RE:Ἀλεκτορομαντεία

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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magisches Hahnorakel in der späten Kaiserzeit
Band I,1 (1893) S. 1363 (IA)–1364 (IA)
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Ἀλεκτορομαντεία oder ἀλεκτρυομαντεία, in der späteren Kaiserzeit übliches magisches Orakel. Man schrieb das Alphabet in den Sand, legte auf jeden Buchstaben ein Weizen- oder Gerstenkorn und liess unter Zaubersprüchen einen [1364] Hahn darauf los. Aus den gefressenen Buchstaben bildete man sich die Antwort. Der ἀ. bedienten sich Libanios und Iamblichos, um den Nachfolger des Kaisers Valens zu erfahren; vgl. Zonaras ed. Wolf (Basel 1537) III 28, 2. Kedrenos I 548 Bonn. Mannhardt Korndaemonen 18 u. Anm. 46.

[Riess. ]

Nachträge und Berichtigungen

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Band S IV (1924) S. 1215
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Ἀλεκτορομαντεία. Für das o. Bd. I S. 1363 bis 1364 erwähnte Hahnorakel, das Libanios und Iamblichos veranstalteten, um den Nachfolger des Kaisers Valens (364–378) zu ermitteln, ist es bemerkenswert, daß Ammian (XXIX 1, 28–35) für denselben Herrscher noch eine zweite Befragung durch die beiden Hofleute Hilarios und Patrikios mittels eines magischen Dreifußes und eines darüber schwebenden Ringes bezeugt, so daß es sich auch bei dieser Befragungsart um ein Buchstabenorakel handelt, das sogar fast die gleichen Buchstaben wie das Hahnorakel geliefert haben soll; es ergab nämlich die Buchstaben θ, ε, ο, σ, das Hahnorakel aber θ, ε, ο, δ. Hilarios und Patrikios schlossen daher auf Theodoros, einen angesehenen Staats- und Hofmann, als Nachfolger des Kaisers (vgl. Zosim. IV 13, 3. 4: Epit. de Caes. 48, 3. 4); in beiden Fällen aber setzte eine Verfolgung aller an diesen Befragungen beteiligten Personen ein, was bei dem Ringorakel einen Staatsprozeß mit zahlreichen Folterungen und Hinrichtungen zur Folge hatte, darunter auch die Hinrichtung des Theodoros und überhaupt vieler Leute, die so oder Theodosios oder Theodotos hießen. Nachfolger des Valens aber wurde Theodosios d. Gr. (379–395), sei es daß es sich um ein Spiel des Zufalls oder um eine geschickte Mache jener politischen Wißbegierigen oder um eine nachträgliche ,Korrektur‘ der damals erfolgten ,Antworten‘ handelt [vgl. Hopfner Griech.-ägypt. Offenbarungszauber II in Wesselys Studien zur Palaeographie und Papyruskunde XXIII (1923)]. Auch sonst hören wir öfter, daß man sich des Zaubers oder auch offizieller Orakel bediente, um den Namen des künftigen Regenten zu erfahren, und jedesmal erfolgte dasselbe Nachspiel; so berichtet Philostratos (vit. Apoll. VII 11), daß Apollonios von [13] Tyana vor Kaiser Domitian belangt wurde, weil er bei Nacht einen Knaben geschlachtet und aus seinen Eingeweiden dem Nerva Hoffnung auf die Thronfolge gemacht habe. Apollonios aber verteidigte sich geschickt und machte sich plötzlich unsichtbar [Philostrat. VIII 5. 6 (12). Hopfner I = Bd. XXI bei Wessely § 633ff.]. Ferner hatte eine Anfrage über den Nachfolger des Kaisers Konstantin beim Besorakel zu Abydos in Oberägypten [Ammian. XIX 12, 3; vgl. Wessely Denkschr. Akad. Wien XLII 2. 3. Hopfner II § 185] noch im J. 359 einen Riesenprozeß zur Folge; sehr oft hören wir endlich auch von Verfolgungen der Astrologen aus demselben Grunde.

Während beim Besorakel die Gottheit, die befragt wurde, ausdrücklich genannt wird, das Ringorakel sich bloß auf den Sonnengott Apollon und die Eingeweideschau des Apollonios sich nur auf eine chthonische Gottheit der finstern Erdtiefe beziehen kann, ist es beim Hahnorakel nicht ohne weiteres klar, ob sich die Anfrage an einen Gott des Lichtes oder der Finsternis richtete; hier kann nur aus der Bedeutung des Hahns in Kult, Aber- und Zauberglauben geschlossen werden, worüber der Art. Huhn (o. Bd. VIII S. 2531ff.) manches beibringt. Obwohl der Hahn sowohl Lichtgöttern wie Gottheiten der Finsternis, Erdtiefe und Unterwelt zugeeignet erscheint, überwiegt doch seine Zuteilung an die Lichtgötter sehr bedeutend, ganz entsprechend seiner Auffassung innerhalb der Religion der Perser, von denen der Hahn zu den Griechen gelangt war. Hiefür sind einige Belege nachzutragen, die den Vogel als Lichttier den Dämonen der Unterwelt und den Totenseelen feindlich gegenübergestellt erweisen. Denn deshalb opferte man ihn sowohl bei der Totenbefragung (νεκυομαντεία, vgl. Aeneas von Gaza, Theophr. 184 p. 20 Boisson.) als auch zur Versöhnung der Laren (Iuven. XIII 232), und auch die Zauberpapyri erwähnen ihn fast ausschließlich als Tier chthonischer Opfer. Da aber auch die durch Inkubation befragten Gottheiten zumeist solche der flnstern Erdtiefe sind, spielt er auch in den Opfern an diese eine Rolle (vgl. Deubner De incub., Leipzig 1900, 47). Ebenso werden auf den sog. Verfluchungstafeln fast nur chthonische Gottheiten und Dämonen angerufen, und daher wird auf diesen Tafeln hie und da darauf hingewiesen, daß man an Hähnen dasjenige tatsächlich vornahm, was der beschworene Gott oder Dämon der Finsternis an dem Verfluchten vollziehen sollte: der dämonenfeindliche (weiße) Hahn vertritt symbolisch den dämonenfeindlichen Verfluchten. So heißt es z. B. bei Audollent (Defixion. tabell., Paris 1904, nr. 222 B): Quomodi (sic) huic gallo lingua (sic) vivo extorsi et defixi, sic inimicorum linguas (sic) adversus me ommutescant. Doch begnügte man sich öfter auch hier mit dem stellvertretenden Hahnenbilde, indem man bei solchen Wendungen auf die Tafel einen Hahn zeichnete, z. B. bei Audollent (nr. 36); auf Tafel nr. 222 B aber ist zwar für die Zeichnung des Hahns ein Raum freigelassen, die Figur aber nicht eingezeichnet worden! Besonders interessant ist ferner auch die Tafel bei Wünsch (Antike Fluchtafeln = Lietzmanns [14] Kleine Texte, Bonn 1912 nr. 20 S. 12 = CIL VIII 12511 = IG III 3, Appendix p. XVII = Audollent S. 323f. nr. 241), wo es heißt: ὡς οὗτος ὁ ἀλέκτωρ καταδέδεται τοῖς ποσὶ καὶ ταῖς χερσὶ ⟨τ⟩ καὶ τῇ κεφαλῇ, οὕτως καταδήσατ(ε) τὰ σκέλη καὶ τὰς χῖρας καὶ τὴν κεφαλὴν καὶ τὴν κορδίαν Βικτωρικοῦ τοῦ ἡνιόχου κτλ. Die Formel bezog sich ursprünglich auf einen Menschen oder ein vierfüßiges Tier, für das aber als offenbar gebräuchlichstes Objekt bei solchen Manipulationen der Hahn eintrat. Mit Rücksicht auf diese starke Betonung der Feindschaft des Hahnes gegenüber den finstern Mächten besonders im Zauberglauben liegt der Schluß nahe, daß auch in dem Hahnorakel bei Zonaras (XIII 16 tom. III 223–224 Dind. = III p. 28 Wolf) und Kedrenos (I p. 548 Bonn. = p. 313 P.) der Vogel als Tier des Lichtgottes aufzufassen ist und jedenfalls Apollon oder Helios als derjenige angesehen wurde, der es beseelte. Die wichtigste Stelle hiefür aber steht bei Proklos (frg. Περὶ ἀγωγῆς ed. W. Kroll Beilage zum Index lection. von Greifswald, Ostern 1901, 9); der Theosoph spricht hier von den sog. ,Reihen‘ (σειραί), deren jede mit einem intellegiblen Gott beginnt und durch die ,sichtbaren Götter‘ (die Gestirne), Erzengel, Engel, Dämonen, Heroen und Seelen bis in die uns umgebende Natur herabreicht und das Wesen und die Kräfte des führenden Gottes in allen diesen Zwischengliedern, endlich aber auch in bestimmten Tieren, Pflanzen, Steinen und Mineralen wirken läßt (vgl. Hopfner I § 81 u. 390ff.). In der zitierten Stelle sagt Proklos: καὶ ζῷά ἐστιν ἡλιακὰ πολλὰ ὥσπερ λέοντες καὶ ἀλεκτρυόνες, δαίμονός τινος ἡλιακοῦ (d. h. eines sog. ὑλῷος δαίμων der ,Sonnenreihe‘) κατὰ τὴν ἑαυτῶν φύσιν μετέχοντες. ὅθεν θαυμαστόν, ὅσον τὰ κατώτερα ἐν τῇ αὐτῇ τάξει λείπεται τῶν ὑπερτέρων, καίτοι μεγέθει καὶ δυνάμει μὴ λειπόμενα. ἐντεῦθεν λέγουσι τὸν ἀλεκτρυόνα φοβεῖσθαι ὑπὸ τοῦ λέοντος πλεῖστον ὅσον καὶ οἷον θρησκεύεσθαι· οὖ τὴν αἰτίαν εἰς ὕλην ἢ αἴσθησιν ἀναφέρειν οὐ δυνάμεθα, ἀλλὰ μόνον εἰς τὴν τῆς ἄνωθεν τάξεως θεωρίαν, ἐπεὶ δηλονότι ἡ τῆς ἡλιακῆς δυνάμεως παρουσία προσήκει ἀλεκτρυόνι μᾶλλον ἢ λέοντι· ὃ καὶ ἐντεῦθεν φαίνεται, ὅτι ὁ ἀλεκτρυὼν οἷον ὕμνοις τισὶν ἐγκωμιάζει ἀνατέλλοντα τὸν ἥλιον καὶ οἷον προσκαλεῖται, ὅτε ἐκ τοῦ τῶν ἀντιπόδων μεσουρανήματος πρὸς ἡμὰς τρέπεται. καὶ ἐνίοτε ἄγγελοί τινες ἡλιακοὶ ἀνεφάνησαν τοιαύττας μορφὰς προβεβλημένοι, καὶ αὐτοὶ καθ’ αὑτοὺς ἀμόρφωτοι ὄντες, ἡμῖν ὅμως μορφωτοῖς οὖσιν ἐνέτυχον μορφωτοί. ἐνίοτε ⟨δὲ⟩ καὶ δαίμονες ὤφθησαν ἡλιακοὶ λεοντοπρόσωποι, οἳ ἀλεκτρυόνος προταθέντος ἐξαίφνης ἠφανίσθησαν. οὗ ἡ αἰτία, ὅτι ἀεὶ τὰ ἐν τῇ αὐτῇ τάξει κατωτέρω τεταγμένα σέβεται τὰ ἀνωτέρω (vgl. Hopfner I § 461). Da nun Proklos gerade in solchen Dingen stark von dem Philosophen Iamblichos abhängt, dieser aber wahrscheinlich der Großvater jenes Iamblichos gewesen ist, der das Hahnorakel zusammen mit seinem Verwandten, dem Rhetor Libanios, vornahm (s. o. Bd. IX S. 651, 4), ist wohl anzunehmen, daß auch bei dieser Befragung der Sonnengott es war, der Auskunft erteilen sollte.

Nahe verwandt mit der bei Zonaras und Kedrenos geschilderten Methode war die während des ganzen Altertums auch von Staats wegen besonders [15] von den Römern eifrig gepflegte Divination aus dem Flug und dem Verhalten bestimmter Vögel beim Fressen (s. die Art. Augures und Huhn, o. Bd. II S. 2313ff. und VIII S. 2534–2535); gerade dieses Verfahren aber rühmt der Philosoph Iamblichos, da er sagt (de myster. III 16): τοὺς ὄρνιθας κινεῖ μὲν καὶ ἡ τῆς ἰδίας ψυχῆς ὁρμή, κινεῖ δὲ καὶ ὁ τῶν ζώων ἔφορος δαίμων, ἤδη δὲ καὶ ἡ τοῦ ἀέρος τροπὴ καὶ ἡ καθήκουσα ἀπὸ τοῦ οὐρανοῦ δύναμις εἰς τὸν ἀέρα· πάντα συμφωνοῦντα τοῖς βουλήμασι τῶν θεῶν ἄγει αὐτὰς ὁμολογουμένως οἷς οἱ θεοὶ καταρχὰς ἐπιτάττουσι. σημεῖον δὲ καὶ τούτου μέγιστον· οὐ γὰρ τῶν κατὰ φύσιν τινὶ προσέοικε πράγματι τὸ ἀπορρήσσειν τοὺς ὄρνιθας αὐτοὺς ἑαυτοὺς καὶ ἀναιρεῖν πολλάκις. ἀλλ’ ὑπερφυὲς δὴ τὸ ἔργον ἐστὶ τοῦτο, ὡς ἑτέρου τινὸς ὄντος τοῦ διὰ τῶν ὀρνίθων ταῦτα ἀπεργαζομένου (vgl. Iamblichus Über die Geheimlehren, übersetzt und erklärt von Th. Hopfner, Leipzig 1922, 90 und Anm. 65). Auch im Falle unseres Hahnorakels aber handelt es sich um eine Beseelung des Tieres durch das Pneuma oder die ἀπόρροια des Gottes, wodurch der Eigenwille des Tieres völlig ausgeschaltet wurde, so daß sich der Wille der Gottheit ungehindert offenbaren konnte. Übrigens pflegte man auch die Herzen anderer gottbeseelter Sympathietiere, wie von Falken, Raben und Maulwürfen, zu essen, um so mit der οὐσία dieser Tiere die göttliche Kraft und Erleuchtung in sich aufzunehmen und die Gabe der Prophetie zu erhalten (Porphyr. de abstin II 48).

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Band R (1980) S. 19
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Alektoromanteia

Magisches Orakel in der späten Kaiserzeit. S IV (12,31 lies: ›S. 1363 zum Art.‹).