Die sieben Sendschreiben der Offenbarung St. Johannis/Das sechste Sendschreiben

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Sendschreiben
an die Gemeinde zu Philadelphia


 „Und dem Engel der Gemeinde zu Philadelphia schreibe: Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schlüssel Davids, der auftut, und niemand schließt zu, der zuschließt, und niemand tut auf:
 Ich weiß deine Werke. Siehe, ich habe vor dir gegeben eine offene Tür, und niemand kann sie zuschließen; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort behalten und hast meinen Namen nicht verleugnet.
 Siehe, ich werde geben aus des Satanas Schule, die da sagen, sie seien Juden und sind’s nicht, sondern lügen; siehe, ich will sie dazu bringen, daß sie kommen sollen und niederfallen zu deinen Füßen und erkennen, daß ich dich geliebet habe.
 Dieweil du hast bewahrt das Wort meiner Geduld, will ich auch dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Weltkreis, zu versuchen, die da wohnen auf Erden.
 Siehe, ich komme bald; halte, was du hast, daß niemand deine Krone nehme!
 Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen; und will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen des neuen Jerusalem, der Stadt meines Gottes, die vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen.
 Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
Offenbg. 3, 7–13. 


 Einleitung. Wie der Herr der Gemeinde von Thyatira Güter gibt, welche nach außen sich zeigen, Güter des Gerichts und des Heils, wenn der Morgenstern ihr vor aller Welt den neuen Tag verkündigt, so gibt er denen, die sich bekehren, wie denen, die in der Heiligung sich erhalten haben, zu Sardes die weißen| Kleider und gibt ihnen das Bekenntnis vor seinem Vater, wiederum also Güter, welche nach außen gesehen und gehört werden können. Es ist also, wie wenn noch einmal dieser Gemeinde zu Sardes, die jetzt längst nicht mehr ist, achtzig Jahre nach diesem Brief in der Person des Bischofs Melito (um 170 n.) eine solche heilige Gestalt geschenkt wäre. Aus Sardes ist der erste Verteidiger des Christentums, der sogen. jungfräuliche Bischof hervorgegangen. Aber wenige Jahre später – und Sardes ist nicht mehr.
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 Die Gemeinde aber, die ihm am meisten Freude gemacht haben muß, zu welcher er als der Heilige und Wahrhaftige spricht, ist wohl diejenige zu Philadelphia. Während der Bischof von Sardes den Namen hatte, daß er lebte, in Wirklichkeit aber tot war, und seinen Namen also Lügen strafte, ist die Gemeinde von Philadelphia ganz Namen und ganz Wesen. Sie heißt, was sie ist, und sie ist, was sie heißt. Sie heißt, was sie ist: Philadelphia, das heißt Bruderliebe, brüderliche Einigung. So heißt sie und so ist sie. „Daran“, spricht der Herr Joh. 13, 35 „wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt.“ Die Gemeinde zu Philadelphia hat den Namen erhalten, weil die Bruderliebe in ihr brannte. Sie hat gar keinen Tadel. Wunderbar, daß es also auf Erden Gemeinden gegeben hat, auf denen das Auge Christi mit ungetrübtem Wohlgefallen ruhte, die seinem himmlischen Vater angenehm waren in ihm, dem Geliebten. Wenn er schon bei Smyrna zu rühmen weiß, daß die Gemeinde in der Versuchung stand gehalten hat und sich nicht zu fürchten brauchte vor Stunden der Anfechtung; wenn| von ihr das Zeugnis gilt, daß sie in der Treue beharrt hatte und die Schmähungen trug, so ist das Lob, das der Herr dieser Gemeinde gegeben, doch immerhin ein etwas karges. Es macht den Herrn nicht so beredt, wie er es bei dieser Gemeinde ist. Daraus geht hervor, daß die Gemeinde von Philadelphia, innerlich gegründet, nach außen wirkte, ins Weite ging und in der Enge sich zu befriedigen wußte und also am treuesten Jesu Christi Bild wiedergab. Wir begegnen dieser Gemeinde noch öfter in der Kirchengeschichte. 431 nach Christus hat diese Gemeinde auf dem Konzil zu Ephesus ein gutes Bekenntnis vor vielen Zeugen abgelegt, als sie das Taufbekenntnis für die gesamte Kirche formulierte, welches eine kurze, besonders innige Zusammenfassung des Nicänischen gewesen sein muß. Darum ist diese Gemeinde des Herrn Freude, weil sie ihn ihre einzige Freude nennt und hält.

 Dieser Gemeinde von Philadelphia stellt sich der Herr vor als der, „der da ist, der Heilige und Wahrhaftige und der die Schlüssel Davids hat. Er tut auf, und niemand schließt zu. Er schließt zu und niemand tut auf.“ (V. 7.)

 Jesus nennt sich zuerst „den Heiligen“. Wir haben Aehnliches gehabt: „Den, der da Herzen und Nieren prüft“ im Briefe an die Gemeinde zu Thyatira. (2, 23) Er sieht ganz genau, und alle Sonnenstäubchen sind in der Gemeinde von Philadelphia weg. Sie ist ganz klar, sodaß selbst der Heilige Gottes nichts an ihr findet, was ihm mißfällt. Er, der also scharf hineinsieht in das Wesen, ist aber auch der Wahrhaftige; wie sein Urteil unbestochen ist, so ist sein Wort verlässig. Wie| mag es der Gemeinde zumute sein, wenn sie diesen Brief erhält, daß der Heilige Gottes, der Treue, nichts anderes als Treue anerkennt. Wie mag sie frohlockt haben, daß er ihr einen solchen Brief schrieb! Was wird er einst sagen, wenn er Auge gegen Auge ihr gegenüberstehen wird! Daß es durch unser aller Herzen ziehen möchte, Christus möchte als der Heilige Gottes auch einen so guten und freundlichen Brief an uns schreiben können. Er schreibt ja mancherlei Briefe an uns, und jeder Brief, den er an uns schreibt, ist verschieden, je nach den Wendungen unseres Lebens, aber stets mit der Aufschrift begonnen: „Ich habe dich je und je geliebet.“ (Jer. 31, 3). Daß nur auch die Unterschrift nicht fehlen möchte: „Weil du bei mir beharret hast, soll es an mir nicht fehlen.“ Man könnte sagen: Es ist der Gemeinde zu Philadelphia auch leichter geworden, als es uns wird, und man wird daran nicht Unrecht tun. Es waren ja damals fast alle Gemeinden in Zelten, die jeden Tag des Abbruchs warteten, weil sie immer dem Tode ins Auge sahen.
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 Das Jahr 324 nach Christus (Konstantin erhebt das Christentum zur Staatsreligion) ist aber das verhängnisvolle Jahr für die Christengemeinden geworden; von dieser Zeit an bauten die Gemeinden ihre Häuser steinern und es sind jetzt nicht mehr Zelte des Abbruchs. Es herrscht nicht mehr das Bewußtsein vor: Der Herr kommt jeden Augenblick, sondern die Kirche siedelt sich auf Erden an, macht sich heimisch auf derselben. Darum ist es jetzt soviel schwerer, obwohl die 1900 Jahre für unsre eigene Seele im Verhältnis zu Christo nichts austragen. Was in der Kirche erlebt ist, das ist für die einzelne Seele nicht das Maßgebende,| sondern für sie ist es nicht viel anders als vor 1900 Jahren. Für sie gilt es ebenso jetzt wie vor 1900 Jahren, daß sie nur in gebrechlichem Zelte auf ihren Herrn warten möge. Wir haben ja den Schatz immer in irdenen Gefäßen. Wohl der Seele, die nichts anderes begehrt, als daß durch ihr ganzes Leben hindurch der Christusgedanke leuchte: So spricht der Heilige und Wahrhaftige Gottes. Jesus Christus möchte doch auch bei uns, ehe es Abend wird, ehe es zur Nacht geht, ein ganz und gar ihm zugewandtes Leben sehen. Wir haben davon schon gesprochen in dem Verse: „So nimm denn meine beiden Hände, aufs neue sei dirs zugesagt.“[1] Wir bitten jetzt darum, er möge es doch fügen, daß wir ihm auf Erden auch noch Freude machen können. Er ist es wahrlich wert, daß man um seinetwillen noch sein Bestes tut. Es ist ja etwas Großes, Philadelphia zu sein, Bruderliebe. Wen haben denn wir lieb? Ach, nicht bloß die, welche unserm Herzen nahe sind, sondern auch die wollen wir je länger, je mehr lieben, welche uns so gleichgültig waren. Wo du dein Herz zwingen mußt, glaube, daß der Mensch, gegenüber dem du es zwingen mußt, deiner Liebe am meisten bedarf. Was kann die Liebe Christi alles! Wie dringt sie den Menschen, auch das Schwerste zu überwinden! Und was kann eine, im Dank für seine im Glauben erfaßte Liebe geübte Gegenliebe wirken! Das bleibt uns wohl hoffentlich das Schwerste in unserm Leben, daß es mit der gegenseitigen Liebe so arm steht, daß wir so leicht nach Anläufen ermatten und die Gutmütigkeit für wirkliche Christenliebe halten. O, daß Er noch einmal den Sinn in unsere Herzen geben würde, der ihn zu unserm Heiland gemacht hat, den| Sinn der unablässigen Liebe. Oft habe ich auf das Wort des seligen Nitzsch[2] (gest. 1868) hingewiesen: „Ich kann nichts mehr, nicht mehr hören, sehen, sprechen, aber ich kann lieben.“ Und wir können es so wenig. Wir führen zwei Bücher in unserm Christenleben. In dem einen schreiben wir die 10 000 Pfund an, die wir unserm Gott schuldig sind und streichen jeden Tag etwas mehr und bedienen uns mit einer Selbstabsolution, die uns Gott nicht gegeben hat. In das andere schreiben wir die empfangenen Kränkungen, Beleidigungen, Mißverständnisse, Undank und werden bald die 10 000 Pfund erfüllt haben und rechnen dann mit unseren Schuldnern hart ab. Wäre es nicht gut, wenn wir bald aufräumen wollten mit allen Gereiztheiten und Bitterkeiten? Wenn sie sich erst festgesetzt haben im Herzen, wird es so schwer, sie wieder hinauszutun und im Sterben aller dieser Dinge los zu werden. Machen wir doch reine Bahn durchweg und lassen wir niemals die Sonne untergehen, wenn Verstimmungen kommen; denn um den Abend und die Nacht regen sich alle wilden Tiere, wie es im 104. Psalm heißt, und was vor Sonnenuntergang nicht ausgeglichen ist, das wächst, während wir schlafen, zu einer solchen Macht, daß es am nächsten Morgen kaum mehr ausgeglichen werden kann.
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 In dieser ernstbewegten Zeit bedarf es einer Verteidigung Jesu Christi. Nicht das Glaubensleben allein, auch nicht das Liebesleben allein, wie es jetzt noch von kümmerlichen Resten christlichen Glaubens getragen, ab und zu Anstrengungen macht, sondern allein der in der Liebe energische Glaube ist eine Rechtfertigung des Herrn. Daß der Glaube allein keine Verteidigung| Jesu Christi ist, das weiß jedermann. Und daß die Liebe allein, die mit dürftigen Ueberbleibseln von Glauben genährt wird, daß dieses letzte Aufflackern eines glimmenden Dochts es tun sollte, das ist auch nicht glaublich. Denn das wird sich doch niemand einbilden, daß die sehr vielen Werke der Humanität, die doch auch vom Christentum zehren, der Welt einen Beweis von Christo geben. Jedoch der Glaube, der in der tragenden, überwindenden Liebe tätig ist, der Glaube ist immer noch weltüberwindend, auch in der Welt des 20. Jahrhunderts. Man bringe uns zuerst den Beweis, daß die alten Mittel ganz ausgenützt sind, daß die alten bewährten Ratschläge ganz vergeblich gewesen wären. Man zeige uns erst einmal, daß man der kranken Welt anders helfen könne als durch Christus! Wir wollen mit erneutem Ernst der Welt ein gutes Beispiel geben, Liebe untereinander zu haben.
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 Wo das ist, da spricht der, der den Schlüssel Davids hat, die Schlüssel zum Königspalast, zur Königsburg, deren Grund die Liebe gelegt hat, deren Mauern die Liebe gebaut hat und deren Zinnen die Liebe krönt. Jesus spricht zu einer armen Gemeinde auf Erden, daß er die Königsschlüssel hat und vor ihr hergehen und die Tore aufschließen wird zu dem Jerusalem, das so gewiß die Herzen erfreuen und voll befriedigen wird, als es von der ewigen Liebe gebaut und gegründet ist. Wenn er diese Tore aufschließt, wer mag zuschließen? Wenn er den klugen Jungfrauen, welche ihm nachgehen, in seiner Stunde die Tore zum Königspalast auftut, so kann niemand ihnen den Eingang verwehren. Wenn er den törichten Jungfrauen sie zuschließt, wer mag sie dann öffnen? – Wir wollen es ja nicht leicht| nehmen, sondern vielmehr fragen: Wo kommt unsere Zeit hin in dreißig Jahren, nachdem so leer und so ganz ohne Gründlichkeit geurteilt wird? Es werden jetzt alle möglichen Schulen gegründet, um der weiblichen Jugend alle Bildung angedeihen zu lassen, und das Ende wird sein, daß man ihnen Christus aus dem Herzen nimmt. „Wenn du Christum weißt, so ist es genug, auch wenn du vieles nicht weißt. Und wenn du ihn nicht weißt, hilft dir alles nichts, was du weißt.“ (Bugenhagen) Er tut die Türe auf, auch den Jungfrauen des 20. Jahrhunderts. Wohl denen, welche unverwandt auf ihren König sehen! Wohl denen, die in seinem Hause wohnen, die loben ihn immerdar! Fromme Charaktere, das ist es, was wir jetzt brauchen. Heutzutage ist der, welcher ein Charakter ist, ein „Narr“; denn der einzige Charakter ist Charakterlosigkeit. Wer aber Christi Nachfolger sein will, muß warten, bis der Herr Christus die Königstore aufschließt. Was fragen wir dann nach denen, die uns die königliche Pforte der Aufklärung, der Bildung, des Wissens verschließen wollen? Jesus schließt auf, Jesus allein. Jesus schließt auch zu. Was hat die törichten Jungfrauen all ihr Wesen gefrommt? Was hat es ihnen genützt, daß sie statt des heiligen Oeles ihre eigene Weisheit zum Markte trugen? Da der König kam, war die Türe bald verschlossen. Ach, die Beweisung des Geistes und der Kraft steht eben immer wieder in der Betonung der alten Christusweisheit. Es ist traurig, daß man übersieht, daß es so nicht weitergehen will, daß immer und immer wieder neue Mittel gesucht werden, während doch das bewährte alte Mittel so mißachtet wird.
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 Der Herr spricht: „Ich weiß deine Werke. Siehe,| Ich habe vor dir gegeben die geöffnete Türe.“ (V. 8) Und nun soll die Gemeinde von Philadelphia der Menge nachschauen, die sie oft mißachtet hat. Jesus hat eine geöffnete Tür dieser Gemeinde gegeben, daß sie von weither kommen sollen und sehen, was er dieser Gemeinde beschert hat. „Ich weiß deine Werke.“ Ich weiß sie. Klein und unscheinbar, aber das Größte hast du erbracht in tätiger Liebe. Es war die Stetigkeit der Liebe, diese mit der mild glühenden Begeisterung verbundene Treue. Daß die Gemeinde immer wieder den Hoffnungsfaden spinnt, immer wieder nicht untersucht: wer hat gefehlt? sondern allzeit zum Vergeben bereit gewesen ist, das waren die Werke, mit denen die Gemeinde, ohne daß sie es recht wußte, diese arglose und absichtslose Liebe übte. Und Jesus hat die kleine Kraft wohl geehrt.
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 „Du hast eine kleine Kraft, aber du hast mein Wort gehalten und meinen Namen bewahrt.“ (V. 8b) Eine kleine Kraft, so meinten die Menschen, eine kleine Kraft, so meinte auch die Gemeinde. Aber weil sie das Wort behalten und den Namen Jesu Christi innerlich gehalten hatte, so lag auf dieser Gemeinde die Verklärung der inneren Ruhe. Es ist in ihrem ganzen Wesen nichts Stürmisches, nichts Tastendes, sondern es ist die erprobte Treue, diese Einfalt und Schlichtheit, daß sie allen neuen Versuchungen gegenüber das alte Evangelium, das alte Bibelwort, den alten Christum behauptet. Sie war, darf ich so sagen, vielleicht etwas aus der Mode gekommen. Es lag auf ihrem Wesen etwas Altertümliches. Wer aber ihr in die Augen blickte, der sah in ihren Augen das, was den Menschen nicht alt werden läßt. So wie vielleicht| aus unseren Kindheitstagen ein Christenmensch uns in der Erinnerung steht, nicht weise, nicht bedeutend, nicht gewaltsam, aber in der Liebe ergraut; wer ein gutes Wort wollte und einen freundlichen Blick, der fand ihn; wer einen guten Rat bedurfte, der bekam ihn und einen Gottessegen mit auf den Weg – mit einem Worte: „Du hast eine kleine Kraft, aber du hast mein Wort behalten und meinen Namen bewahrt.“ Es ist in dieser Gemeinde alles vereinigt, was einen Menschen zu einem christusmäßigen machen kann. Es war kein hervortretender Glanz, nicht ein Phänomen; aber die Treue hielt an, die Treue hielt aus; denn sie hielt sich an den Treuen. Und wenn man fragt: von welcher Kraft tust du das, immer ruhig und immer ruhig zu sein? Von welcher Kraft tust du das, daß du immer ruhig bist in deinem Glaubensleben und immer ruhig in deinem Liebesleben, – so zeigt sie uns den, dessen Wort sie behalten und dessen Namen sie bewahrt hat. Der selige Kögel[3] hat kurz vor seinem Tode einmal in einem Gedicht eine alte Freundin seines Hauses gepriesen: wie wenn der Lufthauch über ein Resedabeet hinziehe, der würzige Duft alles erfülle, so sei diese Seele gewesen. So rührte Christus alle heimlichen Kräfte dieser Gemeinde, ihre verborgenen Güter, ihre so unscheinbaren und doch so reich gesegneten Gaben an. Und durch ihr ganzes Wesen gings: wie majestätisch ist doch Jesu Christi Stille! Daß wir auch noch so werden möchten, so daß um uns sich etwas verbreitete von dem stillen Frieden, der aus Jesu ist! Daß über unser ganzes Wesen sich etwas ergieße von der Herrlichkeit, die bei ihm ist! Es bleibt doch das Schönste im Leben, eine Abendlandschaft| zu sehen, über die die Sonne versöhnend leuchtet. Es sind dann auch alle Untiefen und alle Schluchten wie mit einem befriedigenden Licht übergossen. Es ist etwas Großes um ein Christenleben, wenn es sich zu seinem Ende neigt und es ist über ihm ganz hingebreitet der Schimmer der Vergebung. Ach, daß unser Leben noch einmal so werden möchte, so anspruchslos und doch allen Ansprüchen gerecht, so einfach und so arm und doch so vielen Reichtum darzubieten geschickt! „Sehet, welche Frauen sie haben!“ sagten die Heiden und haben es dem Christentum als Stärke zugerechnet, daß das schwache Geschlecht so einherging. „Du hast eine kleine Kraft,“ Gemeinde des Herrn, Kirche des Evangeliums! Wer aber mit der kleinen Kraft treu ist, welch eine große Treue wird es sein!
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 „Siehe, ich habe gegeben solche, die dich einst gelästert haben in der Satansschule“ – wie wir es hatten in Pergamus, Smyrna und Ephesus – „die werden zu deinen Füßen mich anbeten über dem Wunder, daß ich dich lieben konnte.“ (V. 9) Das ist auch die Hoffnung für unsere ganze Entwicklung, daß sie einst kommen werden vom Morgen und Abend und darüber sich wundern zu den Füßen der verachteten Kirche der Reformation, wie sehr er sie geliebt hat. Nicht, daß wir jemandem den Beifall abnötigen, jemandes Lob erzwingen, aber daß wir jemand zur Anbetung Christi reizen, der bei uns und in uns Christi Kraft erfuhr, darum möchten wir den Herren bitten. Ja, es ist hoch an der Zeit, daß wir zweierlei lernen: Anspruchslosigkeit, weil wir alles haben, und Bereitschaft, allem zu| entsprechen, weil wir alles geben können, weil im Frieden Christi alles liegt. Daß der Herr doch selbst mit uns sein möge und uns auch noch zu solchen Charakteren gestalte, die da in ihm alles haben und durch ihn alles geben können! Daß wir auch solche Menschen werden möchten, an denen man erkennt und stets erfährt: wer da nichts hat ohne ihn, der wird alles empfangen in ihm. So kommet denn zu uns und sehet, wie freundlich der Herr ist! Trauet ihm, denn der ist ewig wohlberaten, welcher mit ihm ist eins geworden.

 Das also wird das Große sein, daß am Ende der Tage diejenigen, welche viel zu sein sich dünkten, vor der Gemeinde anbetend niedersinken werden als dem Abglanz der Herrlichkeit dessen, der klein war, damit er groß würde. Das ist doch das Allergrößte und Seligste, daß noch hier auf Erden ein endlicher glänzender Sieg der gerechten Sache erfolgen soll. Nicht alle, aber etliche von denen, die dich verlästert haben, werden kommen und anbeten zu deinen Füßen und erkennen, wie sehr Ich dich geliebt habe. Und wenn diese Zeit der Versuchung um ist, so will Gott sie noch ganz anders trösten. Die Gemeinde sollen solche Erfahrungen heimsuchen, daß aus Feinden Freunde geworden sind, daß die stille verborgene Macht des Christentums doch immer wieder anerkannt und gepriesen werde. Man wird um der Gemeinde willen zu Christus kommen. Man wird vom Abglanz auf das Licht selbst schließen.

 Weil die Gemeinde sein Wort bewahrt hat, will sie Christus auch bewahren in der Stunde der Versuchung, die über die ganze Welt kommen soll, in den Tagen,| wo, wenn es möglich wäre, auch die Auserwählten verführt würden. (V. 10, Matth. 24, 24) Die Gemeinde von Philadelphia empfängt hier auf Erden manche Freundlichkeit von ihren Feinden. Es wird ihnen sauer genug werden; aber manche Anerkennung wird doch gezollt werden. Manches Lob aus Feindes Mund als aus dem Mund von Besiegten der Gemeinde wird der geheimen Kraft des Christentums geschenkt werden. Das soll ihr ein teures Unterpfand sein, daß sie auf dem rechten Weg sich befindet. Sie braucht auch solche Aufmunterung; denn es werden über sie die Tage kommen, die ihr nicht gefallen. Ueber den ganzen Erdkreis wird der Herr seine Versuchung senden, schwere, bis ins Mark reichende Anfechtungen kommen lassen, daß, wo es möglich wäre, auch die Auserwählten an ihm irre werden. Hier kann die Gemeinde sich nicht mehr selbst halten. Wenn der Herr sie nicht hält, dann muß sie auch die Beute der Verzweiflung werden. Christus weissagt also der Gemeinde, daß eine Zeit kommen wird, wo auch sie an ihm irre wird, so gewiß die Jünger in Gethsemane ihn verließen und flohen. Aber er will in dieser Stunde der Versuchung, die schnell über den ganzen Erdkreis kommen wird, wo er ausgehen wird, die Spreu vom Weizen zu sondern, seine Gemeinde behalten und bewahren. Plötzlich wird die ganze Welt sehen, wie diese verachteten Leute jetzt in der Versuchungszeit erhalten werden. Das gilt auch jeder einzelnen Seele. Denn wer von uns die letzten Dinge hier auf Erden nicht mehr erlebt, der muß sie eben erleben in der Privatform. Das Kommen Jesu Christi muß ich erleben in jedem Fall, ob ich es erlebe als Lebendiger oder als| Sterbender. Wir werden nicht zuvor kommen denen, die da schlafen. Andererseits werden wir es aber auch nicht leichter haben als die, welche nach uns kommen; denn es ist nicht möglich, daß einem Menschen die bange Not der Zukunft erspart werde. Das Ende aller Dinge muß jeder Mensch an seinem Herzen erfahren, die Schrecken des Abfalls, die Furcht vor dem Erkalten der Liebe, die Furcht vor der Lauheit. Jeder Christ muß alles, was die letzten Dinge betrifft, in seinem Leben durchkosten. Die einen werden es erfahren im Schauen; die andern, wenn ich so sagen darf, müssen es erfahren im Glauben; die einen von außen nach innen, die andern von innen nach außen. Was hier der Herr der Gemeinde sagt, gilt jeder Seele von uns, die wir wohl alle kaum die Endzeit erleben werden. Auch wir werden in die Stunde der Versuchung kommen, wo wir geneigt sind, ihn zu verlassen, wo wir zweifeln daran, ob er in der entscheidenden Stunde auch der ist, als den er sich geben wird. Da wolle er uns nicht entfallen lassen von des rechten Glaubens Trost. Wem hier auf Erden das göttliche Wort in seiner ganzen Fülle als Wahrheit galt, den wird dies göttliche Wort auch erhalten in der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird.
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 Vielleicht hat dadurch die Lehre von den letzten Dingen etwas gelitten, daß man sie bloß als in der Zukunft der ganzen Weltgeschichte gelegen angesehen hat. Die letzten Dinge gehören auch in die Geschichte unseres Herzens; der Zweifel im eigenen Herzen, das Entfallenkönnen von Christo, das| Erkalten der Liebe angesichts des Schweigens Gottes zu aller Ungerechtigkeit, das Erkalten unseres gesamten Innenlebens, da ja die Welt weiter geht, als ob kein Gott wäre. Und wenn uns auch einmal das Christentum schal zu werden droht, wenn wir in die größten Zweifel kommen, warum eigentlich der Mensch geboren ist u. a., dann wolle er uns bewahren in der Stunde der Versuchung und uns an dem genügen lassen, was für uns wichtig ist. Die geheime Macht des Christenlebens ist groß; sie zwingt auch die Feinde zu Boden. Die geheime Macht des Christentums ist groß; sie zwingt Jesu Christi Treue in die Stunde der Versuchung hinab. Das ist das Große: bei jedem Christenmenschen, auch bei denen, welche ohne Zweifel durchs Leben zu gehen scheinen, sei es, weil sie so gnädig von Gott geführt sind, sei es, weil sie überhaupt nicht denken, kommt eine Stunde, wo ihnen alles, was sie bisher geglaubt haben, als fragwürdig erscheint. Jeder kommt einmal in irgend eine Lage, wo ihm Christi Wort und Christi Lehre bedenklich erscheint, z. B. „Konnte der, der dem Blinden die Augen geöffnet hat, nicht machen, daß auch dieser nicht stürbe?“ Gerade am Grabe geht es manchen Menschen am schwersten, an Christi Allmacht zu glauben; denn gerade da, wo er einen Beweis seiner Wunderkraft geben könnte, gibt der Herr ihn nicht. Es stirbt der Christ wie der Heide. Beide werden in die Erde gesenkt. Wir werden manchmal uns fragen müssen, warum dies? Oder: warum gibt die Schrift über ganz bestimmte Dinge keinen bestimmten Aufschluß? Die gewöhnliche Antwort: „Weil sie nicht die Neugierde, sondern die Heilsbegierde des Menschen befriedigen will,“ diese Antwort genügt eben| nicht. Oder: hier hast du z. B. einen Menschen, von dem du ganz gewiß weißt, daß er nicht mit Christo in Zusammenhang steht, und er ist als Ehrenmann in jeder Beziehung zu bezeichnen. Hier hast du einen Menschen, der mit Christo sein möchte und überall tritt seine Schwäche hervor. Man sucht zu helfen und sagt: „Er ist unbewußt weit mehr von Christus beeinflußt, als wir glauben, während der andere ferner ist von Christus, als es den Anschein hat!“ Es kann möglich sein, daß eine Diakonisse einen Arzt kennen lernt, der weit treuer ist in seinem Beruf als der Geistliche. Oder: woher kommt das, daß dem einen nichts zuviel ist und dem andern leicht etwas zuviel wird? Gibt’s denn doch eine Sittlichkeit ohne Christus? Ja, es gibt eine Sittlichkeit ohne Christus, wie es heißt: „Wer nicht wider mich ist, der ist für mich.“ (Luk. 9, 50) Und dabei muß man auch noch sagen, daß man bei einem Christenmenschen weit schärfer sieht. Oder: ob denn wirklich dem Christentum noch eine Zukunft beschieden ist? Es ist doch nur ein scheinbarer Gewinn, was die Mission austrägt. Was sie draußen erarbeiten, verliert man innerhalb.
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 Solche Fragen geben weit mehr zu denken, als man manchmal sich gesteht. Das sind Rätsel; da ist ein einfaches Schweigen am Platze. Das sind Stunden der Versuchung, die über jeden Christen kommen müssen. Da will der Herr den Einfältigen es gelingen lassen. Er will sie bewahren in der Stunde der Versuchung. Er wird und will sie daran festhalten heißen, daß am Ende seine Wege alle klar sein werden. Mit einem Wort: Er will sie ein einziges lehren, was so schwer gelernt ist, das göttliche| „Noch nicht“, diese Bescheidung des Glaubens, der da spricht: „Dennoch bleibe ich stets an dir.“ (Psalm 73, 23) Warum Gott in einer Zeit, wo man Festigkeit brauchte, alles so ins Wanken geraten läßt? Ich weiß es auch nicht, aber das weiß ich: wer sein Wort behält, wird auch behalten in der Stunde der Versuchung; den wird der Herr bewahren, daß er nicht fällt. Daß ein Christenmensch gewiß durch alle Zweifel zu einem großen, festen Glauben kommen kann, das wissen wir und daran sollen wir uns genügen lassen. Der Herr wird sich nicht einlassen mit allerlei Erläuterungen und Verteidigungen. Er will und verlangt Kindesglauben; er stärkt diesen Glauben durchs Wort und mehrt ihn immerfort. Es können Zeiten kommen, da wir nicht wissen, wo aus noch ein. Es können auch Zeiten kommen, wo uns Christi Gnade ganz lästig wird. Wer aber dann sein Wort behält, auch wenn es ihm noch so schwer wird, den wird das Wort behalten. Die einen gehen aus der Versuchung mit gebrochenem Mute hervor; weil sie nichts bewahrt haben, konnten sie auch nichts bewahren. Die andern gehen aus der Versuchung mit neuer Kraft hervor; denn sie wissen, „Aus sechs Trübsalen hat mich der Herr errettet und in der siebten wird mich kein Uebel rühren.“ (Hiob 5, 19)
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 Am Ende wird der Herr die also fest gewordene Seele zum Pfeiler machen im Tempel seines Gottes. „Ich will ihn zum Pfeiler machen in der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalems, das vom Himmel auf die Erde herniederkommt“ (Vers 12). Er will den beharrlichen Christen zu einer Säule machen, auf ihn| den Namen seines Gottes und Christi Namen schreiben und endlich den Namen der Gottesstadt.

 Der Herr sagt hier nicht: „Meines Vaters“, sondern „meines Gottes“, also auch in der Ewigkeit ist doch noch eine gewisse Unterordnung Jesu Christi unter seinen Vater. Gott ist er und Gott ist sein Vater. Aber Jesus wäre nicht Gott, wenn er es nicht vom Vater her wäre. Darum nennt der Herr Jesus hier ihn „seinen Gott“ und zeigt also, daß auch in der Ewigkeit zwischen ihm und seinem Vater ein Unterschied, nicht des Wesens, aber der Würde ist, so gewiß der Gebende höher ist denn der Empfangende.

 Und in diesem Tempel meines Gottes, in dem ich Priester und Opfer zugleich bin, in diesem Tempel will ich solche Leute zu Pfeilern machen, zu tragfähigen, den Tempel zierenden Pilastern (Vers 12). Das gibt uns wieder einen neuen Aufschluß für die Geheimnisse der göttlichen Welt. Droben gibt es etliche, und das sind die meisten, die da als in den Bau eingefügte Steine selig sind, aber nichts weiter. Aber es wird Leute geben, die da als Pfeiler den Tempel heben und tragen. Leute, die hier auf Erden den Glauben sonderlich bewahrt haben, werden droben in der Ewigkeit Säulen werden und auf diesen Säulen wird der Name Gottes stehen. Das will heißen: es sind Säulen, Gotte angenehm, die seinen Bau tragen. Und es wird auf ihnen stehen der Name Jesu Christi, der neue. „Ich will ihnen geben meinen Namen, den neuen, d. h. den Namen des vollendeten und vollendenden Christus; den Namen des Tempelherrn, den Namen des Tempelbaumeisters und Vollenders und den Namen| der Tempelstadt, des Gottesreiches. Drei Namen: Der Name des Königs, des Königssohnes und des Königtums. Darum sollen wir wissen: Wer hier auf Erden kämpft, wird droben auch mit ihm gekrönt. Es werden hier auf Erden von der Gemeinde von Philadelphia Lichter ausgehen und manche, die dies Licht empfangen, werden droben demselben danken. Aber auch im Himmel wird ein Unterschied sein. „Eine andere Klarheit hat die Sonne, eine andere Klarheit hat der Mond, eine andere Klarheit haben die Sterne.“ (1. Kor. 15, 41). Es wird auch droben ein bestimmter Unterschied sein. Ihrer etliche werden den Tempel halten und werden Säulen und Tragbalken sein. Wir können freilich nicht darum bitten, dürfen es auch nicht. Das wäre Vermessenheit und Frevel zugleich. Aber darum dürfen wir bitten, daß der Herr uns wenigstens einen Raum in dem Tempelbau gönne, wenn auch keinen hervorragenden. – Droben wird auch kein Leid mehr sein. Wir werden uns freuen über alles, was geschieht. Ja, droben wird auch noch ein Fortschritt sein. Mancher Stein kann mit der Zeit auch noch ein Halt für andere werden.
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 Wir schließen und sagen: Der Gemeinde seiner Liebe gehört die Liebe der Ewigkeitsgemeinde. Die Gemeinde seiner Liebe hat hier auf Erden alles in seinem Geist und in seinem Sinn getan. Wo ihr eine offene Tür ward, da hat sie gearbeitet, solange ihr Tag währte. Wo sie Widerstand fand, ist sie nicht ermattet; sie hat nach außen die Liebe gepredigt und nach innen sie nicht verkürzt. Ihr Schein war ein milder nach außen und erwärmte zugleich drinnen. Es war ihr ganzes Wesen einfältig, aber| treu; gering nach außen scheinend, aber mit tiefgehenden Ergebnissen. So ist dieser Gemeinde, die da war, was sie hieß und hieß, was sie war, eine Gemeinde der brüderlichen Liebe, zum Dank dafür die Liebe der Ewigkeitsgemeinde geworden. Hier auf Erden bewahrt, wurde sie auch dort bewahrt. Stunden der Versuchung kamen über sie und sie hat in der Kraft Christi alles überwunden. Und während andere Christenmenschen aus der Versuchungsstunde, wenn auch nicht mit Niederlagen, so eben doch nur getröstet hervorgehen, ist sie aus der Versuchungsstunde stärker, innerlicher, bedeutender hervorgegangen. Darum soll sie die Liebe der Ewigkeitsgemeinde sein. Um sie schart sich der Dank aller Geretteten. Ihr ewiges Licht neidet niemand, der unter seinem zeitlichen Einfluß gestanden ist. Ihr ganzes Lieben trägt das königliche Gepräge, den Ausdruck des königlichen Herrn, des königlichen Sohnes und der königlichen Stadt. Er, der die Schlüssel Davids hat, die Schlüssel zur Königsburg, ist mehr denn David. Er führt ein zum Königstor der Ewigkeit. Er führt ein in die königlich geschmückte Stadt, in der Zeit und Ewigkeit eins geworden sind und tut dies alles durch seinen neuen Namen, den Namen des vollendenden Mittlers. Ob unser Gebet vielleicht daran hinreichen darf, dieser Gemeinde ähnlich zu werden oder ob wir uns nicht mit dem Los der Gemeinde von Smyrna recht zufrieden geben sollen? Ob wir um mehr Geistesgaben bitten sollen? Wir wollen doch nur um eines bitten, daß das Samenkorn nicht dreißig-, nicht sechzig-, nicht hundertfältig Frucht trage, sondern daß es überhaupt Frucht trage. Seligkeit und Herrlichkeit – in diesen beiden liegt| die Zukunft des Christenmenschen. Alle, die herrlich sind, müssen auch selig sein, aber nicht alle, die selig sind, werden herrlich werden. Es kommt nicht darauf an, daß wir herrlich werden einst, aber daß wir selig werden. Es kommt darauf an, es ist wohl nütz und sehr not, ja, sehr not; denn es kann Menschen geben, die da glauben bereits selig zu sein und werden es nicht. Amen.




Anmerkungen (Wikisource)

  1. Siehe zum fünften Sendschreiben am Ende.
  2. Karl Immanuel Nitzsch (1787–1868) war ein evangelischer Theologe.
  3. Rudolf Kögel (1829–1896, evangelischer Theologe und Kanzelredner) in dem Gedicht Einer Entschlafenen (März 1896).


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