Fünf Lieder an Liane
LIEDER AN LIANE
I.
Ich wollte einmal dich in meiner Heimat grüßen,
Ich wollte einmal, daß zu deinen Füßen
Die Wege ziehen, die mir lang vertraut.
Ich wollte, daß mein stilles Land dir brächte
Und du es sähest, wie ich es geschaut.
Ich wollte einmal deine Lippen küssen –
Ich wollte einmal deine lieben süßen
Geliebten Augen auf mir ruhen sehn –
Wie lang dein Bild im Herzen ich getragen
Und wie es ruht dort bis zum Untergehn.
Dann aber? Oh ich weiß nicht, was noch wäre
Still ruht die Sehnsucht – ankersstill im Meere
Wenn ihm sein Gott die Seligkeit gewährt?
Fragst du den Schiffer, der den Hafen sieht,
Ob noch ein Wunsch durch seine Seele zieht?
Ich wollte einmal deine Lippen küssen,
Einmal mit dir allein sein – fern vom Leben.
Ich wollte einmal dir in erstem Schweigen
Die Heimat und mich selbst ganz dir zu eigen
Bedingungslos in deine Hände geben.
II.
Du sollst in meiner Mutter schönstem Bett
So ruhig schlafen, bis du nicht mehr müd’ –
Und wenn dir dann der junge Tag erglüht
Wird er dich wecken aus dem Traum der Nacht,
Der schönere Traum des Lebens.
Du sollst an meiner Mutter stillem Herd
Die alten lieben, guten Worte hören,
Die alten Worte, die das Herz betören:
Von müden, lang erblaßten Leiden
Die uns noch rühren.
Du sollst in meiner Mutter Gartenland
Die kleinen, bunten Blumen pflücken,
Die roten Rosen, die dort einsam blühen
Und erglühen
Für dich allein.
Du sollst in meiner Mutter altem Haus
Aus meiner Seele Tiefe und dir still
Zu Füßen legen, bis der letzte Tag
Uns kommen mag
In diesem Leben.
Die Einsamkeit und frühes Leid vergessen
Und allen Kummer, den du je ermessen –
Weil ich dich führen will und lächelnd tragen
Mit stolzem Wagen
Du sollst in meiner Mutter Hochzeitskleid
Von weicher, weißer, weiter Schimmerseide,
Die ein Symbol der Freude für uns beide,
Das liebe gute Wort mir geben,
Mit dir vereint.
III.
Nacht ist um uns, die bange
Lautlos sinkende Nacht –
Sie hat nach verblassendem Leide
Erlöstes Sehnen gebracht.
Zieht es dich leise erdenwärts – –
Am Himmel – fern
Löst sich ein blasser Funken,
Ein Augenblick
Ein Wunsch flammt auf,
Ein Wunsch – so heiß,
Ein Wunsch, der letzter Liebe Preis.
In deine Arme laß mich sinken,
Gib mir dich ganz,
Gib mir den Glanz
Von Erdenglück:
Unser letztes Geschick – –
Komm – kein Wort,
Kein Wort durchbreche die Stille.
IV.
In unserm Garten liegt ein Feuerschein,
Des letzten Herbstes flammendes Verglühn.
Die stille, weiche Luft ist klar und rein,
Wir sehen rote Wolken südwärts ziehn.
Ein letzter Gruß der Liebe, die vergeht.
Die späte Rose blüht; doch müde sanken
Schon manche Kelche auf das Gartenbeet.
Die Mauer ist umstrickt von Scharlachwein,
Und selbst der alte, harte, kühle Stein
Erstrahlt in rotem, brennendem Verlangen.
Ein Glühen rings, ein sonnenrotes Sterben.
Ein Sterben, seliger und schöner noch
Das einst auch über dies Gelände zog.
Du lächelst schmerzlich. Weil die Liebe flieht
Von dieser armen, stillen Gartenerde?
Du lächelst schmerzlich, weil der Herbst uns glüht
Sieh doch: was hier vergeht, uns bleibt es immer,
Uns grüßt der Herbst, uns grüßt er wunderzart,
Weil unserer Herzen roter Liebesschimmer
Für eine traumeskurze Zeit ihm ward.
Ein sterblich Abbild ist, was hier vergeht
Von dem Unsterblichen, dem, was uns beiden
Als unvergänglich vor der Seele steht.
Bis auf der alten, lieberoten Erde
Bis zu uns als geleitender Gefährte,
Der letzte Erdenton noch dringt.
Bis wir den letzten Blick noch tauschen,
Wenn einst der Tag uns letzten Abschied bringt –
Das Herz im All versinkt.
V.
Ja, du bist schön
Und deines Mundes Lächeln
Ist holder noch als weicher Geigen Klang.
Du bist so schön
Ist reiner als ein letzter Schwanensang.
Du bist so stolz,
Daß kein unreines Denken
Dir nahen könnte – keine Schuld sich zeigen.
Daß keines Fremden Urteil
Dich loben dürfte, weil du ganz dein eigen –
Du bist mir Freund,
Denn unsre Seelen kamen
Du bist mir Freund
Zusammen schlossen
Wir auf des Paradieses Pforte.
Du bist mir alles –
Und meiner Liebe Erdreich wurdest du.
Du bist mir alles
Und an deinem Herzen
Schließt leise sich des Leidens Türe zu.