Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Aimilius L. f. M. n. Paullus, L.cos. I 182 v. Chr., siegt über die Lusitanier
Band I,1 (1893) S. 576 (IA)–580 (IA)
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114) L. Aimilius L. f. M. n. Paullus. Sein Elogium ist zum grössten Teil erhalten, CIL I p. 289 ( = t. 1 im Folg.), eine kürzere Ehreninschrift CIL I 207 vgl. p. 278 ( = t. 2), ein Decret von ihm CIL II 5041 ( = t. 3). Seine Biographie von Plutarch ist im Folg. mit Plut. citiert. Der volle Name findet sich f. Cap. 572. 586 Act. tr. 587; L. Aimilius L. f. t. 3; Sohn des Consuls von 538 = 216 (Nr. 118) Plut. 2. Tr(ibunu) mil(itum) tertio, q(uaestor) t. 1, triumvir coloniae Crotonem deducendae im J. 560 = 194 (Liv. XXXIV 45, 5), Aedilis curulis (t. 1. Plut. 3) im J. 562 = 192 (Liv. XXXV 10, 11. XXXIX 56, 4). Praetor im J. 563 = 191 (t. 1. Liv. XXXV 24, 6) wurde nach Hispania ulterior gesandt (Liv. XXXVII 2. Plut. 3), wo er 564 = 190 in Bastetanis eine schwere Niederlage erlitt (Liv. l. l. 46, 6-7). Er machte sie bald darauf durch einen Sieg über die Lusitanier wett (ib. 57, 5), Ende 564 oder Anfang 565; denn in t. 3, einem Decret von ihm, gegeben a. d. XII k. Febr., nennt er sich bereits inpeirator. Für den Sieg wurde eine Supplicatio beschlossen (Liv. l. l. 58, 5; Plut. 4 meldet nur zwei Siege [577] mit Übergehung der Niederlage und die Unterwerfung von 250 Städten). Er hatte sich so uneigennützig gezeigt, dass ihn die Spanier später 583 = 161 bei einer Klage wegen Erpressungen, die sie in Rom erhoben, zum Patronus wählten (Liv. XLIII 2, 5). Noch im J. 565 = 189 wurde er unter die 10 Legati gewählt, welche die Angelegenheiten Asiens regeln sollten (Liv. XXXVII 55. 7). Auf Grund der in Asien gemachten Wahrnehmungen widersetzte er sich im J. 567 = 187 in Rom heftig dem Verlangen des Cn. Manlius, einem Triumph über die Gallograeci zu feiern (Liv. XXXVIII 44ff. ). Nach mehreren vergeblichen Bewerbungen um das Consulat (Liv. XXXIX 32, 6. Val. Max. VII 5, 3) wurde er im J. 571 = 183 gewählt. Cos. I 572 = 182 mit Cn. Baebius Tamphilus (f. Cap. Chronogr. Idat. Chr. P. Liv. XXXIX 56, 4. Cassiod. Obsq. 5. Nep. Hann. 13, 1. Plut. 6). Beide Consuln erhielten Ligurien als Provinz und gingen während des Amtsjahres dorthin ab (Liv. XL. 1, 1. 16, 4); beiden wurde das Imperium verlängert, und im Frühjahr des folgenden Jahres begann Paulus einen Feldzug gegen die Ligures Ingauni, welcher mit ihrer Unterwerfung endete (Liv. ibd. 25-28. Plut. 6. Frontin. III 17, 2), worauf er triumphierte (Liv. ib. 11, 7ff.; ungenau t. 1: Liguribus domitis priore consulatu triumphavit). Obwohl Paullus den Wunsch zu erkennen gab, zum zweitenmal das Consulat zu erhalten, blieb er doch längere Zeit unberücksichtigt (Plut. 6). Erst die für die Römer schmachvolle Führung des Krieges gegen Perseus lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf ihn. Obwohl schon ein Sechziger (Liv. XLIV 41, 1. Cic. ad Att. IV 13, 2 Diod. XXX 20) erfreute er sich noch voller Körperkraft (Plut. 10). Cos. II im J. 586 = 168 mit C. Licinius Crassus (f. Cap. Chronogr. Idat. Chr. Pasch. Liv. XLIV 17, 4. 19, 1. Cassiod. Cic. div. I 103. Val. Max. I 5, 3. Dio fr. 67, 1. Zon. IX 23. Sulp. Sev. II 25. t. 1 [2]). Bei der Verlosung der Provinzen fiel ihm Makedonien und die Führung des Krieges (Liv. l. l. 10. Cic. div. 1. 1.), für den er sofort alle Vorbereitungen traf (Liv. l. l. 18, 1-6). Mit Beginn des Frühjahrs (Liv. l. l. 30) schiffte er sich ein und begab sich zum römischen Heer, das in Herakleion dem makedonischen gegenüber lagerte. Er zwang die Makedonier durch eine Umgehung, sich nach Pydna zurückzuziehen. Dort wurde am 22. Juni in kurzem aber heissem Kampfe das makedonische Heer vernichtet; Perseus entfloh nach Samothrake, wo er sich mit seinen Kindern und Schätzen den Römern übergab (Liv. XLIV 23-46. XLV 4-8. Plut. 12-27. Diod. XXX 22. 23. Dio fr. 66. 67. Zonar. IX 23. Vell. I 9. Frontin. strat. II 3, 20. Iustin. XXXIII 1, 6ff. Flor. II 12. Eutrop. IV 6-7. Oros. IV 20, 39; über die Mondfinsternis in der Nacht vom 21./22. Juni vgl. Ginzel S.-Ber. Akad. Berl. 1887, 1131, wo auch die neuere chronologische Litteratur angeführt ist). Als Proconsul (Liv. XLV 16, 2) ordnete er im folgenden Jahr in Gemeinschaft mit einer Senatscommission die Verhältnisse von Makedonien und Griechenland (Liv. l. l. 17-18. 29-33. Plut. 27-29. Diod. XXXI 8, 3ff.). Auf Befehl des Senats hielt er ein strenges Strafgericht über [578] die Epiroten; 70 Städte wurden an einem Tage dem römischen Heer zur Plünderung preisgegeben und zerstört, ihre Bewohner in die Sklaverei verkauft (Liv. 33-34. Polyb. XXX 15. Plut. 28. Appian. Illyr. 9. Strab. VII 322. Plin. n. h. IV 39). Trotz dieser Beute war das Heer nicht zufrieden, weil Paullus den reichen königlichen Schatz allein für den Staat bewahrte. Als nach der Rückkehr über seinen Triumph verhandelt wurde, wurde von den Unzufriedenen versucht, die bezügliche Rogation zu Fall zu bringen (Liv. 35-39. Plut. 30-32. Vell. I 9, 6), doch ohne Erfolg; Paullus feierte einen glänzenden Triumph ex Macedon. et rege Rerse per triduum IIII III pridie K. Decem. (Acta tr. t. 1. 2. Liv. l. l. 41. 41. Vell. I 9, 3-5. Val. Max. V 10, 2. Flor. II 12, 12f. Cic. Cat. IV 21; Mur. 31; in Pis. 58. 61; Tusc. V 118; Fin. V 70. Diod. XXXI 8, 9. Plut. 32-24. Appian. Maced. 19). Die Geldsummen, welche er dem Aerarium zuführte, waren so bedeutend (über die Höhe schwanken die Angaben; nach Polybios waren es 6000 Talente), dass von da die Erhebung des Tributum aufhörte. Liv. l. l. 40, 1. Polyb. XVIII 35, 4. Plut. 38. Vell. I 9, 6. Val. Max. IV 3, 8. Plin. n. h. XXXIII 56. Cic. off. II 76. Im J. 590 = 164 bekleidete er die Censur mit Q. Marcius Philippus (t. 1. 2. Plut. 38. Diodor. XXXI 25. Plin. n. h. VII 214. XXVI 5. Val. Max. VII 5, 3. Fest. p. 285). Er starb im J. 594 = 160 (Liv. per. XLVI). Bei den Leichenspielen, welche seine beiden natürlichen Söhne Q. Fabius Maximus und L. Cornelius Scipio ihm gaben, wurden des Terentius Adelphoe zum ersten Mal, Hecyra zum zweiten Mal aufgeführt nach den Didascalien. Er wurde Augur zwischen seiner curulischen Aedilität und der Praetur, also 561/563 = 193/191 (Plut. 3. t. 1. 2), Interrex (in unbekanntem Jahr) nach t. 1.

Paullus war in erster Ehe mit Papiria, Tochter des Papirius Maso, vermählt. Aus dieser Ehe stammten die beiden Söhne, welche nach ihrer Adoption Q. Fabius Maximus und P. Cornelius Scipio (Africanus minor) hiessen. Paullus trennte sich aus unbekannten Gründen von ihr und heiratete eine Frau, deren Name nicht genannt wird (Plut. 5). Aus dieser Ehe stammen zwei Söhne, deren älterer, vierzehnjährig, wenige Tage nach, deren jüngerer, zwölfjährig, wenige Tage vor dem Triumph über Perseus starb (Liv. XLV 40. Vell. I 10, 3. Val. Max. V 10, 2. Cic. ad fam. IV 6. Plut. 35. Appian. Maced. 19. Diod. XI 1). So starb Paullus als der letzte der Paulli (Liv. XIV 41, 11. Polyb. XXXII 14, 2). Von seinen Töchtern war eine (vgl. Nr. 151) mit Q. Aelius Tubero verheiratet, eine zweite (vgl. Nr. 152) mit M. Porcius Cato, eine dritte (Aemilia Tertia Nr. 180) wird nur als Kind erähnt.

Paullus war ein Mann, in dem altrömische Tüchtigkeit durch hellenische Bildung geadelt war. Ein echter Aristokrat, verschmähte er es, um die Gunst der Masse zu buhlen (Plut. 6. 10.); als er zum zweitenmal das Consulat antrat, wies er anstatt der üblichen Dankrede mit herben Worten die strategischen Maulhelden des Marktes zur Ruhe (Liv. XLIV 22. Polyb. XXIX 1. Plut. 11). Ebenso streng handhabte er die militärische Zucht; lehrte die Soldaten, für einen starken [579] Arm und ein blankes Schwert zu sorgen, alles übrige den Göttern und ihrem Feldherrn anheimzustellen (Liv. l. l. 34. XLV 37. Plut. 13; Galb. 1), und ahndete streng militärische Vergehen (Val. Max. II 7, 13). Altrömisch war auch seine Uneigennützigkeit. Er, der schon aus Spanien reiche Beute heimgebracht hatte (Liv. per. XLVI. Polyb. XXXII 8, 3) und dem Staatsschatz 6000 Talente Goldes aus Makedonien zuführte, starb in bescheidenen Vermögensverhältnissen (Liv. l. l. 10 Polyb. XVIII 35, 4-6. XXXII 8, 1ff. Diod. XXXI 26. Plut. 39. Dio fr. 67). Für sich selbst nahm er aus der makedonischen Beute nur die Bücher des Königs (Plut. 28); seinen Söhnen verstattete er als Belohnung die Jagd in den königlichen Forsten (Polyb. XXXII 15, 5); mit den erbeuteten Kunstschätzen schmückte er Tempel und Staatsgebäude (Cic. orat. 232). Und wie er an der Zucht der Vorfahren festhielt (seine disciplina rühmt Cic. in Verr. V 25), so auch an ihrer Religion; seine Pflichen als Augur erfüllte er mit höchster Gewissenhaftigkeit (Plut. 3). Ähnliches liess sich wohl von manchem der führenden Staatsmänner und Feldherrn rühmen: aber wenn bei jenen die römische Virtus meist in rauhem Gewande auftrat, so erscheint sie bei Paullus zu hellenischer Menschlichkeit verklärt. Streng, wo es das Amt erforderte, war er persönlich mild gegen die Besiegten und Unterworfenen. Hellenisch ist sein masshaltender Sinn: als der gefangene Perseus vor ihm stand, mahnte er die Seinen an die Unbeständigkeit und den Wechsel des Schicksals. Liv. XLV 8. Polyb. XXIX 20. Plut. 27. Diod. XXX 23. Hellenisch ist seine Scheu vor dem Neide der Götter, die ihm auf der Höhe der Erfolge das Gebet eingab, ein Umschlag möge lieber sein eigenes Haus als das Vaterland treffen (Liv. XLV 40-42. Plut. 36. Vell. I 10, 4). Die Götter erhörten seinen Wunsch und verwaisten sein Haus; auch dies herbe Geschick ertrug er mit männlicher Fassung (Cic. Tusc. III 70; Cat. m. 68; Lael. 9; ad fam. IV 6, 1). Das schönste Zeugnis für seinen milden und gerechten Sinn gaben ihm nach seinem Tode die von ihm Unterworfenen; Spanier, Ligurer, Makedonier trugen freiwillig die Bahre ihres Besiegers (Plut. 39. Val. Max. II 10, 3). Der sittliche Ernst seines Wesens machte seine Rede von selber eindrucksvoll (Cic. Brut. 80); die griechische Sprache war ihm geläufig (Liv. XLV 8, 8). Seine lebendige Teilnahme an der Geschichte und der Kunst der Griechen bewies er durch eine Reise, die er nach dem makedonischen Feldzug durch Griechenland unternahm (Liv. XLV 27-28. Polyb. XXX 10, 3ff. Plut. 28); von den Athenern erbat er sich einen Maler für seinen Triumph und einen erprobten Philosophen als Lehrer für seine Kinder (Plin. n. h. XXXV 135), die er in allen musischen Künsten sorgsam unterweisen liess (Plut. 6). Von seinen Aussprüchen ist besonders häufig das Wort wiederholt worden, ein guter Stratege müsse auch die geschickte Anordnung von Spielen und Gastmählern verstehen (Liv. XLV 32, 11. Polyb. XXX 15, 4. Plut. 28 u. ö.).

Paullus hat zweimal triumphiert, hat aber dreimal (vgl. t. 3) den Siegesnamen imperator angenommen; durch Verwechslung oder Übertreibung [580] machten manche daraus 3 Triumphe (so Vell. I 9, 3 und t. 2), während das Elogium richtig nur 2 angiebt. Ebenso ist auf der Münze des Paullus Aemilius Lepidus, Cos. 720 = 34 (Nr. 82), welche den makedonischen Sieg darstellt, zu Paullus ter hinzuzudenken imperator. Mommsen RMW 632.

[Klebs. ]