Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Bezeichnung dreier Pflugfeste
Band II,1 (1895) S. 12151217
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Ἄροτοι ἱεροί. Mit diesem Namen werden drei Pflugfeste bezeichnet, welche nach Plut. Praec. coniug. 42 in Attika gefeiert sind, Ἀθηναῖοι τρεῖς ἀρότους ἱεροὺς ἄγουσι· πρῶτον ἐπὶ Σκίρῳ, τοῦ παλαιοτάτου τῶν σπόρων ὑπόμνημα· δεύτερον ἐν τῇ Ραρίᾳ· τρίτον ὑπὸ πόλιν, τὸν καλούμενον Βουζύγιον. Nach welcher Ordnung man einen ersten, zweiten und dritten Pflug unterschied, ob nach [1216] ihrer Folge zu derselben Jahreszeit oder zu verschiedenen, ist unbestimmt. Preller Demeter und Persephone, Hamburg 1837, 294; vgl. A. Mommsen Heortologie 218. K. F. Hermann Gottesdienst]. Altertümer I² 389. Es lässt sich dies allerdings nicht ausmachen. Aber religionsgeschichtliche Erwägungen führen dahin, dass die Entstehung des ἐπὶ Σκίρῳ, in einem zwischen Athen und Eleusis gelegen Flecken gefeierten Pflugfestes in spätere Zeit fällt als die des zweiten und dritten ἱερὸς ἄροτος. In die ältesten Zeiten weist uns der ἄροτος Βουζύγιος, welcher alljährlich am Fusse des Burgfelsens vollzogen wurde. Die Sorge für dies Fest trug das Geschlecht der Buzygen, welches in Βουζύγης seinen ἀρχηγέτης verehrte, Hesych. s. Βουζύγης (ὁ τοὺς ἱεροὺς ἀρότους ἐπιτελῶν). Toepffer Attische Genealogie 136ff. Mit Unrecht haben Toepffer und Preller (a. a. O. 293) hierauf eine Stelle aus Plut. Sulla 13 bezogen, in der es heisst, dass die Athener während der Belagerung der Stadt durch die Römer τὸ περὶ τὴν ἀκρόπολιν φυόμενον παρθένιον gegessen hätten. Beide Gelehrte ergänzen σῖτον, und Toepffer schloss dann daraus, dass das am Fusse der Burg wachsende Korn der παρθένος κατ’ ἐξοχὴν, der Athene, geweiht sei. So sicher die Beziehung der Athene zum Ackerbau und zum Buzyges auch ist, die Stelle aus Plutarchs Sulla gehört nicht hierher; es ist da weder τὸ in τὸν zu ändern noch σῖτον zu ergänzen, sondern unter παρθένιον nur das Kraut zu verstehen, über welches Wolters Athen. Mitt. XVI 153 gehandelt hat. Der Brauch des ἄροτος Βουζύγιος ist offenbar in der Zeit entstanden, da zwischen Athen und Eleusis noch kein friedlicher Verkehr bestand, da Eleusis noch nicht die heiligste Stätte des attischen Landes geworden war und als der Ort gepriesen wurde, von dem aller Ackersegen ausgegangen sei. In die Zeit vor der Einführung des Demeterkultus werden wir gewiesen.

Aber mit dem mächtigen Aufblühen der eleusinischen Weihen tritt Athene als Beschützerin des Ackerbaus in den Hintergrund. In Eleusis auf dem rarischen Felde wird der zweite ἱερὸς ἄροτος gefeiert, welchen zuerst Demeters Liebling Triptolemos vollzogen hat. Es ist ein schöner Gedanke von C. Robert (Herm. XX 378), dass dann später ,zur Ausgleichung der athenischen und der eleusinischen Ansprüche‘ bei der politischen Vereinigung der beiden Städte der dritte ἱερὸς ἄροτος geschaffen wurde auf neutralem Gebiete, ἐπὶ Σκίρῳ. Toepffer a. a. O. 138.

Dass die Sorge für die Abhaltung aller drei Feste dem athenischen Buzygengeschlechte anvertraut war, ist von Preller 294 aus Schol. Aristid. III 473 gefolgert worden, Βουζύγαι καλοῦνται οἱ τὰς ἱερὰς βοῦς τὰς ἐν Ἐλευσῖνι ἀρατριώσας τρέφοντες (s. Hesych. s. Βουζύγαι), und Toepffer möchte in den durch Schol. Aristoph. Lysistr. 644 bezeugten τῶν εὐγενῶν ἀλετρίδες, αἵτινες τὰ εἰς τὴν θυσίαν πόπανα ἀλοῦσι, Jungfrauen vom Buzygenadel sehen, denen das Backen der Opferkuchen übertragen war (anders allerdings v. Wilamowitz Antigonos 345). Zu Opferkuchen wurde jedesfalls das auf dem rarischen Felde gereifte Korn verwandt, vgl. Paus. I 38, 6.

Plutarch fügt seiner Aufzählung dieser drei ἄροτοι die Worte hinzu: τούτων δὲ πάντων ἱερώτατός [1217] ἐστιν ὁ γαμήλιος σπόρος καὶ ἄροτος ἐπὶ παίδων τεκνώσει. Dies beruht auf einer Anschauung, die fast allen Kulturvölkern gemeinsam ist, auf der Vergleichung des Pflanzenlebens mit dem Menschenleben. Preller a. a. O. 354 und W. Mannhardt Mythologische Forschungen 352 haben dafür gesammelt. Vor allem war es Demeter Thesmophoros, welcher die Gebete bei der Heirat ἐπ’ ἀρότῳ παίδων galten. Aber auch die Tritopatores, zu denen die Athener vor der Hochzeit ὑπὲρ γενέσεως παίδων beteten, gehören hierher. Denn diese Dämonen sind nach der orphischen Theogonie die θυρωροὶ καὶ φύλακες τῶν ἀνέμων oder ἀνέμων παῖδες (Suid. s. Τριτοπάτορες), und der Atthidograph Demon berichtete ἀνέμους εἶναι τοὺς Τριτοπάτορας. Die Winde, welche im Frühling das Getreide wellenartig hin und her bewegen, haben von jeher die Phantasie der Ackersleute angeregt, (Mannhardt 296. Roscher Hermes der Windgott 71ff.), und es ist schwerlich zu kühn, wenn wir den Kult der Tritopatreis, welche das Geschlecht der Ζακυάδαι (Toepffer 313) verehrte, mit dem ἄροτος ἐπὶ παίδων τεκνώσει in Verbindung bringen.

[Kern. ]