Liebes-Idyll
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Liebes-Idyll.
Im Park sitzt Kunigunde
Mit Eduard allein –
Am hohen Himmelsrunde
Erglänzt des Mondes Schein.
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Die Blätter rings erbebenIm linden Abendhauch –
Er spricht: »Mein teures Leben,
O sag’, liebst du mich auch?«
Es duftet süss der Flieder,
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So sinnberückend nah –Sie schlägt die Augen nieder
Und flüstert »Ja, ach ja!«
Der Nachtigallen Schlagen
Tönt durch den stillen Park –
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Er spricht nach ein’gem Zagen:»Dann – leih’ mir hundert Mark!«
Sie springt in jähem Grimme
Von ihrem Sitz empor
Und spricht mit heis’rer Stimme:
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»Wie kommen Sie mir vor!« …
Er drauf: »Warum denn grollen,
Mein Lieb, was fällt dir ein?
Sieh dort den Mond, den vollen,
Mit seinem Silberschein,
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Schaust du ihm nicht voll WonneIns leuchtende Gesicht? …
Auch er hat seine Sonne
Und – pumpt von ihr sein Licht!«
Otto Sommerstorff.