Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Gallus, C. Sohn des C. Asinius Pollio Nr. 25 cos. 8 v. Chr. + Stammbaum
Band II,2 (1896) S. 15851588
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15) C. Asinius C. f. Gallus, Sohn des berühmten C. Asinius Pollio (Nr. 25), Senec. controv. IV praef. 4. Tac. ann. I 12, daher C. f., CIL VI 1235 b–m. Dio ind. LV; geboren um 713 = 41, Pollione consule designato, älterer Bruder des Saloninus (Nr. 37), Serv. Buc. 4, 11. Entweder auf seine Geburt (so behauptete Gallus selbst) oder weniger wahrscheinlich auf die des Saloninus bezieht sich die vierte Ecloge Vergils, vgl. Serv. Buc. 4, 1. 11. Suet. p. 86 Reiff. Gallus war Münzmeister unter Augustus, Eckhel V 144. Cohen I² 114, 367f. Babelon I 221f. Im J. 737 = 17 wird er als Quindecimvir sacris faciundis in den Acten der Saecularspiele genannt, Eph. ep. VIII p. 231, 107. 233, 151 vgl. 240, 6; vielleicht ist er auch der Quindecimvir ...Gallus in einer Inschrift von Tarraco CIL II 4129, dessen Geschlechtsname verloren ist. Auch kann er mit dem Praetor designatus C. Asinius C. f. in der attischen Inschrift CIA III 583 gemeint sein. Als Tiberius nach Agrippas Tode im J. 742 = 12 gezwungen wurde, dessen Witwe Iulia zu heiraten (Suet. Tib. 7. Dio LIV 31, 2), heiratete Gallus die geschiedene Gattin des Tiberius, Vipsania Agrippina, die Tochter des Agrippa und Mutter des Drusus, CIL V 6359 = Dessau 165. CIL IX 2201. Tac. ann. I 12. Dio LVII 2, 7. Seitdem war er dem Tiberius verhasst, tamquam plus quam civilia agitaret Pollionisque Asinii patris ferociam retineret, Tac. ann. I 12, vgl. Dio LVII 2, 7. Das ordentliche Consulat erhielt Gallus im J. 746 = 8 mit C. Marcius Censorinus, Dio ind. LV. LV 5, 1. Monum. Ancyr. lat. 2, 6; graec. 4, 18. CIL III p. 790. CIL I 746. V 4201. VI 458. 1235 a–m. XI 844. Bull. com. XVI 1888, 233. Plin. n. h. XXXIII 135. Suet. vit. Hor. p. 48, 4 Reiff. = 298, 30 Roth. Censorin. 22, 16. In diesem Amte fungierten Gallus und Censorinus als primi curatores riparum, CIL VI 1235 a–m. Schon zwei Jahre später, 748/49 = 6/5, also ohne Einhaltung des gesetzlichen Quinquenniums, war Gallus Proconsul von Asien nach Inschriften von Ephesus, CIL III 6070 = Suppl. 7118 = Dessau 97 = Ancient Greek Inscr. III 2 p. 177ff. nr. DXXIIff., und Astypalaia, Ross Inscr. Graec. ined. 1834 nr. 312 = Philologus IX 169, vgl. Mommsen St.-R. II³ 256, 3, sowie nach Münzen von Aiolis, Eckhel II 499. V 144. Mionnet III 28, 166; vgl. auch Waddington Fastes des prov. Asiat. nr. 58. In dieser Stellung gehörte er zu den wenigen Beamten der Kaiserzeit, die in diesen Jahren ihr Bildnis auf Münzen prägen durften, vgl. Mommsen St.-R. II³ 261, 4. Dass er so auffallend schnell nach seinem Consulat das Proconsulat von Asien erhielt, geschah vielleicht wegen seines Kinderreichtums, vgl. Zippel Losung der consular. Proconsuln, Königsb. Progr. 1883, 12. 35. Mommsen St.-R. II³ 253, 5. Doch ist unsicher, ob er damals schon fünf Söhne gehabt hat. Da nämlich seine Gemahlin Vipsania bei ihrer Scheidung [1586] von Tiberius im J. 742 = 12 noch schwanger war (Suet. Tib. 7. Dio LIV 31, 2) und da das für Bekleidung des Consulats erforderliche Alter 33 Jahre beträgt, so ist wahrscheinlich C. Asinius Pollio (Nr. 26), Consul 23 n. Chr., als ältester Sohn um 744 = 10 geboren, M. Asinius Agrippa (Nr. 7), Consul 25 n. Chr., um 746 = 8, der nächste Sohn, mutmasslich Asinius Gallus (Nr. 13), um 748 = 6, so dass in diesem Jahre, in dem Gallus die Verwaltung Asiens erhielt, er erst drei Söhne gehabt haben wird. Seine übrigen uns bekannten Söhne waren Cn. Asinius (Nr. 3), Asinius Saloninus (Nr. 36, diese beiden sind vielleicht zu identificieren) und Ser. Asinius Celer (Nr. 10), Consul 38 n. Chr. Da ausser Pollio, Agrippa und Celer auch Gallus das Consulat erhalten haben wird, so heisst der Vater mit Recht tot consularium parens, Tac. ann. VI 23. Vipsania, die Mutter dieser Söhne (vgl. Tac. ann. IV 71; Agrippina, Gemahlin des Germanicus, matertera liberorum Asinii Galli), starb eines natürlichen Todes im J. 20 n. Chr., Tac. ann. III 19[1]. Zu Augustus stand Gallus in freundschaftlichem Verhältnis (vgl. τῷ ἐμῷ φίλῳ in der Inschrift von Astypalaia); doch erklärte Augustus ihn für imperii avidum et minorem (Tac. ann. I 13), dagegen steigerte sich der Hass des Tiberius gegen ihn mit seinem Regierungsantritt, Tac. ann. I 12. Dio LVII 2, 5–7. Und des Gallus Wesen war wenig geeignet, diesen Hass zu versöhnen. Gallus litt unter dem Fluche, der Sohn eines berühmten Vaters zu sein. Vor dessen Glanz kamen seine eigenen Vorzüge nicht zur Geltung (Asinium Gallum, magnum oratorem, nisi illum, quod semper evenit, magnitudo patris non produceret, sed obrueret, Senec. contr. IV praef. 4). Haltlos schwankte er hin und her zwischen Servilismus (vgl. Tac. ann. I 8. II 32. 35. III 11. IV 20. 30. Dio LVIII 3, 1–2) und dem vom Vater ererbten Freimut (der παρρησία πατρῴα, Dio LVII 2, 5, vgl. Tac. ann. I 12. 77. II 36. IV 71); und wie dieser den Äusserungen der Unterwürfigkeit den Glauben und das Verdienst raubte, so erschienen durch letztere wiederum die Ausbrüche von Freimut als unberechtigt und doppelt beleidigend. Lange verhielt Tiberius seinen Groll; erst im J. 30 n. Chr. liess er den 71jährigen Greis, während er ihn in Capreae zur Tafel zog, durch den Senat zum Tode verurteilen (τά τε ἄλλα καὶ ὅτι τῷ Σηιανῷ τῆς πρὸς ἑαυτὸν φιλίας φθονοίη, Dio LVIII 3, 2). Doch sollte Gallus am Leben bleiben, um desto mehr gequält zu werden; drei Jahre lang wurde er in enger Haft gehalten, mit kümmerlicher Nahrung (Dio LVIII 3, 4–6; vgl. Tac. ann. VI 23). Endlich im J. 33 starb er, und zwar den Hungertod; ob freiwillig oder gezwungen, blieb ungewiss, Tac. ann. VI 23. Dio LVIII 23, 6. Suet. p. 86 Reiff. Noch nach dem Tode wurde er von Tiberius verlästert, Tac. ann. VI 25. Sein Name wurde auf Inschriften getilgt (CIL III Suppl. 7118 = Dessau 97. Ancient Greek Inscr. III 2 nr. DXXIIff. CIL V 6359 = Dessau 165). Die Freundschaft mit ihm brachte manchem Verderben (Senec. ep. 55, 3), z. B. dem (Vallius) Syriacus (Dio LVIII 3, 2. 7). Vgl. auch noch Tac. ann. I 76. II 33. CIL IX 3018. VI 2209. Auch als Schriftsteller [1587]

[1588] trat Gallus in die Fusstapfen seines Vaters und verfasste eine aus mehreren Büchern bestehende Schrift de comparatione patris et Ciceronis, die natürlich zum Nachteil des letzteren ausfiel (Plin. epist. VII 4, 3. 6, vgl. Quintil. XII 1, 22. Gell. XVII 1, 1) und dem nachmaligen Kaiser Claudius zu einer Gegenschrift Anlass gab (composuit Ciceronis defensionem adversus Asini Galli libros satis eruditam, Suet. Claud. 41). Ein Epigramm von ihm findet sich bei Suet. gramm. 22.

  1. Stammbaum s. auf S. 1587.