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Sieh doch: was hier vergeht, uns bleibt es immer,
Uns grüßt der Herbst, uns grüßt er wunderzart,
Weil unserer Herzen roter Liebesschimmer
Für eine traumeskurze Zeit ihm ward.

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Wir können froh und lächelnd von ihm scheiden,

Ein sterblich Abbild ist, was hier vergeht
Von dem Unsterblichen, dem, was uns beiden
Als unvergänglich vor der Seele steht.

Bis auf der alten, lieberoten Erde

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Das letzte, leise Wort uns klingt,

Bis zu uns als geleitender Gefährte,
Der letzte Erdenton noch dringt.

Bis wir den letzten Blick noch tauschen,
Wenn einst der Tag uns letzten Abschied bringt –

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Und wenn im fernen Windesrauschen

Das Herz im All versinkt.

V.
Ja, du bist schön
Und deines Mundes Lächeln
Ist holder noch als weicher Geigen Klang.
Du bist so schön

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Und deiner Augen Tiefe

Ist reiner als ein letzter Schwanensang.

     Du bist so stolz,
     Daß kein unreines Denken
     Dir nahen könnte – keine Schuld sich zeigen.

Empfohlene Zitierweise:
Sophie Hoechstetter: Vielleicht auch Träumen. Müller, München und Leipzig 1906, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoechstetter_Vielleicht_auch_Traeumen.pdf/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)