Künstlers Wanderjahre
O gold’ner Frühlingsmorgenschein – –
Wie freudig funkelt die Sonne d’rein!
Wie winkt es vom Gebirge her
So wonnebang, so sehnsuchtsschwer!
Was fesselt mich noch an die düst’re Stadt?
Noch ist die Welt vernagelt nicht mit Brettern;
Wohlan – ich bin der dumpfen Mauern satt.
Die Pinsel ausgepackt; zur Hand die Mappe,
So wand’re ich im frohen Trappe
Der duft’gen Ferne zu, Berg auf, Thal ab!
Umschwebe mich, holdsel’ge Frau,
Du Poesie, die ich stets liebt’ im Stillen,
Die Schöpfung bei dem rechten Licht’ beschau;
Daß ich den Geist, der in ihr haust,
Vermag so recht herauszuwühlen,
Daß mir’s gelingt, wie Meister Göthe’s Faust,
Und spür’ ich dann den Geist recht vehement,
Laß mich den Augenblick beim Schopfe fassen:
Die schwerste Kunst ist, den Moment
Nicht unbenützt vorübergehen lassen. –
Die Leinwand her, die Farben aufgetragen!
Denn – was man schwarz auf weiß besitzt,
Kann man getrost nach Hause tragen!
Ich habe manche dunkle Nacht
Auf hoher Kuppe, einsam und allein
Saß ich im stillen Mondenschein
Ganz in der Schöpfung Majestät versunken – –
Nicht Worte hat ein jegliches Gefühl – –
O guter Mond, was gehst du doch so still! –
Ja, Mondenlicht in jeder Phase
Versetzt, man weiß es selbst nicht wie,
So recht in eine schwärmende Ekstase!
Die Kunst nicht gar so weit zurückgelassen,
Gäb’s eine Farbe, gleich den blassen
Gebrochnen, schwärmerischen Strahlen – –
Was wollt’ ich da für Mondlicht malen!
Man schilt den Künstler, der sich müht und quälet,
Und denkt nicht d’ran, daß uns das Mittel fehlet,
Das unsere Zwecke sanktionirt.
Gebt uns nur einen archimed’schen Stand,
So lang jedoch der Stoff den Geist gefangen hält,
Bleibt auch der Genius gefesselt an den Sand!
So sinnend stieg ich vom Gebirge nieder.
Schon schwang die Nacht ihr düsteres Gefieder;
War ich der stillen Kneipe nah,
Darinn’ ich meinen Wohnsitz aufgeschlagen,
Mein Pathmos und mein Tivoli! –
Schnell ward, was ich begehrte, aufgetragen,
Von ewigen Gedanken trunken –
Ganz in mich selbst und – in den Krug versunken!
’S’ist trüb! – Der Nebel hüllt der Berge Spitzen!
Da sitze ich in Mitte meiner Skizzen.
Laß deiner Dichtung gold’ne Ader fließen;
Der Nachgenuß – das ist erst recht genießen;
Dem trunk’nen Dichter holpert jeder Reim.
Doch – ehe du dein Werk beginnst,
Seyn oder Nichtseyn, das ist hier die Frage!
Ob ich, wie große Geister uns’rer Tage
An einem mächtigen Carton soll schwitzen?
Ob ich die Geister zu entfesseln wage,
– Frisch d’ran, frisch d’ran! Im Oel liegt Harmonie;
Die Farbe – ja, das ist die Melodie,
Die um das kalte Wort sich schlinget!
Was der Verständigsten Verstand nicht zwinget,
Und mit der Farbe da verhält es sich ganz ähnlich.
Die Farbe nur gibt Licht, – und wie man jetzt
Die Töne massig auf einander setzt,
Läßt sich doch auch die Wirkung gut erkennen;
D’rum wacker darauf los! Auf die Palette
Die Farben aufgelegt. – Ha, wie sie strahlen!
Heran, du Staffelei, nun gilt’s zu malen,
Als ob ich tausend Hände hätte.
Durch alle meine Adern rinnen!
Kaum kann ich folgen. Ach, ich fühl es schwer,
Daß zu des Geistes Flügeln nicht so schnelle
Ein körperlicher Flügel sich geselle!
Sie leuchte halb in sommerlicher Wonne,
Halb sei sie zugedeckt von Wetternacht;
Nur der Contrast ist’s, der die Wirkung macht!
Hier eine stille, lange, große Haide,
Darob der Sturmwind seine Elegieen winselt;
Und hier, vom Tannenbaume überdacht,
Der Hütte freundliches Asyl,
Die Quelle d’ran, des weichen Rasens Pfühl,
Als hielte hier Waldfräulein seine Rast,
Und wer es sieht, dem lacht das Herz vor Freude.
Das Hochgebirge schließ’ den Hintergrund,
Das macht die Landschaft fertig erst und rund!
Die Farben nicht gebrochen, ganz und satt,
Wie sie der Chemiker bereitet hat, –
Ich hasse Halbheit! – Auch ist wohl d’rauf anzutragen,
Daß die Lasur noch ihre Wirkung thut;
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Das kann dir jeder Töpfer sagen!
Was das Format betrifft – ich hab’ mich stets ergötzt
Am Uebermächtigen und Grandiosen.
Auch tappt die Welt nur nach dem Großen,
Was mir die Seele dehnt so weit und mächtig,
Das faßt kein Rähmchen ein, eng, schmal und schmächtig; –
Was ich empfind’ in Künstlerbrunst, –
Entfalte in der Länge sich und Breite,
Kurz ist das Leben, – aber lang die Kunst!