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Unser letztes Geschick – –

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Nicht fort –

Komm – kein Wort,
Kein Wort durchbreche die Stille.

IV.
In unserm Garten liegt ein Feuerschein,
Des letzten Herbstes flammendes Verglühn.
Die stille, weiche Luft ist klar und rein,
Wir sehen rote Wolken südwärts ziehn.

5
Im Winde tausend goldne Blätter schwanken

Ein letzter Gruß der Liebe, die vergeht.
Die späte Rose blüht; doch müde sanken
Schon manche Kelche auf das Gartenbeet.

Die Mauer ist umstrickt von Scharlachwein,

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Mit Liebesarmen nimmt er sie gefangen,

Und selbst der alte, harte, kühle Stein
Erstrahlt in rotem, brennendem Verlangen.

Ein Glühen rings, ein sonnenrotes Sterben.
Ein Sterben, seliger und schöner noch

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Als blassen Frühlingslichtes stilles Werben

Das einst auch über dies Gelände zog.

Du lächelst schmerzlich. Weil die Liebe flieht
Von dieser armen, stillen Gartenerde?
Du lächelst schmerzlich, weil der Herbst uns glüht

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Und weil er kommt mit strahlender Geberde?


Empfohlene Zitierweise:
Sophie Hoechstetter: Vielleicht auch Träumen. Müller, München und Leipzig 1906, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoechstetter_Vielleicht_auch_Traeumen.pdf/26&oldid=- (Version vom 1.8.2018)