Gutachten in Sachen der Abendmahlsgemeinschaft

Textdaten
Autor: Wilhelm Löhe
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Titel: Gutachten in Sachen der Abendmahlsgemeinschaft
Untertitel: Vor Freunden gelesen.
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Erscheinungsdatum: 1863
Verlag: Druck und Verlag der C. H. Beck’schen Buchhandlung. 1863
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Erscheinungsort: Nördlingen
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Gutachten
in Sachen
der
Abendmahlsgemeinschaft.




Vor einigen Freunden gelesen
von
Pfarrer Löhe
in Neuendettelsau.




Nördlingen.
Druck und Verlag der C. H. Beck’schen Buchhandlung.
1863.

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| |  Es ist Euch bekannt, meine lieben Brüder, was eine Anzahl von Geistlichen der bayerischen Landeskirche, einige von uns unter ihnen, im Laufe der letzten Jahrzehnte für Anstrengungen gemacht haben, um in der lutherischen Landeskirche von Bayern das bei uns wie in allen deutschen Landeskirchen eingerißene Uebel der Abendmahlsmengerei zu heben und die der lutherischen Kirche geziemende Treue in Betreff der Abendmahlsgemeinschaft wieder herzustellen. Es ist von diesen Geistlichen nicht blos ihrerseits Treue gehalten und öffentliches Zeugnis in Zeitschriften und Traktaten gegeben worden, sondern wir haben es auch nicht an Bitten und Vorstellungen bei den kirchlichen Behörden, sowie an Vorstellungen und Anträgen bei den Generalsynoden fehlen laßen. Auf der letzten Generalsynode hat man sich, wie bekannt, mit der Sache nicht mehr befaßen wollen, man hat die Berathung über unsere Eingabe abgelehnt, wie wenn der mühsam hergestellte äußere Friede der Landeskirche dadurch Gefahr laufen könnte, gestört zu werden. Ihr werdet wohl selbst alle mit mir übereinstimmen, daß nun unsere Mittel erschöpft und wir mit unsern Bemühungen, im Allgemeinen beßere Zustände herbeizuführen, am Ende sind.
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|  Ein solches Bekenntnis läßt sich nicht ohne tiefe Wehmuth thun. Es ist kein kleiner Theil unserer Lebenszeit, welchen wir der heiligen Sache gewidmet haben; um ihretwillen haben wir es ertragen, so lange Zeit in einem Stande der Protestation zu stehen, haben uns übel ansehen, übel von uns reden laßen, den Jammer der Misstimmung gegen uns hingenommen und dazu manch anderes Leid und Ungemach, das Euch und Gott bekannt ist: – und nach alle dem haben wir nun, wie gesagt, ausgearbeitet und vermögen im Allgemeinen nichts mehr zu thun. Wir sind darüber älter und fast alle grau geworden und anstatt uns gratulieren zu können, bleibt uns nichts übrig, als die Waffen hinzustellen und zu klagen, daß die heiligste und beste Sache, für die wir in unserm Leben eingestanden sind, im Allgemeinen den verdienten Anklang nicht gefunden hat.
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 Es wäre der größte Undank gegen Gott, wenn wir sagen wollten, wir hätten gar nichts ausgerichtet. Unsere Stimme in der heiligen Sache ist an vielen Orten vernommen worden, diesseits und jenseits des Meeres; es gibt einen ganzen Haufen von einzelnen Geistlichen hin und her, deren Gewißen so erregt wurde, daß sie für sich beßere Wege in ihrer Abendmahlspraxis einschlugen, als vorher. Es ist auch am Tage, daß in unserer eigenen nächsten Heimat unsere Zahl gewachsen ist; auch jüngere Geistliche haben sich in der Sache mit uns vereinigt und geben uns durch ihre Gesinnung ein gewisses Maß von Bürgschaft, daß die Zeugen und das Zeugnis mit uns nicht aussterben werden. Wir wollen aber hier unsere Erfolge nicht meßen, nicht zählen, nicht weitläufig vorlegen, damit wir uns nicht mehr zu rühmen, als Gott zu danken scheinen, und damit wir nicht unsere Gegner zu ungerechtem Widerspruch und Eifer reizen und damit der Wahrheit | neue Hindernisse erwecken. Was wir aber auch zu Gottes Preise von dem Erfolg unseres Zeugnisses und Verhaltens bei allem Bewußtsein eigener Misgriffe und Versündigung sagen könnten und dürften, es bleibt doch dabei, daß es im Allgemeinen und Ganzen nicht beßer geworden ist.
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 Als wir im Anfang des Handels unsere Stimmen erhuben, regten sich allenthalben die Gewißen: die Abendmahlsmengerei erschien fast allen, wenn auch leider nicht als Sünde, so doch als ein Uebel, dem man sich entringen müße, wenn man es auch nicht mit Einem Schlage überwinden könne. Man hätte nun in so langen Jahren Zeit und Mittel gehabt, das Uebel abzuthun; aber es ist im Allgemeinen bei einigen schwachen Versuchen geblieben; noch lastet allenthalben das alte Uebel, wie man leicht beweisen könnte, und, was das schlimmste ist, man hat die Sache ganz anders ansehen lernen. Was anfangs ein Uebel war, dem man sich mit aller Kraft entringen wollte, ist nun ein Uebel geworden, dem man sich nicht entringen kann, das man tragen muß, und das man auch tragen kann, weil es am Ende den Bestand der lutherischen Kirche doch nicht gefährdet. So schläft man allmählich ein, und wenn noch einige Zeit vorüber sein wird, wird man nicht blos, wie bisher, Entschuldigungs-, sondern Vertheidigungsgründe des Zustandes gefunden haben, und es vielleicht als Fortschritt der Kirche, als Abwerfung einer reformatorischen Härte bezeichnen, daß man sich über die confessionellen Zäune hinweg das Abendmahl reicht. Ein paar vereinzelte Beispiele von Sakramentsmengerei in den früheren Zeiten der lutherischen Kirche werden immer wieder Beweis geben müßen, und je länger, je kräftiger geben, daß man auch früher in der Sache nicht einig gewesen sei, und man wird | wohl zuletzt das 19. Jahrhundert rühmen, daß es auch diesen, wie andere unausgetragene Händel der Vorzeit zum glücklichen Vergleich und Ende gebracht habe.

 Und doch ist nichts einfacher, als der Schluß:

 St. Paulus sagt Tit. 3, 10.: Einen ketzerischen Menschen meide, wenn er ein und das andere mal ermahnt ist.
 Die Reformierten und Unierten sind Ketzer.
 Also sind sie zu meiden.

 Sagt man hierauf: Freilich ist der Schluß einfach, aber es ist zuvor zu beweisen, daß die Reformierten und Unierten Ketzer seien, dann erst gilt der Schluß; so wird der Beweis rücksichtlich der Reformierten sehr leicht zu leisten sein. Man ist zwar gewohnt, in unserem Jahrhundert Streitfragen nicht zu Ende zu bringen, Rede und Gegenrede zugleich aufrecht stehen zu laßen; in dem Punkt aber würde man sogar in unserer Zeit zum schnellen Siege kommen, und zwar nicht allein durch helle und übereinstimmende Zeugnisse aus der lutherischen Tradition, sondern durch einfache Exegese, durch einfache Darlegung des Inhaltes göttlicher Rede. Das Gerede von Schwesterkirchen würde in seiner Nichtigkeit leicht blosgelegt, und männiglich bewiesen werden können, daß, selbst wenn man dem Wort Schwesterkirche einen Sinn verleihen wollte, damit doch nicht die Grenzen und Unterschiede der Kirchen aufgehoben und die innigste, d. i. die sakramentliche Vereinigung, die alle confessionellen Zäune über den Haufen wirft, zuläßig gemacht würde. Es ist nicht nöthig, einen Ketzer mit Feuer und Schwert, ebensowenig mit Haß, Spott, Hohn und Unglimpf zu verfolgen; ich kann einen Menschen für einen Ketzer erkennen, ohne deswegen Billigkeit und entschuldigende | Liebe bei Seite zu werfen; ich kann ihn, und zwar selbst nach dem Urtheil unserer gestrengen Väter, in einem gewissen Sinne sogar noch für ein Glied der Kirche erkennen, und ihn dennoch meiden, meiden im persönlichen Zusammenleben, sonderlich aber im sakramentlichen. Nach drei Jahrhunderten, nach so langer Scheidung und getrenntem Nebeneinanderstehen sollte man es gelernt haben, in ruhiger Entschiedenheit den Ketzernamen, sei es auch gegenseitig, fest zu halten und zu tragen, ohne ihn deswegen in das Feuer des bitteren Haßes einzutauchen. - Man könnte es allenfalls auch gelernt haben, eine Kirche wegen großer Verwandtschaft eine Schwesterkirche zu nennen und sie dennoch wegen von ihr festgehaltener ketzerischer Lehren als eine andere, von der wahren Kirche geschiedene zu meiden. Der Name Ketzer drückt nichts anders aus, als das Urtheil, daß ein Mensch gegenüber dem klaren göttlichen Worte in irgend einem Glaubensartikel trotz empfangener sattsamer Ermahnung seine eigene menschliche Meinung festzuhalten und zu vertheidigen wage. Wo ich dies Urtheil anzuwenden habe, muß ich meinen Gegner kirchlich meiden, nicht blos aus Liebe zu mir selbst, damit ich nicht in der Wahrheit lau werde, sondern auch aus Liebe zu ihm, damit er nicht in der Lüge völlig ansäßig werde; ich muß ihn stören, durch meinen Widerspruch stören, durch meinen Widerspruch im Wort und Leben, damit er sich nicht in der Lüge ganz und gar verhärte. Es ist offenbar, daß ich einem Menschen die Liebe dadurch nicht aufsage, daß ich ihn einen Ketzer nenne und als solchen meide.
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 Was das Wort „meiden“ anlangt, so wird gewiß kein vernünftiger Mensch auf den Gedanken kommen, der Apostel habe damit blos den persönlichen Umgang im gewöhnlichen Leben verbieten wollen; er, der es 1. Cor. 7, 12–16. dem Christen | nicht gestattet, die angefangene Ehe mit Juden und Heiden abzubrechen, wird noch weniger gestatten, daß um der Ketzerei willen der persönliche Verkehr der Eheleute unterbrochen werde, – ein schlagendes Beispiel, welches Licht auf jeden anderen Verkehr, zumal von geringerer Innigkeit wirft. Wenn nun das Meiden nicht jeden persönlichen Umgang verbietet, was wird denn dann anders verboten sein sollen, als der kirchliche Umgang? Oder: wenn ja der persönliche Umgang verboten wäre, müßte dann nicht um so mehr der kirchliche Umgang verboten sein, der doch ein Umgang der Geister, und damit der innigste ist? Und wenn sich das Meiden auf den kirchlichen Umgang bezieht, muß es sich nicht da ganz besonders auf die sakramentliche Gemeinschaft beziehen, welche doch die Gemeinschaft der Geister in ihrer tiefsten Tiefe umfaßt? Und wenn ich nun jeden Ketzer kirchlich und sakramentlich meiden muß, werde ich dann nicht insonderheit den reformierten meiden müßen, dessen Ketzerei sich auf das Sakrament selber bezieht, der dem heiligen Abendmahle, ja gerade ihm, seinen höchsten Werth und damit auch die Kraft seiner heiligen Wirkungen nehmen will, oder doch, wenn auch ohne zu verstehen, was er thut, so handelt, daß die Schuld eines solchen Versuchs auf ihn fällt? – Wie man sich dem allen entwinden und trotz dem, ja trotz dem apostolischen Gebote Abendmahlsgemeinschaft mit Ketzern halten kann, verstehe ich nicht und kann es auch bei aller Lust zur Liebe und Gemeinschaft nicht entschuldigen, außer wenn ich erst angenommen habe, daß der Lutheraner, welcher so handelt, selbst nicht weiß und nicht erfahren hat, was das Sakrament ist und dem Menschen gibt.
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 Man wird wol eher geneigt sein, dies alles von Reformierten zuzugeben, als von Unierten; daß der Unierte, wie in dem | obigen Schlußsatz, (Seite 6) einfach neben den Reformierten gestellt wird, und ein Ketzer sein soll, wie dieser, werden viele nicht zugeben wollen. Ich gestehe auch selbst zu, daß man zwischen Unierten und Unierten einen Unterschied machen müße. Ich finde es denkbar, daß irgendwo im Complex einer unierten Landeskirche eine Gemeinde sein kann, die bei völlig lutherischer Lehre und lutherischem Leben blos deswegen uniert genannt wird, weil sie unter einem unierten Kirchenregimente steht. Eine solche Gemeinde ist nach meiner Ansicht gar nicht uniert. Die Kirchenregimenter der Landeskirchen sind unvermeidliche Superstructionen, aus deren Erduldung nicht allemal ein Schluß auf die Beschaffenheit der einzelnen Gemeinde gemacht werden darf. Wenn es eine Gemeinde gäbe, die trotz unierten Regimentes in Lehre und Sakrament ihre lutherische Sonderstellung festhielte, so würde ich sie ebenso wenig für uniert erachten, als mich; sie wäre in meinen Augen ebenso gut lutherisch, als ich selber, der ich doch über ein halbes Jahrhundert unter einem römisch-katholischen Summepiseopus lutherisch gelebt habe und noch lebe. – Ich gestehe übrigens, daß ich mich in der Wirklichkeit bisher immer getäuscht gefunden habe, so oft ich versuchte, einer in uniertem Complexe lebenden Gemeinde in Lehre und sakramentlicher Gemeinschaft die nöthige Sonderung zuzuschreiben.
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 Denke ich mir nun aber, wie man zu sagen pflegt, principiell unierte Christen, so weiß ich nicht, wie diese bei wirklichen Lutheranern dem Ketzernamen entgehen können. Entweder findet der Unierte die Worte des HErrn und seiner Apostel und Evangelisten vom heiligen Abendmahle undeutlich, so daß er sich deshalb nicht getraut, die Lehre der alten Kirchen von der Gegenwart und Austheilung des Leibes und Blutes | JEsu zu unterschreiben; oder er findet jene Worte deutlich, so daß er persönlich die Lehre der alten Kirchen theilt, ohne jedoch seiner eigenen Erkenntnis und der der alten Kirchen die Wichtigkeit beizulegen, die ihr von den alten Kirchen, namentlich von der lutherischen, beigelegt wird, und deshalb die Abendmahlsgemeinschaft mit den Andersgesinnten abzubrechen. In beiden Fällen steht er der lutherischen Kirche, besonders wenn er ein und das andere mal, oder gar oftmals ermahnt ist, so gegenüber, daß er kirchlich gemieden werden muß. Im ersteren Falle widerstrebt er ganz und gar dem göttlichen Worte, welches einfacher und deutlicher als in den Sakramentsworten nicht reden kann, und gerade durch sie jede gutwillige Seele unter den Gehorsam des Glaubens gefangen nimmt. Es kann hier nicht an der Erkenntnis, sondern allein am Willen mangeln; der menschliche Wille weigert sich nicht blos gegen die übereinstimmende Auffaßung aller alten Kirchen, sondern gegen die klarsten Worte Gottes selbst. Hier ist eine Ketzerei des Willens, die in ihrem Grunde wie in den Folgen um nichts weniger verwerflich ist, als jede andere. Im zweiten Falle aber, in dem das klar erkannte Wort für andere nicht maßgebend gemacht werden will, und der unmisverständliche Posaunenton des göttlichen Wortes selbst zu einer Privatmeinung gestempelt wird, vermag ich ebenso wenig, als im ersten Falle etwas anderes zu erkennen, als eine Ketzerei des Willens, vor der mir am Ende ein stärkeres Grauen zugeht, als vor der reformierten Ketzerei, die am Ende doch subjective Ehrlichkeit und Redlichkeit zuläßt. Oder soll man die letztere unierte Meinung doch mit Blindheit entschuldigen? Kann man das Wesen des heiligen Abendmahls anerkennen, ohne seine Größe und Herrlichkeit, seine Wirkungen und Segnungen zu erkennen! Kann einer wißen, was er im | Abendmahle hat, ohne demselben die größte Bedeutung fürs Leben des Einzelnen und der Gemeinde zuzuerkennen? Kann jemand wirklich so kurzsichtig sein, daß er sich desfalls mehrmals kann ermahnen laßen, ohne in die Klarheit zu kommen? Ich gestehe, daß ich über den Zustand, den inneren sittlichen Zustand der sogenannten principiell Unierten im großen Zweifel bin. – Wenn aber auch das nicht wäre, wie soll ich mir denn das kirchliche Verhalten des Unierten in ein einfaches Wort übersetzen? Muß ich nicht entweder sagen: „Der Unierte will das Wesen des Sakramentes und deshalb dessen Wichtigkeit und Wirkung nicht erkennen,“ oder: „Er erkennt das Wesen, aber er will die Wichtigkeit und Wirkung nicht zugestehen?“ Muß ich nicht für beide Fälle sagen: „er will nicht sehen, die Wahrheit nicht sehen, die Größe, die Wichtigkeit, die Wirkung der Wahrheit nicht erkennen?“ Er schiebt die Sonne in den Nebel hinein, um nicht durch ihr Licht genöthigt zu werden, nach apostolischem Grundsatz zu verfahren? Sind aber solche Sätze nicht werth, Ketzereien des Willens genannt zu werden? Und sitzt nicht überhaupt die Ketzerei dem größeren Theile nach im Willen, nicht im Verstande? Ich finde einen Unterschied zwischen der unierten und reformierten Ketzerei, aber zu Ungunsten der Unierten, die das Licht der Jahrhunderte auslöschen, um im Dunkel gehen zu können. Ich gestehe es, daß ich im Sakramente mit den Reformierten nichts zu thun haben möchte, aber in der That noch weit weniger mit den principiell Unierten.
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 In unserer Zeit erhebt sich aus der protestantischen Kirche eine oberflächliche, breite Bahn machende Richtung, die protestantische Richtung des 19. Jahrhunderts. Mit einer gewissen Großartigkeit und Vornehmheit steigt sie über alle Confessionen hinweg, | nemlich über die protestantischen, und vollendet ihrer Meinung nach die Reformation dadurch, daß sie die Unterscheidungslehren der einzelnen Confessionen zu bloßen Ansichten stempelt, bei denen sich alle dulden müßen, das Sakrament aber zu einem Vereinigungspunkt aller.[1]
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|  Es kommt gar nicht darauf an, was der HErr mit seinen Sakramentsworten gemeint hat, sondern es sollen alle, welcherlei Ansichten sie über das Sakrament und andere Lehre haben, auf seinen Befehl zu Seinem Mahle kommen und ihn durch dasselbige wirken laßen, was er sich vorgenommen, selbst aber nur auf die Einigung, auf die Liebe sehen. Alle kommen, genießen Brod und Wein, verkündigen seinen Tod, laßen alle alten Streitigkeiten fahren und werden auf diesem Wege der Nonchalance Eine Kirche. Das ist der Sinn des Protestantismus, der sich, wenn ich recht sehe, zuerst in den Urwäldern Amerikas aufgemacht hat, die alte Welt zu erobern. Dem gelingt es auch. Sein ist außer den wenigen Lutheranern in allen Welttheilen schier alles, was protestantisch heißt. Es ist der großartig unierte kirchenstürzende Sinn der neuen Kirche, und das Haupt, aus dem er, wie Minerva geboren, ist nichts anderes, als die reformierte Kirche, die bei ihrem Unglauben an die Worte Christi vom Abendmahl von Anfang an die Abendmahlsgemeinschaft, d. i. die innerste Union unter allen protestantischen Parteien festhalten wollte, deren größte Ketzerei nicht in ihren verschiedenen Bekenntnissen vom Abendmahle sich ausspricht, sondern in dem Satze, daß überhaupt das Bekenntnis vom Abendmahle nicht kirchentrennend sei, und daß die Lehre vom heiligen Abendmahl nicht wie Luther gethan hat, unter die kirchentrennenden Artikel aufgenommen werden dürfe. Damit ist der Stiftung des HErrn ihre Bedeutung genommen, der Kirche die von Gott gegebene Erneuerungskraft entzogen, und der Altar, der mehr als alles andere die Kirche sammelt und erhält und erhalten soll, in den Nebel der Meinungen hineingeschoben. Nicht blos der ist reformirt geworden, der irgend ein reformiertes Abendmahlsbekenntnis annimmt, | sondern auch der, der in irgend einer Weise der Union huldigt und die Lehre vom heiligen Abendmahl aus dem Register der kirchentrennenden Lehren ausstreicht. Die Macht der reformierten Kirche liegt in der Union, die großartige Ketzerei des unierten Willens wird aber consequentermaßen zu irgend einem reformierten Bekenntnis, endlich zum negativesten führen, der Kirche die Lade und die Schechinah nehmen und einen leeren Tempel übrig laßen, der auf eine andere Zukunft des Herrn JEsus Christus wartet. Bei solchen Gedanken ist es erklärlich, wenn ich die nebelhafte Ketzerei des unierten Willens mehr verabscheue, als die des reformierten Bekenntnisses und den principiell Unierten, namentlich in unseren Tagen noch mehr scheue, fliehe und meide, als den Ketzer reformierten Bekenntnisses.

 Ich weiß, daß ich in allem Vorausgehenden auf das apostolische Wort: „Einen ketzerischen Menschen meide“ mich ausschließlich gegründet habe. Es reicht in seiner völlig klaren Einfalt aus. Doch ist die ganze Schrift desselben Geistes voll.

 Ist nun schon auf diese Weise die Sakramentsmengerei als durch Gottes Wort verworfen dargelegt, so läßt sich ihre Verwerflichkeit ebenso einfach noch durch andere unüberwindliche Gründe darthun. Z. B. wer überträgt einem Pfarrer sein Amt? Ganz offenbar die Kirche, der er selber angehört. Und für wen überträgt sie ihm das Amt? Ohne Zweifel für ihre Glieder und zwar nur für die ihrigen, ja zunächst nur für die Gemeinde, zu welcher der Pfarrer berufen ist, über deren Grenzen hinaus, wenn auch seine Fähigkeit das Amt zu verwalten, doch nicht seine Vollmacht reicht. Also ein Pfarrer darf seine amtliche Wirksamkeit nicht einmal über seine parochialen Grenzen erstrecken, ohne wider das Wort des Apostels zu sündigen, welcher | verbietet, in fremdes Amt zu greifen[2]; fremde Parochianen der gleichen Confession dürfen von ihm nur nach bestimmter Regel und Ordnung bedient werden; die parochialen Grenzen beschränken seine Wirksamkeit, und die confessionelle Scheidung, welche doch von weit größerer Bedeutung ist, wird leichten Fußes übersprungen! Wer hat dich denn zum Dienste der Reformierten oder Unierten berufen? Bei den Römischen, deren Sakramentslehre einem Lutheraner am Ende weit mehr Befriedigung gewähren könnte, als die der Reformierten, begreifst du deine Grenzen, und bei den Reformierten und Unierten begreifst du sie nicht? Ja, selbst wenn du dich der übrigen Lehrunterschiede willen von den Römischen geschiedener erachtest und erachten mußt, als von den Reformierten; wenn dir die Uebereinstimmung mit den Reformierten in vielen anderen Lehren Sand in die Augen streut, den gewaltigen Unterschied im Sakramente zu erkennen; solltest du doch die parochialen Grenzen der Reformierten nach deinem lutherischen Standpunkt achten; auch der Reformierte hat ja seine gemeindliche Zugehörigkeit, und muß sie suchen, von Gottes und Rechts wegen suchen, wenn er sie nicht hat, du aber betrachtest ihn als ein herrenloses Schaf, greifst zugleich in fremdes Amt und über die Grenzen der Confession und handelst ohne Bedenken, als hättest du dazu das Recht. Selbst wenn uns reformierte Pfarrer im Geiste ihrer Kirche, zur Durchführung ihres Grundsatzes, daß das Abendmahl nicht kirchentrennend sei, ein für allemal das Recht zugestehen wollten, die reformierten Parochialgrenzen ganz unberücksichtigt zu laßen und ihren Leuten das Sakrament zu reichen, sollten wir es nicht thun, schon um unseres lutherischen | Grundsatzes willen, daß das Abendmahl kirchentrennend sei. Antwortet man hierauf, man wiße das alles, gebe auch alles zu, aber zuweilen werde man eben von der Barmherzigkeit gedrängt, den Reformierten zu Willen zu sein; so sollte man denken, die Barmherzigkeit könne in diesem Falle gar keine besonders tiefe, herzliche und schmerzliche sein, weil hier von Barmherzigkeit gar keine Sprache sein könne, sondern nur vom Recht. Man stempelt das Unrecht zur Barmherzigkeit um, damit man es thun kann, anstatt das Gewißen für Recht und Unrecht zu erwecken. Dem Lutheraner in der Fremde wird unter allen Umständen verboten, sich sakramentlich zu bedienen, er muß mit dem crede et manducasti zufrieden sein, und doch entbehrt er so viel; und der Reformierte, der bei unserem Abendmahle gar nicht sucht, was wir ihm geben, es auch nicht nimmt und nicht entbehrt, welcher, wenn man es von lutherischem Standpunkt aus betrachtet, am Sakrament überhaupt nicht viel entbehrt, der reizt so viele lutherische Pfarrer zur Barmherzigkeit! Ist er denn nicht leicht wegzuweisen? Er fährt vielleicht alljährlich weite Strecken des Vergnügens wegen, und sollte in einer das Erbarmen gar so sehr erregenden Noth sein, wenn er ein paar Stunden gehen, fahren oder die Eisenbahn benützen muß, um die Gemeinde zu finden, zu der er gehört oder der er doch zuzuweisen ist? Ist es zu erbarmen, wenn er das nicht thun mag, und greift das so gar in ein erbarmungsvolles Herz, einem Menschen von dieser Art zu sagen: „Geh zu den Deinen“!? Ist wahres Erbarmen vorhanden, so belehrt man den armen Reformierten erstens darüber, daß auch sein Abendmahl für ihn, als Reformierten, noch einiger Mühe werth sei, zweitens aber, daß in der lutherischen Kirche das Sakrament | so groß und hoch und segenbringend geachtet werde, daß man, um es zu empfangen, es nach dem Maße der vorhandenen Gabe erst erkennen und schätzen müße. Kurz, die wahre Barmherzigkeit muß einen Pfarrer lehren und dringen, den Reformierten zur lutherischen Kirche zu führen, damit er nicht ein Fremdling, sondern einheimisch und Bürger am Altar werde. Läßt sich aber ein Reformierter nicht belehren, will er in Bayern bei den Lutheranern, in seiner reformierten Heimat wieder bei den Reformierten zu Gottes Tische gehen, also, welche Privatansicht er auch vom Sakramente habe, im Sakramentsgenuße ächt reformiert bleiben; so muß man nicht von Barmherzigkeit gegen die Reformierten reden, sondern sich lieber selbst prüfen, ob man nicht ein schwacher Sklave elender kirchlicher Verhältnisse und friedlichen Behagens, oder gar ein Bauchpfaffe ist, der die Gabe des Reformierten, des so oft wohlhabenden, nicht entbehren mag, deren Betrag vielleicht hinreichen würde, um dem Reformierten die Reise zu seinen Glaubensgenoßen und zu seinem Abendmahle zu ermöglichen. – Es versteht sich, daß, was von dem Reformierten gesagt ist, ebenso auch von dem Unierten gilt.
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 Daß hier das alles nicht zur Belehrung, sondern nur zum Zeugnis gesagt wird, leuchtet nach so langem Kampfe und so vielfacher Erörterung der Sache ein. Es darf und muß wiederholt werden, weil es nöthig ist. Man redet zwar gern so, als käme die Sakramentsmengerei unter uns nur noch ausnahmsweise vor; allein es ist durchaus nicht schwer, Beweis und Beleg zu liefern, daß in sehr vielen Gemeinden, ja fast überall, wo es eine reformierte oder unierte Diaspora gibt, die Ausnahme zur Regel geworden | ist, und daß man bei den Anschauungen der Sache, die sich im Laufe der Zeit gebildet haben, auf eine Aenderung der Verhältnisse gar nicht mehr hoffen kann. Käme hier und da einmal ein vereinzelter Fall vor, könnte man das mit Wahrheit sagen; so könnte man freilich die Protestation entweder fallen laßen, oder nur gegen den einzelnen Fall erheben. So ists nun aber nicht, und wir vermeiden es hauptsächlich nur darum, den in Bayern ohnehin jedermann bekannten Nachweis zu liefern, damit man uns nicht den Vorwurf mache, wir stellten die Schmach unserer lutherischen Landeskirche zur öffentlichen Schau aus. So wie die Sachen stehen, kann man allerdings sagen, die Sakramentsgemeinschaft der lutherischen Landeskirche Bayerns (und so viel wir wißen auch aller andern Landeskirchen, wie es ja auch kaum anders sein kann) könne von den Miswollenden als ein Zeugnis genommen werden, daß unsere Väter, an ihrer Spitze Luther, sehr unrecht gethan hätten, neben der nothwendigen Scheidung von den Römischen noch eine Scheidung, nemlich die von den Reformierten aufzurichten und damit das arme Volk nur desto mehr zu zerreißen und zu zerspalten. Von unserem Verfahren haben unsere Väter offenbare Schmach. Sind wir die Leute nicht, die eine solche Scheidung gemacht hätten, so sollten wir doch, da es bei einigem Ernste ganz leicht wäre, die vorhandene Scheidung wenigstens aufrecht erhalten. Wir thun es nicht, und doch gewis nicht aus Treue! Offenbar leben wir nicht nach lutherischem, sondern nach reformiertem Grundsatz: tausend und aber tausend Beispiele der Sakramentsmengerei beweisen es, daß wir die Lehre vom Sakramente nicht mehr für kirchentrennend erachten, daß wir den Glauben aller Kirchen mit Ausnahme der reformierten, den nemlich an die wesentliche Gegenwart | und wirkliche Austheilung des Leibes und Blutes Christi, zu einer Privatmeinung, wie die Reformierten machen; denn obwol wir diesen Glauben mit der alten Kirche theilen, leiden wirs doch, daß sich von den Nordgrenzen des bayrischen Landes bis nach Lindau alljährlich Hunderte und Tausende zu unseren Altären nahen, die gar nicht daran denken, damit dem lutherischen Abendmahlsbekenntnis beizutreten, sondern dabei dem Unglauben oder der Nebelheimat ihrer Kirchen treu verbleiben. Da kann man von irgend einem Standpunkt aus sagen, was man will, einfach, kirchlich angesehen, triumphiert der reformierte Grundsatz, und das um so mehr, je länger es währt, und je mehr durch die Dauer Sinn und Verständnis der Pfarrer und Gemeinden abgestumpft wird.
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 Oder was für eine Wirkung sollen denn solche Zustände haben? Man könnte diese Frage, so wie wir Deutschen gerne thun, ohne den Blick auf die Wirklichkeit lösen, theoretisch die Tragweite unseres Verfahrens bestimmen, und da könnten wir denn allerdings, wie wir hundertmal thun, sagen, was wir wollten, und uns dann einbilden, es sei also. Aber was hilft denn das uns, die wir mitten im Leben der Kirche stehen? Wenn wir wißen wollen, was für eine pastorale Wirkung unsere Sakramentsmengerei hat, so dürfen wir nur in die Gemeinden gehen, wo sie herrscht. Da zeigt sichs, was sie wirkt. Laß in solchen Gemeinden von dem rechten Mann, unter den rechten Umständen, so daß keine Vermögensverhältnisse von Kirchen und Pfarreien etc. dabei berührt werden, den Vorschlag zur Union gemacht werden, so wird die ganze Gemeinde dafür zusammenstimmen, zumal wenn die Reformierten so gescheidt sind, den noch vorhandenen Kirchenschmuck und die Altäre stehen | zu laßen und nicht darauf zu dringen, daß man das Abendmahl etwa in der nacktesten schweizerischen Form, etwa auf dem Taufsteindeckel oder der Physharmonika halte. In solchen Gemeinden herrscht Gleichgiltigkeit gegen die confessionellen Grenzen, nicht blos Unkenntnis der Unterscheidungslehren, sondern Widerwille gegen sie; für das Sakrament, seine Kraft, seine Wirkung ist kein Sinn vorhanden, man gedenkt des Todes des HErrn aufs oberflächlichste, vieldeutigste und macht übrigens das Sakrament zu einem Sammelpunkte der verschiedenartigsten, zerfahrensten Glieder der Gemeinde. Von einer Einwirkung der Lutherischen auf die Reformierten kann ohnehin kaum die Rede sein; es müßte denn hie und da einmal einem Reformierten der Gedanke angeregt werden, daß doch die reformierten, z. B. die schweizerischen, Gottesdienste gar zu kahl seien! Das Sakrament muß einem Lutheraner der Aus- und Eingangspunkt nicht blos alles kirchlichen, sondern auch alles christlichen Lebens sein. Das Sakrament bildet, das Sakrament erhält, das Sakrament fördert und vollendet die Gemeinde, wenn es erfaßt, dargelegt, gereicht und gebraucht wird, wie es sein soll. In ihm ist für die Führung der Gemeinde und der einzelnen Seele das Centrum gegeben, in ihm concentrieren sich recht faßlich und greiflich alle Lehren der Kirche, am allermeisten die von der Rechtfertigung und Heiligung. Wer das weiß und erfahren hat, der weiß auch, was den Gemeinden, die Sakramentsmengerei treiben, genommen und unmöglich gemacht ist; der weiß auch, was der reformierten Diaspora in solchen Gemeinden genommen und unmöglich gemacht ist. Sakramentsmengerei und Union laßen keinen pastoralen Gebrauch des Sakramentes aufkommen, bringen das Abendmahl aus dem Centrum in die Peripherie und nehmen im | Altare und in seinem reichen Gottessegen den armen Gemeinden die Macht, der Welt und ihren Strömungen, dem Teufel, seinen Werken und Wesen zu widerstehen. Pfarrer und Gemeinden, die mit einander in der sakramental-lutherischen Richtung einig geworden sind, haben, das ist mein fester Glaube, eine Verheißung, daß die Pforten der Höllen sie nicht überwinden werden, wenn sie nemlich nicht blos menschlich, sondern geistlich einig geworden sind.
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 Diese Einigkeit haben wir ermöglichen wollen, das war unser Ziel, und unser Jammer ist, daß wir am Ende sagen müßen, wir haben nicht erreicht, was wir doch für möglich und erreichbar hielten und unter gewissen Umständen noch zu halten wagen. Nun könnten wir, – ich meine Euch, meine lieben Brüder und mich, die wir in dieser Sache Ein Herz und Eine Seele sind, – uns einfach in die traurige Notwendigkeit fügen. Wir einmüthigen Pfarrer haben ja an unsern Orten keine Noth. Es hat uns bisher kein Mensch gezwungen noch zwingen können, unser Amt nach anderen Grundsätzen zu führen, als die wir haben; es wird uns auch niemand zwingen; unsere Gemeinden und Beichtkinder sind entweder mit uns völlig einig, oder sie widerstehen uns doch nicht. Wir könnten also, zufrieden mit unseren nächsten Verhältnissen, unsere Heerden weiden, so gut wir es können und verstehen, und Gott dem HErrn, dem alle Dinge bewußt sind, die fernere Obsorge überlaßen. Wir können uns ja auch, wie schon oben gesagt, so mancher Nachfolger in der Ueberzeugung und Amtsführung getrösten; es sind unserer mehr geworden, als wir bei jener Schwabacher Versammlung gewesen sind, bei welcher wir unter den Augen und vor den Ohren eines | Polizeibeamten über die Geheimnisse des Himmelreiches und die sakramentliche Führung der Gemeinden verhandelt haben.
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 Allein auch unsere der lutherischen Kirche getreue sakramentliche Richtung hat eine Diaspora. Im ganzen Lande gibt es zerstreute einzelne Familien und Menschen, die unserer Ueberzeugungen sind, mit uns auf Abhilfe warteten, darum beteten und darnach rangen. Ihre Pfarrer und Gemeinden haben auf ihren Protest und ihre Vorstellungen ebensowenig geachtet, als die gesammte Landeskirche auf unser vereintes Bemühen. Wie wir um unseres Strebens willen der Landeskirche, so sind sie ihren Pfarrern und Gemeinden unbequem geworden, und da nach dem Resultate der letzten Generalsynode die menschliche Hilfe verschwindet, so stehen sie rathlos, verlegen und vereinsamt. Hie und da haben die treuen Pfarrer weichen müßen, oder der Hirte, der in der Gegend voran gieng, ist gestorben; es fehlt an Leitung, oder die Verlaßenen haben sich den Nachfolgern ihrer Hirten noch nicht angeschloßen u. s. w. Was soll nun aus den Armen werden, welche zum Theil krampfhaft an dem Zeugnis ihrer Führer festhalten? Hie und da haben sie sich in ihren heimatlichen Kirchen des Abendmahls enthalten, weil sie in ihrer Unklarheit nichts beßeres zu thun wußten und in der Zeit der Protestation und des Streites lieber einen Schritt zu viel, als zu wenig thun wollten. Hie und da haben sie das volle Recht und die volle Pflicht gehabt, sich zu enthalten: was sollten sie bei ihren Ueberzeugungen an Altären thun, an welchen offen nicht blos die unlutherische Praxis geduldet, sondern auch gepflegt und zum Grundsatz erhoben wurde? Die Hoffnung auf Beßerung machte ihnen die Entbehrung erträglich, oder sie vertrugen es, als verzweifelte Leute angesehen zu werden und mit | einem Dimissorium ihres Pfarrers zu anderen Altären zu gehen, an denen sie keine Abendmahlsmengerei zu befahren hatten. Was aber nun? Sollen die Menschen, denen das Sakrament Kern und Stern ihres Erdenlebens geworden ist, sich nach verschwundener Hoffnung auf Beßerung auf ein lebenslängliches crede et manducasti einrichten, oder immerfort bis in ihre alten Tage hinein nach dem Hochgenuß der sakramentlichen Feier wallen gehen? Oder sollen sie es machen, wie es hie und da etliche gemacht haben; sollen sie kampfesmüde, wartensmüde die Ueberzeugung und Ueberzeugungstreue fahren laßen, und sich, ohne ihr früheres Verhalten zu tadeln oder tadeln zu können, also ohne Reue, den von ihnen gemiedenen Pfarrern und Gemeinden anschließen und mit dem Haufen fortan ohne weitere Berücksichtigung aller Abendmahlszucht zu Gottes Tisch gehen? Da geschiehts vielleicht mit einer Resignation des Ingrimms, mit einem Gefühle der Abtrünnigkeit, so daß sie die erste Richtung verlaßen, und sich zu einer begeben, vor der sie dennoch keine Achtung haben. Vielleicht werden sie dann, wie man des bereits Beispiele hat, in dem Jammer und in der Verzweiflung geradezu Weltmenschen, die mit hellem Hohn über ihre erste und zweite Richtung ihren hungernden Seelen die Träber dieser Welt zu freßen geben, weil sie die Speise und den Trank des ewigen Lebens nicht wie sie wollten, bekommen konnten. Indem sie zu einer von dem HErrn verbotenen Abendmahlsgemeinschaft verzweifelnd griffen, wurden sie von dem Geiste der Verzweiflung noch weiter fortgerißen, bis zur Gemeinschaft der Welt und des Teufels. Sollen wir das dulden, liebe Brüder, und unsere eigene Diaspora unberathen laßen? Der HErr möge denen verzeihen, die lieber mit Reformierten und Unierten Gemeinschaft | halten wollten, als ihre Pflicht thun und den armen Schafen JEsu helfen, die er bei allen ihren Schwächen und Fehlern dennoch, weil sie seine erkauften und gewonnenen Schafe sind, mit einem größeren Erbarmen ansieht, als jene Schafe, die keinen Hirten hatten und die er auf dem grünen Gras der Berge von Galiläa dem leiblichen Hungertode entriß. Das dürfen wir nicht, und ihnen zu rathen, ihnen die nöthige Treue zu leisten, ist bei den folgenden Worten meine Hauptabsicht. Höret und prüfet, was ich nun sagen will.
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 Es ist und bleibt eine schwere Aufgabe, erklecklichen Rath zu geben. Vor einer Reihe von Jahren wanderten viele von denjenigen, denen es zu lange wurde, auf die Hilfe in ihren kirchlichen Nöthen zu warten, nach Amerika aus. Dort, in den fränkischen Colonieen von Michigan oder im Anschluß an andere von unseren Schülern und Sendboten gegründeten Gemeinden waren sie sicher vor Abendmahlsmengerei und sind es noch. So könnten auch jetzt noch unsere Brüder in der Diaspora sich aufmachen und über den Ocean gehen. Sie könnten sich auch an unsere Colonieen im Saginawthale, sie könnten sich an die Colonie St. Sebald am Quell im Staate Iowa oder an andere Gemeinden der lutherischen Synode Iowa anschließen und wären da aller Noth entrückt. Allein unsere Colonieen im Saginawthale sind unter den Händen Missourischer Pastoren missourisch, und wir wegen unserer Amtslehre so wie wegen unserer eschatologischen Richtung in ihren Augen Ketzer geworden. Das können wol unsere Colonieen und ehemaligen Schüler in Amerika vertragen, weil es ihnen vorkommt, sie seien dem göttlichen Worte treuer geblieben, als wir, und hätten die Verbindung mit uns nothgedrungen um Christi willen aufgeben müßen; unsere Freunde in Deutschland | aber sehen an dem Gang der nordamerikanischen Brüder, in welche Gefahr der Fanatismus kirchlicher Meinungen und des Undanks sie kommen könnten und wollen denselben Weg nicht gehen. Die amerikanische Colonisation ist seit dem Abfall unserer Colonieen und Schüler völlig ins Stocken gerathen, und so populär eine Zeitlang in der kirchlichen Noth unserer Heimat die Auswanderung nach Amerika gewesen war, so vollkommen ist durch die Missourische Bewegung aller Eifer ertödet. Kein Mensch will mehr nach Amerika gehen, um der kirchlichen Noth zu entfliehen; auch nach Iowa will niemand wandern; trotz der innigen Verbindung der Synode Iowa mit uns, traut man der amerikanischen Luft nicht mehr; es waren ja auch die Gemeinden von Missouri früherhin mit uns innig verbunden und dennoch gab es den heillosen Riß. Es wäre immerhin beßer, unsere gleichgesinnten Brüder in der Diaspora giengen nach Iowa, als sie blieben in ihren heimatlichen Gemeinden, wo sie vergeblich auf Beßerung warten, sich schwer halten können und in beständiger Gefahr schweben müßen, von ihren theuersten Ueberzeugungen zurückzukommen und Seelenschaden zu leiden. Aber das scheint vorbei, zumal bei der gegenwärtigen kriegerischen Noth der nordamerikanischen Staaten.
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 Was also kann man rathen? Zunächst an dem vorigen Rath läge der, zu sagen: Wollt ihr nicht nach Amerika gehen, so schließt euch einer deutschen Gemeinde an, in welcher ihr vor Abendmahlsmengerei sicher seid; solcher Gemeinden gibt es ja mehr, ihr braucht nicht gerade nach Neuendettelsau zu gehen. Verkauft und siedelt euch an einem sicheren Orte an. Allein darauf kommt die Antwort: Welche Gemeinde ist sicher? Bei der bayerischen Beförderungsordnung kann keine Rücksicht darauf | genommen werden, die Pastoren so zu setzen, daß der Nachfolger in gleichem Geiste wie der Vorfahre wirke. Es laßen sich auch die beßeren Pastoren versetzen und wenn das nicht, so sterben sie. Es könnte also einer unserer Brüder heute mit Verlust und Aufopferung den Ort wechseln und morgen in der völlig gleichen Noth sein. Was soll denn auch eine gewöhnliche Gemeinde thun, wenn der neue Pfarrer einen verkehrten Weg geht, zumal wenn sie nicht oder doch nicht ganz einig ist? Kein Mensch merkt auf die Seelenverlegenheit der Anhänger einer richtigen Abendmahlspraxis; darauf wird keine Rücksicht genommen, es kann auch keine genommen werden. Die Gemeinde Neuendettelsau hat vor Jahren den kirchlichen Behörden in hellem Hauf Uebereinstimmung mit ihrem Pfarrer in seinen Abendmahlsgrundsätzen bezeugt; vielleicht würde auch jetzt noch bei einem Pfarrerwechsel die weitaus größte Mehrzahl sich in gleicher Weise wie früher erklären, zumal sie Führer haben würde, da die hiesigen Anstalten auf völlig gleiche Grundsätze gebaut sind, und sich gewiß keinem Pfarrer anschließen würden, der Abendmahlsmengerei triebe. So elend Dettelsau ist, wer weiß, ob es noch eine Gemeinde in unserem Vaterlande gibt, in welcher ein mengerischer Pfarrer so wenig Aussicht auf Wirksamkeit und Erfolg hätte. Wenn irgendwo, scheint da ein gewisses Maß von Garantie und Sicherheit gegeben. Und dennoch, ist nicht doch bei irgend einem Wechsel auch hier Unglück möglich, zumal wenn die immer wachsenden Anstalten dahin kämen, wohin sie am Ende doch kommen müßen, nemlich eine unabhängigere und besondere sakramentliche Versehung durch einen eigenen Geistlichen zu erlangen, für eine richtige Pfarrbesetzung die Rücksicht auf die Anstalten also nicht mehr in die Waage fielen? Zögen gleichgesinnte Freunde einmüthig nach | Neuendettelsau, und thäten sie es in der Absicht, ihre sakramentliche Treue zu halten, so wäre allerdings der Sieg leicht möglich, da es Gott der HErr den Aufrichtigen gelingen läßt: es könnte eine einmüthige Gemeinde oder eine nahezu einmüthige entstehen, bei welcher sakramentliche Treue Tradition und unverbrüchliche Regel würde. Allein Sicherheit gibt es hier so wenig, als anderwärts; es gibt keinen Ort der Welt, welcher die Verheißung eines immerwährenden Bleibens des göttlichen Wortes hätte, und wer Sicherheit verlangt, der unterlaße nur jede Bewegung, zumal es am Ende auch möglich wird, daß er durch einen Pfarrerswechsel in der nächsten Zeit einen Hirten nach seinem Herzen bekommt. Das ist auch der Sinn unserer Freunde je und je gewesen. Wie oft haben wir in der Periode der Auswanderung nach Amerika gesagt: „Ihr braucht nicht nach Amerika zu ziehen, zieht zu uns, es sind Güter käuflich, die euch am Ende euer tägliches Brod auch sichern.“ Wer hat aber darauf gemerkt? Unsere heimatlichen Zustände genoßen weniger Vertrauen, als Amerika. Die Leute haben lieber das ganze Vaterland mit dem Rücken angesehen, als in der Heimat einen Wechsel vorgenommen, der ihnen bei Festhaltung confessioneller Treue für einen kürzeren oder späteren Termin nur wieder einen Wechsel in Aussicht stellte. Wenn auch in Amerika, wie hie und da auch in Deutschland, viel Ortswechsel vorkommt, und ein Mann in seinem Leben zuweilen vier fünf mal Gut und Ort verläßt und anders wo hinzieht; so geschieht das aus anderen, aus irdischen Gründen, zu irdischen Zwecken, in Amerika nach allgemeiner Gewohnheit; in kirchlichen Dingen aber, glaubt man wenigstens bei uns überhaupt keines Gelingens sicher sein zu können.
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|  Man könnte sich schon Leute denken, die es wagen, an solche Orte zu ziehen, wie Dettelsau ist. Das müßten eben Leute sein, die den Entschluß hätten, dem Evangelium und Sakramente nachzuziehen, so oft die himmlischen Güter selbst ziehen und den Ort wechseln, Leute, die sich nirgends fest ansiedeln, innerlich sich nirgends niederlaßen, an die Stelle alles heimatlichen Gemaches und der irdischen Ruhe die Freude setzen, mit Christo zu stehen und zu gehen, nirgends zu bleiben, wo Er nicht ist, wo Sein Wort, Sein Sacrament, dessen richtige Verwaltung und Gemeinschaft nicht bleiben. Wer gibt aber unsern Versprengten einen solchen Pilger- und Wandersinn? Wo sind die Leute, die Muth und Beständigkeit genug haben, zu sagen: „Ich ziehe meinem HErrn nach, ich bleibe nirgends länger, als Er mit seinem reinen Wort und Sakrament; ich ziehe allenfalls jetzt mit allem Willen und allen Freuden nach Dettelsau, und wenn es dort anders wird, zieh ich weiter. Ich schlage alles Zeitliche in die Schanze, mich soll keine Reue des Guten anwandeln; ob ich bei meinem geistlichen und kirchlichen Wanderleben zeitlichen Schaden oder Nutzen habe, das laß ich Gott über, der meine Meinung und meine Treue kennt.“ Und wenn es auch irgend wo ein Mann oder ein Weib vorhätte, nach solchem Grundsatz zu leben, wird dann der Ehegatte so wollen? die Eltern, die Kinder, die Vettern, Basen und Freunde? Zu einer solchen Einfalt und Höhe der Gesinnung hebt sich selten ein Mensch, geschweige mehrere; es geht am Ende unsern gleichgesinnten Freunden selbst, wie ihren abendmahlsmengerischen Pfarrern nach dem Wort, das Markgraf Georg auf seine Lippen nahm: „Gottes Wort wär nicht schwer, wenn nur der Eigennutz nicht wär.“ Kurz, wers faßen und thun kann, der mache sich auf und | ziehe an einen Ort, an welchem Christus gerade wohnt und herrscht, und wenn Er wegzieht, so ziehe er mit ihm und ihm nach. Es muß ja doch der Traum, namentlich in unserer Zeit, aufgegeben werden, als wäre das Reich Gottes irgendwo ansäßig. Wer am ersten das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit suchen will, der muß es je länger je mehr mit der irdischen Heimat leicht nehmen und sich auf ein geistiges Nomadenleben richten. Allein ein solcher Rath taugt für unsere meisten Freunde nicht. Sie sind so müde und heruntergedrückt, daß sie einer solchen Beweglichkeit nicht fähig sind. Bei ihnen heißt es: „Wie soll ich wandern? ich bin ja ansäßig.“ Der Grund warum sie Christo, Seinem Sacrament und dessen richtiger Verwaltung und Gemeinschaft nicht nachlaufen können, liegt in ihren Aeckern und Wiesen und Häusern, wie gesagt, in ihrer Ansäßigkeit.
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 Da sie nun aber doch ihrer kirchlichen Noth gern enthoben wären, was wird man ihnen rathen können? „Gäbe es im Lande, oder in der Nachbarschaft, so daß es nicht allzu unbequem wäre, eine Kirche, die lutherischer und christlicher wäre, als die Staats- und Landeskirche, so würde ich aus der Landeskirche aus und zu der übertreten, und so nicht von, sondern zu der luther. Kirche gehen.“ So sagt mancher und wer weiß, ob ers nicht thun würde, wenn der Fall gegeben wäre. Er ist aber nicht gegeben, und wenn er auch gegeben wäre, so wäre es doch erst die Frage, ob du so handeln würdest. Es ist leichter, Vaterland und Heimat ganz zu verlaßen und sich einer fernen Kirche oder Gemeinde anzuschließen, wo es gerade kirchlich recht hergeht, als in der Heimat zu bleiben und die angeerbte Landeskirche zu verlaßen, zu der die ganze Familie, Sippschaft, Freundschaft, mit denen man durch tausend Fäden verbunden ist, gehört und unverrückt | gehören will. Das hast du noch nicht probiert und kannst nichts davon sagen. Du, der du das Leichtere nicht thun kannst, würdest noch weniger das Schwerere thun können. Es ist auch keine solche Kirche da und ist drum auch gar nicht nöthig, von dem Fall zu sprechen. Was soll man nun also rathen? Immer näher kommen wir zum Rathe, und vielleicht wenn er endlich gegeben sein wird, ist auch er nicht ungefährlich, auch er nur ein Rath der Verlegenheit, voller Schwierigkeiten, so daß an einem seligen Gelingen desselben völlig zu verzweifeln ist, wenn nicht bei demjenigen, der ihn ausführen will, vor allen Dingen eine Voraussetzung hinzutritt. Diese Voraussetzung ist nicht blos stehende, sondern wachsende Treue in der sakramental-confessionellen Ueberzeugung. Wer etwa wankend geworden ist, der taugt zu keinem Handeln, der muß seine Ueberzeugung erst befestigen. Es ist nicht blos ein großer Haufe von Geistlichen auf der gegnerischen Seite, sondern unter ihnen sind viele durch Amt und Lebensstellung hervorragende, dazu solche Männer, denen man Wißen und Weisheit, Frömmigkeit und Tugend durchaus nicht absprechen darf. Es ist keine Kleinigkeit für einen bescheidenen Menschen, denen allen widersprechen und ihnen in Sachen der Sakramentsgemeinschaft Unrecht geben zu sollen. Dazu bedarf es einer großen Einfalt und eines starken Ueberzeugungsdranges. Es kann sich kein Verständiger freuen, zumal in einem solchen Hauptstück sich gegenüber so vielen vortrefflichen Leuten das Recht zusprechen zu sollen. Ein jeder, der sich selbst erkennt, wird sich vor einer Stellung fürchten, in der man sich eine hervorragende Weisheit zuschreiben müßte. Jeder einfache Mensch wird mit innerer Wahrhaftigkeit sagen: „Es stünde schlimm in der Welt, wenn meine arme Einsicht | den Gipfel des dem Menschen gewordenen Lichtes einnähme.“ Es ist weit süßer und befriedigender, die Weisheit mit einer großen Schaar zu theilen. Aber was hilfts? Man kann doch am Ende nicht aus Lust an der Gemeinschaft Vieler und Beßerer der Wahrheit untreu werden, die man empfangen hat, und es muß doch auch einen Weg geben, auf welchem man, ohne die Demuth und Bescheidenheit zu verletzen, die Wahrheit gegenüber vielen und trefflichen Vertheidigern des Gegentheils festhalten kann. Man darf die Wahrheit nicht verlaßen. Man muß an ihr halten, sie immer genauer und vollständiger kennen lernen und ihr zu Dienst je länger je lieber leben. Das gilt nun auch von der Wahrheit der Sakramentsgemeinschaft. Wenn jemand dem Wege der sakramentalen Lutheraner blos deshalb treu verbleiben wollte, weil er es bisher gethan, aus Eigensinn also; so geschähe es ihm recht, wenn er auf diesem Wege viel Noth und Verdruß finden würde. Wer der Sache müde ist, für wen sie die Bedeutung verloren hat, und wer trotzdem mit dem Haufen ihrer Vertheidiger gehen will, ist ein elender Heuchler, dem Gott seinen Lohn mit allen Heuchlern geben wird. Vor allen Dingen muß sich also ein jeder prüfen, wie er zur Sache steht, ob er noch denkt wie früher, ob ihm Recht und Wahrheit derer, die sie vertreten, noch fest steht, und ob er ihr zu Liebe noch alles thun und laßen könnte. Ist das der Fall, drängt ihn die Wahrheit und sein Gewißen, dann erst kann die Rede davon sein, ihm Rath zu geben. Dann wird er auch den Rath mit Verstand annehmen, und ihn nicht befolgen, wie ein Narr, nur daß er etwas thue und sich irgend aus der Verlegenheit helfe, hinterher aber sich übler befinde, als vorher, und vielleicht in die Anfechtung falle, die Wahrheit zu verlaßen.
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|  Vorausgesetzt also, daß ein Bruder gesinnt sei, wie es zu wünschen ist, rathen wir ihm, sich in gar keiner Weise, auch nicht in der, die wir selbst vorschlagen wollen, zum Altar einer sakramentsmengerischen Gemeinde zu begeben, so lange er sich auf eine andere Weise helfen kann. Gibt ihm sein Pfarrer ein Dimissorium, gutwillig oder unwillig, so halte er sich zu der nächsten Gemeinde, bei der es richtig zugeht, und gehe so oft als möglich zum Sakrament, damit er durch eine desto reichere Erfahrung der Kraft und Gnade desselbigen die Mühsal, wallen gehn zu müßen, desto freudiger ertrage. Die Erfahrung zeigt, daß Menschen, die das Wort und Sakrament mit leichter Mühe und in der nächsten Nähe haben können, sehr oft den Eifer verlieren, den sie zuvor hatten, als sie den Himmelsgütern mit Aufopferung nachgehen mußten. Auch wird man immerhin für die Gabe der Treue in der Wahrheit empfänglicher sein, wenn man den Gegnern ferner, als wenn man ihnen näher steht. Es wird sogar bei einer gewißen Trennung auch Liebe und Ehrerbietung gegen die anders Gesinnten sorgfältiger bewahrt und gepflegt werden, als wenn man in der täglichen Reizung lebt.
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 Legen sich aber dem Wallen unüberwindliche Hindernisse entgegen, daß man also, z. B. wegen Krankheit, Alter oder Schwachheit, oder wegen allzugroßer Entfernung nicht wallen könnte; so wird man, vorausgesetzt, daß an dem heimatlichen Altare bei der Mengerei doch das Bekenntnis vom Abendmahl, Consecration und Distribution formal in Ordnung sind, sich nicht mehr länger mit dem crede et manducasti befriedigen dürfen. Dies Wort bleibt ein Trost, wenn es unmöglich wird, den Leib und das Blut zu empfangen. Die Menschen aber, denen, wie uns, die große Gnade gegeben ist, die hohe Wichtigkeit und segensreichen | Wirkungen des Sakramentes zu erkennen, können am allerwenigsten sich selbst zur Entbehrung verurtheilen, wenn es irgend möglich ist, das Sakrament zu erlangen. Ist daher alle Hoffnung verschwunden, durch entsagungsvolles Zeugnis den Pfarrer von der Sakramentsmengerei abzubringen; so liegt nur alles daran, daß man sich der Sünde der Mengerei nicht theilhaft mache. Kann das irgendwie gelingen, so halte ich wenigstens es für nicht unrecht, wenn jemand durch die Noth und das Verlangen seiner Seele nach dem Sakramente sich treiben läßt, auch aus den Händen eines lutherischen – ich sage nicht unierten oder gar reformierten – dabei aber mengerischen Pfarrers den Leib und das Blut des HErrn zu nehmen. Ich rathe das nur unter der Voraussetzung, daß man nicht wallen kann, und daß man sich keiner Schuld der Mengerei theilhaftig mache. Wir dürfen unter keiner Bedingung mit anderen Unrecht thun, und es liegt daher für den gegebenen Fall alles daran, daß der nachfolgende Rath wirklich die Mitschuld vermeidet. Auch in dem gegebenen Nothfall müßte man den Rath verwerfen, und sich mit dem crede et manducasti zufrieden geben, wenn er die Mitschuld nicht vermiede.
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 Von einer inneren Mitschuld durch Theilnahme an der falschen Ansicht der Gegner ist keine Rede: wir versuchen ja nur, denjenigen Personen einen Rath zu geben, welche unserer Ueberzeugung sind. Wir sprechen nur von Mitschuld durch äußere Theilnahme. Indem der Apostel sagt, man solle die Ketzer meiden, verbietet er die kirchliche Gemeinschaft mit Ketzern, die doch von unsern Gegnern gepflegt wird. Wir aber wollen die kirchliche Gemeinschaft mit unseren Gegnern halten, weil wir nicht wißen, wie wir ohne sie unser hohes Bedürfnis und unsern | Hunger nach dem Leibe und Blute Christi stillen können, ohne in dieselbe zu treten, und doch wollen wir mit den Ketzern keine Gemeinschaft haben, mit welchen sie Gemeinschaft pflegen. Das heißt im Grunde nichts anders, als: wir meiden die Ketzer nicht, und wollen sie doch gemieden haben. Man sieht, wie elend die Lage derjenigen ist, die im Fall sind, von uns berathen zu werden. Was ich selbst in diesem Fall thun würde, ob ich nicht doch durchbrechen und auf andere Weise die Stillung meines sacramentlichen Bedürfnisses suchen, ob ich also meinen Rath selbst befolgen würde, ist eine Frage. Dennoch aber will ich mich nicht länger stören laßen, den Rath auszusprechen. Es ist folgender: „Geh mit einem oder zwei Zeugen zu deinem Pfarrer, erkläre ihm deinen Hunger nach dem Sakrament, deinen innern Widerspruch gegen seine Mengerei, durch welche er dem apostolischen Verbote ungehorsam ist, und die große Noth des Gewißens, in welche er durch sein ungetreues Verfahren dich und andere Deinesgleichen setze; protestire als vor Gott gegen sein Verfahren und rufe vor seinen Ohren den HErrn zum Zeugen an, daß du keinen Theil dran haben wollest, ihm die Verantwortung allein überlaßest, ihm und denjenigen, die sein Verfahren dulden und billigen, wider die Lehre und Praxis der lutherischen Kirche; sag ihm auch, daß du deinen Widerspruch in gleicher Weise gegen jeden äußern werdest, der ihn entweder wißen muß, oder mit welchem du auf die Sache gelegentlich zu sprechen kommst, und daß du auch nicht anders könnest, als dich von denen im Leben ferne halten, die durch verkehrte Abendmahlsgemeinschaft die Kirche und Andersgläubige ärgern; da du ohnmächtig seiest, dem Uebel abzuhelfen, so wollest du den Widerspruch desto lauter erheben und dich desto inniger mit denen vereinen, die mit dir im Stande der Protestation | und des Widerspruchs verharren. Du wollest dich aber in deiner Noth nicht ferner abhalten laßen, von ihm, deinem Pfarrer, das Sakrament zu nehmen und versuchen, ob du es ertragen könnest, in solchem Widerspruch bei ihm zu Gottes Tisch zu gehen.“ – Das ist mein elender Rath, den ich zu geben habe. Dieser Rath wird um so schwieriger zu befolgen sein, weil sich unsere Gegner in die Lage derjenigen, die ihn befolgen sollen und wollen, schwerlich versetzen und von ihnen ein auch in formalen Dingen und im Ausdruck untadeliges Verfahren verlangen werden. Es hilft einem Menschen nicht, daß er Recht habe, sondern er muß sein Recht so vertheidigen und wahren, daß man ihn nicht angreifen kann. Verkehrte Vertheidigung zerstört zumal bei selbst unbilligen und ungerechten Menschen jeden Sieg des Rechtes. Da wir und unsre Brüder das nicht blos wißen, sondern mannigfach erfahren haben, so dürfen wir uns der Anforderung, auch in dem oben angegebenen Verfahren der Protestation unsträflich zu verfahren, durchaus nicht entziehen. Die schwierige Aufgabe muß mit aller Bescheidenheit und Rücksicht, mit heiliger Besonnenheit und Einhaltung des rechten Maßes in Wort und Benehmen gelöst werden, und wird es ganz am Orte sein, diese ernstliche Anmerkung unserem Rathe anzuhängen.
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 Man darf sich aber nicht verhehlen, daß auch die richtige maßvolle Ausführung dieses Raths ihre Seelengefahren habe. Ein kluger Pfarrer der Gegenpartei hört dich am Ende an und läßt dich reden, rechnet es schon für Gewinn, wenn nur irgendwie die Scheidung aufhört, verläßt sich darauf, daß so eine Protestation bei thatsächlicher Theilnahme an seinem Abendmahl keine weitere Folge, keine Wirkung haben könne, daß sich kein Mensch darum kümmern werde. Er ist am Ende auch klug genug, dich | durch Liebe und Freundlichkeit zu begütigen, irgend wie deinen Standpunkt gelten zu laßen und ihn wie eine Wunde mit zarter Hand zu berühren. Man kann die Sonne eines Schlachttages mit einiger Glorie untergehen laßen, wenn sie nur untergeht. Ist der Pfarrer recht klug, so behandelt er dich wie einen Genesenden, mit viel Aufmerksamkeit, sucht die verwandten Seiten seiner Ueberzeugung mit der deinen hervorzuheben, erweist in dem und jenem Stücke, worauf dirs ankommt, Sorgfalt, Strenge, Vorsicht u. s. w., und sucht auf diese und andere Weise das Verhältnis mit dir so gut wie möglich zu machen, die Reue über deinen Anschluß zu verhüten, dich mit gutem Mörtel in seine Abendmahlsgemeinschaft einzukitten. Seine Gleichgesinnten geben ihm dafür das Lob großer Pastoralklugheit, du gibst’s ihm am Ende auch, wirst lau in deiner Erkenntnis, in deinem Widerspruch und versöhnst dich am Ende mit der Ansicht der Gegner, die du niemals theilen solltest. Hier ist ohne Zweifel Gefahr.
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 Ueberhaupt wird die Gegenpartei das Einschlagen eines solchen Verfahrens sich zum Siege deuten, es wird an Hohn und Triumph nicht fehlen; wer sich müde und mürbe machen läßt, wird immer in der Gefahr sein, auch innerlich auf die entgegengesetzte Seite zu treten. Da wäre es dann freilich beßer gewesen, man hätte mit Anstrengung aller, auch der letzten Kräfte, sich in eine Gemeinde gerettet, mit der man im Frieden zu Gottes Tisch gehen kann. Wer einen Standpunkt des Widerspruchs aufgibt und sich irgendwie mit seinen Gegnern vereinigt, ohne innerlich vereinigt sein zu wollen, der betritt einen so steilen Weg, daß eine hohe und heilige Seele dazu gehört, wenn man auf demselben nicht verunglücken soll. Da ich den obigen Rath schon | öfter gegeben habe, habe ich auch bereits eine kleine Erfahrung in Anbetracht desselben. Entweder haben diejenigen, welchen ich den Rath gegeben, geradezu geäußert, sie kämen sich wie Abtrünnige vor, so oft sie versuchten, ihn auszuführen, oder es trugen diejenigen, die ihn befolgten, das neue Verhältnis sehr schwer. In jedem Fall war zu bemerken, über was für eine Kluft derjenige zu springen hatte, der dem Rathe zu folgen wagte. Daher will ich ihm auch keinen höheren Werth beilegen, als er haben kann, er ist ein Werk der Noth, für große Noth gegeben. In dem Maße aber, in welchem er sich geringer erweist, in demselben steigt die Verpflichtung, Muth und Kraft zusammenzunehmen, um die zuerst vorgeschlagenen Hilfswege betreten zu können. Es heißt auch hier: „Wer sein Leben sucht, der wird es verlieren; wer es aber verliert um meinetwillen, der wird es finden.“ Ich würde daher auch gar nicht versucht haben, den Rath zu geben, wenn ich nicht die große Schwachheit unserer Brüder und jene schreckliche Neue des Guten fürchtete, die unsere armen Leute anfechten und möglicherweise verderben kann, wenn sie auf Zureden oder durch Auctorität einen noch schwereren Weg betreten, für den sie doch auch wieder nicht die nöthige Zuversicht und den nöthigen Drang der Ueberzeugung nicht haben. Wer über sein Maß hinaus handelt, dem kann die allerbeste Handlung zur Sünde und Last werden. „Was nicht aus dem Glauben kommt, ist Sünde.“ – Am Ende besagt mein Rath weiter nichts, als daß ich den nicht tadeln oder schelten wollte, der ihn in rechter Weise und so ausführte, daß er nicht Aergernis gäbe, sondern helles und klares Zeugnis.




|  Im Falle und so weit nun der Rath etwa dennoch ins Leben träte, zöge er auch eine Aenderung des Verhaltens unserer Gegner nach sich, wenigstens könnte es möglich sein. Kämen Beispiele empor, daß unsere Gleichgesinnten mit Protest an mengerischen Altären zum Tisch des HErrn träten, so könnten auch Fälle vorkommen, in welchen Pfarrer und Gemeindeglieder von mengerischen Altären her zu uns kämen und bei uns das Sakrament nehmen wollten. Solche Fälle dürfen vielleicht unbedenklicher erscheinen, als die entgegengesetzten, da unsere Gleichgesinnten an mengerischen Altären das Sakrament nehmen wollten. Dennoch aber müßte solchen Brüdern Zeugnis gegeben, auch vor ihnen der Protest erhoben und versucht werden, sie von ihrem Irrthum zu befreien. Handeln wir in solchen Fällen treulich, so werden uns unsere Gegner neiden und der Fälle nicht viele vorkommen; wenn aber doch, so wird unsererseits weniger Gefahr sein, als im gegentheiligen Falle. So sehr sich beide Fälle vor dem puren Verstande zu decken und einander gleich zu sein scheinen, so ist doch im Leben und in der Praxis der zweite Fall eine ganz andere Sache und macht auch einen ganz anderen Eindruck. Mir sind bisher Fälle genug vorgekommen, daß Reformierte oder Unierte meine Abendmahlsgemeinschaft suchten, denn ihnen verleiht ihre Ueberzeugung Courage; aber solche Fälle kamen mir selten vor, in welchen Leute, die mit Bewußtsein Mengerei treiben, mit mir zu Gottes Tisch gehen wollten. Genau genommen kann ich sagen, es kam mir gar keiner vor. Leute, die ohne Bewußtsein und Erkenntnis, im guten Vertrauen, treue Glieder der lutherischen Kirche zu sein und sein zu wollen, von mengerischen Altären kamen, habe ich allzeit mit Sanftmuth und Langmuth bedient; meine Pflicht des Zeugnisses hat mich auch | nie genöthigt, bei der allgemeinen Verwirrung im Lande die Rolle eines Generalinquisitors anzunehmen. Ich habe alle für gleichgesinnt angesehen, von denen ich nicht das Gegentheil wußte, und meine im allgemeinen strenge Stellung in der Sache hat meine Mildigkeit im einzelnen Falle gesegnet, so daß unklare Leute ohne alle Polemik meinerseits, durch ein mildes Verhalten in die Stimmung versetzt wurden, die Wahrheit zu erkennen und ihr ferner nachzuleben. Wer einen Grundsatz in der Praxis durchführen will, darf nicht bis in die Minutien krittlich sein; sonst bringt er die Säule, die er aufrichten will, ehe sie sich recht eingesenkt hat, ins Schwanken, zuweilen zum Fallen.




 Bisher haben wir blos von solchen Fällen geredet, welche sich innerhalb der lutherischen Landeskirche Bayerns ereignen können. Aber unsere Gleichgesinnten kommen ja auch in außerbayerische Lande, wie man von diesen zu uns kommt. Wie nun wir selbst bei Reformierten und Unierten leicht das richtige Verfahren finden konnten, so können umgekehrt unsere gleichgesinnten Brüder, wenn sie zu offenbar Reformierten oder Unierten kommen, auch ganz leicht sehen, daß sie nicht zum Abendmahl gehen können. Wie ist es aber mit den Landeskirchen und mit solchen der Union einverleibten Gemeinden, welche behaupten, der lutherischen Kirche treu zu sein? Sondern wir die Fälle, und fragen zuerst, wie wir die Glieder lutherischer Landeskirchen und unierte Lutheraner zu behandeln haben, wenn sie zu uns kommen. Was die ersteren betrifft, so werden wir ohne Zweifel mit Mildigkeit verfahren. Behandeln wir die Glieder bayerisch lutherischer Gemeinden als gleichgesinnt, wenn wir nichts Gegentheiliges von ihnen und ihren Gemeinden wißen, so werden wir | nicht weniger gütig gegen die Glieder anderer Landeskirchen sein. Die Unwißenheit entschuldigt und rechtfertigt uns im letzteren Falle mehr, als im ersten. Was hälfe uns auch die scharfe Inquisition, wenn wir kein treues Zeugnis bekommen können; wollten wir die Gemeinschaft in zu enge Betten führen, so könnten wir auf dem Wege der Consequenz am Ende dahin kommen, gar keine Gemeinschaft zu haben und zu halten. Um Zeugnis ablegen, Protest einlegen zu können, muß man vor allen Dingen nachweisen können, daß Ursache vorhanden ist, Zeugnis ab- und Protest einzulegen. Wir wißen im allgemeinen recht gut, daß es in anderen Landeskirchen um nichts beßer, sondern etwa schlechter steht, als bei uns in Bayern; aber wer wird heutzutage nach dem Urtheil, das man über die zufällig zusammengewürfelten Landeskirchen haben kann, die einzelne Gemeinde beurtheilen? Es ist möglich, daß es in einer Gemeinde gut stehe, und weil es möglich ist, nehme ichs in allen Fällen für wirklich, in welchen ich nichts vom Gegentheile weiß. So lehrt mich die Liebe und das achte Gebot verfahren. Aehnlich verfahre ich mit Lutheranern aus der Union, welche mir versichern, bei ihnen sei alles, wie bei mir. Ich vermuthe vielleicht dennoch das Gegentheil, vielleicht finde ich es sehr wahrscheinlich; ich traue vielleicht dem, der mir die Versicherung gibt, nicht einmal die Erkenntnis zu; da ich aber keine Localkenntnis habe, mir auch dieselbe nicht in der Eile verschaffen kann; da mich meine Vermuthung trügen und es möglicherweise so sein kann, wie mir versichert wird, so laße ich das Zeugnis des Menschen, der meine Gemeinschaft sucht, so lange gelten, bis ichs anders weiß, wofern er nur für die Zukunft und für alle möglichen Fälle confessionelle Treue verspricht und der Abendmahlsmengerei feierlich vor | Zeugen in optima forma entsagt. Ich handle so trotzdem, daß mir meine Erfahrung sagt, daß in uniert-lutherischen Gemeinden die Abendmahlsgemeinschaft nicht in Ordnung zu sein pflegt, und auch da nicht in Ordnung befunden wurde, wo man mirs versichert hatte. Ich kann ja bei aller Erfahrung dennoch die Möglichkeit nicht abläugnen, daß hie und da die Umstände, dazu die Einsicht, Weisheit, Kraft und Beständigkeit des Pastors so sein können, daß auch wahr sein könne, was mir versichert wird. Die pur kirchenregimentliche Union nehme ich, zumal bei den Fortschritten der unierten Lutheraner, für keine; wer am Altare lutherische Treue beweist, den nehme ich für lutherisch. Ob diese Treue geübt werde, kann ich im seltensten Falle wißen. Ich laße aber das Zeugnis unverdächtiger Menschen gelten, und weiß nicht anders zu handeln. Durch solche Mildigkeit ist auch manch irrender Bruder auf den rechten Weg gebracht worden. – Was nun ferner unsere in der Fremde befindlichen gleichgesinnten Brüder und Schwestern anlangt, so ergibt sich hieraus, was sie zu thun haben. Sie können an den Orten, an welchen sie zum Sakramente gehen wollen, leichter ins Klare kommen, sie sind ja dort. Sie können nachforschen, dem Fremdling verdenkt es auch niemand; sie haben größere Verantwortung als der Pfarrer, der Fremdlinge annehmen soll. Findet nun ein Christ bei seinem Aufenthalt in der Fremde nach Erforschung der Umstände keinen Grund zu zweifeln, so mag er zum Sakramente gehen. Auch er ist kein Inquisitor; es versteht sich von selbst, daß der Fremdling nicht so auf den Grund kommen kann, wie der Einheimische, der da will. Im allgemeinen aber werden unsere Gleichgesinnten wohl thun, sich bei ihren Reisen schon voraus über die kirchlichen Zustände der Gemeinden unterrichten zu laßen, zu denen sie kommen, sich ihrerseits | von ihren getreuen Seelsorgern Zeugnisse ihrer eigenen kirchlichen Treue und ihres Wandels geben zu laßen und sich in der Fremde bereit zu halten, denen Rechenschaft zu geben, die Grund fordern der Hoffnung und des Glaubens, der in ihnen ist. Ein solches Zeugnis ist nützer und nöthiger, als der obrigkeitliche Paß, mit dem sich doch jeder vernünftige Reisende versieht.
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 Schon aus dem, was bisher gesagt ist, geht hervor, daß das kirchliche Verhalten eines Pfarrers oder Pfarrkindes unter unseren elenden Umständen so leicht nicht ist. Es soll ein jeder nach möglichster Treue handeln. Er wird deshalb doch nicht dahin gelangen, daß Mistrauen oder böser Wille mit seinem Verfahren allezeit zufrieden ist. Es kann vorkommen, daß einem die Menschen vorwerfen, man mache zuweilen Ausnahmen, während man durchaus nichts vorhat, als der heiligen Regel getreu zu leben. Ueberhaupt ist im Leben eines Pfarrers und Seelsorgers kasuistische Klugheit und Weisheit eine Tugend der Tugenden. Vor dem Uneingeweihten und Unverständigen kann ein Pfarrersleben voll Widerspruch, voll Inconsequenz, voll Ausnahmen erscheinen, während vielleicht in jedem Fall nur das geschehen ist, was die heilige Regel verlangte. Man muß unverständige Urtheile tragen lernen. Man hätte viel zu thun, wenn man sich nur immer rechtfertigen wollte. Ich z. B., der ich mich so oft zu besinnen habe, ob ich einen Blöden, Geistes- oder Gemüthskranken, Dämonischen, von Fiebern u. s. w. Ergriffenen zu Gottes Tisch gehen laßen soll oder nicht, weiß, was das heißt, recht thun, und wie wenigen Menschen ich gerecht werden kann. Ich muß meine Last alleine tragen und auf die Barmherzigkeit des Erzhirten und Bischofs der Gemeinde rechnen. Daher fällt mir aber auch nicht ein, andere Seelsorger von bewährtem Grundsatz vor mein Gericht ziehen zu wollen. Darf ich | ihnen im allgemeinen trauen, so halte ich mich nicht befugt, auch auf das Gerede frommer Menschen hin, ihre Treue im einzelnen anzugreifen. Ja, wenn sie fehlen, vielleicht offenbar fehlen, so bin ich doch ungeneigt, streng zu urtheilen, weil alle fehlen, und zumal auf dem Gebiete der Abendmahlspraxis am leichtesten gefehlt werden kann. Es muß für treue und ehrliche Jünger der echt kirchlichen Lehre und Praxis dasselbige gefordert werden, was von ihnen gefordert wird: strenger Grundsatz, milde Ausführung.




 Nach alle dem darf zum Nutzen unserer gleichgesinnten Brüder und Schwestern nicht verschwiegen werden, daß es mit der Abendmahlszucht und Gemeinschaft doch immerhin etwas anderes ist, als mit der Lebenszucht; ich meine, daß man es strenger nehmen müße rücksichtlich des Meidens derjenigen, die in Ketzereien leben, weil man es strenger nehmen könne. Viele unserer Brüder haben rücksichtlich der Lebenszucht, welche von dem HErrn und seinen Aposteln befohlen ist, von den heutigen Pastoren dasselbe verlangt, was sie in Betreff der Ketzereien verlangen mußten. Allein bei dem treuesten Willen und brünstigsten Eifer eines Pfarrers in Sachen des Lebens und Wandels seiner Pfarrkinder ist es doch nicht zu läugnen, daß schon unsere elenden Gemeindeverhältnisse der Treue des Haushalters über Gottes Geheimnisse ganz außerordentliche Schwierigkeiten entgegenstellen. Kein Mensch übt mehr die Zucht der Liebe in der befohlenen Weise; es gibt keine Vermahnungsgrade, keinen Prozeß der Zucht, keinen öffentlichen Bann. Es kann das alles auch gar nicht geben, theils weil die Kirchenbehörden sich das Recht des Bannes anmaßen, zu dessen Ausübung ihnen nicht blos in dieser Zeit | wegen persönlicher Mängel der Erkenntnis und Erfahrung, sondern zu aller Zeit wie göttliche Macht, so der Stellung wegen die Fähigkeit gefehlt hat; theils aber weil die einzelnen Gemeinden, welchen der HErr und seine Apostel dies Recht und diese Pflicht unwiderleglich zugesprochen haben, dies Recht und diese Pflicht, so wie sie insgemein sind, nicht üben können und mögen, es müßte denn sein, daß sie es in des Teufels Namen faßten und die Anwendung auf die Heiligen Gottes machten. Die Haushalter über Gottes Geheimnisse stehen einsam mit ihrem Heiligthum und ihren Perlen, und es ist in der ganzen Welt kein einziger, auch nicht der hochbegabteste, der nach Christi und seiner Apostel Sinn in Sachen des Lebens mit seinen Pfarrkindern verfahren könnte. Wir sind im besten Fall, so zu sagen, Säulenheilige, über den Gemeinden, nicht mit ihnen auf gleichem Boden stehend, von ihnen getrennt und verlaßen in Dingen, die ohne die Gemeinschaft durchaus nicht stattfinden können. Die Ketzer meiden können wir, obwol es auch da schwer ist, die allgemeine Anerkennung auch nur in einer Gemeinde zu erringen. In Sachen der Lebenszucht aber sollen wir thun, so viel uns immer möglich ist, bei der grundsätzlichen Zurückziehung unserer Gemeinden und Gemeindeglieder, die vor unser Licht nicht treten wollen, ihre Werke nicht wißen und nicht strafen laßen wollen, – bei dem Mangel unseres Auges, von unserer Höhe und Warte die Einzelheiten des Lebens der Gemeindeglieder zu erspähen, – bei der (ich widerspreche mir und werde doch verstanden) offenbaren, und doch nicht angreifbaren boshaften Heuchelei der öffentlichen unbußfertigen Sünder, – bei dem furchtsamen und boshaften Schweigen der beßeren Gemeindeglieder – bei so viel anderen Hindernissen, die jeder Seelsorger, der das liest, an dieser Stelle einsetzen mag. Wie wenig kann | man da, wie viel geht unbesprochen oder mit geringem Tadel dahin! Was für ein Verhältnis voll schreienden Widerspruchs findet sich da zwischen dem inneren Wißen, der persönlichen Erkenntnis und Ueberzeugung eines Seelsorgers und der Behandlung, die er den Sündern angedeihen laßen kann! Dazu kommt noch, daß die seelsorgerische Begabung eine gar so seltene ist, und daß die meisten Seelsorger auf dem Felde ihrer größten Thaten nicht blos ohne Gabe, sondern auch ohne Waffen und Waffenkunst zu stehen haben. Wo kann man denn etwas für diese Kämpfe lernen? Vor den Augen frommer und gewißenhafter Pfarrkinder nimmt sich das Verhalten auch eines treuen Seelsorgers daher oft weit schlechter aus, als es ist. Sie sehen die öffentlichen Uebelstände, die aus der Vernachläßigung der Zuchtbefehle JEsu über alle Bäume der Welt hoch herangewachsen sind, und bringen ohne weiteres an die Seelsorger die Forderung, durch ihr amtliches Zuchtverfahren abzuhelfen. Wenn nun das nicht geschieht, so fragen die Pfarrkinder manchmal nicht nach den Ursachen, auch nicht nach dem, was die Seelsorger in den Sachen wirklich gethan haben und thun wollen, sondern es soll kurzum Ordnung hergestellt werden, während doch kein Verstand, keine Weisheit, keine Kraft, keine Sicherheit, keine Beständigkeit da ist, nicht bei den vereinsamten Seelsorgern und noch weniger bei den guten Leuten, welche an sie ihre ungemeßenen Forderungen bringen. Wenn ein Seelsorger grundsätzlich die Zucht verwirft, die Befehle des HErn nicht anerkennt, so ist er allerdings zu fliehen und zu meiden; aber wenn er nicht kann und vermag, was er als nothwendig, als göttlich anerkennt, was nach seiner eignen Ueberzeugung zum Ruin der Gemeinden unterlaßen ist, so hat man mit ihm zu leiden und ihn zu stärken, ihn aber und sein Amt | nicht zu fliehen, sondern mit ihm zu gehen, so lange es thunlich ist. Es kann aber allerdings die Zuchtlosigkeit einer Gemeinde eine solche Höhe erreichen, daß der Pfarrer den Staub von den Füßen schütteln und gehen dürfte und daß man es auch den Gemeindegliedern nicht verargen darf, wenn sie den angebundenen schwachen Pfarrer verlaßen und die ganze zuchtlose Gemeinde meiden, zumal wenn sie wißen, wohin sie gehen sollen. Bei gewöhnlichen Verhältnissen jedoch haben auch unsere gestrengsten Lehrer, welche rücksichtlich der Ketzereien der größten Schärfe huldigten, durchaus nicht zur Sonderung gerathen, sondern zum Ausharren in den elenden Verhältnissen, zu einem immerwährenden Zeugnis und Protest, zu brünstigem Gebet.




 In alle diese Noth führt uns die Sünde der Kirche Gottes auf Erden, in unserem Fall hauptsächlich die Sünde unserer Kirche. Es wimmelt von Sünden an uns, an den Unsrigen, an unsern versprengten und zerstreuten Glaubensgenoßen, an den armen Brüdern und Schwestern JEsu, an JEsu Christo selbst, es wimmelt auch von Sünden an Reformierten und Unierten, die auf dem Wege der Mengerei nicht zur Erkenntnis und zur Wahrheit geführt werden können. Was aber das größte Uebel ist, ist das, daß so überaus wenige die Sünde erkennen, die meisten alles Gefühl für das Uebel verlieren, manche den Zustand der Landeskirche preisen, und zwar nicht blos im Vergleich mit anderen Landeskirchen, sondern an und für sich selber. Es kann nicht anders sein, liebe Brüder, als daß wir mit unserem immerwährenden Drängen und unserer immer wiederholten Klage bei der sich immer mehr verbreitenden Gesinnung auch immer mehr ein Scheuel | und Greuel werden müssen, und unsere Mahnung zum Ekel. Den Jammer voll zu machen fehlte nichts, als daß auch wir lau und träge, der elenden Stellung überdrüßig und müde würden und unsern Gegnern den letzten Stachel aus dem Gewißen dadurch nähmen, daß auch wir in ihr Lager übergiengen und den ganzen Jammer unserer Stellung als rein selbstverschuldet anerkenneten, ihn rein als verdientes Leiden für eine eigensinnige Irrfahrt ansehen lernten. So wäre denn auch diese Sache wie so viele andere im Sand verlaufen, und über eine kleine Weile schliefe man auf den Bergen von Sünden ruhig ein. Davor aber behüte uns der HErr in seiner großen Gnade! Haben wir unseren Brüdern auch nicht zur Erkenntnis ihrer Sünden helfen können, so soll doch unser ganzes ferneres Verhalten den Beweis geben, daß wir der erkannten Wahrheit treu verbleiben, und uns nichts ferner liegt, als die Zustimmung zu ihrem Verhalten, welches sicherlich durch gar nichts gerechtfertigt wird, am allerwenigsten aber durch die Erfahrung, da man die unheilvollen Wirkungen an allen Orten erkennen kann, und das allenthalben ersterbende geistliche Leben und die überaus geringe Stufe auch unserer beßeren Gemeindeglieder im innigsten Zusammenhang mit der sakramentlichen Führung derselben steht. Sehen unsere Brüder nicht, so ist doch uns in diesem Fall das Auge gegeben, und das möge durch keinen Staub der Verhältnisse getrübt werden, so lange wir leben. Ob aber auch von uns der oder jener sich benebeln und einschläfern ließe: das Auge des HErrn wacht doch, es schläft und schlummert nicht, und Seine Hand wird ohne Zweifel je länger je mehr die Uebel, die aus dem Mangel an Zucht in Lehr und Leben fließen, ans Licht bringen. Vielleicht wacht dann doch mancher auf von seinem Schlafe und wendet sich zu derjenigen | Wahrheit und Weisheit, die zwar unseren Verhältnissen nicht bequem ist, sie nicht schont, aber am Ende doch der einzige Rettungsanker sein wird, wenn das Schifflein der Kirche hin und her geworfen wird, und der HErr das Gericht an den Seinen vollzieht. Ein confessionelles Leben ohne sakramentliche Führung der Gemeinde endet in einem elenden Orthodoxismus und Confessionalismus, der die Kirche zerstückt und zersplittert, das wahre Leben tödet und an seine Stelle den Streit der Schulmeinungen setzt, der keine Seele befriedigen kann. Dagegen aber ist die Concentration alles geistlichen und kirchlichen Lebens auf das Sakrament und in demselbigen nicht blos der beste Weg, die göttlichen Wahrheiten festzuhalten, sondern auch, sie in das Leben der Seele und Gemeinde einzuführen. Im Sakramente gipfeln nicht allein die göttlichen Thaten zum Heile der Menschheit, sondern ebenmäßig alle Offenbarungen Gottes in der Zeit und alle Lehren der Kirche, und zwar wird an ihm alles faßlich und greiflich, so daß ein reiches sakramentliches Leben ein lebendiges Buch ist, aus welchem unter geschickter Leitung auch der Alberne weiser und frömmer werden kann, als auch an dem lichtvollsten und einfachsten symbolischen Buche. Wer das Sakrament in seine Stelle einsetzt, und ihm die Schleußen zieht, hilft der Kirche und in ihr der Menschheit. Wer es aber ins Dunkel stellt, es nicht walten läßt, nicht König sein, der hindert das Leben und die Seligkeit der Gemeinde, und gerade das ist der Fluch der sakramentlichen Mengerei, der einen faulen Kirchhoffrieden über die Kirche verbreitet, die fleischliche Liebe pflegt, jene Liebe aber tödet, die Geist und Leben hat.
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 Wer diese Ueberzeugungen hat, dem wird es beim Blick über unsere Landeskirche ernst zu Muth, und es schauert ihn | vor der Verantwortung derjenigen, die Mengerei treiben. Sie meinen die Kirche zu bauen und Gott einen Dienst zu thun, während das Gegentheil geschieht, die Kirche um ihren Lebensbrunn, wenigstens um deßen reichste Segensströmung gebracht, und der HErr der Kirche beleidigt wird. Daher müßen wir, lieben Brüder, unsere heilige Pflicht erkennen, um Abwendung der Gerichte Gottes über unsere Landeskirche und um Bekehrung unserer Gegner zu beten. Der HErr bekehre aber vor allen uns in alle dem, worin wir es bedürfen, und erhöre auch unser Gebet für die Bekehrung unserer Brüder rücksichtlich des Sakraments. Das laßt uns ohne Pharisäismus, auch ohne Furcht vor dem Vorwurf des Pharisäismus, mit großem Ernste zu Gott dem Vater um Christi willen im heiligen Geiste ohne Unterlaß beten.





  1. Spurgeon in einer Predigt über den 19. Vers der Epistel Judä: „Unter Gottes weitem Himmel gibts keinen Christen, von dem ich getrennt bin. Ich lade immer alle Christen ein, mit uns am Mahle des HErrn Theil zu nehmen. Würde jemand mir sagen, daß ich von den Bischöflichen, den Presbyterianern oder Methodisten, den Lutheranern oder Calvinisten getrennt sei, so würde ich ihm sagen, er kenne mich nicht; denn ich liebe sie mit aufrichtigem und inbrünstigem Herzen und bin nicht von ihnen getrennt. Dies ist eine ziemlich harte Rede für alle ausschließenden Kirchengemeinschaften. Ich will zwar niemand durch harte Aeußerungen kränken, aber diese christlichen Brüder trennen sich von der großen Universalkirche. Sie sagen, sie wollen mit Anderen nicht communicieren; und wenn jemand zu ihrem Tische des HErrn tritt, der nicht dieselben Glaubensformen hat, den weisen sie hinweg. Die Lebensader des Leibes Christi ist die Communion – das heilige Abendmahl, und wehe der Kirche, welche die Uebel, an denen der Leib Christi leiden mag, durch das Aufhalten seines Pulses zu heilen sucht. Ich erkenne es als Sünde mich zu weigern, mit jemand zu communicieren, der ein Glied ist von der Kirche unsers Herrn JEsu Christi. Ich würde mich eines großen Fehltrittes beschuldigen, wenn ich an den Altarstufen mit einem wahrhaft bekehrten, Kinde Gottes, das eben nicht den Namen meiner Kirchengemeinschaft führt, zusammentreffen und ihm sagen würde: „Nein, du stimmst in gewissen Punkten nicht mit mir überein, – ich glaube, du bist ein Kind Gottes, – aber ich will nichts mit dir zu thun haben“. Ich würde dann denken, daß eben dieser Text sehr gegen mich zeugte: „diese sind, die da Rotten machen, fleischliche, die keinen Geist haben“....“
  2. 1. Petr. 4, 15.