Himmelfahrt des Isaias
Einführung
Die Schrift, die hier als Himmelfahrt des Jesajas (=Isaias) aufgeführt wird, müsste korrekt "Das Martyrium des Jesajas" (MartJes) heißen. Sie bildet nur einen Teil der weit umfassenderen Schrift "Die Himmelfahrt des Jesaja" (AscJes=Ascensio Jesaja). Letztere besteht aus 11 Kapiteln, von denen der Beginn des ersten, das zweite, der Beginn des dritten und das fünfte Kapitel zur Schrift "Martyrium des Jesaja" gehören und hier (irreführend) als "Himmelfahrt des Isaias" dargeboten werden. Andere Exegeten halten im Gegensatz zu unserer Ausgabe das gesamte erste Kapitel für zum MartJes zugehörig (z.B. Charles). Das literarisch höchst uneinheitliche Gesamtwerk (AscJes) ist in weiten Teilen christlichen Ursprungs, datierbar ans Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. Einzig die hier dargebotene Erzählung über den Tod des Jesaja (MartJes) ist jüdischen Ursprungs und daher (bedeutend) älter.
Zur Textausgabe
Rießler folgt in Kapitel 2 und 3 dem in der Ausgabe von Robert Henry Charles, The Ascension of Isaiah, 1900 (Internet Archive), S. 84-95 als G² dargeboteten griechischen Text.
berief dieser seinen Sohn Manasses zu sich;
er hatte aber nur diesen einen.
und in Anwesenheit des Isaiassohnes Jasub …
er dachte aber nicht mehr an die Gebote seines Vaters Ezechias,
sondern vergaß sie;
denn Sammael ließ sich auf Manasses nieder
und umklammerte ihn.
und diente dem Satan, seinen Engeln und Mächten.
von den Worten der Weisheit und vom Gottesdienst abspenstig.
denn der Engel der Zügellosigkeit und Fürst dieser Welt ist Matanbukus.
Dieser hatte an Jerusalem wegen dea Manasses seine Freude
und er bestärkte ihn in der Verführung zum Abfall
und in der Zügellosigkeit, die in Jerusalem verbreitet war.
ebenso die Beschwörungskunst, das Wahrsagen aus dem Vogelflug,
die Zeichendeutung, die Hurerei, der Ehebruch,
endlich die Verfolgung der Gerechten durch Manasses, durch Belachira,
durch den Kanaaniter Tobias, durch Johannes von Anatot
und durch den Oberaufseher der Arbeiten, Sadok.
aufgezeichnet.
ebenso die Verehrung des Satans und sein Possenspiel,
entwich er aus Jerusalem und ließ sich in Bethlehem Juda nieder.
und so entwich er aus Bethlehem
und ließ sich auf einen Berg in der Wüste nieder.
sowie sein Sohn Jasub gleichfalls zurück,
samt vielen Gläubigen, die an die Himmelfahrt glaubten,
und ließen sich auf dem Berge nieder.
und alle waren Propheten.
Sie hatten nichts bei sich, sondern waren nackt
und sie trauerten tief über Israels Abfall.
kochten und gemeinsam mit dem Propheten Isaias verspeisten.
So brachten sie zwei Jahre auf den Bergen und Hügeln zu.
trat in Samaria ein gewisser Belchira auf.
Er stammte aus der Familie des Sedekias;
dieser war ein Sohn Kenaans, eines Lügenpropheten,
der in Bethlehem wohnte.
Ein anderer Sohn Kenaans, Ezechias, der Bruder seines Vaters,
war in des Israelkönigs Achab Tagen Lehrer der 400 Baalspropheten;
er hatte den Michäas, Imlas Sohn, geschlagen und beschimpft.
er lebte gleichzeitig mit dem Propheten Sedekias;
sie waren auch bei Samarias König Achazja, dem Sohn des Achab.
und weissagte über Achazja, daß er auf dem Krankenlager stürbe,
und daß Samaria in die Hand Salmanassars übergeben würde,
weil er die Propheten Gottes mordete.
ebenso ihr Lehrer Jalerjas vom Berge Joel, hörten dies.
daraufhin überredeten sie den Achazja, den König von Gomorrha,
so daß er den Michäas töten ließ.
denn er wohnte in der Gegend von Bethlehem;
jener aber hing dem Manasses an.
Er weissagte Lügenworte in Jerusalem
und viele in Jerusalem hatten sich mit ihm verbunden,
obwohl er ein Samaritaner war.
dann führte er die neunundeinhalb Stämme gefangen fort
und schleppte sie in die Berge der Meder und an den Fluß von Gozan.
und gelangte nach Jerusalem zur Zeit des Judakönigs Ezechias;
doch wandelte er nicht in seines samaritanischen Vaters Wegen,
weil er den Ezechias fürchtete.
wie er zu Jerusalem gottlose Reden führte.
und er entfloh in die Gegend von Bethlehem …
indem er sagte:
„Isaias und seine Genossen weissagen gegen Jerusalem und die Städte Judas,
sie sollen verwüstet werden,
ebenso gegen die Kinder Judas und Benjamins,
sie würden in die Gefangenschaft wandern,
und auch gegen dich, Herr König,
du würdest mit Haken und Eisenketten gebunden, dahinziehen.
Ich sehe mehr als Moses, der Prophet.
aber Isaias sagte: „Ich sah Gott und fürwahr, ich lebe noch.“
Und weiter nannte er Jerusalem ein Sodoma
und bezeichnete die Fürsten Judas und Jerusalems als Gomorrhavolk.“
So klagte er in vielen Dingen den Isaias und die Propheten bei Manasses an.
ebenso im Herzen der Fürsten Judas und Benjamins,
der Eunuchen und Ratgeber des Königs.
und er sandte hin und ließ den Isaias ergreifen …
stand sein Ankläger Belchira dabei,
ebenso all die Lügenpropheten;
sie lachten und äußerten ihre Schadenfreude über Isaias.
und verspottete ihn.
Sprich: „Ich log bei allem, was ich redete.“
Und „Die Wege des Manasses sind gut und recht.“
und obwohl seine Augen offen standen, sah er sie nicht.
Sprich nach, was ich dir vorsage!
Dann will ich ihren Sinn ändern
und den Manasses samt den Fürsten Judas und dem Volk und ganz Jerusalem dahin bringen,
daß sie dich verehren.
So weit es bei mir steht, so sage ich:
Sei verflucht und verwünscht, du, all deine Mächte und dein ganzes Haus!
und zersägten ihn mit einer Baumsäge.
die Fürsten und das Volk alle dabei und sahen zu.
Gehet in die Gegend von Tyrus und Sidon!
Denn mir allein hat Gott den Becher gemischt.
vielmehr redete sein Mund mit dem Heiligen Geist,
bis er entzwei gesägt worden war.
Erläuterungen
Die Himmelfahrt des Isaias ist die christliche Überarbeitung eines jüdischen, näherhin essenischen (2, 11; 5, 14) Werkes. Jüdischen Ursprungs ist der Bericht über des Isaias Martertod, während die zweite Erzählung, die Vision des Isaias, christliche Züge aufweist. Die Stücke 1, 3–13, 3, 13–5, 1 u. 11, 2–22 sind jüngere Zusätze. Die jüdische Erzählung beruht auf 2 Kg 21, 16 (Jos. Ant. X 3, 1). In Hebr 11, 37 „sie wurden zersägt“ dürfte eine Anspielung auf den Martertod des Isaias vorliegen. Auch der Talmud kennt dieses Martyrium (s. R. H. Charles, The Ascension of Isaiah 1919. E. Kautzsch, Die Pseudepigraphen des A. T. 1900, 119 ff).
- 1: 1 Im Jahre 687 v. Chr. 2 s. Is 7, 3 Searjasub.
- 2: 1 „er vergaß“ ein Wortspiel[1301] mit dem Namen Manasses s. Gen 41, 51. Sammael = Satan. 3 Worte der Weisheit = Gesetz. 4 Mataubukus vielleicht = unnütze Gabe. 5 s. 2 Kg 21, 6. 16. Anatot ist die Geburtsstadt des Propheten Jeremias. 6 s. 2 Kg 21, 17; 2 Chr 33, 18. 9 Michäas, Joel und Habakuk galten hier als Zeitgenossen des Isaias; vom ersten ist dies sicher. Der alte Ananias ist vielleicht Jehus Vater 1 Kg 16, 1 ff, 10 s. Matth 3, 4. 11 s. 2 Kg 4, 38 Dan 10, 2 f. 4 Esr 9, 26 Jos. Bell. Jud. II 8, 8. 12 s. 1 Kg 18, 22 und 22, 6 vermengt. Nach 1 Kg 22, 24 schlug Sedekias den Michäas. 14 s. 2 Kg 1, 1 ff. Der 2. Teil der Weissagung findet sich nicht im A. T. 15 Gebirge Joel vielleicht Gebirge Ephraim. Jalerjas vielleicht aus Eliezer entstanden. 16 Gomorrha Deckname für Jerusalem.
- 3: 2 s. 2 Kg 17, 6; 18, 11; 4 Esr 13, 40 Apok Bar. 42, 5 u. a.; Gozan eine Provinz in Mesopotamien. 5 Der Text ist lückenhaft. 6 s. 2 Chr. 33, 11. 9 s. Ex 33, 20 Is 6, 1 ff. 10 s. Is 1, 10. 12 Das 4. Kap. ist christl. Ursprungs.
- 5: 13 Becher = Leiden vgl. Matth 20, 22, Mark 10, 38 u. a. 14 vgl. Jos. Bell. Jud. II 8, 10 „sie (die Essener) lächeln während der Schmerzen“.
Anmerkungen (Wikisource)
Siehe auch folgende Artikel aus Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft zu dem hier dargebotenen Text: