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Verschiedene: Die zehnte Muse

Der Nachtigallen Schlagen
Tönt durch den stillen Park –

15
Er spricht nach ein’gem Zagen:

»Dann – leih’ mir hundert Mark!«

Sie springt in jähem Grimme
Von ihrem Sitz empor
Und spricht mit heis’rer Stimme:

20
»Wie kommen Sie mir vor!« …


Er drauf: »Warum denn grollen,
Mein Lieb, was fällt dir ein?
Sieh dort den Mond, den vollen,
Mit seinem Silberschein,

25
Schaust du ihm nicht voll Wonne

Ins leuchtende Gesicht? …
Auch er hat seine Sonne
Und – pumpt von ihr sein Licht!«


Otto Sommerstorff.




Die Predigt am Magdalenentage.

Ein Priester predigte am Tage Magdalenen
     Vom Greuel ihrer ersten Lebensart;
Doch ward nachher das Lob der Schönen
     Ob ihrer Reu’ und Busse nicht gespart –

5
Nun fuhr der Redner zu den Damen,

     Die vor ihm sassen, eifernd fort:
»Wie viel sind unter euch, die mehr zu diesem Ort
     Sich zu belustigen, als zu belehren kamen! –

Absonderlich ist eine unter euch,

10
     Bei der hilft weder Droh’n noch Bitten –

An Leichtsinn und an losen Sitten
     Bleibt sie vielmehr sich immer gleich! – –

Wie heilig hat sie alle Jahr’
     Im Beichtstuhl Besserung versprochen –

15
Allein wie allzubalde war

     Stets dies Gelübd’ gebrochen? –

Und da sie ihre Frechheit immerdar
     Noch gar vermehrt – wer kann’s verwehren,
Wenn wir sie öffentlich beschwören? –

20
     Das will ich jetzt auch thun! – Es ist – es ist –
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Verschiedene: Die zehnte Muse. Otto Elsner, Berlin 1904, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_zehnte_Muse_(Maximilian_Bern).djvu/345&oldid=- (Version vom 31.7.2018)