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Titel: Max Müller
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aus: Die Gartenlaube, Heft 48, S. 820
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[820] Max Müller. Eines berühmten Vaters berühmter Sohn feiert am 6. Dezember dieses Jahres seinen siebzigsten Geburtstag. Max Müller, der große Orientalist und Sprachforscher, wurde am 6. Dezember 1823 zu Dessau geboren als der Sohn jenes Wilhelm Müller, der durch seine „Griechenlieder“ der schwärmerischen Begeisterung seiner Zeitgenossen für das um seine Freiheit ringende Volk der Hellenen den schwungvollsten Ausdruck lieh und dessen „Müllerlieder“ in der Schubertschen Komposition noch heute überall gesungen werden. Wie sein Vater, so lebte auch Max Müller von Jugend auf in philologischen Neigungen; er wendete aber seine Studien einem damals noch wenig angebauten Gebiete der Philologie, der Sanskritforschung zu, und unter den Gelehrten, welche jene Mutter der indogermanischen Sprachen, also auch der unsrigen, dem Verständniß erschlossen und die Wurzeln unseres Kulturlebens in den Denkmälern altindischer Vorzeit bloßgelegt haben, nimmt Max Müller eine der hervorragendsten Stellen ein. Früh ist er durch seine Studien nach England geführt worden, wo er später seinen dauernden Aufenthalt nehmen sollte. Denn England war vermöge seiner engen Verbindung mit Indien damals die Heimat der Sanskritkunde, dort saß der Forscher an der Quelle, der stets neues Material entströmte. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, wollten wir alle die gelehrten Arbeiten, die Müller im Laufe der Jahre erscheinen ließ, alle seine Ausgaben, Kommentare, Uebersetzungen und Abhandlungen im einzelnen aufführen. Es befinden sich darunter Riesenwerke, die fast allein ein Leben ausfüllen könnten, wie die Gesamtausgabe des Rigweda, welche Müller in nicht weniger als sechs großen Quartbänden 1875 zum Abschluß brachte, ferner die „Sacred books of the east“, die „Heiligen Bücher des Orients“, eine Sammlung von englischen Uebersetzungen der wichtigsten Religionsbücher des Ostens, insbesondere der indischen, chinesischen, persischen, arabischen, deren erste Reihe 1885 mit 24 Bänden vollendet wurde, während eine zweite im Werke ist.

Max Müller.

Auf weitere Kreise hat Müller vornehmlich durch seine Schriften über vergleichende Mythologie und vergleichende Religionsgeschichte gewirkt, Gebiete, auf denen er vielfach als Erster bahnsuchend und bahnbrechend vorging, und auch seine Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache haben weit über die Grenze der Fachgelehrten hinaus einen anregenden und befruchtenden Einfluß ausgeübt. Ganz aus dem Rahmen seiner Lebensaufgabe heraus fällt seine Ausgabe von Schillers Briefwechsel mit Herzog Friedrich Christian von Schleswig-Holstein, ferner eine Denkschrift auf seinen Urgroßvater Basedow, den bekannten Pädagogen und Gründer des „Philanthropins“ zu Dessau, endlich eine anziehende Erzählung „Deutsche Liebe“, die eine große Anzahl von Auflagen erlebt hat.

Seit 1848 hat Max Müller seinen dauernden Wohnsitz in Oxford, an dessen Universität er von Stufe zu Stufe stieg, bis sie ihm 1876 sogar das beneidenswerthe Los bereitete, ihn von allen Lehrverpflichtungen zu entbinden und ihm gänzlich freie Hand für seine litterarische Thätigkeit zu schaffen. Nur einmal, im Sommer 1872, hielt er an der neugegründeten Kaiser-Wilhelms-Universität zu Straßburg einen Vorlesungskursus über die Ergebnisse der Sprachwissenschaft.

Ein scharfer, vielseitiger Denker tritt uns in Max Müller entgegen, ein mächtiger Förderer der Wissenschaft und ein wackerer Streiter für den Ruhm deutschen Geistes im Auslande. Möge dem Rastlosen ein reicher Lebensabend beschieden sein, zum Lohne für ein ungewöhnlich arbeitsvolles Leben im Dienste der menschlichen Erkenntniß!