Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mineralĭen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Mineralĭen“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 11 (1888), Seite 646649
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Mineral
Wiktionary-Logo
Wiktionary: Mineral
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Mineralĭen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 646–649. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mineral%C4%ADen (Version vom 15.12.2022)

[646] Mineralĭen (v. mittellat. minera, „Bergwerk, Erzgrube“; hierzu die Tafel „Mineralien und Gesteine“, mit Textblatt), die anorganischen starren oder tropfbarflüssigen Naturkörper von homogener Beschaffenheit. Das Erfordernis der Homogenität sondert einen großen Teil der Gesteine (s. d.) von den M. ab, diejenigen nämlich, welche sich als Gemenge verschiedener Mineralspezies herausstellen. Die Homogenität beruht darauf, daß die M. im wesentlichen eine bestimmte chemische Verbindung darstellen und sich einer festen chemischen Formel unterordnen. Abweichungen von der durch letztere geforderten Zusammensetzung sind als Verunreinigungen aufzufassen und gewöhnlich auch makroskopisch oder mikroskopisch als solche nachweisbar.

In morphologischer Beziehung teilen sich die M. in amorphe und kristallinische. Erstere, zu denen die tropfbarflüssigen und eine kleine Anzahl fester (z. B. Opal, Obsidian) zählen, entwickeln niemals, auch unter den günstigsten Verhältnissen nicht, ebenflächig begrenzte gesetzmäßige Gestalten (Kristalle, s. d.), während die kristallinischen M. die Fähigkeit, Kristalle zu bilden, besitzen, ohne jedoch immer oder auch nur meist kristallisiert zu sein. Im nichtkristallisierten Zustand stellen die kristallinischen M. einzelne oder zu Aggregaten aufgehäufte Körner, Blättchen oder Stengel dar, deren innere Struktur, wie sie sich aus Spaltbarkeit, optischem Verhalten etc. ergibt, die Ausdeutung dieser Körner, Blättchen, Stengel als unentwickelte Kristalle, als verkümmerte Individuen erlaubt. Zu dieser Auffassung ist man um so mehr berechtigt, als von den einzeln eingewachsenen (s. Tafel, Fig. 2), allseitig ebenflächig und gesetzmäßig begrenzten Kristallen bis zu dem Haufwerk vieler äußerlich gesetzlos begrenzter Körner etc. die mannigfaltigsten Übergänge beobachtet werden können. So sind die aufgewachsenen Kristalle (Fig. 3 u. 7) nur noch an ihrem freien Ende ebenflächig begrenzt, während ihr unteres Ende sich der zufälligen Unterlage anschmiegt. Mehrere bis viele Kristalle bilden durch Gruppierung um einen Punkt eine Kristallgruppe (Fig. 1) oder durch Ausbildung in einem Hohlraum eine Kristalldruse und besitzen in beiden

[Ξ]

MINERALIEN UND GESTEINE.
1. Freie Kristallgruppe.
2. Eingewachsene Kristalle.
3. Aufgewachsene Kristalle. Gang.
4. Stängeliges Aggregat.
5. Körniges Aggregat.
6. Dendritisches Aggregat.
7. Aufgewachsene Kristalle. Druse.
8. Gestricktes Aggregat.
9. Plattiges Aggregat.
10. Traubiges Aggregat.
11. Derb, eingesprengtes Mineral.
12. Achatmandel.
13. Körnige Gesteinsstruktur.
14. Porphyrartige Struktur.
15. Porphyrstruktur.
16. Sphärolith. Struktur in körn. Gestein,
17. desgl. in glasigem Gestein.
18. Mandelsteinstruktur.
19. Gneisstruktur.
20. Breccie.
21. Konglomerat.
22. Geschichtetes Gestein.
23. Oolithische Struktur.
24. Oberfläche von Lava.
[Ξ]
Inhalt der Tafel ‚Mineralien und Gesteine‘.




Fig. 1. Freie Kristallgruppe. (Quarz von Herkimer im Staat New York.)
 „   2. Eingewachsene Kristalle. (Kobaltglanz von Tunaberg in Schweden.)
 „   3. Aufgewachsene Kristalle, Gangbildung. (Bleiglanz und Spateisenstein von Heudorf am Harz.)
 „   4. Stängeliges Aggregat. (Antimonglanz von Arnsberg in Westfalen.)
 „   5. Körniges Aggregat. (Kokkolith von Arendal in Norwegen.)
 „   6. Dendritisches Aggregat. (Solnhofener Lithographie-Schiefer.)
 „   7. Aufgewachsene Kristalle, Drusenbildung. (Stilbit vom Fassathal.)
 „   8. Gestricktes Aggregat. (Silber von Potosi in Bolivia.)
 „   9. Plattiges Aggregat. (Gold von Siebenbürgen.)
 „  10. Traubiges Aggregat. (Malachit von Bogoslowsk im Ural.)
 „  11. Derb, eingesprengtes Mineral. (Schwefel von Weenzen bei Alfeld.)
 „  12. Achatmandel (von Oberstein, geschliffen).
 „  13. Körnige Gesteinsstruktur. (Granit von Baveno.)
 „  14. Porphyrartige Gesteinsstruktur. (Granitporphyr.)
 „  15. Porphyrstruktur. (Porphyrit vom Dschebel Duchan, halbgeschliffen.)
 „  16. Sphärolithische Struktur in körnigem Gestein. (Kugeldiorit von Corsica, halbgeschliffen.)
 „  17. Sphärolithische Struktur in glasigem Gestein. (Liparitischer Obsidian von Lipari, halbgeschliffen.)
 „  18. Mandelsteinstruktur. (Melaphyr-Mandelstein von Ilfeld am Harz.)
 „  19. Gneisstruktur. (Gneis.)
 „  20. Breccie. (Trümmerachat, halbgeschliffen.)
 „  21. Konglomerat. (Puddingstein von England, halbgeschliffen.)
 „  22. Geschichtetes Gestein. (Gebänderter Gips von Ilfeld.)
 „  23. Oolithische Struktur. (Oolith von Staßfurt, halbgeschliffen.)
 „  24. Oberfläche von Lava. (Hawai.)




[647] Fällen nur noch an den frei entwickelten Enden gesetzmäßige Formen, während im erstern Fall ihr inneres, im letztern Fall ihr äußeres Ende stängelige Aggregate darstellt. – Körnige Aggregate (Fig. 5) können des nähern nach der Größe der zusammensetzenden Individuen großkörnig, grobkörnig und feinkörnig, nach ihrer Form eckig-körnig, rundkörnig oder glattkörnig sein; stängelige Aggregate (Fig. 4) lassen sich als stabförmige, nadelförmige, faserige, haarförmige, als parallelfaserige, radialfaserige, blätterige als tafelförmige, keilförmige, schuppige unterscheiden, Bezeichnungen, welche ohne nähere Definition verständlich sind. Bei allen drei Grundformen der Aggregation unterscheidet man ferner makrokristallinische, mikrokristallinische und beide zusammen als phanerokristallinische Aggregate im Gegensatz zu den kryptokristallinischen (dichten). Die Zusammensetzung der zuletzt genannten Aggregate aus kleinsten Individuen ist erst unter dem Mikroskop nachweisbar. Sehr kleine, innig miteinander verwachsene Individuen bilden haar- und drahtförmige Gestalten, und durch Verwachsungen dieser letztern entstehen die zähnigen, baum-, feder-, plattenförmigen (Fig. 9), die ästigen und gestrickten (Fig. 8) Aggregate. Kompliziertere Strukturen entstehen, wenn die aus den Einzelindividuen zusammengesetzten Aggregate ersten Grades noch einmal unter sich zu Aggregaten zweiten Grades verbunden sind. Hierher gehören z. B. die Erbsensteinstruktur (pisolithische, oolithische): Kugeln aus Schalen und diese aus radialfaserigen Individuen zusammengesetzt; die Stalaktitenstruktur: zapfenförmige Aggregate, aus radialfaserigen oder radialblätterigen Individuen bestehend, die um eine Längsachse gruppiert sind; die Glaskopfstruktur: gebogene, aus faserigen Individuen zusammengesetzte Schalen bilden eine nierenförmige Oberfläche; die traubige (Fig. 10) und nierenförmige, die dendritische Struktur (Fig. 6): meist sehr kleinkörnige Aggregate sind mit dünnstem Querdurchmesser baumförmig oder pflanzenähnlich auf eine Fläche ausgebreitet etc. – Im Gegensatz zu den kristallinischen M. lassen die amorphen M. eine solche Zerfällung in einzelne Individuen niemals erkennen, besitzen keine nach bestimmten Flächen orientierte Spaltbarkeit, und ihre äußere Gestalt ist entweder die des Tropfens oder eine rein zufällige, von der Begrenzung der Umgebung abhängige, auch erdige.

Von den physikalischen Eigenschaften der M. ist die Spaltbarkeit (s. d.) in einem besondern Artikel behandelt. Unter Bruch versteht man die Beschaffenheit der nicht durch die Spaltbarkeit entstandenen Trennungsflächen (Bruchflächen) und unterscheidet muscheligen, ebenen, unebenen, erdigen, splitterigen und hakigen Bruch. – Das spezifische Gewicht der M. schwankt zwischen weiten Grenzen (gediegen Platin = 17–18, Meerschaum = 0,9–1,2), jedoch ist bei den weiter verbreiteten Arten, so namentlich bei den gesteinsbildenden, ein spezifisches Gewicht von 2,5–3 das häufigste. – Über die Härte der M. s. d.; über diejenigen optischen Eigenschaften, welche in direktem Zusammenhang mit den Kristallgestalten stehen, vgl. Kristall. – Die Farbe der M. kann eine wesentliche, der chemischen Substanz entsprechende sein (farbige, idiochromatische M., wie roter Roteisenstein, roter Zinnober, blauer Kupfervitriol), oder sie kann an eine der chemischen Zusammensetzung des Minerals fremde Substanz (Verunreinigung) gebunden sein, welche an sich farblose M. in gefärbte (allochromatische) umwandelt. So ist Rauchquarz durch organische Substanz braun bis schwarz gefärbter Quarz, Smaragd durch Chromoxyd gefärbtes Berylliumaluminiumsilikat; rote Färbungen sind sehr häufig auf beigemengtes Eisenoxyd, gelbe und braune auf Eisenhydroxyd zurückzuführen. Die Nüancen der Farben werden nach landläufigen Ausdrücken bezeichnet. Neuerdings hat Fischer vorgeschlagen, sie mit den Normalfarben der internationalen Farbenskala von Radde zu vergleichen, wodurch zweifellos eine exaktere Beschreibung ermöglicht wird als nach der bisherigen umschreibenden Methode. An einem und demselben Exemplar finden sich nicht selten zweierlei Färbungen vor, sei es, daß der Kern eine andre Farbe als die Umhüllung besitzt (im Innern rot, äußerlich grün gefärbte Turmalinkristalle) oder das eine Ende des Kristalls eine von der des entgegengesetzten verschiedene zeigt (so farblose Diopsidkristalle mit intensiv grünen Endigungen), sei es, daß Kristalle, noch häufiger Aggregate punktiert, gefleckt, geflammt, wolkig, geädert, gebändert etc. erscheinen. Wichtig ist für eine Anzahl von M. der Unterschied in der Färbung größerer zusammenhängender Stücke und des Pulvers. Die Farbe des letztern erhält man leicht durch ein Reiben oder Streichen des Minerals auf einer aus unglasiertem Porzellan (Biskuit) hergestellten Platte (Strichtafel), weshalb man auch gewöhnlich von der Strichfarbe spricht. So besitzt der eisenschwarze Eisenglanz einen kirschroten Strich; das Pulver des speisgelben Eisenkieses ist bräunlichschwarz. – Nach dem Grade der Fähigkeit, das Licht durchzulassen (Pelluzidität), unterscheidet man die M. als durchsichtig, halbdurchsichtig, durchscheinend, kantendurchscheinend und undurchsichtig (opak). – Der Glanz der M. ist seiner Qualität nach Metallglanz, Diamantglanz, Glasglanz, Fettglanz, Perlmutterglanz oder Seidenglanz, der letztgenannte sehr häufig an feinfaserigen Aggregaten als direkte Folge dieser Aggregationsform. Der Stärke ihres Glanzes nach unterscheidet man die M. als stark glänzend, wenig glänzend, beim Fehlen jeglichen Glanzes als matt. Das gleichzeitige Auftreten von Metallglanz, gewissen (metallischen) Farbennüancen und Undurchsichtigkeit an einer Mineralspezies bedingt den metallischen, nicht metallischer Glanz, nicht metallische Farben und Durchsichtigkeit, wenn auch nur in geringem Grade, den nicht metallischen Habitus einer Spezies, Unterschiede, die als leicht auffallend zur Bestimmung der M. vorzüglich benutzbar sind. Unwichtig zur Bestimmung und nur von theoretischem Interesse (namentlich wegen ihres Zusammenhangs mit den Kristallgestalten) sind die elektrischen und die thermischen Eigenschaften der M., so Ausdehnung durch die Wärme, Wärmeleitung etc., während die Überführung aus dem festen Aggregatzustand in den flüssigen durch Erhöhung der Temperatur (Grad der Schmelzbarkeit) wiederum einen zur Bestimmung sehr wertvollen Anhaltspunkt gewährt. So verwendet namentlich Kobell diese Unterschiede sehr wesentlich, indem er für die schmelzbaren M. eine Skala von sechs Graden aufstellt, ähnlich wie bei der Härteskala den Grad des zu untersuchenden Minerals durch Vergleich bestimmend. Die sechs Schmelzgrade sind, von dem am leichtesten schmelzbaren Mineral anfangend: 1) Antimonglanz, 2) Natrolith, 3) Almandin, 4) Hornblende, 5) Orthoklas, 6) Bronzit. – Magnetismus besitzen nur wenige Mineralspezies, es ist aber diese Eigenschaft ebendeshalb für diese geringe Anzahl sehr charakteristisch. Hierher gehören Eisen, Magneteisen, [648] Magnetkies und noch einige viel Eisen enthaltende M., zu denen noch eine Mehrzahl kommt, die sich nach dem Glühen als magnetisch erweisen. – Als physiologische Merkmale endlich werden auf Geschmack, Geruch und Gefühl wirkende Eigenschaften der M. aufgeführt, unter ihnen einige zur rohen Bestimmung recht nützliche, wie der Geschmack des Steinsalzes, des Sylvins, der eigentümliche Geruch, den thonige M., namentlich nach dem Anhauchen, zeigen, ferner der bituminöse, welcher entweder direkt oder noch häufiger nach dem Anschlagen beobachtet wird, endlich das eigentümlich fettige Gefühl, welches die Berührung des Talks und des Graphits hervorruft. Auch das Adhärieren an befeuchteter Lippe, welches hygroskopische M. (Thone, bestimmte Opalvarietäten) zeigen, gehört hierher. – Von ganz besonderer Wichtigkeit sind die chemischen Eigenschaften der M. Die Mineralspezies sind, wie schon hervorgehoben, feste chemische Verbindungen, welche sich einer bestimmten chemischen Formel unterordnen. Weder die Beobachtung, daß Körper gleicher chemischer Zusammensetzung in verschiedenen Kristallsystemen kristallisieren, d. h. mehr denn eine Mineralspezies bilden (Heteromorphismus, s. d.), noch die in gewissem Sinn vorhandene Dehnbarkeit der Formel isomorpher Mineralreihen (s. Isomorphie) können die allgemeine Gültigkeit dieses Satzes angreifen. Diese hervorragende Wichtigkeit der chemischen Zusammensetzung findet ihren Ausdruck darin, daß neuerdings vorwiegend sogen. chemische Systeme bei der Anordnung der Mineralspezies angewandt werden. Nach Zirkels Bearbeitung von Naumanns „Elementen der Mineralogie“ gliedern sich die M. wie folgt:

I. Klasse. Elemente und deren isomorphe Mischungen; mit den Ordnungen der Metalloide und der Metalle (unedle spröde, unedle geschmeidige und edle).
II. Klasse. Schwefelverbindungen und die des Selens, Tellurs, Arsens, Antimons und Wismuts; mit den Ordnungen der einfachen Sulfide (Selenide etc.), der Sulfosalze und der Oxysulfuride.
III. Klasse. Oxyde; mit den Ordnungen der Anhydride und der Hydroxyde und Hydrate.
IV. Klasse. Haloidsalze; mit den Ordnungen der einfachen Haloidsalze und der Doppelchloride und -Fluoride sowie einem Anhang: Oxychloride.
V. Klasse. Sauerstoffsalze (Oxysalze); mit den Ordnungen der Aluminate und Ferrate, Borate, Nitrate, Carbonate, Selenite, Arsenite und Antimonite, Sulfate, Chromate, Molybdate, Wolframiate und Uranate, Tellurate, Phosphate, Arseniate, Vanadinate, Niobate und Tantalate, Antimonate, Silikate, Verbindungen der Silikate mit Titanaten, Zirkoniaten, Niobaten und Vanadinaten, Titanate. Von diesen Ordnungen zerfallen die meisten in zwei Unterordnungen, je nachdem die betreffenden Verbindungen wasserfrei oder wasserhaltig sind. Die Silikate werden in folgende „natürliche Gruppen“ untergeteilt: Andalusitgruppe, Turmalingruppe, Epidotgruppe, Olivingruppe, Willemitgruppe, Granatgruppe, Helvingruppe, Skapolithgruppe, Nephelingruppe, Glimmergruppe, Clintonitgruppe, Chloritgruppe, Talk- und Serpentingruppe, Augit- und Hornblendegruppe, Cordieritgruppe, Feldspatgruppe, Zeolithgruppe, Thongruppe nebst Anhängen: allerlei Metallsilikate.
VI. Klasse. Organische Verbindungen und deren Zersetzungsprodukte; mit den Ordnungen: Salze der organischen Säuren, Kohlen, Harze und Kohlenwasserstoffe.

Dem Werte der chemischen Zusammensetzung für die Systematik entsprechend, ist die Untersuchung der chemischen Eigenschaften behufs Bestimmung der M. in erster Linie wichtig, so zwar, daß die Konstatierung physikalischer und morphologischer Merkmale mehr als eine Hilfsuntersuchung, die erfahrungsmäßig auch zur Eruierung der chemischen Zusammensetzung führen kann, betrachtet werden muß. Für die chemische Untersuchung bedient sich die Mineralogie im allgemeinen der gleichen Methoden wie die anorganische Chemie, und nur für eine schnelle Bestimmung des zweifellos schon bekannten Materials wird mit Vorliebe der sogen. trockne Weg unter möglichst ausgiebiger Benutzung des Lötrohrs behufs Vornahme von Schmelzversuchen, Färbungen von Glasflüssen (Borax-, Phosphorsalzperlen) etc. gewählt. Weisbach, Hirschwald, Haushofer u. a., besonders aber Kobell haben diese Methode eines abgekürzten Wegs qualitativer Analyse ausgebaut und Anleitungen dazu publiziert. – Eng mit der chemischen Natur der M. hängt die Art und Weise ihrer Bildung zusammen. Für einen verhältnismäßig nur kleinen Bruchteil der Mineralspezies liegen direkte Beobachtungen vor; für weitaus die meisten sind wir als Epigonen der Prozesse ihrer Bildung auf Analogien und Hypothesen angewiesen. Erfahrungsmäßig bilden sich viele Silikate (Feldspate, Nephelin, Leucit, Augit, Hornblende, Glimmer), aber auch Phosphate (Apatit) und Oxyde (Magneteisen, Quarz) durch direkte Abscheidung aus den heißen, der Erkaltung unterliegenden Schmelzflüssen der den Vulkanen entströmenden Laven. Andre bei demselben Vorgang sich bildende M. sind durch Sublimationen entstanden, sei es, daß ihre chemische Natur eine direkte Vergasung durch Hitze und Wiederverfestigung durch Abkühlung anzunehmen erlaubt (so Salmiak, Steinsalz, Chloreisen), sei es, daß sich offenbar während der Sublimation Wechselzersetzungen vollzogen haben (Eisenglanz, gebildet durch die Einwirkung von Wasserdampf auf sublimierendes Chloreisen). Im Gegensatz hierzu vollzieht sich beispielsweise die Bildung des Gipses bisweilen auf einfach wässerigem Weg: Verdunstung einer Gipslösung. Bei andern Neubildungen ähnlicher Art spielen sich gleichzeitig kompliziertere Wechselwirkungen ab (so Gipsbildung durch Einwirkung oxydierenden Eisenkieses auf kohlensaures Calcium, Absatz der Carbonate aus Kohlensäure haltenden Wässern, Aufnahme von Wasser und dadurch Überführung wasserfreier Substanzen in wasserhaltige, Zeolithe aus Feldspaten, Gips aus Anhydrit, Bildung von Oxyden durch den Sauerstoff, von Carbonaten durch die Kohlensäure der Atmosphäre). Endlich können Organismen einen hervorragenden Anteil an der Bildung von Mineralspezies nehmen: die aus Kieselsäure oder aus Calciumcarbonat bestehenden innern oder äußern Skelette der Tiere oder Pflanzen (Diatomeen), die Holzfasern der Pflanzen werden gelegentlich in großer Masse aufgehäuft und gehen durch Umwandlungsprozesse in rein mineralische Substanzen über (Vivianit in Tierknochen, Polierschiefer aus Diatomeen bestehend, Verkohlungsprozeß). Über die eminente Bedeutung, welche die sogen. Pseudomorphosen als Signale bestimmter natürlicher Bildungs- und Umbildungsprozesse besitzen, vgl. Pseudomorphosen. Endlich können zur Erklärung der mutmaßlichen Bildungsweise der M. Experimente dienen, durch welche mit den natürlich vorkommenden identische chemische Verbindungen erzeugt werden. Die umfangreiche Litteratur über derartige Versuche findet sich in Fuchs’ „Die künstlich dargestellten M.“ (Haarlem 1872) übersichtlich zusammengestellt. Der Verallgemeinerung der dabei gewonnenen Resultate stellt sich die Schwierigkeit entgegen, daß sich die Natur in vielen Fällen nachweisbar eines mehrfachen Wegs bedient, um dieselbe Mineralspezies hervorzubringen. So ist Schwefel bald Sublimationsprodukt, bald Quellabsatz (durch Zersetzung des in den sogen. Schwefelquellen enthaltenen [649] Schwefelwasserstoffs), bald Abscheidung aus Doppeltschwefeleisen (Schwefel, eingebettet in Brauneisenstein, aus Eisenkies entstanden), bald Reduktionsprodukt aus Sulfaten (durch die enge Verknüpfung gediegenen Schwefels mit Cölestin und Gips mehr denn wahrscheinlich gemacht). – Hinsichtlich des Vorkommens unterscheiden sich die M. sehr auffallend untereinander ihrer Häufigkeit nach. Unter den etwa 800 Spezies, die man kennt, sind nur gegen 40 als wesentliche Bestandteile der Gesteine (vgl. Gesteine, S. 249) weit verbreitet, alle übrigen kommen nur als zufällige Beimengungen (accessorische Bestandteile) der Gesteine sporadisch vor und zwar entweder in einzelnen Individuen und Aggregaten in den Gesteinen eingewachsen, derb, eingesprengt (Fig. 11) oder in Hohlräumen derselben (auf Gangspalten als Gangmineralien, als Ausfüllungen ehemaliger Blasen, Mandeln etc.). – Betreffs der Benennung der einzelnen Spezies existiert leider kein Prinzip. Verhältnismäßig selten wurden und werden die Namen nach charakteristischen Eigenschaften gebildet (z. B. Orthoklas wegen seiner rechtwinkeligen, Oligoklas wegen seiner schiefwinkeligen Spaltbarkeit), wobei noch viele derartige Bezeichnungen als irrtümlicherweise für charakteristisch gehaltenen Eigenschaften entnommen schlecht gewählt sind (so Cölestin, dessen meiste Varietäten farblos sind). Am häufigsten sind Namen nach Fundorten und Eigennamen, aus beiden gewöhnlich durch die Nachsilbe „it“, seltener „lith“ gebildet, welch letztere nach neuern Vorschlägen für die Benennungen der Gesteine reserviert bleiben soll (z. B. Herrengrundit, Wolfachit, Wernerit, Danalith etc.). Kobell hat über die Mineralnamen ein interessantes Werkchen (Münch. 1853) publiziert. Hilfsmittel zum Studium der M. sind außer der unersetzlichen Beobachtung in der Natur selbst die Sammlungen, deren jede Universität, jedes Polytechnikum, jede Bergakademie meist in vortrefflichem Zustand besitzt. Das eigne Sammeln unterstützen Mineralienhandlungen (größere Geschäfte in Berlin, Bonn, Heidelberg, Freiberg, Göttingen), von denen einzelne Exemplare und ganze Sammlungen zu beziehen sind. Über Lehrbücher s. Mineralogie.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 620
korrigiert
Indexseite

[620] Mineralien (künstliche Bildung). Erhitzt man amorphes Schwefelzink mit viel Salmiak im Tiegel, so sublimiert nach Lorenz ein Teil desselben gleich dem Salmiak und setzt sich in kleinen, das Licht stark brechenden Kristallen an den Wandungen des Gefäßes ab. Die zurückbleibende Masse schmilzt zu einer klaren Flüssigkeit, die nach dem Erkalten begierig Wasser anzieht. Erhitzt man die geschmolzene Masse von neuem, so entweicht abermals Salmiak, und reines kristallisiertes Zinksulfid bleibt zurück. Genau ebenso verhält sich Schwefeleisen. Nun sind die Sulfide des Zinkes und des Eisens bei der angewandten Temperatur nicht sublimierbar, allein der Salmiak zerfällt bei dieser Temperatur in Chlorwasserstoff und Ammoniak und ersterer wirkt auf beide Schwefelmetalle in der Art ein, daß flüchtiges Zinkchlorid, resp. Eisenchlorür neben Schwefelwasserstoff entstehen. Beim Abkühlen der Dämpfe findet dann der umgekehrte Vorgang statt, indem aus Chlormetall und Schwefelwasserstoff Schwefelmetall und Chlorwasserstoff entstehen. Durocher hatte schon früher kristallisierte Schwefelmetalle durch Erhitzen von Metallchloriden in trockenem Schwefelwasserstoff erhalten. Bei den Lorenzschen Versuchen tritt die scheinbare Flüchtigkeit der Schwefelmetalle hinzu, die aber nur auf der Flüchtigkeit der Chlormetalle beruht. Als Lorenz Schwefelwasserstoff über metallisches Eisen leitete, welches bis nahe zum Schmelzpunkt des Schwefeleisens erhitzt war, erhielt er kleine schöne Kristalle von Troilit, einem außerirdischen Mineral, das bisher nur im Meteoreisen und in Meteorsteinen gefunden war. Nickelsulfid (Nickelkies, Millerit) wird auf diesem Wege nur in Form eines gelben Überzuges erhalten, dem recht wenige und sehr kleine Kristalle eingelagert sind. Dagegen gelingt die Darstellung der hexagonal kristallisierten Modifikation des Schwefelzinks, des Wurtzits oder der Schalenblende, sehr leicht bei Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf Zinkdämpfe. In gleicher Weise erhält man auch das Schwefelkadmium, den Greenockit, und zwar wenn man die Temperatur bis nahe zum Siedepunkte des Kadmiums steigert, in prachtvollen langen, gelben Spießen. Neben den gewöhnlichen hexagonalen Kristallen treten dabei schöne Zwillinge auf, welche eine neue monokline Modifikation des Kadmiumsulfids darstellen. Danach würde also die Zinkblendegruppe nicht mehr als dimorph, sondern als trimorph aufzufassen sein.