Textdaten
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Autor: Ernst Deecke
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Titel: Marx Meier
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aus: Lübische Geschichten und Sagen, S. 327–334
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1852
Verlag: Carl Boldemann
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Erscheinungsort: Lübeck
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Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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[327]
181. Marx Meier.

1532. Als die Lübschen in diesem Jahr bei Tönsberg dem König Christiern II. fünf Schiffe genommen hatten und damit nach Kopenhagen kamen, waren sie eines Fähndrichs benöthigt. Nun war unter König Friedrichs Volk ein Landsknecht Namens Marx Meier, der zuvor in Hamburg ein Ankerschmieds-Gesell gewesen, stark und schön von Leib; den baten die Herren vom Könige los. So ward er der Lübschen Fähndrich und bewies sich gegen die Feinde gar mannhaft; ja alles was in Norwegen dem Könige Christiern zu Leide geschah, das geschah durch Marx Meier, wenn er mit seinem Fähnlein die Nacht- oder Tage-Wacht hatte. Als aber der Krieg zu Ende und alle in Lübeck wieder angelangt waren, begehrte der Kaiser eben Hülfe gegen die Türken, da denn die Lübschen ihm 800 Mann von dem Kern und den besten Knechten, die in Norwegen gefochten, wohl gerüstet und staffiert hinaufgeschickt; über diese ward unter Anderen auch Marx Meier zum Hauptmann gesetzt. Damit zog er gen Wien nach Oesterreich; als er aber da kam, war eben Friede mit den Türken gemacht; doch besah der Kaiser die Knechte, daran er denn großes Wohlgefallen gehabt und ihnen einen braven Schmaus geben lassen. So kehrte Marx Meier wieder um und nahm seinen Weg [328] nach Lübeck. Da hielt er sich prächtig, und weil er ein ansehnlicher Kerl war, freite er eine sehr reiche Wittwe von gutem und altem Geschlecht, welche zuvor einen Burgemeister, Herrn Gottschalk Lunte, gehabt. Nun bekamen die Lübschen wieder Krieg mit den Holländern; Marx Meier aber ward von Jürgen Wullenweber, der ihm hoch getraut, zum Hauptmann über die Knechte gesetzt, und abermals als ein ehrlicher Kriegsmann erfunden. Als nun seine Hochzeit sollte angehn, kam er des Sonnabends wie ein Edelmann mit vielen Pferden gen Lübeck, und mußten ihn die Reitendiener samt ihrem Hauptmann einreiten, damit der Aufzug so prächtiger sein möchte. Es ward aber des Tages zu Lübeck ein Missethäter gerichtet, und da der Frohn mißhieb, wurden fünf Büttel vom Volk zu Tode gesteinigt; was Mancher sehr übel gedeutet.

Bald nach der Hochzeit mußte er abermals gegen die Holländer ziehn. Allein die Schiffe litten Mangel an Proviant, und so ward beschlossen zu Rye in England anzulaufen, und daselbst zu backen und zu brauen. Marx Meier also ließ sich ans Land fahren. Obgleich er ohne Geleit war, und auf des Königs Strömen zwei holländische Pinken und eine spanische Karavele mit englischem Gut genommen, zog er mit Trommeln und Pfeifen und fliegenden Fahnen in die Stadt. Des dritten Tages danach ward er in seiner Herberge in Arrest gelegt, und weiterhin nach London gebracht, um in den Tower gesperrt [329] zu werden. Allein die deutschen Kaufleute gaben ihm gutes Zeugniß, und der König suchte, wegen seiner Feindschaft mit den Papisten, Beistand; der lübische Hauptmann aber gefiel ihm wohl und schien ihm der Mann, der zu Lübeck für ihn was ausrichten könne. So wurde denn Marx Meier nicht im Gefängniß, sondern am Hofe gar freundlich empfangen, mit großem Gepräng, seiner Stadt zu Ehren, zum Ritter geschlagen, und mit vielen hundert Kronen zusamt einer güldnen Gnadenkette beschenkt. So ritt er wieder zu Lübeck ein und ward von Wullenweber und seinem Anhang herrlich aufgenommen, stand auch im großten Ansehn. Den Winter über wurden heimlicher Weise die Anschläge geschmiedet, wie man die Hansa zur Herrschaft auf der Ostsee bringen möge: danach führte er vier Fähnlein Knechte nach Holstein, nahm das Haus Trittau und die Stadt Eutin, und begann einen Krieg, der selbst Wullenweber nicht recht war, weil er den Herzog von Holstein nach Lübeck zog. Marx Meier that das, um in Seeland und Schonen freie Hand zu haben: aber erst als der Friede geschlossen war, konnte er nach Helsingör gehen, kurz vor Weihnacht (1534). Bald war er in Schonen, und rüstete sich zum Kampf gegen die Schweden. Aber gleich im ersten Treffen flohen die schonischen Reiter, die Herr Tyge Krabbe ihm zugeführt, und die vom Elbogen (Malmö) zogen wieder nach Haus. So blieb Marx Meier mit nur 3 Fähnlein unter [330] Helsingborg, und mußte sich durch Wagenburg und Schanzen sichern. Herr Tyge aber, der zu Helsingborg war, schwur, daß er ihm in der Noth das Haus überlassen wolle. Zuvor aber gedachte Marx Meier sich mit den Schweden im offnen Felde zu messen; er bat also Herrn Tyge um zwei Falkonetten, und gab ihm seine güldne Kette dafür zum Unterpfand. Die Falkonetten kamen auch, waren aber doppelt geladen, so daß beim ersten Schießen mehr deutsche Knechte als schwedischer Feinde fielen und die Schlachtordnung in Verwirrung gerieth. Die Schweden aber, mit welchen Herr Tyge schon lange Verrath gesponnen, fuhren zu, und während die Knechte sich zerstreuten, ward Marx Meier von Herrn Gyllensteen gefangen, und nach Warberg in Holland gebracht. Als er nun so verrätherisch gefangen war, glaubte er die Gefängniß nicht halten zu dürfen. Während er auf dem festen Schloß saß, wußte er durch einen Kappellan den Fähndrich in der Stadt zu gewinnen, daß der einen Haufen Knechte einließe, mit deren Hülfe er das starke Haus zu gewinnen hoffte. Das war in der stillen Woche. Bei Nacht schlichen die Knechte samt mehreren Bürgern an die Süderkante der Burg. Ein Führer, den Marx Meier bestellt, brachte sie in einen trocknen Abzug, wo zum Wahrzeichen sein Sattelpfriem niedergelassen ward; daran banden sie Taue und Strickleitern. Marx Meier machte alles oben fest und zog ihre Waffen und Wehren zuerst [331] herauf; dann stieg einer nach dem andern in die Höhe und kam durch die Heimlichkeit ins Schloß. Hier wurden sie in die mittelste Kammer des neuen Hauses versteckt bis an die Morgenstunde. Dann gingen ihrer drei mit Marxen in sein Gemach: da lag der Knecht, der ihn bewachen sollte, auf seinem Bett und schlief. Herr Marx aber trat mit den Knechten zu ihm, und forderte: daß er ruhig liegen möchte, wenn er leben wollte; das ganze Haus sei voll fremder Knechte. Da war der Knecht klug genug zu sagen: „ich will gern schweigen“; er durfte jedoch nicht aufstehn. Nun hatte des Schlosses Befehlshaber, Herr Trude Greiersen, die Gewohnheit, daß er allmorgentlich auf der Mauer umging; da kam er auch an das Losament, wo die Knechte lagen, und sprach: „hier stinkt es nach Lunten.“ Marx Meier aber ging neben ihm und versetzte: „die alten Weiber verbrennen wohl Lumpen im Backhause.“ Damit gingen beide vom Schloß; als sie aber den Berg halb hinunter waren, wo Herr Greiersen sehn wollte, was seine Arbeitsleute machten, sprach Marx Meier: „ich habe auf dem Schlosse was vergessen.“ Und ging zurück, lief zu den Knechten und rief: „hieher, Brüder, nehmt dem Pförtner die Schlüssel.“ Da liefen sie hin auf die Mauer in die Losamenter, wo die dänischen Reuter lagen und schliefen, und nahmen sie gefangen; nur einer wurde todt geschlagen vor dem Stall. Doch stürzten etliche Reuter von den Dänischen [332] auf den Thurm, um den zu behaupten, und schrieen Herrn Greiersen zu. Der rief: sie sollten den Thurm halten. Marx Meier sein Büchsenschütze aber richtete eine halbe Schlange auf den Thurm; da ließen sie das Fallgatter auf und hielten Friede. Nun kam Herr Greiersen wieder an die Pforte des Schlosses und hatte viel zu sagen: einer von Marx Meier seinen Gesellen aber sprach: „Soll ich ihm durch den Wanst schießen?“ Da sagte Meier: „nein, aber dem, der bei ihm steht;“ der ward alsbald erschossen. Nun läuft Herr Trude den Berg hinab, reißt ein Wagenpferd aus dem Stall und rennt davon; Marx Meier aber nimmt die Knechte auf dem Schloß gefangen, entwaffnet sie und läßt plündern; wobei sich eine Menge Gut fand. Da nahmen die Knechte den Marx Meier, wählten ihn zu ihrem Hauptmann, und übergaben ihm Haus und Geschütz, Harnisch und Pferde und Schiffe, das übrige theilten sie und zankten sich über die Beute; den Beutemeister ließen sie hängen und brachten das Gut durch. Daß die Schweden sich vor das Haus legten, kümmerte sie nicht; denn es war Wein und Bier genug da.

Endlich schickte Marx Meier seinen Bruder Geert nach Lübeck, um Verstärkung zu holen, und bekam eine Antwort nach seinem Willen. Es lag aber ein Schiff zur Wismar, welches auf die Bergenfahrer wartete; das nahm Geert, kaperte noch zwei Bergenfahrer, lud Bier und Malz und Mehl ein und brachte es nach Warberg [333] zur rechten Zeit. Denn der König von Dänemark kam mit großer Macht und schloß die Stadt zu Wasser und zu Lande ein und zerstörte die Mauern. Die Knechte aber waren unzufrieden, weil sie seit anderthalb Jahren schlechte Löhnung erhalten: da ihnen nun freier Abzug mit Gut und Blut verheißen ward, so gaben sie die Verteidigung auf, obschon sie sich lange genug hätten halten können, und zogen ab. Herr Trude aber ließ bei Trommelschlag ausrufen: wer was von dem Warbergschen Schloßgut hätte, der sollte es abgeben. Auch setzte er die, welche vorhin das Haus eingenommen, in’s Gefängniß, und ließ sie samt den Bürgern, welche dabei geholfen, hinrichten. Marx Meier bekam freien Paß nach Helsingör: er wollte zum Könige, und ihm entdecken, was sein Rath vor ihm gern verborgen hielt. Aber Herr Melchior Ranzau, Tyge Krabbe und etliche mehr hintertrieben das, und machten, daß er ihnen befohlen ward. Da peinigten sie ihn, ließen ihn enthaupten und seinen Leib auf vier Räder legen. Der Kappellan, welcher bei ihm war, und das Schloß Warberg hatte einnehmen helfen, ward lebendig geviertheilt; dem Fähndrich der Kopf abgeschlagen und auf eine hohe Stange gesteckt.

Geert Meier kam auf den Willen der Landsknechte los, als ihn des Zöllners Magd zu Helsenör zur Ehe begehrte: dagegen verpflichtete er sich, diejenigen zu bezahlen, welche Forderungen an ihn machen würden: dem [334] Frohn, der auf seine Hinrichtung etliche Tage umsonst geharrt, gab er ein Trinkgeld. Mittlerweile aber kam Hermann Tilemann, ein Bergenfahrer, von Lübeck, der auf Schonen Vogt war, und ein Schiffer, Peter Holländer, und klagten von wegen des Kaufmanns zu Bergen den Geert als Seeräuber an. Da ließ Herr Tyge ihn von Helsenör nach Helsingborg holen und enthaupten; den Kopf schickte er der Braut, und ließ ihn hernach auf eine hohe Stange stecken.

Bemerkungen

[398] (desgl.)