Funfzehnte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität

Textdaten
Autor: Michael Faraday
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Funfzehne Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Ergänzungsband I
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
Auflage:
Entstehungsdatum: 1839
Erscheinungsdatum: 1842
Verlag: Johann Ambrosius Barth
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: Johann Christian Poggendorff
Originaltitel: Experimental Researches in Electricity. – Fifteenth Series.
Originalsubtitel:
Originalherkunft: Philosophical transactions of the royal society of london. For the year 1839.
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
s. auch Experimental-Untersuchungen über Elektricität
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[385]
I. Funfzehnte Reihe von Experimental-Untersuchungen über Elektricität;
von Michael Faraday
(Mitgetheilt vom Hrn. Verfasser aus den Philos. Transact. f. 1839 pt. I.)


§. 23. Ueber den Charakter und die Richtung der elektrischen Kraft des Gymnotus.

1749. So wundervoll die Gesetze und Erscheinungen der Elektricität sind, wenn sie sich in unorganischer oder todter Materie offenbaren, so kann doch das Interesse an denselben kaum einen Vergleich ertragen mit dem, welches sie erregen, wenn sie mit dem Nervensystem und dem Leben verknüpft sind. Und wenn auch die Dunkelheit, die für jetzt den Gegenstand umgiebt, die Wichtigkeit desselben zur Zeit verdecken mag, so muß doch jeder Fortschritt in unserer Kenntniß von dieser mächtigen Kraft in ihren Bezug auf träge Masse (inert things) dazu beitragen, jene Dunkelheit zu zerstreuen, und das ungemeine Interesse dieses erhabenen Zweiges der Physik einleuchtender zu machen. In der That sind wir nur an der Schwelle der Kenntnisse, die, wie sich ohne Anmaßung glauben läßt, dem Menschen über diesen Gegenstand erlaubt sind; und die vielen ausgezeichneten Physiker, welche zur Kunde desselben beigetragen, haben, wie aus ihren Schriften deutlich hervorgeht, dieß bis zum letzten Augenblick empfunden.

1750. Seit wir das Daseyn und die Lebensweise von Thieren, die, wie die Elektrisirmaschine, die 'Volta’sche Batterie und der Blitz, das Nervensystem zu erschüttern vermögen, durch Richer, S’Gravesande, [386] Firmin, Walsh, A. v. Humboldt u. A. kennen gelernt, hat es ein steigendes Interesse erlangt, die Lebenskraft dieser Thiere als einerlei mit der Kraft, die wir aus träger Materie hervorrufen und Eicktricität nennen (265. 351), nachzuweisen. Für den Zitterrochen (Torpedo) ist dieß zur Genüge gethan, und die Richtung des Stroms der Kraft bestimmt durch die vereinigten und folgweisen Arbeiten von Walsh[1]), Cavendish[2], Galvani[3], Gardini[4], A. v. Humboldt und Gay-Lussac[5], Todd[6], Humphry Davy[7], John Davy[8], Becquerel[9] und Matteucci[10].

1751. Auch der Gymnotus (Zitteraal) ist zu demselben Zweck untersucht worden, und die Versuche von Williamson[11], Garden[12], A. v. Humboldt[13], Fahlberg[14] und Guisan[15] sind in dem Nachweis über die Einerleiheit der elektrischen Kraft dieses Thiers mit der gewöhnlichen Elektricität sehr weit gediehen; die beiden letzten Physiker haben sogar Funken erhalten.

1752. Der Gymnotus scheint zu ferneren Untersuchungen [387] in diesem (refined) Zweige der Wissenschaft, in gewissen Beziehungen, besser geeignet zu seyn, als die Torpedo, besonders weil er, wie schon A. v. Humboldt bemerkt, Einsperrung erträgt, und sich länger lebend und gesund aufbewahren läßt. Einen Gymnotus hat man schon mehre Monate in Thätigkeit erhalten, während J. Davy die Torpedo nicht über 12 bis 15 Tage aufbewahren konnte; ja Matteucci war nicht im Stande von 116 Zitterrochen einen einzigen länger als drei Tage lebend zu erhalten, obwohl alle Umstände zu ihrer Aufbewahrung günstig waren[16]. Gymnoten zu erlangen, war daher eine Sache von Wichtigkeit. Angeregt sowohl als geehrt durch sehr gütige Mittheilungen des Hrn. A. von Humboldt[17] wandte ich mich im J. 1835 an das Colonial-Amt, mir einige dieser Thiere zu verschaffen, was mir denn auch versprochen wurde.

1753. Seit dem hat auch Sir Everard Home einen Freund beauftragt, einige Gymnoten herzusenden, und andere Herren haben sich zu gleichem Zwecke bemüht. Dieser Eifer veranlaßt mich, aus einem Schreiben des Hrn. A. v. Humboldt, dasjenige mitzutheilen, was ich auf meine Frage, wie man diese Thiere am besten über den Ocean herschaffe, zur Antwort empfing. Er sagt: „Die Gymnoten, welche in den Llanos von Caracas (unweit Calabozo) in allen kleinen Zuflüssen des Orinoco, im englischen, französischen und holländischen Guiana häufig vorkommen, sind nicht schwierig zu transportiren. Wir verloren sie in Paris nur so bald, weil sie, unmittelbar nach ihrer Ankunft zu sehr (durch Versuche) angestrengt wurden. Die HH. Norderling und Fahlberg hielten sie zu Paris vier Monate lang lebend. Ich würde rathen, sie aus Surinam (Essequibo, Demerara, Cayenne) im Sommer herüberzuschaffen, denn der Gymnotus lebt in seinem Vaterlande im Wasser von 25° C. Einige sind fünf [388] Fuß lang, allein ich würde rathen, die von 27 bis 28 Zoll auszuwählen. Ihre Kraft ist veränderlich nach ihrer Nahrung und ihrer Ruhe. Da sie nur einen kleinen Magen haben, so essen sie wenig und oft; ihre Nahrung besteht aus gekochtem Fleisch, ungesalzenen kleinen Fischen und selbst Brot. Ehe man sie einschifft, hat man ihre Stärke und die passendsten Nahrungsmittel zu prüfen, auch muß man nur solche Fische aussuchen, die schon an die Gefangenschaft gewöhnt sind. Ich bewahrte sie in einem Kasten oder Trog von etwa vier Fuß Länge und 16 Zoll Breite und Höhe. Das Wasser muß süßes seyn, und alle drei bis vier Tage erneut werden. Man darf den Fisch nicht hindern an die Oberfläche zu kommen, denn er liebt es Luft zu schöpfen. Rund um den Trog muß ein Netz gezogen werden, denn der Gymnotus springt oft zum Wasser heraus. Das sind alle Vorschriften, die ich Ihnen zu geben weiß. Es ist jedoch wichtig, daß das Thier nicht gequält oder angestrengt werde, denn durch häufige elektrische Entladungen erschöpft es sich. In demselben Troge können mehre Gymnoten aufbewahrt werden.“

1754. Kürzlich ist durch Hrn. Porter ein Gymnotus nach England gebracht und von den Eigenthümern der Gallerie in der Adelaide-Straße gekauft worden. Dieselben hatten sogleich die Güte, mir den Fisch zum Behufe einer wissenschaftlichen Untersuchung anzubieten, und ihn für die Zeit ganz zu meiner Verfügung zu stellen, damit seine Kräfte (den Vorschriften des Hrn. A. v. Humboldt gemäß (1753)) nicht geschwächt werden möchten. Unterstützt von den HH. Bradley und Gassiot, zuweilen auch von den HH. Daniell, Owen und Wheatstone, ist es mir gelungen, an diesem Exemplare die Identität der Kraft des Gymnotus mit der gemeinen Elektricität in jeder Hinsicht nachzuweisen (265. 351 etc.). Alle diese Beweise sind schon früher mit der Torpedo (1750) erhalten, und einige, wie z. B. Schläge, Ströme [389] (circuit), Funken (1751), auch mit dem Gymnotus; dennoch glaube ich, daß der K. Gesellschaft ein kurzer Bericht von den Resultaten angenehm seyn werde; ich gebe sie als nothwendige vorläufige Versuche zu der Untersuchung, die ich hoffe nach Ankunft der erwarteten Thiere (1752) anstellen zu können.

1755. Der Fisch ist vierzig Zoll lang. Er wurde im März 1838 gefangen und am 15. August in die Gallerie gebracht, wurde aber von der Zeit seiner Gefangennehmung bis zum 19. October nicht gefüttert. Vom 24. August an that Hr. Bradley jeden Abend etwas Blut in das Wasser, und gab ihm jeden Morgen frisches Wasser; auf diese Weise bekam das Thier vielleicht einige Nahrung. Am 19. October tödtete und fraß es vier kleine Fische; seitdem wurde ihm kein Blut mehr gegeben, es nahm nun sichtlich zu und verzehrte im Durchschnitt täglich einen Fisch[18].

1756. Ich experimentirte zuerst mit ihm am 3. September, da er anscheinend matt war, aber starke Schläge gab, als man die Hände zweckmäßig auf ihn legte (1760,1773 etc.). Die Versuche wurden an vier verschiedenen Tagen gemacht, in Zwischenzeiten der Ruhe von einem Monat bis zu einer Woche. Seine Gesundheit schien sich fortwährend zu bessern, und während dieser Zeit, zwischen dem dritten und vierten Tag, begann er zu fressen.

1757. Außer den Händen wurden zwei Arten von Collectoren angewandt. Die eine Art bestand aus zwei Kupferstäben, jeder 15 Zoll lang, mit einer Kupferscheibe von Zoll im Durchmesser an einem Ende, und einem Kupfercylinder, als Handhabe, an dem andern. Von der Scheibe aufwärts waren die Stäbe mit einer dicken Kautschuckröhre umgeben, um sie von dem Wasser zu isoliren. Durch diese konnten einzelne Theile des Fisches, während er im Wasser war, untersucht werden.

[390] 1758. Die andere Art von Collectoren bezweckte die Schwierigkeit zu heben, die mit der vollständigen Eintauchung des Fisches in Wasser verknüpft ist. Denn selbst wenn ich den Funken bekam, hielt ich mich nicht überhoben, den Fisch in die Luft zu bringen. Eine Kupferplatte, 8 Zoll lang und Zoll breit, wurde sattelförmig gebogen, damit sie über den Fisch griff und eine gewisse Strecke des Rückens und der Seiten einschloß, und daran war ein dicker Kupferdraht gelöthet, um die elektrische Kraft zu dem Experimentir-Apparat zu leiten. Ein Wamms von Tafel-Kautschuck (jacket of sheet caoutchouc) wurde auf dem Sattel befestigt; die Ränder desselben ragten am Boden und an den Enden hervor, die Enden convergirten, um in gewissem Grade sich an den Körper des Fisches zu legen, und die unteren Ränder federten gegen eine horizontale Fläche, auf welche die Sättel gestellt wurden. Der etwa in das Wasser kommende Theil des Drahts war mit Kautschuck überzogen.

1759. Diese Collectoren, auf den Fisch gesetzt, sammelten hinreichend Kraft, um viele elektrische Effecte zu erhalten. Wenn aber, um z. B. Funken zu erlangen, jeder mögliche Vortheil nöthig war, wurden Glasplatten auf den Boden des Wassers gelegt, und, wenn der Fisch über ihnen war, die Conductoren auf ihn gesetzt, bis die unteren Kautschuckränder auf dem Glase ruhten, so daß der Theil des Thiers innerhalb des Kautschucks fast so gut isolirt war, wie wenn es sich in der Luft befunden hätte.

1760. Schläge. Die Schläge dieses Thieres waren sehr kräftig, wenn die Hände in günstiger Lage auf dasselbe gesetzt wurden, d. h. eine auf den Körper, nahe am Kopf, die andere nahe am Schwanz. Je näher die Hände, bis zu gewisser Gränze, an einander gebracht waren, desto weniger stark war der Schlag. Die Scheiben-Collectoren führten die Schläge sehr gut zu den Händen, wenn diese angefeuchtet und mit den cylindrischen Handhaben [391] in genauer Berührung waren, dagegen fast gar nicht, wenn die Handhaben auf gewöhnliche Weise mit trocknen Händen angefaßt wurden.

1761. Galvanometer. Bei Anwendung der sattelförmigen Collectoren, einen auf den Vordertheil den andern auf den Hintertheil des Gymnotus gesetzt, wurde leicht auf ein Galvanometer eingewirkt. Dieses war nicht besonders empfindlich, denn ein Plattenpaar, Zink und Platin, zwischen welches die Zunge gesteckt worden, bewirkte keine größere bleibende Ablenkung als 25º; dann betrug, wenn der Fisch einen starken Schlag gab, die Ablenkung 30º, und einmal sogar 40º. Die Ablenkung hatte beständig einerlei Richtung, indem der Strom immer von dem Vordertheil des Thiers durch das Galvanometer nach dem Hintertheil ging. Der erstere war daher nach außen positiv, der letztere negativ.

1762. Magnetisirung. Als eine kleine Schraube, aus 22 Fuß beseideten, um eine Federpose gewickelten Kupferdraht, in die Kette gebracht, und eine angelassene Stahlnadel hineingelegt worden, wurde diese magnetisch, und ihre Polarität entsprach jedesmal einem Strom von dem Vordertheil des Gymnotus durch die angewandten Leiter nach dem Hintertheil.

1763. Chemische Zersetzung. Eine polare Zersetzung der Jodkalium-Lösung war leicht zu erhalten. Drei- oder vierfach zusammengeschlagenes Papier, mit der Lösung befeuchtet (322), wurde zwischen eine Platinplatte und das Ende eines Platindrahts gebracht, die beide mit den sattelförmigen Collectoren (1758) verbunden waren. Sobald der Draht mit dem Collector auf dem Vordertheil des Gymnotus verbunden ward, erschien an seinem Ende Jod; war er dagegen mit dem andern Collector verbunden, so schied sich nichts aus an der Stelle des Papiers, wo es zuvor erschien. Die Richtung des Stroms war also auch hier die nämliche, wie bei den früheren Proben.

[392] 1764. Durch dieses Prüfmittel verglich ich den Mitteltheil des Fisches mit andern Theilen, vorderen und hinteren, und fand dadurch, daß der auf die Mitte gesetzte Collector negativ war gegen den Collector , wenn dieser auf den vorderen Theilen stand, dagegen positiv gegen , wenn dieser auf Theile näher am Schwanz gestellt war. Innerhalb gewisser Gränzen scheint demnach der Zustand des Fisches, zur Zeit des Schlages nach außen, ein solcher zu seyn, daß jeder Theil gegen die vorderen negativ, und gegen die hinteren positiv ist.

1765. Wärme-Erregung. Bei Anwendung einen Harris’schen Thermo-Elektrometers, das Hrn. Gassiot gehörte, glaubten wir einmal, als die Ablenkung des Galvanometers 40º betrug (1761), eine schwache Temperatur-Erhöhung zu bemerken. Ich selbst beobachtete indeß das Instrument nicht, und einer von denen, welcher zuerst die Wirkung gesehen haben wollte, bezweifelt sie jetzt[19].

1766. Funken. Er wurde folgendermaßen erhalten. Ein gutes magneto-elektrisches Gewinde mit einem Kern von weichem Eisen, war mit einem Ende befestigt an einem der sattelförmigen Collectoren (1758), und mit dem andern an einer neuen Stahlfeile, während man eine zweite Feile mit dem Ende des anderen Collectors verbunden hatte. Eine Person rieb die Feilen an einander, während eine zweite die Collectoren auf den Fisch setzte, und ihn zur Thätigkeit anzureizen suchte. Durch die Reibung der Feilen wurde der Contact sehr oft unterbrochen und wiederhergestellt, was den Zweck hatte, den Moment zu erhaschen, wo der Strom durch den Draht und das Gewinde ging, und durch Unterbrechung des Contacts, während des Stroms, die Elektricität als Funke sichtbar zu machen.

1767. Viermal erschien ein Funke und fast alle Anwesenden [393] sahen ihn. Daß er nicht von der bloßen Reibung der Feilen herrührte, zeigte sich dadurch, daß diese allein, ohne den Fisch, einen solchen nicht lieferten. Späterhin nahm ich statt der unteren Feile eine rotirende Stahlplatte, die an einer Seite feilförmig geschnitten war, und statt der oberen Feile einen Draht von Eisen, Kupfer oder Silber. Mit jedem wurde dann ein Funke erhalten[20].

1768. Das waren die allgemeinen elektrischen Erscheinungen, die von diesem Gymnotus, während er in seinem natürlichen Element lebte, erhalten wurden. Zu verschiedenen Malen wurden mehre derselben zugleich erhalten. So wurde durch eine einzige Entladung der elektrischen Kraft des Thiers eine Stahlnadel magnetisirt, das Galvanometer abgelenkt und vielleicht ein Draht erhitzt.

1769. Ein ferneres, doch kurzes Detail von Versuchen über die Quantität und Anordnung (Disposition) der Elektricität in und an diesem wunderbaren Thiere wird hier, glaube ich, nicht am unrechten Orte stehen.

1770. Wenn der Schlag stark ist, ähnelt er dem einer großen, schwach geladenen Leidner Batterie, oder dem einer guten Volta’schen Batterie von vielleicht hundert oder mehren Plattenpaaren, die nur einen Moment geschlossen ist. Ich bemühte mich, eine Idee von der Elektricitätsmenge zu bekommen, indem ich eine große Leidner Batterie verband (291) mit zwei Messingkugeln von über drei Zoll im Durchmesser, die in einer Röhre mit Wasser sieben Zoll auseinander standen, so daß sie diejenigen Theile des Gymnotus vorstellen möchten, auf welche die Collectoren gesetzt wurden; um die Intensität [394] der Entladung zu schwächen, war anderswo eine (six-fold) dicke und acht Zoll lange feuchte Schnur in den Bogen eingeschaltet, was für nöthig gefunden wurde, um zu verhüten das leichte Auftreten von Funken an den Enden der Collectoren (1758), wenn sie, wie es früher bei dem Fisch geschah, in dem Wasser nahe bei den Kugeln angewandt wurden. Wenn nach dieser Vorkehrung die Batterie stark geladen und darauf entladen wurde, während die Hände nahe bei den Kugeln in das Wasser gesteckt waren, wurde ein Schlag gefühlt, der dem von dem Fisch sehr ähnelte. Der Versuch macht zwar keinen Anspruch auf Genauigkeit, allein da die Spannung, vermöge der mehr oder weniger leichten Funken-Erzeugung, in gewissem Grade nachgeahmt, und aus dem Schlage geschlossen werden konnte, ob die Menge ungefähr die nämliche war, so glaube ich, dürfen wir folgern, daß eine einzige mittlere Entladung des Fisches wenigstens gleich ist der Elektricität einer aufs Höchste geladenen Leidner Batterie von 15 Flaschen, die an beiden Seiten eine Belegung von 3500 Quadratzoll darbieten (291). Der Schluß hinsichtlich der großen Elektricitätsmenge in einem einzigen Schlag des Gymnotus stimmt vollkommen überein mit dem Grade von Ablenkung, welche derselbe einer Magnetnadel ertheilen kann (367. 860. 1761), so wie auch mit dem Betrage der chemischen Zersetzung bei Elektrolysirungs-Experimenten (374. 860. 1763).

1771. So groß auch die Kraft in einem einzigen Schlage ist, so giebt doch der Gymnotus, wie v. Humboldt beschreibt und auch ich erfahren habe, einen doppelten und dreifachen Schlag; diese Fähigkeit, sogleich die Wirkung mit einer kaum merkbaren Zwischenzeit zu wiederholen, ist sehr wichtig für die Betrachtungen über den Ursprung und die Erregung der Kraft in dem Thiere. Walsh, v. Humboldt, Gay-Lussac und Mateucci [395] haben dasselbe bei der Torpedo bemerkt, jedoch in einem weit auffallenderen (fare more stricking) Grade.

1772. Da in dem Moment, wo der Fisch einen Schlag beabsichtigt, die vorderen Theile positiv und die hinteren negativ sind, so kann daraus gefolgert werden, daß ein Strom vorhanden ist von jenen zu diesen durch jeden Theil des Wassers, welches das Thier bis zu einem beträchtlichen Abstande umgiebt. Der Schlag, den man empfängt, wenn die Hände in der günstigsten Lage sind, ist also nur die Wirkung eines sehr kleinen Theils, der in diesem Augenblick von dem Thier entwickelten Elektricität; bei weitem der größte Theil geht durch das umgebende Wasser. Dieser ungeheure Außenstrom muß in dem Fisch begleitet seyn von einer einem Strom äquivalenten Wirkung, welche die Richtung von dem Schwanz zu dem Kopfe hat und gleich ist der Summe aller dieser äußeren Kräfte. Ob der Proceß des Entwickelns und Erregens der Elektricität in dem Fisch die Erzeugung dieses inneren Stroms (der nicht nothwendig so schnell und momentan als der äußere zu seyn braucht) einschließe, muß für jetzt dahingestellt bleiben; allein zur Zeit des Schlags hat das Thier anscheinend nicht die elektrischen Empfindungen, welche er in seinen Umgebungen veranlaßt.

Fig. 1

1773. Mit Hülfe der Fig. 1 Taf. V will ich einige experimentelle Resultate angeben, welche den den Fisch umgebenden Strom erläutern und zeigen, weshalb der Schlag durch die verschiedenen Verbindungsweisen der Person mit dem Thier, oder durch die verschiedene Lage derselben gegen dieses in seinem Charakter abgeändert wird. Der große Kreis stellt den Kübel vor, in welchem das Thier enthalten ist; er hält 46 Zoll im Durchmesser; die Wassertiefe beträgt 3,5 Zoll; er ruht auf drei trocknen Füßen. Die Zahlen bezeichnen die Orte, wo die Hände oder scheibenförmigen Conductoren (1757) [396] angebracht wurden, und wenn sie dicht an dem Thiere stehen, bedeuten sie, daß dieses berührt wurde. Die verschiedenen Personen will ich durch etc. bezeichnen; ist die den Fisch zur Wirkung reizende Person.

1774. Wenn nur eine Hand im Wasser war, wurde der Schlag auch nur in dieser gefühlt, an was für einen Theil des Fisches sie auch angebracht ward. Er war nicht sehr stark, und nur in dem in Wasser getauchten Theile fühlbar. Bei Eintauchung der Hand und eines Theils vom Arm wurde der Schlag in allen eingetauchten Theilen verspürt.

1775. Befanden sich beide Hände im Wasser und an denselben Theilen des Fisches, so war der Schlag noch verhältnißmäßig schwach und bloß in den eingetauchten Theilen spürbar. Dasselbe fand statt, wenn die Hände an gegenüberliegenden Theilen, wie in und , oder und , oder und waren, oder die eine unter und die andere über diesen Stellen. Wurden die Scheiben-Collectoren an diesen Stellen angewandt, so fühlte die sie haltende Person nichts (übereinstimmend mit Gay-Lussac’s Beobachtung an der Torpedo[21]), während andere Personen, mit beiden Händen, in einiger Entfernung vom Fisch, beträchtliche Schläge erhielten.

1776. Wurden beide Hände oder Scheiben-Collectoren an Stellen gelegt, die durch einen Theil der Länge des Thieres getrennt waren, wie an und , oder und , oder und , so erfolgten starke Schläge, die sich bis zu den Armen des Experimentators ausdehnten, obwohl eine andere Person, mit einer einzigen Hand an irgend einer dieser Stellen, verhältnißmäßig wenig fühlte. Aus Theilen, die, wie und , dem Schwanz sehr nahe waren, ließen sich Schläge erhalten. Ich glaube, sie waren am stärksten bei etwa und . So wie die Hände näher zusammengebracht wurden, nahm die Wirkung ab, [397] und wenn sie in denselben Querschnitt gekommen, war dieselbe, wie schon erwähnt, nur in den eingetauchten Theilen spürbar (1775).

1777. brachte die Hände nach und , wenigstens 4 Zoll vom Fische, während denselben mit einem Glasstab berührte, um ihn zur Wirkung zu reizen; alsbald erhielt einen kräftigen Schlag. Bei einem andern Versuch, ähnlicher Art, in Bezug auf die Unnöthigkeit der Berührung des Fisches, erhielten mehre Personen unabhängig von einander Schläge, so in und , in u. , in u. , in u. . Alle wurden auf einmal erschüttert, u. sehr stark[WS 1], u. schwach. Bei Versuchen mit dem Galvanometer oder anderen instrumentellen Vorrichtungen ist es sehr nützlich, daß eine Person ihre Hände in mäßiger Entfernung vom Thiere in Wasser halte, damit sie erfahre und benachrichtige, wann eine Entladung stattfinde.

1778. Wenn beide Hände in und oder und hatte, während nur eine Hand in oder oder hielt, so empfing der Erstere einen starken Schlag, der Letztere dagegen nur einen schwachen, obwohl er den Fisch berührte. Dasselbe geschah, wenn beide Hände in und , oder und , oder und hielt.

1779. Hielt beide Hände in und , in und , und in und , so empfing den stärksten Schlag, den weniger starken und den schwächsten.

1780. Wenn den Gymnotus in u. mit den Händen reizte, während die seinigen in u. hielt so empfing der Letztere einen weit stärkeren Schlag als der Erstere, obwohl dieser das Thier berührte und reizte.

1781. reizte den Fisch durch die eine Hand bei , hatte die Hände bei oder längs und , und die seinigen in oder quer bei und . Dann bekam einen prickelnden Schlag nur in der eingetauchten Hand (1774), einen stärkern Schlag hinauf zu den [398] Armen, und bloß in den eingetauchten Theilen eine schwache Wirkung.

1782. Die eben beschriebenen Versuche sind von der Art, daß sie viele Wiederholungen bedürfen, ehe mit Sicherheit allgemeine Schlüsse aus ihnen gezogen werden können. Auch behaupte ich nicht, daß sie mehr seyen als Anzeigen über die Richtung der Kraft. Es ist nicht ganz unmöglich, daß der Fisch das Vermögen besitze, jedes seiner vier elektrischen Organe einzeln in Wirksamkeit zu setzen, und so bis zu einem gewissen Grade den Schlag zu lenken, d. h. den elektrischen Strom von einer Seite auszusenden, und zugleich die andere Seite seines Körpers in solchen Zustand zu versetzen, daß er sich in dieser Richtung als ein Nichtleiter verhalte. Allein ich glaube, die Erscheinungen und Resultate sind von der Art, daß sie den Schluß verbieten, er habe eine Controle über die Richtung der Ströme, nachdem sie in die Flüssigkeit und die ihn umgebenden Substanzen eingetreten sind.

1783. Die Angaben gelten auch nur, wenn der Fisch gerade ausgestreckt liegt, denn wenn er sich gekrümmt hat, sind die Kraftlinien um ihn in ihrer Intensität verschieden, in einer Weise, die sich theoretisch voraussetzen läßt. Werden die Hände z. B. in und angebracht, so steht ein schwächerer Strom in den Armen zu erwarten, wenn der Fisch mit dieser Seite nach innen gekrümmt ist, als wenn er ausgestreckt liegt, weil der Abstand zwischen den Theilen verringert worden, und das dazwischen befindliche Wasser deshalb mehr von der Kraft leitet. Was aber die zwischen und in das Wasser eingetauchten Theile oder Thiere, wie Fische, betrifft, so werden sie stärker, statt schwächer, erschüttert.

1784. Aus allen Versuchen, so wie aus einfachen Betrachtungen ist klar, daß alles Wasser und alle den Fisch umgebenden leitenden Substanzen, durch welche [399] eine Entladungskette in irgend einer Weise geschlossen werden kann, in dem Moment mit circulirender elektrischer Kraft erfüllt ist; und dieser Zustand läßt sich im Allgemeinen leicht durch Zeichnung der Linien der Inductionswirkung (1231. 1304. 1338) veranschaulichen. Bei einem auf allen Seiten gleichmäßig vom Wasser umgebenen Gymnotus werden sie im Allgemeinen wie die magnetischen Curven eines Magneten angeordnet seyn, und dieselbe gerade oder krumme Gestalt wie das Thier haben, vorausgesetzt, daß dieses, wie zu erwarten steht, seine elektrischen Organe auf einmal gebrauche.

1785. Dieser Gymnotus vermag Fische zu betäuben und zu tödten, die sich in verschiedenen Lagen gegen seinen Körper befinden; allein einst als ich ihn fressen sah, schien mir seine Wirkung eigenthümlich. Ein lebender, etwa fünf Zoll langer Fisch wurde in den Kübel gethan. Augenblicklich schwang sich der Gymnotus herum, so daß er einen den Fisch einschließenden Ring (coil) bildete, von dem der Letztere den Durchmesser bildete; er gab einen Schlag und sogleich war der Fisch in der Mitte des Wassers bewegungslos, wie vom Blitz getroffen, mit der Seite nach oben schwimmend. Der Gymnotus machte ein oder zwei Mal die Runde, um nach seiner Beute zu sehen, verschluckte sie, nachdem er sie gefunden, und suchte dann nach mehr. Ein zweiter kleiner Fisch, der ihm gegeben ward und auf dem Transport verletzt worden, zeigte nur wenig Lebenszeichen und wurde von ihm auf einmal verschluckt, anscheinend ohne von ihm Schläge zu erhalten. Daß der Gymnotus sich hier um seine Beute schlang, hatte ganz das Ansehen, wie wenn darin eine Absicht läge, die Kraft des Schlages zu verstärken, und offenbar war es dazu außerordentlich wohl geeignet (1783), da es völlig übereinstimmt mit wohlbekannten Gesetzen der Entladung von Strömen in Massen von leitenden Substanzen; und obwohl der Fisch [400] diesen Kunstgriff nicht immer ausübt, so ist doch sehr wahrscheinlich, daß er seines Vortheils bewußt ist, und in nöthigen Fällen davon Gebrauch macht.

1786. Da das Thier inmitten eines so guten Leiters, als Wasser, lebt, so muß es anfangs in Erstaunen versetzen, wie es irgend etwas merklich elektrisiren könne, allein bei geringem Nachdenken erkennt man bald manche Umstände von großer Schönheit, welche die Weisheit der ganzen Einrichtung darthun. So das Leitungsvermögen, welches das Wasser selbst besitzt, und das, welches es der feuchten Haut des zu erschütternden Fisches oder Thieres giebt; die Größe der Fläche, durch welche der Fisch und das die Entladung leitende Wasser in Berührung stehen. Alles dieses begünstigt und verstärkt den Schlag auf das verurtheilte Thier, und steht im vollständigsten Contrast mit der Unwirksamkeit der Umstände, die existiren würden, wenn der Gymnotus und der Fisch von Luft umgeben wären; und zu gleicher Zeit als die Kraft eine von geringer Intensität ist, so daß eine trockne Haut sie abwehrt, während eine feuchte sie leitet (1760), ist sie eine von großer Quantität (1770), so daß, obwohl das umgebende Wasser viel fortführt, doch genug zum vollen Effect seinen Lauf durch den Körper des zur Nahrung zu fangenden Fisches, oder des zu besiegenden Feindes nehmen kann.

1787. Ein anderes merkwürdiges Resultat der Beziehung des Gymnotus und seiner Beute zu dem umgebenden Mittel besteht darin, daß je größer der zu tödtende oder betäubende Fisch, desto stärker der auf ihn wirkende Schlag seyn wird, wenn auch der Gymnotus eine gleiche Kraft anwendet; denn bei einem großen Fisch werden diejenigen Elektricitätsströme durch seinen Körper gehen, die bei einem kleinen unschädlich vom Wasser daneben fortgeführt werden.

1788. Der Gymnotus scheint zu fühlen, wann er ein Thier geschlagen hat, und erfährt es wahrscheinlich [401] durch den mechanischen Impuls, den er empfängt, in Folge der Krämpfe, in die es versetzt wird. Wenn ich ihn mit den Händen berührte, gab er mir einen Schlag nach dem andern; berührte ich ihn aber mit Glasstäben oder den isolirten Conductoren, so gab er nur einen oder zwei Schläge (wie es Andere mit den Händen in einiger Entfernung fühlten), und hörte dann damit auf, wie wenn er bemerkt hätte, daß er nichts ausrichtete. Ferner: wenn ich ihn behufs der Experimente mit dem Galvanometer oder einem andern Apparat mehrmals mit den Conductoren berührt hatte, er matt und gleichgültig zu seyn schien, nicht gewilligt Schläge zu geben, und ich berührte ihn nun mit den Händen, so zeigte er, unterrichtet durch deren convulsivische Bewegung, daß er ein empfindsames Wesen neben sich habe, sogleich seine Kraft und seine Willigkeit den Experimentator zu schrecken.


1789. Geoffroy St. Hilaire hat bemerkt, daß die elektrischen Organe der Torpedo, des Gymnotus und ähnlicher Fische nicht als wesentlich verknüpft mit denen angesehen werden können, die für das Leben des Thieres von hoher und directer Wichtigkeit sind, sondern daß sie eher zu den gewöhnlichen Tegumenten gehören. Auch hat man gefunden, daß Torpedos, denen ihre eigenthümliche Organe genommen worden, fortfuhren zu leben, ganz so gut wie die, denen man sie gelassen hatte. Diese und andere Betrachtungen ließen mich hoffen, daß diese Theile bei genauerer Untersuchung sich als einen natürlichen Apparat ergeben würden, mittelst dessen wir die Principien der Action und Reaction auf die Erforschung der Natur des Nerven-Einflusses anzuwenden vermöchten.

1790. Die anatomische Beziehung des Nervensystems zu dem elektrischen Organ; die sichtliche Erschöpfung der Nerventhätigkeit während der Elektricitätserzeugung in jenem Organ; die scheinbar aequivalente Elektricitätserzeugung in Verhältniß zur Quantität der verbrauchten [402] Nervenkraft; die constante Richtung des erzeugten Stroms mit ihrer Beziehung zu dem, was vermuthlich eine gleichfalls constante Richtung der zu gleicher Zeit in Wirksamkeit gesetzten Nerventhätigkeit ist: Alles läßt mich glauben, daß es nicht unmöglich sey, daß, bei gewaltsamer Durchleitung von Elektricität durch das Organ, eine Rückwirkung auf das zu ihm gehörige Nervensystem stattfinde, und daß zu größerem oder kleinerem Grade eine Wiederherstellung dessen, was das Thier, während des Acts der Strom-Erregung verbraucht, vielleicht vor sich gehen könnte. Wir haben die Analogie in der Beziehung zwischen Wärme und Magnetismus. Seebeck hat uns gelehrt, Wärme in Magnetismus zu verwandeln, und Peltier hat uns später genau das Umgekehrte gegeben, gezeigt wie die Elektricität in Wärme zu verwandeln sey (shown us how to convert the electricity into heat, including both its relation of hot and cold). Oersted zeigte, wie wir elektrische Kräfte in magnetische zu verwandeln haben, und ich hatte die Freude, das zweite Glied zur vollständigen Relation hinzuzufügen, indem ich rückwärts die magnetischen Kräfte in elektrische verwandelte. So haben wir vielleicht in diesen Organen, worin uns die Natur den Apparat gegeben, durch den das Thier Nerventhätigkeit ausüben und in elektrische Kräfte verwandeln kann, unter jenem Gesichtspunkt vielleicht eine Kraft, weit stärker als die des Fisches selbst, elektrische Kräfte in Nervenkraft umzuwandeln.

1791. Es mag vielleicht die Annahme, daß die Nerventhätigkeit solchen Kräften wie Wärme, Elektricität und Magnetismus in gewissem Grade analog sey, als eine sehr wilde erscheinen. Ich nehme es jedoch auch nur an als eine Veranlassung zur Anstellung gewisser Versuche, die je nachdem sie bejahende oder verneinende Resultate geben, fernere Erwartungen reguliren werden. Und was die Natur der Nervenkraft betrifft, so glaube ich, daß die Ausübung derselben, welche längs den Nerven [403] zu den verschiedenen von ihnen in Thätigkeit gesetzten Organen geführt wird, nicht das directe Lebensprincip sey, weshalb ich keinen natürlichen Grund sehe, weshalb es uns nicht in gewissen Fällen vergönnt seyn sollte, den Lauf derselben zu bestimmen, so gut als zu beobachten. Manche Physiker halten die Kraft für Elektricität. Priestley stellt diese Ansicht im J. 1774 unter einer sehr auffallenden und deutlichen Form auf, sowohl in Bezug auf gewöhnliche Thiere als auf elektrische, wie die Torpedo[22]. Dr. Wilson Philip hält das Organ in gewissen Nerven für Elektricität, modificirt durch die Lebensthätigkeit[23]. Matteucci meint, die Nervenflüssigkeit oder Thätigkeit (energy), wenigstens in den zum elektrischen Organ gehörenden Nerven, sey Elektricität[24]. Prevost und Dumas glauben, daß sich in den zu den Muskeln gehörenden Nerven Elektricität bewege, und Prevost fügt zur Stütze dieser Ansicht einen schönen Versuch hinzu, bei welchem Stahl magnetisirt worden; sollte dieser durch fernere Beobachtung und durch andere Physiker bestätigt werden, so wäre er von der höchsten Wichtigkeit für die Fortschritte dieses erhabenen Zweiges der Wissenschaft[25]. Obgleich ich mich bis jetzt durch die Thatsachen noch nicht habe überzeugen können, [404] daß die Nervenflüssigkeit nur Elektricität sey, so glaube ich doch, daß das Agens in dem Nervensystem eine unorganische Kraft sey; und wenn es Gründe giebt den Magnetismus für eine höhere Kraft (relation of force) zu halten als die Elektricität (1664. 1732. 1734), so läßt sich auch wohl denken, daß die Nervenkraft eine noch höhere sey (of a still more exalted character) und doch in dem Bereich des Versuches liege.

1792. Ich bin dreist genug folgenden Versuch vorzuschlagen. Wenn ein Zitteraal oder Zitterroche durch häufige Anstrengung der elektrischen Organe ermattet ist: würde die Absendung von Strömen ähnlicher Art als er ausschickt, oder von anderen Kraftgraden, entweder continuirlich oder intermittirend, in derselben Richtung als er sie fortsendet, seine Kräfte wieder herstellen und rascher, als wenn er in seiner natürlichen Ruhe gelassen wäre?

1793. Wird die Durchsendung von Strömen in entgegengesetzter Richtung das Thier rasch erschöpfen? Es giebt, denke ich, Gründe zu glauben, daß die Torpedo (und vielleicht auch der Gymnotus) von elektrischen Strömen, die bloß durch das elektrische Organ gesandt werden, nicht sehr beunruhigt oder gereizt wird, so daß also die Anstellung dieser Versuche nicht sehr schwierig scheint.

1794. Die Einrichtung der Organe in der Torpedo giebt noch fernere Versuche nach demselben Princip an die Hand. Wenn z. B. ein Strom in der natürlichen Richtung, d. h. von unten herauf durch das Organ, an der einen Seite des Fisches, gesandt wird: würde dieß das Organ der anderen Seite in Thätigkeit setzen? Oder wenn man denselben in umgekehrter Richtung durchleitete: würde dieß denselben oder sonst einen Effect auf jenes Organ ausüben? Würde es der Fall seyn, wenn die den Organen vorhergehenden Nerven unterbunden wären? Würde es der Fall seyn, wenn man das Thier zuvor [405] durch Schläge so erschöpft hätte, daß es unfähig wäre, durch eigenen Willen das Organ bis zu irgend einen oder ähnlichen Grad in Thätigkeit zu setzen?

1795. Dieß sind einige der Versuche, welche durch den Bau und die Beziehung der elektrischen Organe dieser Fische an die Hand gegeben werden. Andere mögen nicht so von ihnen denken; allein ich kann nur sagen, daß wenn mir die Mittel zu Gebote ständen, ich selbst der Erste wäre, der sie anstellen würde.


  1. Philosoph. Transact. 1773 p. 461.
  2. Ibid. 1776 p. 196.
  3. Aldini’s Esssai sur le Galvanisme T. II p. 61.
  4. De Electrici ignis Natura §. 71. Mantua, 1792.
  5. Ann. de chimie T XIV p. 15. (Gilb. Ann. T. XXII p. 1.)
  6. Phil. Transact. 1816 p. 120.
  7. Ibid. 1829 p. 15. (Ann. Bd. XVI S. 311.)
  8. Ibid. 1832 p. 259 (Ann. Bd. XXVII S. 542) und 1834 p. 531.
  9. Traité de l’électricité T. IV p. 264.
  10. Biblioth. universelle 1837 T. XII. p. 163 (vergl. Ann. Bd. XXXIX S. 485; auch Colladon ebendaselbst S. 411. P.)
  11. Phil. Transact. 1775 p. 94.
  12. Ibid. 1775 p. 102.
  13. Relat. hist. edit. 4 T. II p. 187 chap. XVII.
  14. Vetensk. Acad. Handlingar 1801 p. 122. (Gilb. Ann. Bd. XIV S. 416.
  15. De Gymnoto electrico, Tubingae 1819.
  16. Biblioth. univers. 1837 T. XII p. 174.
  17. Vergl. Ann. Bd. XXXVII S. 241.
  18. Die verzehrten Fische waren: Gründlinge, Karpfen und Barse.
  19. Bei späteren Versuchen derselben Art konnten wir die Wirkung nicht erhalten.
  20. Bei einer späteren Zusammenkunft, in welcher wir versuchten, die Anziehung von Goldblättchen hervorzubringen, wurde der Funke direct zwischen zwei festen Flächen erhalten. Das Inductionsgewinde (1766) wurde entfernt und nur (verhältnißmäßig) kurze Drähte angewandt.
  21. Ann. de chim. et de phys. T. XIV, p. 18.
  22. Priestley, on Air Vol. I p. 277, Edition of 1774.
  23. Dr. Wilson Philip ist der Meinung, daß die Nerven, welche die Muskel anregen und die chemischen Veränderungen der Lebensfunctionen hervorbringen, durch die vom Gehirn und Rückenmark gelieferte und durch die Lebenskraft des lebenden Thieres in ihren Effecten abgeänderte elektrische Kraft wirken, weil er, wie er mir sagt, schon 1815 gefunden, daß, während die Lebenskräfte verbleiben, alle diese Functionen nach der Fortnahme des Nerveneinflusses eben so gut durch die Volta’sche Elektrictät, als durch jenen Einfluß selbst hervorgebracht werden können. Am Schlusse jenes Jahres übergab er der K. Gesellschaft einen Aufsatz, welcher in einer deren Sitzungen vorgelesen ward, und worin er von den diesen Satz begründenden Versuchen Nachricht giebt.
  24. Biblioth. universelle 1837 T. XII p. 192.
  25. do. do. 1837 T. XII p. 202. T. XIV p. 200.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: satrk