| XI.
Miscellaneen.
1.
Aus einem Theil des Canton Ottenwalds, im Nov. 1790.
Die heurige
Ernde war eigentlich nicht schlecht. Nur der Roggen ist an vielen Orten zurückgeblieben. Dagegen hat es desto mehr Dinkel gegeben, welchen man, wenn er gegerbt ist, Kern (eigentlich sollte man sagen: Dinkelkern) nennt. Es war also gerade das Gegentheil von der vorjährigen Ernde, da es mehr Korn als Dinkel gegeben hat. Als ich nach der Ursache dieser Abwechslung fragte, gab mir ein verständiger Bauer zur Antwort: „Es komme in der hiesigen Gegend auf die Witterung in der Saat an; ist diese naß, so gedeihe der Roggen nicht; dagegen könne sich der Dinkel im Frühjahr desto mehr ausbreiten.“ Ich muß hiebey bemerken, daß die Bauern in hiesiger Gegend Roggen und Dinkel unter einander säen. Wenn nun der Roggen im Herbst keimt und aufgeht, so muß freylich der Dinkel, welcher später, und meist erst im Frühjahr aufgeht und stocket (das ist, um sich greift, oder sich
| ausbreitet) wegen des schon vorhandenen Roggensaamens zurückbleiben.
Flachs ist zwar in Menge gewachsen, es haben ihn aber die Mäuse häufig abgebissen, weßwegen man ihn, ehe er noch reif war, ausraufen mußte: daher konnte der Lein, als der Saame des Flachses, nicht zeitigen. Überdieß ist er ungeschlacht, rauh und nicht so bästig, wie es seyn sollte, und fällt bey dem Brechen ins Werg.
Hanf wird bey uns nicht zur Nothdurft gebaut, sondern vom Rhein schon spinngerecht hieher gebrachtt.
Rübsen wird gar wenig, dagegen desto mehr Hafer gebaut, welcher in Menge und ausserordentlich theuer (das Nürnb. Sümmer um 15 fl.) von den Maynschiffleuten aufgekauft und nach Frankfurt u. s. w. verführt wird.
Wenn gleich bey uns keine Industrieschulen angelegt sind, so hat man es doch, besonders in Spinnen und Wirken, sehr weit gebracht. In unserer Gegend befindet sich eine Weibsperson welche das Pfund Baumwolle auf 36 Stränge, den Strang zu 800 Fäden, und den Faden zu 4 Ellen, spinnt. Es wird daraus der schönste Musselin, Barchent, und feine Sommerzeuge gemacht.
| 2.
Auszug eines Schreibens aus dem Wirzburgischen, den 10 Jan. 1791.
Auf fürstl. Befehl ist neulich eine sehr lobenswürdige That vollführt worden, die Sie nicht mit Stillschweigen übergehen dürfen. Zwey sehr berüchtigte Quacksalber, die ihr Wesen schon lange ungestraft trieben und nach einer allgemeinen Sage die Leute täglich, jeder um mehr, als um einen Carolin, prellte, sind durch eine fürstliche Commission visitirt und ihre Medicamente weggenommen worden. Ihre Wohnorte waren Opferbaum und Riden, Amts Arnstein. Man kann rechnen, daß 8–10 Meilen weit Leute mit Uringläsern zu diesen Gesundheitsstürmern wallten. Hoffentlich wird die fürstl. Commission noch in mehrere Ämter kommen, und mit der benachbarten Ritterschaft die Übereinkunft dahin getroffen werden, daß sie solchen ausgetriebenen Blutigeln bey sich keinen Schutz verstatte; denn sonst ist alle ruhmwürdige Sorgfalt des Fürsten vergebens. Ja man machts ärger, als es zuvor war. So zog schon einer und der andere aus dem Hochstift Wirzburg ausgetriebene Afterarzt ins Ritterschaftliche und trieb da ungescheut,
| was er dort im Verborgenen thun mußte. Dieser Übelstand muß besonders in Erwägung gezogen werden, wenn das Übel an der Wurzel ausgereutet werden soll. Von der Milde des für das geistliche und leibliche Wohl seiner Unterthanen so treu sorgenden Fürstbischoffs steht nun auch zu erwarten, daß er für sein Land tüchtige Landärzte aufstellt, zu welchen die Kranken Zutrauen fassen können: denn es ist nicht genug das Schlimme wegzunehmen, man muß auch etwas besseres dagegen geben.
3.
Aus dem Bayreutischen, im Febr. 1791.
An alle Geistlichen des Fürstenthums Bayreut sind auf höchsten Befehl gedruckte Tabellen geschickt worden, in welchen sie anzeigen sollen:
Wie hoch sich ihre Einnahme belaufe?
Worin sie bestehe?
Mit welchen Unkosten Felder und dgl. bestritten werden müssen?
Was jeder etwan auf seiner Stelle sonst abzugeben habe? – Sollte dieses ein Vorbote seyn, daß die Geistlichen dieses Landes schicklicher und mit mehr Gleichheit durch baares Geld besoldet werden sollen; so wäre es gewiß keine der geringsten weisen Anstalten in diesem Lande. So mancher brave
| Mann nagt am Hungertuche, indeß so mancher andere schwelgt, – aber verstehen Sie mich wohl, – schwelgt an Minervens Busen! Ob jeder auch einberichten soll, wie er zu seiner Pfarre gekommen, und
was er vorher hie und da an Sporteln zu entrichten hatte, – habe ich nicht erfahren.
4.
Am 3 Sept. 1790 starb Herr
D. Erdmann Friederich Martins, Hochfürstlich Brandenburgischer Brunnen-Medicus auf dem Alexanders Bad bey Wunsiedel und
Medicinae Practicus im 54sten seiner Lebensjahre. Ein Mann von sehr biedern, aufrichtigen und an dem Schmerz seiner Patienten theilnehmenden Charakter, daher sein frühes Ableben von Hohen und Niedern sehr beklaget wurde. Von väterlicher und mütterlicher Seite stammte er von gelehrten und berühmten Männern ab, denen er an Kenntnissen in seinem Fache und an Treue und Fleiß in Ausrichtung seiner Geschäffte nichts nachgab, sondern wohl seine eigene Gesundheit dabey zu wenig schonte. Eine Brustwassersucht, die er andern oft glücklich gehoben hatte, machte, wegen anderer dazu gekommenen Leibesbeschwerungen, seinem Leben ein Ende, das sich 1736 am 20 Nov.
| zu Redwiz angefangen hatte. Sein Vater Johann Friederich Samuel, war daselbst Rector; der Großvater, Georg Samuel, Kirchen- und Schul-Inspector und Pastor Primarius daselbst, auch unter dem Namen Tamirus Mitglied der Pegniz-Hirten-Gesellschaft; und der Urgroßvater Nikolaus, Senior und Pfarrer zu Berg bey Hof. Da ihm der Vater frühzeitig gestorben war, so sorgte die Mutter Magdalena Charlotta, aus der berühmten Familie der Leopolde, für seine und seines jüngern Bruders, Herrn Johann Georgs, dermahligen Justizadministrators zu Thumsenreut in der Obern Pfalz, Erziehung und schickte sie auf das Gymnasium nach Hof und Coburg. Zu Jena bauete er auf den gelegten Grund, und waren in der Philosophie Müller, Daries und Polz, und in der Medicin Kaltschmid, Nicolai, Faselius und Baldinger seine Lehrer, die ihm dann 1761 am 2ten May nach gehaltener Disputation
de tono die Doktorwürde ertheilten, worauf er anfänglich zu Neustadt am Culm, dann zu Wunsiedel mit gutem Erfolge seine erlangten Wissenschaften ausübte, und sich vorzüglich unter dem Adel in der Pfalz, Bayern und in der hiesigen Gegend viel Vertrauen erwarb. Von seiner tugendhaften Gattin Christiana Brandenburg
| hinterließ er 3 Söhne und 2 Töchter, und von seinem unermüdeten Fleiße eine große Sammlung der Erfahrungen bey den ihm vorgekommenen besondern und allgemeinen Krankheiten, die wohl verdienten, einem geschickten Arzte in die Hände zu kommen und weiter bekannt gemacht werden. Seine Stelle als hochfürstl. Brunnen-Medicus erhielt der bisherige Stadt- und Landphysikus zu Wunsiedel, Herr
D. Johann Georg Schmidt, ein Mann, dessen menschenfreundlicher Charakter sich durch die Errichtung eines Kranken-Instituts für die Armen der Stadt vorzüglich ausgezeichnet, und der sich um diesen Gesundbrunnen durch eine eigene Schrift, die 1785 zu Hof gedruckt wurde, verdient gemacht hat. Dieses Heilbad wird noch immer auch von Ausländern fleißig besuchet, und beweiset an allen, die es gebrauchen, seine wunderthätige Kraft. Die Versendungen dieses Heilwassers belaufen sich jährlich auf 6000 Krüge, ohne was sogleich vom Brunnen weg gefahren und getragen wird in minder entlegene Orte. In dem auf dieses 1791ste Jahr zu Bayreut gedruckten Wunsiedler Stadtkalender stehen ganz neuerlich damit angestellte Versuche, wodurch der uns zwar unbekannte, aber gewiß geschickte
| Mann die Kräfte und Bestandtheile dieses Wassers aufs herrlichste gezeiget, und das, was andere bereits in Schriften davon gesagt haben, noch mehr bestättiget hat.
5.
Am 13ten Jan. 1791 starb zu Hof Hr. D. Christian Friedrich Jördens, Stadtphysikus daselbst.
6.
Am 17. Jan. 1791. starb zu Oberdachstetten im Anspachischen Herr Friedrich Johann Feuerlein, in einem Alter von 82 Jahren weniger 3 Monat, geboren zu Anspach den 9 April 1709, von 1736 an, 54 Jahre lang hochfürstlich Brandenburg-Anspachischer Pfarrer in Oberdachstetten und seit 1766 hochfürstlicher Prodechant.
Er blieb bis an sein Ende bey vollen Seelen- und ziemlichen Leibeskräften und bey einer seltenen Heiterkeit des Geistes, die auch seine letzten Stunden ausnehmend erbaulich machte. Er hat noch in seinem hohen Alter immer predigen und oft die ganze nicht kleine Pfarre allein versehen können. Er hat sich viermahl und das letztemahl den 3. Jun. 1790 verheyrathet, da er von seinem Sohne,
| dem er vor vielen Jahren sein Amt und die Hälfte seiner Einkünfte freywillig abgetreten hatte, die liebreiche Pflege nicht erhalten konnte, die ein hohes Alter mit Recht erwartet. Am Adventfest 1790 hat er zum letztenmahle geprediget.
7.
Die beyden Lehrer der Theologie zu Bamberg, Herr Stenglein und Lehr, sind zu geistlichen Räthen, und Herr Hofrathssecretär Werner zum geistlichen Rath, Hofrath und Consulenten der milden Stiftungen mit einem ansehnlichen Gehalt ernannt worden.