 561) aus dem J. 167 n. Chr. veterani et pagani consistentes aput Rapidum; dazu den pagus Mercurialis veteranorum Medelitanorum in der Provincia proconsularis, CIL VIII 885.

Hispania Tarraconensis:

Bracara Augusta: CIL II 2423.

Tres Galliae:

Aquitania: CIL XIII 1900 summus curator civium Romanorum, provinciae Aquitaniae.

Auscii: CIL XIII 444.
Petrocorii: ebd. 950–954. 965. 970.
Santones: ebd. 1048.
Bituriges-Cubi: ebd. 1194 (aus den J. 38–41 n. Chr.).

Lugudunensis: CIL XIII 1921 summus curator civium Romanorum provinciae Lugudunensis.

Belgica:

Helvetii: Mommsen Inscr. Helv. 133. 122. CIL XII 2618. Anz. f. Schweiz. Altertumsk. 1891, 429; vgl. CIL XII 2564.

Britannia:

Londinium: Tac. ann. XIV 33, 3 (aus dem J. 61 n. Chr.).

Alpes Maritimae:

Brigantio: CIL XII 94.

Raetia:

CIL III 5212: cives Romani [e]x Italia et aliis provinciis in Raetia consistentes.

Pannonia inferior:

Vetussalinae: CIL III Suppl. 10305.

Moesia inferior:

Anadolkiöi bei Tomi: CIL III 7533: cives Romani ..]tlae consistentes vico turrem u. s. w., vgl. 7536 mit magi[ster] vici Sc....
Tomi: CIL III 7532. Über die φυλὴ Ῥωμέων hier vgl. Schulten 59, 1. Dazu kommen dann in der Kaiserzeit die canabensischen Convente bei den Standlagern der Grenzen, worüber im Art. Canabae gehandelt ist.

2. Im Osten (sowohl der republicanischen wie der Kaiserzeit):

Achaia:

Argi: CIL III 531 (für den Consul vom J. 685 = 69 v. Chr.) Italici quei Argeis negotiantur; Suppl. 7265 = 532 (aus dem J. 687 = 67 v. Chr.). Le Bas-Foucart I 2 nr. 124 a.
Antigonea-Mantinea: Le Bas-Foucart I 2 nr. 352f. Ἁ πόλις Ἀντιγονέων καὶ Ῥωμαῖοι πραγματευόμενοι ἐν αὐτᾷ, Bull. hell. XX (1896) 122f.
Megalopolis: Ἐφημ. ἀρχαιολ. 1896, 102.
Elis: Dittenberger Archaeol. Zeitung 1877, 38 Ἡ πόλις ἡ τῶν Ἡλείων καὶ Ῥωμ[αῖοι] οἱ ἐνγαροῦντες.
Megara: Ἀθήναιον II (1873) 481f. Die Ergänzung der Inschrift CIL X 7350 cives Romani et A]thenienses ist zu unsicher, als dass sie Verwendung finden könnte, vgl. Schulten 57, 4.
Eretria: Americ. Journ. Arch. XI (1896) 173ff. [1185]

Macedonia:

Beroea: Revue des soc. sav. 1858 p. 791 nr. 33 (für den Proconsul von Makedonien im J. 697 = 57 v. Chr.) Βεροιᾶοι καὶ οἱ ἐνκεκτημένοι Ῥωμαῖοι.
Edessa: Le Bas 1345 ἡ πόλις καὶ οἱ συμπραγματευόμενοι Ῥωμαῖοι.

Thracia:

Sestus: Bull. hell. IV (1880) 516.

Inseln im aegaeischen Meer:

Delos: Eine Masse Inschriften der Italici aus dem zweiten und ersten vorchristlichen Jahrhundert, zusammengestellt von Kornemann 57f.; Append. 99ff. Schulten 38ff., die neuesten im Nachtrag 130f.
Lesbos:
Mytilene: CIL III Suppl. 7160 = 455 für den Consul des J. 723 = 31 v. Chr. von den cives Romani qui Mytileneis negotiantur.
Methymna: Bull. hell. IV 433. Athen. Mitt. XI 1886, 287.
Chios: CIG 2222 = Dittenberger Sylloge I 276, vgl. Appian. bell. Mithr. 46. 47.
Samos: CIL III 458.
Cos: Paton and Hicks The inscriptions of Cos (1891) nr. 344.
Creta:
Gortyna: Ephem. epigr. VII p. 425 nr. 5 (vgl. CIL III 4) aus dem J. 195 n. Chr. cives Romani qui Gortynae consistunt.

Asien:

Bithynia:
Nicaea: Cass. Dio LI 20.
Provincia proc.: Gr. Inscr. in the Brit. Mus. III p. 172 nr. 517 οἱ κατὰ τὴ]ν Ἀσίαν οἰκοῦ[ντες Ῥωμαῖοι. Athen. Mitt. XVI 145 οἱ ἐπὶ τῆς Ἀσίας Ῥωμαῖοι καὶ Ἕλληνες καὶ ὁ δῆμος ὁ Λαοδικέων. Plut. Pomp. 37 οἱ ἐν Ἀσίᾳ Ῥωμαῖοι vgl. CIL X 1797.
Cyzicus: CIL III Suppl. 7061. Athen. Mitt. VI 41.
Lampsacus: Cic. in Verr. I 69. Appian. bell. civ. V 137.
Ilium: Le Bas-Waddington nr. 1743 (vgl. CIG 3598 b. 3614) Ῥωμαῖοι οἱ ἐν Εἰλίῳ.
Assus: Le Bas nr. 1034 a = Sterrett Papers of the American school I p. 45 nr. 20. Ephem. epigr. V p. 155 = Sterrett Papers I p. 50, der Eidschwur der Assier für Gaius aus dem J. 37 n. Chr.: ἔδοξεν τῇ βουλῇ καὶ τοῖς πραγματευομένοις παρ’ ἡμῖν Ῥωμαίοις καὶ τῷ δήμῳ τῶν Ἀσσίων. Sterret Papers I p. 30 nr. 13; p. 32 nr. 14 I; p. 33 nr. 14 II; p. 45 nr. 19; p. 46 nr. 21; p. 55 nr. 28.
Adramyttium: Appian. bell. Mithr. 23.
Pergamum: Cic. pro Flacc. 71. Appian. bell. Mithr. 23. Jahrb. d. königl. preuss. Kunstsammlungen ΙΙΙ (1882) 86 = Altertümer von Perg. II Text p. 85.
Thyatira: Bull. hell. X (1886) 422.
Philadelphia: CIG 3418.
Magnesia am Sipylus: Μουσ. κ. βιβλ. Σμυρν. 1886 p. 66 nr. φνδ'.
Smyrna: Cic. a. a. O.
Erythrae: Bull. hell. IV 161. Le Bas nr. 50.
Teos: Bull. hell. IV 179f.
Ephesus: Le Bas I nr. 143, vgl. Athen. [1186] Mitt. XIV (1889) 101. Ephem. epigr. V p. 38. Appian. bell. Mithr. 23. Cass. Dio LI 20.
Tralles: CIL III 444. CIG 2930. Bull. hell. V 347. CIG 2927. Sterrett Papers I p. 108 nr. X = Athen. Mitt. VIII 328, vgl. XI 204. Cic. pro Flacc. 71. Appian. a. a. O.
Priene: CIG 2906.
Lagina beim Tempel der Hekate: Bull. hell. V 191 = XI 146 nr. 47. ebd. 147 nr. 48. 148 nr. 51. 149f.
Stratonicea beim Tempel des Iupiter Panamaros: Bull. hell. XII 255.
Caunus: Appian. bell. Mithr. 23.
Cibyra: Bull. hell. II 598. ebd. 599 = XIII p. 333, 1 (vgl. über die Ergänzung Schulten 32, 2). XIII 333. Bull. hell. 1891, 554. Le Bas V 1218 = Journ. of Hell. Studies VIII 234.
Antike Stadt an Stelle des heutigen Usuftcha (Name unbekannt), Sterrett An epigr. Journey II 37 nr. 36.
Apamea Cibotus: CIL III 365 = Le Bas III 746. Rev. Archéol. XII 221. Athen. Mitt. XVI (1891) 147. 148. Ephem. epigr. VII (1892) 436. 437. 442 nr. 3.
Traianopolis: CIG 3874, vgl. Journal of Hell. Studies VIII 512.
Prymnessus: CIL III Suppl. 7043.
Naus in Phrygien (heute Ineh): Journ. of Hell. Stud. IV (1883) 432 nr. 42 (aus dem J. 88 n. Chr.); vgl. Ramsay The cities and bishoprics of Phrygia II 610 nr. 511 = Cagnat Rev. arch. XXXI (1897) 160 nr. 71.

Pisidien:

Conana: Sterrett The Wolfe Exped. III 339 nr. 473.
Isaura: Bull. hell. XI 67 nr. 46. Sterrett The Wolfe Exped. III 107 nr. 181.

Kilikien: Cic. ep. ad Att. V 21, 8. Tac. ann. XII 55.

Cypern: Cic. ad Att. V 21, 6. Caes. bell. civ. III 103; vgl. auch CIL X 3847:

Salamis: CIL III 6051.
Paphus: Journ. of Hell. Stud. IX (1888) 234.

Mesopotamien:

Ctesiphon: Cass. Dio LXVIII 30 (aus dem J. 116 n. Chr.).

Syrien: Tac. ann. II 82, vgl. CIL X 1797:

Antiochia: Caes. bell. civ. III 102 (vgl. Cass. Dio LXVIII 24).
Hierosolyma: Joseph. ant. Iud. XIV 83 (vgl.100).
Petra: Strab. XVI 779.

Ägypten:

Alexandria: CIL III Suppl. 7241 (aus dem Anfang des 1. Jhdts. v. Chr., vgl. Schulten 48ff.). Bull. hell. VIII 107 = XIII 120f. (aus dem J. 628 = 126 v. Chr.); vgl. CIL X 1797.

Diese Zusammenstellung des Materials ergiebt einmal (worauf noch zurückgekommen wird), dass im Westen des Reiches diese Bürgerverbände eine vorübergehende Erscheinung waren, die mit fortschreitender Romanisierung in den inneren Provinzen durch römische Stadtgründungen (vor allem in der caesarisch-augustischen Zeit) beseitigt wurden [1187] und nur (abgesehen von den Tres Galliae) in den Provinzen der Peripherie in der Kaiserzeit sich erhielten, während sie in den alten Culturländern des Ostens neben den hellenischen Stadtgemeinden eine dauernde Institution bildeten, und zweitens, dass es stellenweise auch Vereinigungen römischer Bürger gab, die weiter als über die Territorien einzelner Stadt- oder Landgemeinden, nämlich über ganze Provinzen sich erstreckten: Raetien, Gallien (hier wenigstens Aquitanien und Lugudunensis), Asien, vielleicht auch Cypern. Die Fälle sind nicht vollkommen gleich. Der Verband der in Raetien consistierenden Römer hatte vielleicht keine Teilverbände neben oder unter sich, während in den genannten gallischen Provinzen die Gesamtvereinigung aller römischen Bürger, die sich einen summus curator erwählte, den Zusammenschluss in Einzelverbänden nach den Volksgemeinden (civitatis) nicht ausschloss. Es handelt sich hier in Gallien, da auch die Inschrift des summus curator von Aquitanien in Lyon gefunden worden ist, offenbar um eine Gesamtvertretung der Bürgerverbände der einzelnen Provinzen durch je einen summus curator beim concilium trium Galliarum (vgl. Art. Concilium). In Asien endlich sassen Abgeordnete der römischen Bürger der Provinz im κοινὸν τῶν ἐπὶ τῆς Ἀσίας Ἑλλήνων (Athen. Mitt. XVI 145).

III. Zusammensetzung und Organisation der Convente.

Vorbedingung zur Teilnahme an einem solchen C. war vor dem italischen Bundesgenossenkrieg, d. h. vor dem J. 664 = 90 v. Chr., Herkunft aus Italien, bezw. Zugehörigkeit zu der italischen Wehrgenossenschaft (die süditalischen Griechen miteingeschlossen, gegen Kornemann 5ff. und 61f. vgl. Schulten 52, 2, wenn auch vielleicht nicht von Anfang an) – denn in dieser Zeit, ja bis hin zu Caesar, kommen immer Italici und nicht cives Romani verbandlich organisiert in den Provinzen vor (über die Bedeutung dieses Factums für die Ausbildung der italischen Nation vgl. Mommsen St.-R. III 645f.; Röm. Gesch. II⁸ 407) –, nach dem Bundesgenossenkrieg oder richtiger definitiv erst seit der im J. 705 = 49 v. Chr. erfolgten Verleihung des römischen Bürgerrechts auch an die Transpadaner der Besitz des römischen Bürgerrechts; denn seitdem deckte sich der Begriff Italici und cives Romani (vgl. CIL III Suppl. 7265 [aus dem J. 67]: Italicei in Argi mit ebd. 7160 [aus dem J. 721 = 33]: cives Romani in Mytilene). Jeder Nicht-Italiker oder später Nicht-Römer war also von der Gemeinschaft ausgeschlossen. Es ist eine nur in Africa und zwar erst in der Kaiserzeit vorkommende Singularität, dass neben den römischen Bürgern auch Einheimische in dem C. waren: CIL VIII Suppl. 15775 c. civium Romanorum et Numidarum, qui Mascululae habitant (vgl. dazu Ephem. epigr. V p. 459 u. p. 561 veterani et pagani consistentes aput Rapidum). Wie die Ausdrucksweise zeigt, handelt es sich in Masculula um einen für sich bestehenden, nicht an eine peregrine Stadtgemeinde angelehnten C. (conventus vicanus von Schulten genannt), der offenbar in der Hauptsache aus aratores bestand (Schulten 67f. 77), vielleicht Kleinbauern. Daher ist es möglich, dass in dem classischen Land des Grossgrundbesitzes – wenigstens in der Kaiserzeit – [1188] die römischen Bauern die gleiche sociale Lage enger mit den einheimischen Berufsgenossen als das gemeinsame Recht mit den römischen Latifundienbesitzern verband. Das bedeutete, dass in Africa in der Kaiserzeit der Gegensatz zwischen Gross- und Kleingrundbesitzern grösser wurde, als der zwischen Römern und Nichtrömern, dass die hier an Stelle der politischen und rechtlichen viel empfindlicher hervortretende sociale Ungleichheit die alten Gegensätze verwischt hatte. Zudem muss man beachten, dass es sich um Numidae in dem C. handelt. Die Inschrift beweist vielleicht auch, dass die eingewanderten cives Romani den Gegensatz zu den Angehörigen der berberischen Rasse weniger scharf empfanden als zu den semitischen Puniern, und dass sie vielleicht jene als Gegengewicht gegen diese, die im Besitz der alten phönicischen Cultur waren, an sich heranzogen. Was man aber auch zur Erklärung der Inschrift vorbringen mag, festhalten muss man, dass hier eine Ausnahme vorliegt (gänzlich verfehlt Schulten 2 und 112 tum demum c. fit, cum recipiuntur ad aliquam societatem peregrini: quod c. Mascululanus monstrat; das Richtige S. 111).

Was den Beruf der Conventsangehörigen betrifft, so herrschte in dieser Beziehung die grösste Mannigfaltigkeit. Leute aller der Berufe, die die Italiker in die Ferne lockten, waren in den Conventen vertreten: Steuerpächter (publicani), Bankiers und Grosskaufleute für den Export von Getreide und anderen Landesproducten (feneratores und negotiatores), Schiffsrheder (navicularii), Grundbesitzer und -Pächter (aratores), Weide- und Herdenbesitzer (pecuarii), endlich Händler und Kleinkaufleute aller Art (mercatores) (über diese verschiedenen Kategorien römischer Bürger in den Provinzen vgl. Cic. in Verr. II 6 und 17; pro Fonteio 12. Ernesti De negotiatoribus Romanis in Opuscula 3–20. Kornemann 2ff.). Darauf gehen die Worte bei Caesar (bell. civ. II 36) über den Convent von Utica: qui ex variis generibus constaret. Utica, welches vor der Wiedererrichtung Karthagos dessen Stelle einnahm, beherbergte als Handelsstadt und Ausfuhrhafen alle Arten von Händlern und Grosskaufleuten, zugleich aber auch wegen des fruchtbaren, sehr intensiv bewirtschafteten Hinterlandes eine Menge mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigter cives Romani. Anderswo waren die C. der Seestädte in der Hauptsache Kaufmannsverbände, wie z. B. in Delos und den grossen Griechenstädten an der Küste Kleinasiens oder in den dalmatinischen Küstenorten, diejenigen im Binnenlande dagegen bestanden wohl überwiegend aus Ackerbauern (aratores).

In der Organisation der Convente ist noch vieles dunkel. Von den ältesten der republicanischen Zeit sind uns etwas näher bekannt der Verband der Italici von Delos und der c. Capuae. Bei dem ersteren bestand ein Collegium von sechs Männern (drei Freigeborenen und drei Freigelassenen), die sich als magistri, griechisch Ἑρμαισταί, bezeichnen und den Cult des Mercur und der Maia für die Italici besorgten (CIL III 7218 [2. Jhdt. v. Chr.], 7217. 7212). Die Inschriften Bull. hell. IV 190 (aus dem J. 657 = 97) und VIII 146 (aus dem J. 680 = 74) zeigen, dass vor dem J. 97 v. Chr. mit diesem Mercur-Collegium [1189] zwei andere zur Verehrung des Apollon und Neptun verbunden wurden und dass diese vergrösserte Cultgenossenschaft für die drei Götter dann zwölf Männer an der Spitze hatte, welche sich als Ἑρμαισταὶ καὶ Ἀπολλωνιασταὶ καὶ Ποσειδωνιασταί bezeichnen (Bull. hell. VIII 146 bestehend aus 5 Ingenui und 7 Liberti, ähnlich Bull. I 87; vgl. auch Bull. VIII 18, 6, das Fragment CIL III 7227. Bull. XI 268. 186. 145. 184. 175, endlich CIL III 7235, wo Schulten 55 unter den hier erwähnten collegia die Hermaisten, Poseidoniasten und Apolloniasten versteht, anders Kornemann 60, 8). Daneben bestand eine sacrale Genossenschaft für Sclaven, mit ministri (meist Sclaven) an der Spitze, Κομπεταλιασταί genannt (Bull. hell. VII 12–14 aus dem J. 657 = 97), d. h. cultores Larum compitalium. Kornemann (58ff.) glaubt, dass die Cultgenossenschaft der Hermaisten u. s. w. auch die Leitung des Convents überhaupt hatte, dass also dieser ganze Convent eine sacrale Institution war, während Schulten (55f.) in der Inschrift CIL III Suppl. 7225 M. Orbius M. f. mag(ister) Italiceis nicht einen von den magistri Mercurii erblickt, sondern einen Einzelmagister, den eigentlichen Vorsteher der Italici. An und für sich wäre hiermit noch nichts bewiesen, wenn nicht die Analogie dieser Vermutung eine gewisse Wahrscheinlichkeit gäbe. Schulten verweist zunächst auf die seiner Ansicht nach ähnliche Organisation im conventus Capuae. Aber es darf nicht übersehen werden, dass alles von hier zur Stütze Beigebrachte sich nicht eigentlich auf diesen C., sondern auf den zu dem C. gehörigen pagus Herculaneus bezieht. Von den nach der Aufhebung der Stadtgemeinde Capua (543 = 211) bestehen gebliebenen pagi hat nämlich der pagus Herculaneus, zu dem offenbar das zum vicus degradierte Capua selbst von da ab gehörte, einmal ein conlegium seive magistrei Iovei Compagei (CIL X 3772ff.), also eine den Hermaisten zu vergleichende Cultgenossenschaft, und ein collegium ministrorum Larum (ebd. 3789 aus dem J. 656 = 98), vergleichbar den Κομπεταλιασταί, dann weiter aber auch einen magister pagi (CIL X 3772 u. s. w. Schulten 71ff.), der mit dem magister (Italicorum) von Delos ganz unberechtigterweise verglichen wird. Mit dieser Analogie ist also wenig anzufangen, so lange das Verhältnis des pagus Herculaneus zum conventus Capuae gänzlich dunkel ist. Es ist möglich, dass bei den Beamten dieses pagus die Leitung des conventus lag, aber einen Beweis dafür haben wir nicht. Was aber die übrigen Convente der republicanischen Zeit betrifft, so begegnet uns häufig das sacrale Collegium (so in Narona m(agistri) M(ercuriales), CIL III 1769. 1770. 1792. 1798ff., alle allerdings erst aus augustischer Zeit, in Iulium Carnicum, CIL V 1830, zehn magistri, neun Freigelassene und ein Sclave, die eine aedes Herculis erbauen, in Tolosa, CIL XII 5388, mindestens acht magistrei oder ministrei, teils Freigelassene, teils Sclaven, in Carthago nova, CIL II 3433: Suppl. 5927 = 3434, neun magistri, das erstemal zwei ingenui, fünf liberti, zwei servi, das zweitemal fünf liberti und vier servi), und in den aus dörflichen Conventen entstandenen vici daneben auch besondere magistri, aber niemals in der Einzahl, sondern [1190] mindestens zwei, wenn nicht mehr: zwei magistri, oft mit dem Zusatz vici, meist zwei Freigelassene, in Iulium Carnicum, CIL V 1829. 1830, in Nauportus, CIL III 3776. 3777, vielleicht in Salonae, CIL III Suppl. 8958, auch auf einer Inschrift aus Samos, CIL III 458, die Schulten (69) mit Recht hierherzieht, zwei magistri und zwei quaestores endlich in Narona, CIL III 1820. 1821 (je ein Freigeborener und ein Freigelassener), endlich vier magistri, lauter Freigeborene, in dem als oppidum bezeichneten Carthago nova, CIL II 3408. Man sieht deutlich, besonders an den Einrichtungen des vicus Narona und des oppidum Carthago nova, den zwei in der Verstädtischung wohl am meisten fortgeschrittenen Conventen, dass es sich hier um Nachahmung der städtischen Collegien der IIviri iure dic. und IIviri aediles bezw. der IVviri handelt. Diese ganze betrachtete Art der Organisation kennen wir also bis jetzt nur in dörflichen Conventen der republicanischen Zeit, die, wie noch genauer gezeigt wird, allmählich zu Landgemeinden (vici) und weiter zu Quasimunicipien (oppida) sich entwickelten, und sie kehrt wieder in der Kaiserzeit in den canabensischen Conventen und Dörfern der Donauprovinzen, die eine ganz analoge Entwicklung durchgemacht haben (vgl. Art. Canabae). Vielleicht war in der republicanischen Zeit, entsprechend der gekennzeichneten Entwicklung, zunächst nur das Collegium von magistri zur Ehrung des Vereinsschutzgottes vorhanden, mithin der Convent zunächst eine sacrale Gemeinschaft, wie wir das in Delos sahen (der bei Athen. V 214 erwähnte στρατηγὸς Ῥωμαίων φυλάσσων τὴν Δῆλον war ein in der Not des mithridatischen Kriegs gewählter ausserordentlicher Beamter, darüber Mommsen zu CIL III Suppl. 7234), die zu vici civium Romanorum gewordenen Convente kennzeichnet das Vorhandensein von zwei magistri, meist Freigelassenen, das besonders vorgeschrittene quasimunicipale Stadium die Nachahmung des städtischen Beamtentums. Doch darf man sich diese Dinge nicht zu schematisch vorstellen. Es mögen im einzelnen grosse Verschiedenheiten bei der ersten Begründung, wie im Laufe der Entwicklung vorgekommen sein.

Im Gegensatz zu den Verhältnissen der republicanischen Zeit begegnet in den Conventen der Kaiserzeit, wenigstens in den an der Seite der griechischen Stadt- und der gallischen Volksgemeinden bestehenden, fast immer nur ein und dieselbe Form des Beamtentums, d. h. Leitung durch einen curator, und zwar tritt dieser als curator civium Romanorum auf in Tralles (CIG 2930 κουρατορεύσας τῶν Ῥωμαίων), in Gortyna (Ephem. epigr. VII p. 425 curator c. R. Gortynae consistentium), bei den Auscii (CIL XIII 444), den Petrocorii (ebd. 950–954. 965. 970), den Santones (ebd. 1048), den Bituriges (ebd. 1194, man vgl. dazu den curator civium Romanorum Mogontiaci, s. Art. Canabae), als summus curator civium Romanorum in den Provinzen Aquitania und Lugudunensis (CIL XII 1900. 1921), als curator civium Romanorum conventus in Thyatira (Bull. hell. X 422) und bei den Helvetii (Mommsen Inscr. Helv. 133. 122. CIL XII 2618. Anz. f. Schweiz. Altertumsk. 1891, 429), ohne jeden Zusatz blos als curator in Philadelphia [1191] (CIG 3418 κεκουρατορευκὼς φιλοτείμως), in Magnesia (Μους. κ. βιβλ. Σμυρν. 1886 p. 66 κουρατορεύσας) und endlich in der Mehrzahl als κουράτορες in Apamea (Ephem. epigr. VII p. 436 Z. 15ff.), welch letztere Mommsen (ebd. p. 442f.) mit den fünf ἄρξαντες ἐν τῷ λ' καὶ ρ' ἔτι Ῥωμαῖοι πρώτως (d. i. im J. 45/6 n. Chr.) der Inschrift Athen. Mitt. XVI (1891) 148 identificiert, während Schulten (32) wohl richtiger die zuletzt genannten fünf Römer dafür danken lässt, dass sie als die ersten von den römischen Bürgern in Apamea Ämter der griechischen Gemeinde bekleiden durften. Im übrigen hinterlässt die Stelle der apamenischen Inschrift, in der die κουράτορες erwähnt werden (...σώζειν τόκον δραχμιαῖον εἰς τὸ τῶν κουρατόρων ἐπιζήμιον τὸ κατὰ ἔτος ὑπ’ αὐτῶν διδόμενον, ὥστε τοῦ λοιποῦ μηκέτι εἶναι κουράτορας, καθὼς ἡ πόλις ἐψηφίσατο), noch Dunkelheiten, die bei dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse nicht ganz aufzuhellen sind. Mommsen (a. a. O. 440) interpretiert die Worte dahin, dass die apamenische Bürgerschaft die Zinsen eines ihr geschenkten Capitals zum Ersatz für eine von den Curatoren jährlich gezahlte Geldbusse (ἐπιζήμιον) bestimmt habe, wodurch die beschlossene Beseitigung der Curatoren seitens der Stadt ohne Nachteil für die Gemeindecasse möglich war, und erläutert (a. a. O. 443) diese Interpretation weiter dadurch, dass der Bürgerverband von Apamea offenbar unter der Bedingung concessioniert war, dass er jährlich in die Stadtcasse eine bestimmte Summe zahlte, die ἐπιζήμιον genannt werde, vielleicht deshalb, weil nach apamenischem Gesetz die Bildung eines solchen Verbandes eigentlich untersagt und der römische Convent gegen Zahlung einer Busse nur geduldet war. Schulten hat sich zunächst (De conventibus 31) diesen Ausführungen Mommsens angeschlossen, allerdings mit mehrfachen Bedenken wie: die Beseitigung der römischen Curatoren, die doch wohl eine Aufhebung des C. bedeute, sei kaum denkbar ohne Zustimmung des Senates, weiter sei unverständlich, wie eine dem Verband für die Concessionierung auferlegte Geldbusse τὸ τῶν κουρατόρων ἐπιζήμιον genannt werden könne. Später (in den Addenda 132) nimmt er an, dass die Curatoren von der griechischen Gemeinde bestellt wurden und infolgedessen auch von dieser beseitigt werden konnten (darüber unten S. 1192), ja schliesslich kommt er noch mit einer dritten Ansicht, dass nämlich diese κουράτορες überhaupt keine curatores civium Romanorum seien unter Hinweis auf den κουράτωρ eines Verbandes syrischer Kaufleute in Malaca in Spanien (CIL II p. 251), wobei er nicht bedenkt, dass diese Genossenschaft von Orientalen im rein lateinischen Sprachgebiet absolut nichts beweist für die hellenischen Gebiete des Ostens. Aufmerksam zu machen ist noch auf zwei Dinge: die Aufhebung der Curatoren geschah nicht durch den δῆμος von Apamea, sondern durch ἡ πόλις (Z. 18); zu dieser gehörten aber auch die cives Romani, denn ,die Stadt‘ ist rechtlich ἡ βουλὴ καὶ ὁ δῆμος καὶ οἱ κατοικοῦντες Ῥωμαῖοι, wie es im Anfang der Inschrift und in so vielen ähnlichen heisst. Also fällt der Einwand hinweg, dass die griechische Gemeinde von Apamea einseitig die Curatoren des Bürgerverbandes beseitigt habe. Dann ist [1192] absolut nicht genau die Zeit bestimmt, in die die Inschrift gehört. Mommsen vermutet das 2. Jhdt. Es hindert aber nichts, sie auch in das 3. Jhdt., wenigstens den Anfang desselben, zu setzen. Dann hätten wir in der Inschrift vielleicht einen Beitrag zu dem noch ganz dunklen Capitel von dem Verschwinden der Convente nach der constitutio Antoniniana (darüber s. u. S. 1200). Vor allem aber ist, da schon an der Erwähnung nicht eines, sondern mehrerer Curatoren die Eigenart der apamenischen Verhältnisse erkannt wird, vor jedem Versuch einer Verallgemeinerung von hier aus zu warnen.

Bezüglich der Creierung des curator c. R. stehen sich drei Ansichten einander gegenüber, die von Morel (Les associations 41f.), der an eine Ernennung durch den Statthalter, von Kornemann (28), der an die Wahl aus dem Schosse der Convente, und von Schulten (131f.), der an die Einsetzung durch die Stadtgemeinde, zu der der Convent gehörte, glaubt (anders 116). Bewiesen ist durch die Inschriften, dass die meisten Curatoren solche römische Bürger waren, die zugleich meist hohe Gemeindeämter bei den betreffenden peregrinen Gemeinden bekleidet haben (vgl. die Zusammenstellung bei Schulten 114f.); ja bei einzelnen lässt sich deutlich darthun, dass sie ausserhalb des Convents stehende, zum römischen Bürgerrecht gelangte Eingeborene waren, wie z. B. Ti. Claudius Pannychus in Tralles (CIG 2930). Daraus haben sowohl Kornemann (28) wie Schulten (115f. 131f.) als Hauptaufgabe dieser Curatoren die Vertretung der zugewanderten römischen Bürger und ihres Verbandes bei den localen Gemeindeinstanzen erklärt, wozu die zugleich mit dem Reichs- wie mit dem betreffenden Gemeindebürgerrecht ausgestatteten Leute am besten berufen waren. So richtig dies alles ist, so wenig scheint Schultens Annahme der Bestellung dieser Beamten durch die einheimischen Stadtgemeinden gerechtfertigt. Denn einmal müsste man dann für die dörflichen Convente, die nicht an der Seite einer Stadt- oder Volksgemeinde sassen, z. B. den canabensischen Convent von Mogontiacum, ein anderes Verfahren statuieren, und dann würde dies der vorherrschenden Stellung der römischen Bürger und ihrer Verbände in den Provinzen (s. S. 1196), wenig entsprechen. Das einzig Mögliche bleibt die Wahl durch die Conventmitglieder selbst, und zwar war die Wahl ausserhalb des Convents stehender, aber mit dem römischen Bürgerrecht ausgestatteter Gemeindebeamten (nicht nur aus der betreffenden Peregrinengemeinde, zu der der Convent gehörte, sondern auch bei dörflichen Conventen aus den nahegelegenen Römerstädten; ein curator c. R. conventus Helvetici war höchster Beamter in Noviodunum, Inscr. Helv. 122, ein anderer in Vienna, CIL XII 2618) nicht nur ein Act der Courtoisie, sondern auch der politischen Berechnung, da der Einfluss dieser localen Grössen dem C. nur Förderung bringen konnte.

Ausser den Curatoren trifft man noch einen γραμματεύς im Convent von Tralles (Athen. Mitt. VIII 328), was eine Anlehnung an die griechischen Stadt- und Vereinsverhältnisse bedeutet, in Gortyna, wo wir den Bürgerverband erst im J. 195 n. Chr., also in einem sehr fortgeschrittenen [1193] Stadium, kennen lernen, auch Decurionen. Die Ansicht Mommsens (Ephem. epigr. VII p. 425. 442ff.), es beziehe sich der auf der gortynensischen Inschrift erwähnte decurionatus auf den ordo der Peregrinenstadt von Gortyna, ist abgesehen von anderen Gründen schon deshalb nicht zu billigen, weil auch der canabensische C. von Mogontiacum, der ebenfalls sehr lange – fast noch das ganze 3. Jhdt. über – bestand, Decurionen aufzuweisen hat (vgl. Art. Canabae), ja sogar in gewöhnlichen collegia der Kaiserzeit ein ordo decurionum sich findet (Liebenam Römisches Vereinswesen 192f. und o. S. 419f.).

In dem C. von Gortyna begegnen endlich noch ein sacerdos Divi Augusti und ein sacerdos designatus Divi Traiani, woraus hervorgeht, dass dieser Verband einen eigenen Kaisercult und Kaisertempel hatte, und das stimmt sehr gut zu dem sonst in dieser Beziehung Bekannten. Schon Augustus übergab zwei zu Ehren der Roma und des Divus Iulius in Ephesus und Nicaea errichtete Tempel den in diesen Orten wohnenden römischen Bürgern (Cass. Dio LI 20), d. h. wohl den Verbänden, während er die Verehrung seiner eigenen Person nur den asiatischen Hellenen gestattete. Aber nach seinem Tode hat sich das offenbar geändert, da wurden die cives Romani der Provinzen (und bald auch Italiens) die eifrigsten Verehrer des Divus Augustus und der übrigen apotheosierten Caesaren, wie neben der Inschrift von Gortyna auch CIL III Suppl. 7061 (Cyzicus) für den Divus Augustus (s. u.), CIL VIII Suppl. 17143 aus Tipasa in Numidien mit cives Romani cultores Larum et imaginum Aug. und vor allem die Teilnahme der römischen Bürger an den in erster Linie doch im Dienste des Kaisertumes stehenden Provinciallandtagen (s. o. S. 1187 und Art. Concilium) beweist. Das religiöse Element spielt also in den Conventen wie in der republikanischen, so auch in der Kaiserzeit noch eine grosse Rolle, nur steht anstatt der alten Verbandsschutzgötter in der republicanischen Zeit (entweder in Kaufmannsconventen der allgemeine Handelsgott Mercur, wie in Delos und Narona, bezw. Neptun in Delos und Nauportus, oder der betreffende Localgott wie Apollon in Delos, Iuppiter in Elis, wahrscheinlich Aphrodite in Salamis auf Cypern, Aequorna in Nauportus, Belenus in Iulium Carnicum, die Dea Stanna bei den Petrocorii) der alles überragende Kaisercult in der Mitte, an Stelle jener betrachteten sacralen Collegien von magistri sind die sacerdotes und cultores der Divi, an Stelle der vielleicht an manchen Orten recht unscheinbaren Vereinsheiligtümer der republicanischen Zeit (von aedes ist die Rede in Nauportus, Iulium Carnicum und Tolosa) die sicher prächtigen Kaisertempel der Convente getreten. Durch diese starke Beteiligung an dem officiellen Staatscult aber sind diese Bürgerverbände, die schon unter der Republik durch ihre blosse Existenz in den Provinzen für die Romanisierung unendlich viel geleistet haben, man möchte sagen mehr bewusst in den Dienst dieser grossen Aufgabe, die seit dem genialen Caesar die Kaiser übernommen haben, gestellt worden.

IV. Die Rechtsstellung der Convente.

Ein conventus civium Romanorum ist ein Mittelding zwischen Verein (collegium) und Stadtgemeinde, [1194] rechtlich näher den collegia, factisch den Städten. Mit den Collegien hat er gemein den Besitz einer Vereinscasse (arca), CIL III Suppl. 7235. Ephem. epigr. VII p. 425, magistri oder curatores genannte Beamte, die Verehrung eines Schutzgottes der Gesamtheit, ein Vereinshaus (schola), wenigstens in Delos und zwar schon im 2. Jhdt. v. Chr. in grossartiger Pracht, mit Säulenhallen u. s. w. (Beschreibung bei Homolle Bull. hell. VIII 114; vgl. auch Schulten 48ff.); von den Collegien scheidet ihn die Zusammensetzung aus Leuten aller möglichen Berufe (vgl. Fest. ep. p. 41 multitudo ex compluribus generibus hominum contracta in unum locum und die schon betrachteten Worte Caesars bell. civ. II 36 über den Convent von Utica qui ex variis generibus constaret), die nur die Zugehörigkeit zur italischen Eidgenossenschaft, später der Besitz des römischen Bürgerrechtes zusammenhält, und das Nichtgebundensein an eine Stadt oder eine rechtlich der Stadt gleichgestellte Gemeinde, wie die gallische civitas. Ein collegium ist rechtlich nur möglich, wo eine solche Stadt- oder anerkannte Volksgemeinde vorhanden ist (s. Art. Collegium), ein C. kann auch ausserhalb eines städtischen Territoriums auf römischem ager publicus selbständig errichtet werden, d. i. dasjenige, was man einen dörflichen Convent (Schulten conventus vicanus) nennen kann. Diese beiden Momente sind es aber andererseits, die den Convent der Stadt nähern, die ihn municipii instar (Tac. ann. I 20) machen. Vor allem sind die für sich bestehenden vicanen Convente dann immer weiter zur Annäherung an die Stadt fortgeschritten; aus ihnen wurden vici civium Romanorum unter magistri vici mit Tempeln und sonstigen öffentlichen Gebäuden (Nauportus, Iulium Carnicum), schliesslich durch Befestigung (Narona CIL III 1820, Lissus Caes. bell. civ. III 29, Corduba Caes. bell. civ. II 19) oppida civium Romanorum (ausser den genannten: Salonae, bell. Alex. 43, 2 oppidum maritimum, quod cives Romani fortissimi fidelissimique incolebant; Carthago nova CIL II 3408 genio oppidi) mit den municipalen Beamtencollegien nachgebildeten Vorstehern (Narona, Carthago nova s. o.), weiter mit städtischen Einrichtungen wie Theater, Spielen (so in Capua, CIL X 3772. 3776. 3778. 3779, wo dies sich aus dem früheren Vorhandensein einer Stadt erklären lässt, aber auch in Carthago nova CIL II 3408), ja sogar ausnahmsweise mit Collegien: wenigstens in Capua, das allerdings als frühere Stadt eine gewisse Ausnahmestellung einnimmt, befindet sich innerhalb des Convents das in der Inschrift CIL X 3773 erwähnte conlegium mercatorum (was in dieser Beziehung Schulten 117ff. sonst vorbringt, lässt sich auch anders erklären; vgl. Art. Canabae). Aber alles dies bringt die betreffenden Convente mehr factisch als rechtlich den Städten nahe. Zur Stadt gehören nicht nur Menschen, Bürger, sondern auch Grund und Boden, ein Territorium oder eine Stadtmark. Dagegen das Fehlen eines eigenen Territoriums ist das Hauptmoment, wodurch Stadt und Convente sich rechtlich von einander scheiden. Aber gerade in dieser Richtung liegt auch der Unterschied zwischen den beiden Arten von C. begründet. Die auf dem Territorium einer peregrinen [1195] Stadt- oder Volksgemeinde (civitas) befindlichen C. entbehren jeglichen Bodenrechts, stehen also den Collegien viel näher, dagegen die selbständigen auf dem ager publicus Romanus errichteten ländlichen Convente hatten wenigstens ein Quasibodenrecht, indem sie sich durch Occupation ein Territorium geschaffen haben. Darauf basiert denn auch die Nachahmung der municipalen Institutionen durch diese Convente, wie die Bezeichnung magistri Naronae im Gegensatz zu dem correcteren curator civium Romanorum conventus deutlich zeigt. Denn diese Beamten beziehen sich wie im Collegium nur auf die Personen, nicht auf die Örtlichkeit; die Bezeichnung magistri Naronae aber usurpiert den Besitz von Narona für den Convent, der rechtlich nicht begründet ist. Von Lissus wissen wir allerdings, dass Caesar diese Ortschaft dem Convent überlassen hat (bell. civ. III 29 quod oppidum iam antea Caesar adtribuerat muniendumque curaverat). In einem solchen Falle war allerdings die Stadt fertig (bei Plin. n. h. III 144 wird Lissus noch oppidum civium Romanorum genannt, was aber nichts beweist, da Plinius so auch die römischen Municipien nennt), es fehlte nur noch der Name eines municipium oder einer colonia; von hier aus versteht man dann Ausdrücke wie eidem homines nomine commutato coloni decurionesque, die Cicero (pr. Sest. 9) von den Angehörigen des zur Colonie erhobenen conventus Capuae braucht, oder cognomento quidem coloniae non insigne, sed copia negotiatorum et commeatuum maxime celebre, womit Tacitus (ann. XIV 33) den quasistädtischen Kaufmannsverband von Londinium bezeichnet. Diese vicanen Convente, die überwiegend in den barbarischen Ländern des Westens vorkommen, waren also, wie Mommsen (Herm. VII 322) sich ausdrückt, ,Mittelzustände, in deren Natur es liegt, nicht zu dauern, sondern allmählich in die volle Entwicklung überzuleiten‘. In der Kaiserzeit sind sie, wie wir schon sahen, in den inneren romanisierten Provinzen verschwunden und nur noch in den Provinzen der Peripherie, vor allem hier in Form der canabae, vorhanden, um dann auch hier allmählich den Städten Platz zu machen. Die Hauptmasse der Convente in der Kaiserzeit sind solche in Stadt- oder anerkannten Volksgemeinden, und diese sind, nicht zum wenigsten durch den vielleicht von Seiten der Regierung (darüber unten S. 1197f.) überall eingeführten curator civium Romanorum, wieder viel mehr den collegia genähert; ihr Ende musste eintreten mit dem Moment, da es keine Reichsbewohner und damit keine Städte peregrinischen Rechts mehr gab.

Denn die Existenz einer römischen Stadtgemeinde, sei es colonia oder municipium, schloss das Bestehen eines C. aus; dieser war gewissermassen für den draussen weilenden römischen Bürger nur das Surrogat für eine wirkliche römische Stadtgemeinde. Wir kennen zwei Ausnahmen von dieser Regel: das Weiterbestehen einmal des conventus Capuae oder Campanus nach Errichtung der Colonie Capua im J. 695 = 59 (Caes. bell. civ. I 14, 5. III 21, 5. Cic. ad Att. VII 14, 2), wofür bis heute noch eine hinreichende Erklärung fehlt (was Kornemann 53 und Schulten 76 vorbringen, befriedigt nicht), und zweitens [1196] des conventus Helveticus nach Schaffung der colonia Flavia Helvetiorum durch Vespasian im J. 74 n. Chr. Mommsen (Herm. XVI 458ff.) hält durch den seiner Ansicht nach von ihm erbrachten Nachweis, dass die genannte Colonie latinisches Recht gehabt habe, den Widerspruch für gehoben (über die Unnahbarkeit dieser Ansicht s. Art. Coloniae), während Kornemann (Zur Stadtentstehung in den ehemals keltischen und germanisch. Geb. d. Römerreichs 37ff.) dargethan hat, dass durch die Ausstattung nur des Vorortes Aventicum mit dem Titel einer (römischen) Colonie der Fortbestand der gallischen Volksgemeinde der Helvetier (civitas Helvetiorum) und damit des conventus Helveticus nicht berührt wird. In Städten latinischen Rechts war ein conventus civium Romanorum rechtlich wohl möglich, factisch aber wohl selten (Kornemann De civibus Romanis 22ff., etwas abweichend Schulten 19ff.); wir kennen nur drei solcher Convente, 1) in Bracara Augusta, CIL II 2423, wahrscheinlich aus dem 2. Jhdt. n. Chr., also nach der Verleihung des ius Latium an ganz Spanien durch Vespasian (Plin. n. h. III 30); 2) bei den Auscii in Aquitanien (CIL XIII 444), die latinisches Recht wahrscheinlich von Augustus erhielten (Strab. IV 191; dazu O. Hirschfeld Festschrift zur Gründungsfeier des archäol. Instituts 9); 3) in Brigantio im Gebiet der Caturiges in den cottischen Alpen, später zu der prov. Alpium maritimarum gehörig (CIL XII 94, dazu Schulten 19ff.). In den latinischen Gemeinden fehlte der grosse Unterschied bezüglich des Privatrechts zwischen den zugewanderten cives Romani und den Einheimischen, wie er gegenüber Leuten und Gemeinden peregriner Rechtsstellung bestand. Die privilegierte Stellung der Italiker und später der cives Romani in den Provinzen ist mit ein Grund gewesen zu ihrem Zusammenschluss in der Diaspora und dem Abschluss gegenüber allen Nichtrömern, vor allem denen peregrinischen Rechts (Kornemann 24. 46ff., ebenso Schulten 3, das Gegenteil davon aber 77, 3).

Von diesen Privilegien gegenüber den Provincialen war das hauptsächlichste, dass die cives Romani von der Rechtsprechung der Gemeinden, auf deren Boden sie wohnten, eximiert waren und direct von den Statthaltern und von italischen Richtern Recht erhielten (SC. de Asclepiade vom J. 676 = 78, Bruns Fontes⁵ 158ff. Z. 20), mit Ausnahme derer, die in civitates liberae consitierten. Diese waren wenigstens in der republicanischen Zeit in Sachen der Criminal- wie der Civiljurisdiction den peregrinen Beamten unterstellt (Cic. pr. Flacc. 71. CIG 2222. Kornemann 47f.), wurden aber mit Beginn der Kaiserzeit, zunächst in Strafsachen, auch hier der einheimischen Justiz entzogen (Suet. Tib. 37. Tac. ann. IV 36. Cass. Dio LVII 24. LX 24. Mommsen St.-R. III 702f.). Bei civitates foederatae waren in die betreffenden Verträge zu Gunsten der Italiker bezw. römischen Bürger besondere Bestimmungen aufgenommen, so bezüglich der Rechtsprechung (Lex Antonia de Termess., Bruns Font.⁵ 91ff. II 19ff.) oder bezüglich der Freiheit von den Zöllen, die die betreffende Gemeinde erhob (Liv. XXXVIII 44, 4. Lex Antonia de Termess. a. a. O. II 31. Mommsen St.-R. III 647f. 691f.). [1197] Weiter hatten die Italiker überall ius commercii (γῆς καὶ οἰκίας ἔγκτησις, vgl. οἱ ἐνκεκτημένοι Ῥωμαῖοι in Beroea, Revue des sociétés sav. 1858, 791). Doch waren alle diese Rechte an die einzelnen Römer, nicht an ihre Gesamtheit, die conventus, verliehen (Schulten 61). Gestützt auf ihre Privilegien und durch das moralische Übergewicht, das sie als domini orbis (Mommsen Ephem. epigr. VII p. 442) besassen, spielten diese Römer und ihre Verbände in den Peregrinenstädten eine hervorragende, vielleicht stellenweise eine führende Rolle. Ihre Mitglieder, denen als consistentes zum grössten Teil das ius incolatus zukam (Schulten 103 gegen Kornemann 11f.; vgl. Art. Consistere), hatten da, wo die Verbände in peregrinen Stadtgemeinden existierten, Zutritt zu den Ehrenämtern der Gemeinden (Athen. Mitt. 1891, 148 = Mommsen Ephem. epigr. VII p. 442 nr. 1, dazu Schulten 32, vgl. 60, falsch derselbe 115), nahmen teil an Vergünstigungen, die den Gemeindemitgliedern zu teil wurden (vgl. z. B. die Inschriften von Megara und Lagina), die Verbände endlich fassten gemeinsam Beschlüsse mit Rat und Volk der Peregrinengemeinde; vgl. die Masse der Inschriften aus dem Osten, die beginnen Ἡ βουλὴ καὶ ὁ δῆμος καὶ οἱ κατοικοῦντες Ῥωμαῖοι. Das Prävalieren der cives Romani zeigt sich bezüglich dieser Formel am deutlichsten darin, dass auch manchmal die römischen Bürger vor den Einheimischen genannt werden, wie z. B. cives Romani qui Cyzici consistunt et Cyziceni (CIL III Suppl. 7061), oder wenn es im Eidschwur der Assier (Ephem. epigr. V p. 155 = Sterrett Papers I 50) heisst: ἔδοξεν τῇ βουλῇ καὶ τοῖς πραγματευομένοις παρ’ ἡμῖν Ῥωμαίοις καὶ τῷ δήμῳ τῶν Ἀσσίων κατασταθῆναι πρεσβείαν ἐκ τῶν πρώτων καὶ ἀρίστων Ῥωμαίων τε καὶ Ἑλλήνων ... In der zuerstgenannten Inschrift bedeutet auch die Anwendung der lateinischen Sprache, während doch die griechische Gemeinde Cyzicus mitdediciert, eine Concession an die cives Romani; anderswo sind solche Inschriften wenigstens zweisprachig abgefasst, wie in Argi (CIL III Suppl. 7265), in Prymnessos (ebd. 7043), in Delos (vgl. die Zusammenstellung der delischen Inschriften bei Kornemann App. 99). In Tomi begegnet eine φυλὴ Ῥωμέων (darüber Schulten 59, 1).

Für die Frage nach dem Verhältnis der Convente zu der römischen Reichsregierung ist es von Wichtigkeit, zu wissen, ob die Convente staatlicher oder privater Initiative entsprungen seien. Schulten ist der ersteren Ansicht (106, anders allerdings 121), Kornemann (24ff.) hält sie für Schöpfungen des privaten Unternehmungsgeistes, weil in ihnen, ähnlich wie in den (privaten) Collegien, das religiöse Element eine so grosse Rolle spielt, dann auch wegen der mannigfachen Formen, in denen diese Convente besonders in ihrer Entwicklung zu vicanen und quasimunicipalen Gebilden sich zeigen. Ein Übergreifen des Staates auf diese anfangs privaten Verbände ist möglicherweise etwa von Augustus an anzunehmen, da wir von da ab die Convente so einheitlich, mehr angenähert den Collegien, unter den curatores civium Romanorum organisiert sehen (die älteste Inschrift mit curator c. R. ist diejenige aus dem Gebiet der Bituriges Cubi, CIL XIII 1194 aus der Zeit 38–41 n. Chr.), und da speciell in der Einrichtung [1198] der Convente in den Tres Galliae im Anschluss an die erst von Augustus constituierten Volksgemeinden (civitates) mit gleichzeitiger provinzweiser Vertretung bei dem Lyoner concilium die Hand des staatlichen Organisators sich zu zeigen scheint. Ist das richtig, so haben wir auch hier das im römischen Kaiserreich mehrfach zu verfolgende allmähliche Hineinwachsen privater Institutionen in die staatliche Sphäre zu constatieren (vgl. Art. Collegium), nur mit dem Unterschied, z. B. gegenüber den Collegien, dass die Convente verschwanden, bevor der spätrömische Zwangsstaat sich voll ausgebildet hatte.

Unterstützend für diese Ansicht wirkt wohl auch der Hinweis darauf, wie frühzeitig diese Verbände im Interesse der römischen Provincialverwaltung nutzbar gemacht wurden, ohne natürlich dadurch zunächst irgendwie rechtlich der privaten Sphäre entrückt zu werden. Da, wie schon erwähnt ist, den römischen Bürgern nur von den Statthaltern oder ihren Mandataren Recht gesprochen werden durfte, so wurde naturgemäss auch die Geschworenenliste aus den in der Provinz ansässigen cives Romani gebildet (Gai. Inst. I 20), das hiess bei dem fast vollkommenen Fehlen ausseritalischer Colonien in der republicanischen Zeit: ex conventu civium Romanorum (Cic. in Verr. II 32–34. III 28); und zwar musste z. B. in Sicilien jeder Statthalter beim Antritt seines Amtes aus dem Convente (offenbar des Gerichtsortes) eine Geschworenenliste (album iudicum) aufstellen, aus welcher dann vorkommenden Falls die Richter und Geschworenen proponiert wurden (Cic. a. a. O., dazu Kornemann 38ff.). Das Geschworenenalbum aber deckte sich mit der Liste der zum consilium des Statthalters fähigen Leute (Cic. in Verr. II 70, vgl. Gai. I 18–21. Ulpian. frg. I 12–14. Mommsen St.-R. I³ 317 u. A. 5). Ausser für die Rechtsprechung sehen wir die Convente in folgenden Fällen, allerdings mehr ausserordentlicher Art, in der Verwaltung herangezogen: die Contribution, die nach Caes. bell. civ. III 32 von Scipio den römischen Bürgern der Provinz Asien auferlegt wurde, geschah in singulos conventus singulasque civitates. Die 300 Reichsten vom Convent von Utica, die für denselben Scipio Geld aufgebracht hatten (bell. Afr. 88. 90), wurden von Caesar mit der Bezahlung der für den uticensischen Convent bestimmten Contribution belastet. Die Conscription der römischen Bürger in den Provinzen geschah in denselben Zeiten wie nach Gemeinden so auch nach Conventen (bell. Alex. 56, 4). Veteranen, welche sich in den Provinzen niederliessen (Caes. bell. civ. III 4), gliederten sich wohl, solange noch keine Militärcolonie daselbst gegründet war, diesen Conventen an, bezw. wurden zur Vergrösserung der Bürgerverbände von Seiten der Machthaber angesiedelt (so in Lampsacus, Appian. bell. civ. V 137, bezüglich Tralles vgl. CIG 2923 und Boeckh dazu). Vor allem Caesar hat die Bedeutung dieser in den Conventen, besonders in den quasimunicipalen des Westens, vereinigten Bürger der Provinzen sehr hoch geschätzt, wenn er sich auch bei seiner demokratischen Parteizugehörigkeit stellenweise, wie z. B. in Spanien und Africa, nicht der Unterstützung der in diesen Conventen oft praevalierenden ritterlichen Geldaristokratie zu erfreuen [1199] gehabt hat. In den caesarischen Colonien Spaniens, die er teilweise ohne Deduction von Veteranen gründete, bildeten diese früheren Conventsangehörigen offenbar den Grundstock der Bevölkerung (bezüglich Tarracos vgl. man die Ausführungen von Hübner Herm. I 102ff.), und wo er nicht bis zur Coloniegründung fortschritt, hat er doch, wie z. B. in Lissus, wie schon gezeigt ist, durch Verleihung eines Territoriums und Befestigung der dem C. verliehenen Ortschaft (Caes. bell. civ. III 29) die Römerstadt bis auf den Namen einer Colonie fertiggestellt. Wie aus dem Namen hervorgeht, ist etwas Ähnliches von ihm oder seinem Nachfolger Octavian (vor dem J. 727 = 27) für Iulium Carnicum geschehen. Auf Grund dieser Stellungnahme Caesars vor allem zu den ländlichen Conventen des Westens hat dann vielleicht Augustus allgemein auf die Organisation der Verbände staatlichen Einfluss geübt (s. o.).

V. Verbreitung und Ende der Convente.

Die conventus civium Romanorum kommen zunächst soweit vor, als der ager Romanus sich erstreckt. Aber wie zu allen Zeiten, hat auch zur Römerzeit der Kaufmann und Speculant, solange noch Expansionskraft im Römervolke steckte, nicht an den Grenzen des Reiches Halt gemacht, sondern hat, wo die in internationalen Verträgen ausbedungene Verkehrsfreiheit (ius commercii) es gestattete – allerdings ward das bei dem stets exclusiver werdenden Charakter des Römertums mit der Zeit immer seltener, Mommsen St.-R. III 600ff. –, auch Niederlassungen im Ausland gegründet. Der zweite Handelsvertrag mit Karthago (Polyb. III 24) verbietet den italischen Kaufleuten Handel und Wandel sowie die Gründung von Städten in bestimmten Gebieten des karthagischen Landes, macht ihnen aber andere Gebiete und Städte, wie Sicilien und Karthago selbst, zugänglich und giebt ihnen in diesen gleiches Handelsrecht mit den eigenen Bürgern. In Karthago selbst muss frühzeitig ein Zusammenströmen italischer Kaufleute stattgefunden haben (vgl. Appian. Lib. 92), und die Annahme einer gemeinschaftlichen Organisation derselben dürfte nicht zu gewagt sein. In Alexandria war schon im letzten Drittel des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts ein Verband italischer Kaufleute, der Inschriften in Delos dedicierte (Bull. hell. VIII 107, vgl. CIL III Suppl. 7241), welches lange Zeit den Mittel- und Ausgangspunkt für alle Italiker im Orient war (vgl. zu CIL III 7241). Zur Zeit des iugurthinischen Krieges war nicht nur eine starke Italikervereinigung in Vaga (Sallust. Iug. 47, 1: ubi et incolere et mercari consueverant Italici generis multi mortales), sondern auch in der Hauptstadt Numidiens, in Cirta, spielten die Italiker bereits eine führende Rolle, und aus der Art der Schilderung ergiebt sich, dass sie neben der Peregrinengemeinde einen eigenen Verband mit zahlreichen Mitgliedern bildeten (Sallust. a. a. O. 26: Italici ... Adherbali suadent uti seque et oppidum Iugurthae tradat ... At ille ... quia penes eosdem, si advorsaretur, cogundi potestas erat, ita ut censuerant Italici deditionem facit, vgl. 21, 2 multitudo togatorum). Über einen solchen Verband ausserhalb der Reichsgrenzen im Beginn der Kaiserzeit berichtet Tacitus (ann. II 62), welcher gelegentlich des Handstreiches des Catualda auf [1200] die Königsburg des Marobod von dieser regia und dem castellum iuxta situm sagt: Veteres illic Sueborum praedae et nostris e provinciis lixae ac negotiatores reperti, quos ius commercii, dein cupido augendi pecuniam, postremo oblivio patriae suis quemque ab sedibus hostilem in agrum transtulerat. Ebenso waren nach Athenodoros (bei Strab. XVI 779) zahlreiche Römer in Petra in Arabien schon ein Jahrhundert, bevor es römisch wurde, und auch schon vor Traians Eroberung von Mesopotamien scheinen Römer in Ctesiphon gewohnt zu haben (vgl. Cass. Dio LXVIII 30). Von da ab ist es im Römerstaate allerdings mit dem Überschreiten der Grenzen vorbei: ,Absperrung gegen das Ausland ist die Signatur seines Greisenalters‘ (Mommsen St.-R. III 601).

Aber zu allen Zeiten werden die im Auslande bestehenden Verbände verschwindend gering gewesen sein gegenüber denen innerhalb der Reichsgrenzen. Was das Ende dieser Bildungen auf römischem Boden betrifft, so wurden, wie schon dargethan ist, die ländlichen Convente mit fortschreitender Romanisierung durch Städte ersetzt, so dass Provinzen wie Sicilien, Dalmatien, Gallia Narbonensis, der grösste Teil von Spanien und Africa, die in der republicanischen Zeit so recht die Sitze von Conventen waren, in der Kaiserzeit davon vollkommen frei sind. Dagegen die an peregrinische Stadt- oder Volksgemeinden angegliederten Convente – offenbar die Mehrzahl der in der Kaiserzeit noch vorhandenen – haben zum grössten Teil mit der constitutio Antoniniana ihre Existenzberechtigung verloren. Da man heute mit Recht der Ansicht ist, dass dieser Erlass des Caracalla nicht allen Reichsbürgern die civitas Romana brachte, sondern dass noch latinische oder peregrinische Bezirke übrig blieben (Mommsen Herm. XVI 474ff. Mitteis Reichsrecht und Volksrecht 159f.), so kann die Inschrift von Brigantio (CIL XII 94) mit ihrem conventus civium Romanorum noch in constantinische Zeit gehören, wohin sie Hirschfelds Ergänzung versetzt (vgl. eine andere Vermutung desselben bei Kornemann 76), wie ja auch der canabensische Convent von Mogontiacum bis auf Diocletian bestanden hat (vgl. Kornemann 86. 96). Aber im allgemeinen wird man behaupten dürfen, dass, abgesehen von abgelegenen Gegenden und besonderen Verhältnissen, die conventus civium Romanorum schon in der ersten Hälfte des 3. Jhdts. ihr Ende erreicht haben.

Litteratur:

Mommsen Die römischen Lagerstädte, Herm. VII (1873) 319ff.; Schweizer Nachstudien, Herm. XVI (1881) 477ff. C. Morel Les associations de citoyens Romains et les curatores c. R. conventus Helvetici, Lausanne 1877 (vgl. Mémoires de la société d’histoire de la Suisse Romande XXXIV [1879]). L. Mitteis Reichsrecht und Volksrecht in den östl. Prov. des römischen Kaiserreichs 1891, 143ff. E. Kornemann De civibus Romanis in provinciis imperii consistentibus, Berl. Diss. 1891 = Berl. Stud. für class. Phil. und Arch. XIV 1, 1892. A. Schulten De conventibus civium Romanorum sive de rebus publicis c. R. mediis inter municipium et collegium, Gött. Diss. 1892. Noch einmal Mommsen Ephem. epigr. VII (1892) p. 436ff. (unter Berücksichtigung der Arbeit von Kornemann ).