Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Pflanzenart
Band III,1 (1897) S. 887888
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Brombeerstrauch. Genuss-, Heil- und Nutzpflanze, Rubus fruticosus L. Griechisch: ὁ βάτος (ἡ μορῆ?) und τὸ χαμαίβατον, το βάτινον und μόρον (Beere) βατώδης (Adj.). Lateinisch: rubus (Strauch), rubetum (Gebüsch), morum (Brombeere, auch Maulbeere). Neugriechisch βάτα. Italienisch: rovo (di macchia), russa di moro, more. Unterscheide: 1) κυνόσβατον Hundsrose, wilde Rose. 2) ἰδαῖον, βάτος ἰδαία, idaeum, italienisch rovo ideo Himbeerstrauch. Beschreibung bei Theophrast: Der βάτος hat Dornen (ἀκανθώδης h. pl. I 5, 3) an den Blättern (τὰ δὲ φύλλα παρακανθίζοντα I 10, 6), am Stengel (ἔχει δὲ ἔνια καὶ τὸν καυλὸν ἄκανθίζοντα ... οἷον βάτος I 10, 7), an den jungen Trieben (πτορθάκαθα VI 1, 3). Er gehört zu den immergrünen Pflanzen (ἀείφυλλα I 9, 4). Er wächst überall, auf trockenem Acker (vgl. Hom. Od. XXIV 230, wo Laertes χειρῖδάς τ’ ἐπὶ χερσὶ βάτων ἕνεκα trägt), wie in feuchtem Boden (φύεται δὲ καὶ ἐπὶ τοῖς ἐφύδροις καὶ ἐν τοῖς ξηροῖς III 18, 3; vgl. IV 18, 1). Die traubenartigen Früchte wachsen seitlich, wie an der Spitze (καὶ ἀκρόκαρπον καὶ πλαγιόκαρπον III 18, 12). Eine Art des Strauches wächst aufrecht, die andere kriecht am Boden (ὀρθοφυής und χαμαίβατον III 18, 4). Genossen wurden die sog. Beeren: nec rubos ad maleficia tantum genuit natura ideoque et mora his, hoc est vel hominibus cibos, dedit (Plin. XXIV 117). Des Aristoteles Schüler Phanias von Eresos nannte die Frucht γλυκύτατον καὶ ἥδιστον ὅτε πεπανθείη (Athen. II 51 e). Man kochte auch den Saft ein (Pallad. r. r. XIV 16). Natürlich rechnete der Traum vom goldenen Zeitalter zu den freiwilligen Gaben der Natur, die der Mensch genoss, auch in duris haerentia mora rubetis (Ovid. met. I 105); vgl. den rubus asper des Virgil (Ecl. III 89). Geheilt werden mit diesem singulari remedio zahllose Leiden (Plin. XXIV 117—120). Ein griechischer Arzt nannte die Beeren ὀλιγοτρόφα καὶ εὐστόμαχα καὶ εὐέκκριτα (Athen. II 51 f). Galenus (de alim. fac. II 13) hebt ihre astringierende [888] Wirkung hervor. Auch die Blätter (Dioscor. de m. m. IV 37) und der Stengelsaft (Scrib. Larg. 113. 128. 131) dienten medicinischen Zwecken. Benutzt wurde der Strauch ferner: 1) wegen der Dornen zu Zäunen wie andere dornige Sträucher (Colum. r. r. XI 3, 4. Pallad. r. r. I 34, 5); 2) wegen der Blätter als Weide für die Schafe (pascuntur horrentis rubos Verg. G. III 315). Heutzutage sieht man in letzterem ein Hindernis für das erstere (Lenz Bot. d. Gr. u. Röm. 82). Wirr ist die Terminologie bei Athenaios (II 51) und bei den Tragikern (ebd.); klarer bei Plinius (mora nascuntur et in rubis XV 97; rubi mora ferunt XVI 180) und vor allem Theophrast. Letzterer zählt freilich das κυνόσβατον, wie schon der Name andeutet, zu den Arten des βάτος (h. pl. III 18, 4); ersterer auch noch das idaeum (n. h. XVI 71). So mag es zweifelhaft bleiben, ob des Sophokles μορέη, des Vergil sanguineis moris (Ecl. VI 22) vom B. gelten. Geographisch ist der βάτος von Bedeutung, weil er manchem Ort den Namen gab, z. B. in Attica (Βάτη δῆμος), bei Troia (Βατίεια), bei Priene (Βατίνητον). Mythologisch ist er als Träger schwarzer Früchte und stechender Dornen ein Gewächs der Unterwelt und des Missgeschickes. Vgl. Apollod. III 12, 1. Eust. zu Il. II 814. Schol. zu Il. XXI 236 (Murr Pflanzenwelt in d. griech. Myth. 274). Die schwierige Unterscheidung der μόρα oder μῶρα von den Maulbeeren und Sykomoren behandelt V. Hehn Kulturpfl. 374ff.