Gegen den Entdecker der Gregarinen

Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Gegen den Entdecker der Gregarinen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 13, S. 208
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Widerspruch zum Artikel: Für alle Chignons tragende Damen
Blätter und Blüthen
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[208] Gegen den Entdecker der Gregarinen. Unverkennbar haben wir den mikroskopischen Forschungen der Neuzeit außerordentlich viel zu danken, und dieselben gewiß nicht unterschätzend, fühle ich mich als Sachkenner verpflichtet, nicht etwa gegen die Forschungen des in Petersburg lebenden deutschen Naturforschers Herrn Lindemann und dessen neueste Entdeckung unsichtbarer Ungeheuer, der Gregarinen, in den menschlichen Haaren (s. Gartenlaube Nr. 5, S. 79), in die Schranken zu treten, sondern gegen einige seiner weitgreifenden Behauptungen.

Bemerken muß ich vorerst, daß ich kein Gelehrter bin und nur aus einer fünfzigjährigen Erfahrung spreche. Es kann deshalb nicht meine Absicht sein, der wissenschaftlichen Autorität, welcher wir diese Mittheilung verdanken, zu nahe zu treten, aber wundern muß ich mich doch, daß Herr Lindemann sich nicht mit der Erfahrung in Verbindung setzte, denn die Erfahrung war ja oft mächtiger als die Wissenschaft und giebt absolute Gewißheit; in unserm Falle hier die, daß alles organische und vegetative Leben durch dauernde Siedehitze sicher zerstört wird.

Weit glücklicher, scheint Herr Lindemann, trotz der kurzen Bekanntschaft mit diesen Ungeheuern, in seinen Erfahrungen hinsichtlich der Krankheiten, welche durch dieselben im menschlichen Körper entstehen, gewesen zu sein. Welchen großen Fund die medicinische Wissenschaft durch alle diese Beobachtungen und Erfahrungen gemacht hat, liegt meiner Beurtheilung fern, nur möchte ich das Resultat meiner fünfzigjährigen Erfahrung gegenüberstellen, nach welcher, so viel mir bekannt, noch kein Arbeiter in den Fabriken, die sich mit der Präparation der Menschenhaare befassen, an den angegebenen Krankheiten gelitten hat. Inwiefern nun die von Herrn Lindemann entdeckten und so sehr gefürchteten Gregarinen ein so eminentes Unheil verbreiten sollen, ist in der That nicht erklärlich, wenn man weiß, mit welcher Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit die Menschenhaare überhaupt, folglich auch diejenigen, welche zu Chignons verwendet werden, in guten Fabriken schon seit geraumer Zeit von allen fremdartigen Stoffen gründlich gereinigt werden, denn sie werden in Siedhitze stundenlang ausgekocht und dann noch in heißem Wasser mit Soda ausgewaschen.

Wenn nun Herr Lindemann behauptet, daß selbst durch Auskochen die etwaigen Gregarinen nicht absterben, so werden Wissenschaft und Erfahrung darüber noch entscheiden müssen. Meiner Ansicht nach ist es unmöglich, daß ein thierisches Wesen, selbst wenn es auf der niedrigsten Stufe des organischen Lebens steht, nach längerer Einwirkung der Siedehitze jemals noch ein Lebenszeichen von sich geben kann. Um dies zu wissen, braucht man vielleicht kein Naturforscher zu sein; ein Beweis ist es aber wohl, daß Herr Lindemann in seinen Behauptungen zu weit gegangen, oder die jetzige Präparation der Menschenhaare nicht kennt, wie diese aus guten Fabriken zu beziehen sind.

Den durch jenen Artikel geängstigten Damen und Herren, welche durch den Verlust des eigenen Haares genöthigt sind, künstliche Haararbeiten zu tragen, theils zur Verhütung von Entstellung oder Erkältung, theils auf Grund einer beliebten Mode, kann ich zur Beruhigung die Versicherung hier niederlegen, daß die gegenwärtige Präparation der Menschenhaare Strafthiere der Unreinlichkeit oder Gregarinen sicher nicht aufkommen laßt.

Zur weiteren Begründung des Nachweises über die fabrikgemäße, gewissenhafte Bearbeitung der Haare zu künstlichen Arbeiten und dieser meiner Erwiderung habe ich der geehrten Redaction der Gartenlaube meinen Namen hinterlegt.